Spielgemeinschaft ODYSSEE - Inhaltsübersicht
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William Shakespeare

Macbeth

Englisch Original
ungekürzte deutsche Fassung
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gekürzte Fassung
der
Spielgemeinschaft
ODYSSEE

ERSTER AUFZUG

ERSTE SZENE

Offenes Gelände, Donner und Blitz.

(Drei Hexen treten auf.)

E r s t e H e x e.
Wann kommen wir drei uns wieder entgegen,
Im Blitz und Donner, oder im Regen?
Z w e i t e H e x e. Wenn der Wirrwarr stille schweigt,
Wer der Sieger ist, sich zeigt.
D r i t t e H e x e. Das ist, eh' der Tag sich neigt.
Er s t e H e x e. Wo der Ort?
Z w e i t e H e x e. Die Heide dort.
D r i t t e H e x e. Da wird Macbeth sein. Fort, fort!
(Man hört einen Gesang in der Luft.)
E r s t e H e x e. Grau Lieschen, ja! ich komme!
A l l e D r e i. Unke ruft: - Geschwind -Schön ist häßlich, häßlich schön:
Schwebt durch Dunst und Nebelhöhn!
(Die Hexen verschwinden.)

DRITTE SZENE

Heide; Gewitter.

(Die drei Hexen treten auf.)

E r s t e H e x e. Wo warst du, Schwester?
Z w e i t e H e x e. Schweine gewürgt.
D r i t t e H e x e. Schwester, wo du?
E r s t e H e x e.
Kastanien hatt' ein Schifferweib im Schoß,
Und schmatzt', und schmatzt', und schmatzt' -
>Gib mir<, sprach ich:
>Pack dich, du Hexe!< schrie die garst'ge Vettel.
Ihr Mann ist nach Aleppo, führt den Tiger;
Doch schwimm ich nach im Sieb, ich kann's,
Wie eine Ratte ohne Schwanz;
Ich tu's, ich tu's, ich tu's.
Z w e i t e H e x e. Geb dir den Wind.
E r s t e H e x e. Bist gut gesinnt.
D r i t t e H e x e. Ich den zweiten obendrein.
E r s t e H e x e. All die andern sind schon mein.
Wo sie wehn, die Küsten kenn ich.
Jeden Punkt und Zirkel nenn ich
Auf des Seemanns Karte.
Dürr wie Heu soll er verdorrn,
Und kein Schlaf, durch meinen Zorn,
Tag und Nacht sein Aug' erquickt,
Leb' er wie vom Fluch gedrückt.
Sieben Nächte, neunmal neun,
Siech und elend schrumpf' er ein:
Kann ich nicht sein Schiff zerschmettern,
Sei es doch umstürmt von Wettern.
Schau, was ich hab.
Z w e i t e H e x e. Weis her, weis her.
E r s t e H e x e. Daum' des Lotsen; sinken sah
Ich sein Schiff, dem Land schon nah.
(Trommeln hinter der Szene.)
D r i t t e H e x e. Trommeln - Ha! Macbeth ist da.
A 1 1 e D r e i. Unheilschwestern, Hand in Hand
Ziehn wir über Meer und Land.
Rundum dreht euch so, rundum:
Dreimal dein und dreimal mein,
Und dreimal noch, so macht es neun -
Halt! - Der Zauber ist gezogen.
(Macbeth und Banquo treten auf.)
M a c b e t h. So schön und häßlich sah ich nie den Tag.
B a n q u o. Wie weit ist's noch nach Fores? - Wer sind diese?
So eingeschrumpft, so wild in ihrer Tracht?
Die nicht Bewohnern unsrer Erde gleichen
Und doch drauf stehn? Lebt ihr? Wie? seid ihr was,
Das man darf fragen? Ihr scheint mich zu verstehn,
Denn jede legt zugleich den stumpfen Finger
Auf ihren falt'gen Mund - ihr solltet Weiber sein,
Und doch verbieten eure Bärte mir, Euch so zu deuten.
M a c b e t h. Sprecht, wenn ihr könnt: - Wer seid ihr?
E r s t e H e x e.
Heil dir, Macbeth, Heil, Heil dir, Than von Glamis!
Z w e i t e H e x e.
Heil dir, Macbeth, Heil, Heil dir, Than von Cawdor!
D r i t t e H e x e.
Heil dir, Macbeth, dir, künft'gem König Heil!
B a n q u o.
Was schreckst du, Mann? erregt dir Furcht, was doch
So lieblich lautet? - In der Wahrheit Namen,
Seid ihr Wahnbilder oder wirklich das
Was körperlich ihr scheint? Den edeln Kampffreund
Grüßt ihr mit neuem Erb' und Prophezeiung
Von hoher Würd' und königlicher Hoffnung,
Daß er verzückt dasteht; mir sagt ihr nichts:
Wenn ihr durchschauen könnt die Saat der Zeit
Und sagen: dies Korn sproßt und jenes nicht,
So sprecht zu mir, der nicht erfleht noch fürchtet
Gunst oder Haß von euch.
E r s t e H e x e. Heil!
Z w e i t e H e x e. Heil!
D r i t t e H e x e. Heil!
E r s t e H e x e. Kleiner als Macbeth, und größer.
Z w e i t e H e x e.
Nicht so beglückt, und doch weit glücklicher.
D r i t t e H e x e.
Kön'ge erzeugst du, bist du selbst auch keiner.
So, Heil, Macbeth und Banquo!
E r s t e H e x e. Banquo und Macbeth Heil!
M a c b e t h. Bleibt, ihr einsilb'gen Sprecher, sagt mir mehr:
Mich macht, so hör ich, Sinels Tod zum Glamis,
Doch wie zum Cawdor? Der Than von Cawdor lebt
Als ein beglückter Mann; und König sein,
Das steht so wenig im Bereich des Glaubens
Als Than von Cawdor. Sagt, von wannen euch
Die wunderbare Kunde ward? weshalb
Auf dürrer Heid' ihr unsre Schritte hemmt
Mit so prophet'schem Gruß? - Sprecht, ich beschwör euch!
(Die Hexen verschwinden.)
B a n q u o. Die Erd' hat Blasen, wie das Wasser hat,
So waren diese - wohin schwanden Sie?
M a c b e t h.
In Luft, und was uns Körper schien, zerschmolz
Wie Hauch im Wind. Oh, wären Sie noch da!
B a n q u o. War so was wirklich hier, wovon wir sprechen?
Oder aßen wir von jener gift'gen Wurzel,
Die die Vernunft bewältigt?
M a c b e t h. Eure Kinder, Sie werden Kön'ge.
B a n q u o. Ihr sollt König werden.
M a c b e t h. Und Than von Cawdor auch; hieß es nicht so?
B a n q u o. Ganz so in Weis' und Worten. Wer kommt da?
(Rosse tritt auf.)
R o s s e. Der König hörte hocherfreut, Macbeth,
Die Kunde deines Siegs; und wenn er liest,
Wie im Rebellenkampf du selbst dich preisgabst,
So stritten in ihm Staunen und Bewundrung,
Was dir, was ihm gehört. Doch überschauend,
Was noch am selb'gen Tag geschehn, verstummt er;
In Norwegs kühnen Schlachtreihn sieht er dich,
Vor dem nicht bebend, was du selber schufest,
Abbilder grausen Tods. Wie Wort auf Wort
In schneller Rede, so kam Bot' auf Bote,
Und jeder trug dein Lob, im großen Kampf
Für seinen Thron, und schüttet's vor ihm aus.
Wir sind gesandt vom königlichen Herrn,
Dir Dank zu bringen; vor sein Angesicht
Dich zu geleiten nur, nicht dir zu lohnen.
Und als das Handgeld einer größern Ehre
Hieß er als Than von Cawdor dich zu grüßen:
Heil dir in diesem Titel, würd'ger Than!
Denn er ist dein.
B a n q u o. Wie, spricht der Teufel wahr?
M a c b e t h. Der Than von Cawdor lebt: was kleidet Ihr
Mich in erborgten Schmuck?
R o s s e. Der Than war, lebt noch:
Doch unter schwerem Urteil schwebt das Leben,
Das er verwirkt. Ob er im Bund mit Norweg;
Ob Rückhalt der Rebellen, er geheim
Sie unterstützte; ob vielleicht mit beiden
Er half zu seines Lands Verderb - ich weiß nicht;
Doch Hochverrat, gestanden und erwiesen,
Hat ihn gestürzt.
M a c b e t h (beiseite). Glamis und Than von Cawdor:
Das Höchst' ist noch zurück. -(Zu Rosse.)
(Zu Banquo.)
Hofft Ihr nicht Euren Stamm gekrönt zu sehen,
Da jene, die mich Than von Cawdor nannten
Nichts Mindres prophezeit?
B a n q u o. Darauf gefußt,
Möcht' es wohl auch zur Krone Euch entflammen,
Jenseits dem Than von Cawdor. Aber seltsam!
Oft, uns in eignes Elend zu verlocken,
Erzählen Wahrheit uns des Dunkels Schergen,
Verlocken uns durch schuldlos Spielwerk, uns
Dem tiefsten Abgrund zu verraten. -
(Zu Rosse.) Vetter,
Vergönnt ein Wort.
M a c b e t h. Zweimal gesprochene Wahrheit,
Als Glücksprologen zum erhabnen Schauspiel
Von kaiserlichem Inhalt. - Freund', ich dank Euch! -
Die Anmahnung von jenseits der Natur
Kann schlimm nicht sein, - kann gut nicht sein: - wenn
schlimm, -
Was gibt sie mir ein Handgeld des Erfolgs,
Wahrhaft beginnend? Ich bin Than von Cawdor: -
Wenn gut, - warum befängt mich die Versuchung?
Deren entsetzlich Bild aufsträubt mein Haar,
So daß mein festes Herz ganz unnatürlich
An meine Rippen schlägt. - Erlebte Greuel
Sind schwächer als das Graun der Einbildung.
Mein Traum, des Mord nur noch ein Hirngespinst,
Erschüttert meine schwache Menschheit so,
Daß jede Lebenskraft in Ahnung schwindet,
Und nichts ist, als was nicht ist.
B a n q u o.
Seht den Freund,
Wie er verzückt ist.
M a c b e t h (beiseite). Will das Schicksal mich
Als König, nun, mag mich das Schicksal krönen,
Tu ich auch nichts.
B a n q u o. Die neue Würde engt ihn,
Wie fremd Gewand sich auch nur durch Gewohnheit
Dem Körper fügt.
M a c b e t h. Komme, was kommen mag;
Die Stund' und Zeit durchläuft den rauhsten Tag.
B a n q u o. Edler Macbeth, wir harren Eurer Muße.
M a c b e t h.
Habt Nachsicht - in vergeßnen Dingen wühlte
Mein dumpfes Hirn. Ihr güt'gen Herrn, eu'r Mühn
Ist eingeschrieben, wo das Blatt ich täglich
Umschlag und les. - Entgegen jetzt dem König. -
Denkt dessen, was geschah, und bei mehr Muße,
Wenn ein'ge Zeit es reifte, laßt uns frei
Aus offner Seele reden.
B a n q u o. Herzlich gern.
M a c b e t h. Bis dahin still. - Kommt, Freunde. (Alle ab.)

FÜNFTE SZENE

Inverneß; Zimmer in Macbeths Schloß.

(Lady Macbeth tritt auf mit einem Brief.)

L a d y M a c b e t h (liest).
>Sie begegneten mir am Tage des Sieges; und ich erfuhr aus den sichersten Proben, daß sie mehr als menschliches Wissen besitzen. Als ich vor Verlangen brannte, sie weiter zu befragen, verschwanden sie und zerflossen in Luft. Indem ich noch, von Erstaunen betäubt, dastand, kamen die Abgesandten des Königs, die mich als Than von Cawdor begrüßten; mit welchem Titel mich kurz vorher diese Zauberschwestern angeredet und mich durch den Gruß: Heil dir, dem künft'gen König, auf die Zukunft verwiesen hatten. Ich habe es für gut gehalten, dir dies zu vertrauen, meine geliebteste Teilnehmerin der Hoheit, auf daß dein Mitgenuß an der Freude dir nicht entzogen werde, wenn du nicht erfahren hättest, welche Hoheit dir verheißen ist, leg es an dein Herz und lebe wohl.<
Glamis bist du und Cawdor; und sollst werden,
Was dir verheißen ward. - Doch fürcht ich dein Gemüt;
Es ist zu voll von Milch der Menschenliebe,
Das Nächste zu erfassen. Groß möchtst du sein,
Bist ohne Ehrgeiz nicht; doch fehlt die Bosheit,
Die ihn begleiten muß. Was recht du möchtest,
Das möchtst du rechtlich; möchtest falsch nicht spielen
Und unrecht doch gewinnen: möchtest gern
Das haben, großer Glamis, was dir zuruft:
>Dies mußt du tun, wenn du es haben willst!< -
Und was du mehr dich scheust zu tun, als daß
Du ungetan es wünschest. Eil hieher,
Auf daß ich meinen Mut ins Ohr dir gieße;
Und alles weg mit tapfrer Zunge geißle,
Was von dem goldnen Zirkel dich zurückdrängt,
Womit Verhängnis dich und Zaubermacht
Im voraus schon gekrönt zu haben scheint. -
Noch vor Abend kommt hierher der König.
Selbst der Rab' ist heiser,
Der Duncans schicksalsvollen Eingang krächzt
Unter mein Dach. - Kommt, Geister, die ihr lauscht
Auf Mordgedanken, und entweibt mich hier;
Füllt mich vom Wirbel bis zur Zeh', randvoll,
Mit wilder Grausamkeit! verdickt mein Blut;
Sperrt jeden Weg und Eingang dem Erbarmen,
Daß kein anklopfend Mahnen der Natur
Den grimmen Vorsatz lähmt; noch friedlich hemmt
Vom Mord die Hand! Kommt an die Weibesbrust,
Trinkt Galle statt der Milch, ihr Morddämonen!
Wo ihr auch harrt in unsichtbarer Kraft
Auf Unheil der Natur! Komm, schwarze Nacht,
Umwölk dich mit dem dicksten Dampf der Hölle,
Daß nicht mein scharfes Messer sieht die Wunde,
Die es geschlagen; noch der Himmel,
Durchschauend aus des Dunkels Vorhang, rufe:
Halt! halt!
(Macbeth tritt auf.)
0 großer Glamis! edler Cawdor!
Größer als beides durch das künft'ge Heil!
Dein Brief hat über das armsel'ge Heut
Mich weit verzückt, und ich empfinde nun
Das Künftige im Jetzt.
M a c b e t h. Mein teures Leben, Duncan kommt heut noch.
L a d y M a c b e t h. Und wann geht er wieder?
M a c b e t h. Morgen, so denkt er -
L a d y M a c b e t h. Oh, nie soll die Sonne
Den Morgen sehn! Dein Angesicht, mein Than,
Ist wie ein Buch, wo wunderbare Dinge
Geschrieben stehen. - Die Zeit zu täuschen, scheine
So wie die Zeit; den Willkomm trag im Auge,
In Zung' und Hand; blick harmlos wie die Blume,
Doch sei die Schlange drunter. Wohl versorgt
Muß der sein, der uns naht; und meiner Hand
Vertrau das große Werk der Nacht zu enden,
Daß alle künft'gen Tag' und Nächt' uns lohne
Allein'ge Königsmacht und Herrscherkrone.
M a c b e t h. Wir sprechen noch davon.
L a d y M a c b e t h.
Blick hell und licht;
Mißtraun erregt verändert Angesicht:
Laß alles andre mir.
(Sie gehen ab.)

SIEBENTE SZENE

Ebendaselbst, Raum im Schloß.
(Oboen und Fackeln. Ein Vorschneider und mehrere Diener mit Schüsseln gehn über die Bühne; dann kommt Macbeth.)

M a c b e t h. Wär's abgetan, so wie's getan ist, dann wär's gut,
Man tät' es eilig: - Wenn der Meuchelmord
Aussperren könnt' aus seinem Netz die Folgen
Und nur Gelingen aus der Tiefe zöge:
Daß mit dem Stoß, einmal für immer, alles
Sich abgeschlossen hätte - hier, nur hier -
Auf dieser Schülerbank der Gegenwart -,
So setzt' ich weg mich übers künft'ge Leben. -
Doch immer wird bei solcher Tat uns schon
Vergeltung hier: daß, wie wir ihn gegeben,
Den blut'gen Unterricht, er, kaum gelernt,
Zurückschlägt, zu bestrafen den Erfinder.
Dies Recht, mit unabweislich fester Hand,
Setzt unsern selbstgemischten, gift'gen Kelch
An unsre eignen Lippen. -
Er kommt hieher, zwiefach geschirmt: zuerst,
Weil ich sein Vetter bin und Untertan,
Beides hemmt stark die Tat; dann, ich - sein Wirt,
Der gegen seinen Mörder schließen müßte
Das Tor, nicht selbst das Messer führen -
Dann hat auch dieser Duncan seine Würde
So mild getragen, blieb im großen Amt
So rein, daß seine Tugenden, wie Engel
Posaunenzüngig, werden Rache schrein
Dem tiefen Höllengreuel seines Mords;
Und Mitleid, wie ein nacktes, neugebornes Kind,
Auf Sturmwind reitend, oder Himmels Cherubim,
Zu Roß auf unsichtbaren, luft'gen Rennern,
Blasen die Schreckenstat in jedes Auge,
Bis Tränenflut den Wind ertränkt. - Ich habe keinen Stachel,
Die Seiten meines Wollens anzuspornen,
Als einzig Ehrgeiz, der, zum Aufschwung eilend,
Sich überspringt und jenseits niederfällt: -
(Lady Macbeth tritt auf.)
Wie nun, was gibt's?
L a d y M a c b e t h. Er hat fast abgespeist.
Warum hast du den Saal verlassen?
M a c b e t h. Hat er
Nach mir gefragt?
L a d y Ma c b e t h. Weißt du nicht, daß er's tat?
M a c b e t h. Wir woll'n nicht weitergehn in dieser Sache;
Er hat mich jüngst belohnt, und goldne Achtung
Hab ich von Leuten aller Art gekauft,
Die will getragen sein im neusten Glanz
Und nicht so plötzlich weggeworfen.
L a d y M a c b e t h. War
Die Hoffnung trunken, worin du dich hülltest?
Schlief sie seitdem, und ist sie nun erwacht,
So bleich und krank das anzuschauen, was sie
So fröhlich tat? Von jetzt an denk ich
Von deiner Liebe so. Bist du zu feige,
Derselbe Mann zu sein in Tat und Mut,
Der du in Wünschen bist? Möchtst du erlangen,
Was du den Schmuck des Lebens schätzen mußt,
Und Memme sein in deiner eignen Schätzung?
Muß dir >Ich fürchte< folgen dem >Ich möchte<,
Der armen Katz' im Sprichwort gleich?
M a c b e t h. Sei ruhig!
Ich wage alles, was dem Menschen ziemt;
Wer mehr wagt, der ist keiner.
L a d y M a c b e t h. Welch ein Tier
Hieß dich von deinem Vorsatz mit mir reden?
Als du es wagtest, da warst du ein Mann;
Und mehr sein, als du warst, das machte dich
Nur um so mehr zum Mann. Nicht Zeit, nicht Ort
Traf damals zu, du wolltest beide machen:
Sie machen selbst sich, und ihr hurt'ger Dienst
Macht dich zu nichts. Ich hab gesäugt und weiß,
Wie süß, das Kind zu lieben, das ich tränke;
Ich hätt', indem es mir entgegenlächelte,
Die Brust gerissen aus den weichen Kiefern
Und ihm den Kopf geschmettert an die Wand,
Hätt' ich's geschworen, wie du dieses schwurst.
M a c b e t h. Wenn's uns mißlänge -
L a d y Ma c b e t h. Uns mißlingen! -
Schraub deinen Mut nur bis zum Punkt des Halts,
Und es mißlingt uns nicht. Wenn Duncan schläft,
Wozu so mehr des Tages starke Reise
Ihn einlädt - seine beiden Kämmerlinge
Will ich mit würz'gem Weine so betäuben,
Daß des Gehirnes Wächter, das Gedächtnis,
Ein Dunst sein wird und der Vernunft Behältnis
Ein Dampfhelm nur. - Wenn nun im vieh'schen Schlaf
Ertränkt ihr Dasein liegt, so wie im Tode,
Was können du und ich dann nicht vollbringen
Am unbewachten Duncan? was nicht schieben
Auf die berauschten Diener, die die Schuld
Des großen Mordes trifft?
M a c b e t h. Gebär mir Söhne nur!
Aus deinem unbezwungnen Stoffe können
Nur Männer sprossen. Wird man es nicht glauben,
Wenn wir mit Blut die zwei Schlaftrunknen färben,
Die Kämmerling', und ihre Dolche brauchen,
Daß sie's getan?
L a d y M a c b e t h. Wer darf was anders glauben,
Wenn unsers Grames lauter Schrei ertönt
Bei seinem Tode?
M a c b e t h. Ich bin fest; gespannt
Zu dieser Schreckenstat ist jeder Nerv.
Komm, täuschen wir mit heiterm Blick die Stunde:
Birg, falscher Schein, des falschen Herzens Kunde!
(Sie gehen ab.)


ZWEITER AUFZUG

ERSTE SZENE

(Banquo tritt auf, dann Macbeth)

B a n q u o. Wie, Herr, noch auf? Der König ist zu Bett.
Er war ausnehmend froh und sandte noch
All Euren Hausbedienten reiche Gaben;
Doch Eure Frau soll dieser Demant grüßen,
Als seine güt'ge Wirtin. Höchst zufrieden
Begab er sich zur Ruh'.
M a c b e t h. Unvorbereitet
Ward nur des Mangels Diener unser Wille,
Der sonst sich frei enthüllt.
B a n q u o. Alles war gut.
Mir träumte jüngst von den drei Zauberschwestern:
Euch haben sie was Wahres doch gesagt.
M a c b e t h. Ich denke nicht an sie;
Doch ließe sich gelegne Stunde finden,
So sprächen wir wohl ein'ges in der Sache,
Gewährtet Ihr die Zeit.
B a n q u o. Wie's Euch beliebt.
M a c b e t h.
Schließt Ihr Euch meinem Sinn an - wenn es ist -,
Wird's Ehr' Euch bringen.
B a n q u o. Büß ich sie nicht ein,
Indem ich sie zu mehren streb, und bleibt
Mein Busen frei und meine Lehnspflicht rein,
Gern nehm ich Rat an.
M a c b e t h. Gute Nacht indes.
B a n q u o. Dank, Herr, Euch ebenfalls.
(Banquo ab.)
M a c b e t h.
Ist das ein Dolch, was ich vor mir erblicke,
Der Griff mir zugekehrt? Komm, laß dich packen -
Ich fass dich nicht, und doch seh ich dich immer.
Bist du, Unglücksgebild, so fühlbar nicht
Der Hand gleich wie dem Aug'? oder bist du nur
Ein Dolch der Einbildung, ein nichtig Blendwerk,
Das aus dem heiß gequälten Hirn erwächst?
Ich seh dich noch, so greifbar von Gestalt
Wie der, den jetzt ich zücke.
Du gehst mir vor den Weg, den ich will schreiten,
Und eben solche Waffe wollt' ich brauchen.
Mein Auge ward der Narr der andern Sinne
Oder mehr als alle wert. - Ich seh dich stets
Und dir an Griff und Klinge Tropfen Bluts,
Was erst nicht war. - Es ist nicht wirklich da:
Es ist die blut'ge Arbeit, die mein Auge
So in die Lehre nimmt. - Jetzt auf der halben Erde
Scheint tot Natur, und den verhangnen Schlaf
Quälen Versucherträume; Hexenkunst
Begeht den Dienst der bleichen Hekate;
Und dürrer Mord,
Durch seine Schildwacht aufgeschreckt, den Wolf,
Der ihm das Wachtwort heult - so dieb'schen Schrittes,
Wie wild entbrannt Tarquin, dem Ziel entgegen
Schreitet gespenstisch. -
Du festgefugte Erde, leicht verwundbar,
Hör meine Schritte nicht, wo sie auch wandeln,
Daß nicht ausschwatzen selber deine Steine
Mein Wohinaus und von der Stunde nehmen
Den jetz'gen stummen Graus, der so ihr ziemt. -
Hier droh ich, er lebt dort;
Für heiße Tat zu kalt das müß'ge Wort!
(Die Glocke wird angeschlagen.)
Ich geh, und 's ist getan; die Glocke mahnt.
Hör sie nicht, Duncan, 's ist ein Grabgeläut,
Das dich zu Himmel oder Höll' entbeut.
(Er steigt hinauf.)

ZWEITE SZENE

Ebendaselbst.

(Lady Macbeth tritt unten auf.)

L a d y M a c b e t h.
Was sie betäubte, hat mich stark gemacht,
Und was sie dämpft', hat mich entflammt. - Still,
horch! - Die Eule war's, die schrie, der traur'ge Wächter,
Der gräßlich gute Nacht wünscht. - Er ist dran: -
Die Türen sind geöffnet, schnarchend spotten
Die überladnen Diener ihres Amts;
Ich würzte ihren Schlaftrunk, daß Natur
Und Tod sich streiten, wem sie angehören.
M a c b e t h (der oben erscheint).
Ha! wie? wer ist da?
(Er geht wieder hinein.)
L a d y M a c b e t h.
O weh! ich fürchte, sie sind aufgewacht,
Und es ist nicht geschehn - der Anschlag, nicht die Tat
Verdirbt uns - Horch! - ich legt' ihm ihre Dolche
Bereit, die mußt' er finden. - Hätt' er nicht
Geglichen meinem Vater, wie er schlief,
So hätt' ich's selbst getan. - Nun, mein Gemahl!
(Macbeth tritt auf.)
M a c b e t h. Ich hab die Tat getan - hörst du nicht was?
L a d y M a c b e t h.
Die Eule hört' ich schrein und Heimchen zirpen.
Sprachst du nichts?
M a c b e t h. Wann?
L a d y M a c b e t h. Jetzt.
M a c b e t h. Wie ich herunter kam?
L a d y M a c b e t h. Ja.
M a c b e t h.
Horch! wer schläft im zweiten Zimmer?
L a d y M a c b e t h. Donalbain.
M a c b e t h. Dort sieht's erbärmlich aus.
L a d y M a c b e t h. Wie wunderlich,
Erbärmlich das zu nennen! -
M a c b e t h.
Der eine lacht' im Schlaf-und >Mord!< schrie einer,
Daß sie einander weckten; ich stand und hört' es,
Sie aber sprachen ihr Gebet und legten
Zum Schlaf sich wieder.
L a d y M a c b e t h. Dort wohnen zwei beisammen.
M a c b e t h.
Der schrie >Gott sei uns gnädig!< jener >Amen!<,
Als sähn sie mich mit diesen Henkershänden.
Behorchend ihre Angst, konnt' ich nicht sagen
>Amen<, als jener sprach: >Gott sei uns gnädig!<
L a d y M a c b e t h. Denkt nicht so tief darüber.
M a c b e t h. Doch warum
Konnt' ich nicht >Amen< sprechen? War mir doch
Die Gnad' am meisten not, und >Amen< stockte
Mir in der Kehle.
L a d y M a c b e t h. Dieser Taten muß
Man so nicht denken; so macht es uns toll.
M a c b e t h.
Mir war, als rief' es: >Schlaft nicht mehr, Macbeth
Mordet den Schlaf!< Ihn, den unschuld'gen Schlaf;
Schlaf, der des Grams verworrn Gespinnst entwirrt,
Den Tod von jedem Lebenstag, das Bad
Der wunden Müh', den Balsam kranker Seelen,
Den zweiten Gang im Gastmahl der Natur,
Das nährendste Gericht beim Fest des Lebens.
L a d y M a c b e t h. Was meinst du?
M a c b e t h.
Stets rief es: >Schlaft nicht mehr!< durchs ganze Haus;
>Glamis mordet den Schlaf!<, und drum wird Cawdor
Nicht schlafen mehr, Macbeth nicht schlafen mehr.
L a d y M a c b e t h.
Wer war es, der so rief? Mein würd'ger Than,
Du läßt den edeln Mut erschlaffen, denkst du
So hirnkrank drüber nach. Nimm etwas Wasser
Und wasch von deiner Hand das garst'ge Zeugnis. -
Was brachtest du die Dolche mit herunter?
Dort liegen müssen sie; geh, bring sie hin
Und färb mit Blut die Kämmrer, wie sie schlafen.
M a c b e t h. Ich gehe nicht mehr hin, ich bin entsetzt,
Denk ich, was ich getan: es wieder schaun -
Ich wag es nicht!
L a d y M a c b e t h. 0 schwache Willenskraft!
Gib mir die Dolche. Schlafende und Tote
Sind Bilder nur; der Kindheit Aug' allein
Scheut den gemalten Teufel. Wenn er blutet,
Färb ich damit der Diener Kleider rot;
So tragen sie des Mords Livrei.
(Sie geht ab. Man hört klopfen.)
M a c b e t h. Woher das Klopfen?
Wie ist's mit mir, daß jeder Ton mich schreckt?
Was sind das hier für Hände? Ha, sie reißen
Mir meine Augen aus -Kann wohl des großen Meergotts Ozean
Dies Blut von meiner Hand rein waschen? Nein;
Weit eh'r kann diese meine Hand mit Purpur
Die unermeßlichen Gewässer färben
Und Grün in Rot verwandeln. -
(Lady Macheth kommt zurück.)
L a d y M a c b e t h. Meine Hände
Sind blutig wie die deinen; doch ich schäme
Mich, daß mein Herz so weiß ist.
(Es wird geklopft.)
Klopfen hör ich
Am Südtor - Eilen wir in unsre Kammer;
Ein wenig Wasser reint uns von der Tat,
Wie leicht dann ist sie! Deine Festigkeit
Verließ dich ganz und gar.
(Es wird geklopft.)
Horch, wieder Klopfen.
Tu an dein Nachtkleid; müssen wir uns zeigen,
Daß man nicht sieht, wir wachten! - Verlier dich nicht
So ärmlich in Gedanken.
M a c b e t h. Meine Tat
Zu wissen! - besser von mir selbst nichts wissen.
Klopf Duncan aus dem Schlaf! 0 könntest du's! -
(Sie gehn ab.)

DRITTE SZENE

Ebendaselbst.
(Der Pförtner kommt; es wird geklopft.)

P f ö r t n e r. Das ist ein Klopfen! Wahrhaftig, wenn einer Höllenpförtner wäre, da hätte
er ,was zu schließen. Poch, poch, poch: Wer da! in Beelzebubs Namen? Ein Pachter, der sich in Erwartung einer reichen Ernte aufhing. Zur rechten Zeit gekommen; habt ihr auch Schnupftücher genug bei euch? denn hier werdet ihr dafür schwitzen müssen! - Poch, poch: wer da! in des andern Teufels Namen? Mein Treu, ein Zweideutler, der in beide Schalen gegen jede Schale schwören konnte, der um Gottes willen Verrätereien genug beging und sich doch nicht zum Himmel hinein zweideuteln konnte. Herein, Zweideutler. - Poch, poch, poch: Wer da? Mein Treu, ein englischer Schneider, hier angekommen, weil er etwas aus einer französischen Hose gestohlen: herein, Schneider; hier kannst du deine Bügelgans braten. Poch, poch - Keine Ruhe! Wer seid ihr? Aber hier ist es zu kalt für die Hölle; ich mag nicht länger Teufelspförtner sein. Ich dachte, ich wollte von jedem Gewerbe einige hereinlassen, die den breiten Rosenpfad zum ewigen Freudenfeuer wandeln. - Gleich, gleich! Ich bitt euch, bedenkt doch, daß der Pförtner auch ein Mensch ist.
(Er öffnet das Tor; Macduff und Rosse kommen herein.)
M a c d u f f. Kamest du so spät zu Bett, Freund, daß du nun so spät aufstehst?
P f ö r t n e r. Mein Seel, Herr, wir zechten, bis der zweite Hahn krähte; und der Trunk ist
ein großer Beförderer von drei Dingen.
M a c d u f f. Was sind denn das für drei Dinge, die der Trunk vorzüglich befördert?
P f ö r t n e r. Ei, Herr, rote Nasen, Schlaf und Urin. Buhlerei befördert und dämpft er
zugleich: er befördert das Verlangen und dämpft das Tun. Darum kann man sagen, daß vieles Trinken ein Zweideutler gegen die Buhlerei ist:
es schafft sie und vernichtet sie; treibt sie an und hält sie zurück; macht ihr Mut und schreckt sie ab; heißt sie, sich brav halten und nicht brav halten; zweideutelt sie zuletzt in Schlaf, straft sie Lügen und geht davon.
M a c d u f f. Ich glaube, der Trunk strafte dich die Nacht Lügen.
P f ö r t n e r. Ja, Herr, das tat er, in meinen Hals hinein; aber ich vergalt ihm seine Lügen,
und ich denke, ich war ihm doch zu stark: denn obgleich er mir die Beine ein paarmal unten wegzog, so fand ich doch einen Kniff, ihn hinauszuschmeißen.
M a c d u f f. Ist dein Herr schon aufgestanden?
Geweckt hat unser Klopfen ihn; hier kommt er.
(Macbeth tritt auf.)
R o s s e. Guten Morgen, edler Herr.
M a c b e t h. Guten Morgen, beide!
M a c d u f f. Wacht schon der König, würd'ger Than?
M a c b e t h. Noch nicht.
M a c d u f f. Mir gab er den Befehl, ihn früh zu wecken;
Die Zeit versäumt' ich fast.
M a c b e t h. Ich führ Euch hin.
M a c d u f f. Ich weiß, es ist eine Müh', die Euch erfreut;
Doch es ist eine Müh'.
M a c b e t h. Die Arbeit, die uns freut, wird zum Ergötzen.
Hier ist die Tür.
M a c du f f. Ich bin so kühn, zu rufen;
Nur dies ward mir befohlen.
(Er geht ab.)
R o s s e. Reist der König
Heut ab?
M a c b e t h. So ist's; er hat es so bestimmt.
R o s s e. Die Nacht war stürmisch; wo wir schliefen, heult' es
Den Schlot herab ; und wie man sagt, erscholl
Ein Wimmern in der Luft, ein Todesstöhnen,
Ein Prophezein in fürchterlichem Laut,
Von wildem Brand und gräßlichen Geschichten,
Neu ausgebrütet einer Zeit des Leidens.
Der dunkle Vogel schrie die ganze Nacht durch:
Man sagt, die Erde bebte fieberkrank.
M a c b e t h. Es war eine rauhe Nacht.
R o s s e. Mein jugendlich Gedächtnis sucht umsonst
Nach ihresgleichen.
(Macduff kommt von oben herunter.)
M a c d u f f.
O Grausen! Grausen! Grausen! Zung' und Herz
Faßt es nicht, nennt es nicht!
M a c b e t h und R o s s e. Was ist geschehn?
M a c d u f f. Jetzt hat die Höll' ihr Meisterstück gemacht!
Der kirchenräuberische Mord brach auf
Des Herrn geweihten Tempel und stahl weg
Das Leben aus dem Heiligtum.
M a c b e t h. Was sagt lhr? Das Leben?
R o s s e. Meint Ihr Seine Majestät?
M a c d u f f. Geht ein zur Kammer und zerstört die Sehkraft
Durch eine neue Gorgo! Verlangt nicht, daß ich spreche;
Seht! und dann redet selbst! Erwacht! erwacht!
(Macbeth und Rosse gehn ah.)
Die Sturmglock' angeschlagen! Mord! Verrat!
Banquo und Donalbain! Malcolm! erwacht!
Werft ab den flaum'gen Schlaf, des Todes Abbild,
Und seht ihn selbst, den Tod! - Auf, auf, und schaut
Des Weltgerichtes Vorspiel! - Malcolm! Banquo!
Steigt wie aus eurem Grab! wie Geister schreitet,
Als Grau'n-Gefolge diesen Mord zu schaun!
Die Glocken stürmt ~
(Lady Macbeth tritt auf.)
L a d y M a c b e t h. Was ist denn vorgefallen,
Daß solche schreckliche Trompete ruft
Zum Rat die Schläfer dieses Hauses? Sprecht!
M a c d u f f. 0 zarte Frau,
Ihr dürft nicht hören, was ich sagen könnte.
Vor eines Weibes Ohr es nennen wäre
Ein Mord, wie Ihr's vernähmt.
(Banquo tritt auf.)
0 Banquo! Banquo!
Der König, unser Herr, ermordet!
L a d y M a c b e t h. Wehe! In unserm Haus?
B a n q u o. Zu grausam, wo auch immer. -
Oh, lieber Macduff, widersprich dir selber,
Und sag, es sei nicht so.
(Macbeth und Rosse kommen zurück.)
M a c b e t h. Wär' ich gestorben, eine Stunde nur,
Eh' dies geschah, gesegnet war mein Dasein!
Von jetzt gibt es nichts Ernstes mehr im Leben:
Alles ist Tand, gestorben Ruhm und Gnade!
Der Lebenswein ist ausgeschenkt, nur Hefe
Blieb noch zu prahlen dem Gewölbe.
R o s s e. Die Kämmerlinge, scheint es, sind die Täter;
Denn Händ' und Antlitz trugen blut'ge Zeichen,
Auch ihre Dolche, die unabgewischt
Auf ihren Polstern lagen. Wie im Wahnsinn,
So starrt' ihr Auge, und es war gefährlich,
Nur ihnen nah zu kommen.
M a c b e t h. Oh! jetzt bereu ich meine Wut, daß ich Sie niederstieß.
M a c d u f f. Warum habt Ihr's getan?
M a c b e t h. Wer ist weis' und entsetzt, gefaßt und wütig,
Pflichttreu und kalt in einem Augenblick?
Kein Mensch. Die Raschheit meiner heft'gen Liebe
Lief schneller als die zögernde Vernunft -
Duncan lag hier, die Silberhaut verbrämt
Mit seinem goldnen Blut - die offnen Wunden,
Sie waren wie ein Riß in der Natur,
Wo Untergang vernichtend einzieht; dort die Mörder,
Getaucht in ihres Handwerks Farb', die Dolche
Abscheulich, von geronn'nem Blute schwarz.
Wer konnte sich da zügeln, der ein Herz
Voll Liebe hatt' und in dem Herzen Mut,
Die Liebe zu beweisen?
L a d y M a c b e t h. Helft mir fort! -
M a c d u f f. Seht nach der Lady.
B a n q u o. Seht nach der Lady!-
(Lady Macbeth wird fortgeführt.)
Und haben wir verhüllt der Schwäche Blößen
Die Fassung jetzt entbehrt, treffen wir uns
Und forschen dieser blut'gen Untat nach,
Den Grund zu sehn. Uns schütteln Furcht und Zweifel;
Ich steh in Gottes großer Hand und so
Kämpf ich der ungesprochnen Anmutung
Bösen Verrats entgegen.
M a c b e t h. So auch ich.
A I I e. Wir alle.
M a c b e t h. Laßt mit Entschlossenheit gerüstet wieder
Uns in der Halle treffen.
A l l e. Wohl, so sei's.
(Sie gehn ab.)

VIERTE SZENE

M a c d u f f. Jene, die Macbeth tötete, taten die mehr als blut'ge Tat.
R o s s e.
Was hofften sie davon?
M a c d u f f. Sie waren angestiftet.
Malcolm und Donalbain, des Königs Söhne,
Sind heimlich fort, entflohn: dies wälzt auf sie
Der Tat Verdacht.
R o s s e. Stets gegen die Natur:
Verschwenderischer Ehrgeiz, so verschlingst du
Des eignen Lebens Unterhalt! - So wird
Die Königswürde wohl an Macbeth fallen?
M a c d u f f.
Er ist ernannt schon, und zu seiner Krönung
Nach Scone gegangen.
R o s s e. Wo ist Duncans Leichnam?
M a c d u f f.
Nach Colmes Kill führt man ihn zur heil'gen Gruft,
Wo die Gebeine seiner Ahnen alle
Versammelt ruhn.
R o s s e. Geht Ihr nach Scone?
M a c d u f f. Nein, Vetter!
Ich geh nach Fife.
R o s s e. So will ich hin.
M a c d u f f. Lebt wohl! Mag alles so geschehn, daß wir nicht sagen:
Bequemer war der alte Rock zu tragen!
(Sie gehen ab.)

DRITTER AUFZUG

ERSTE SZENE

Fores, Saal im Schlosse.
(Banquo tritt auf.)

B a n q u o. Du hast's nun, König, Cawdor, Glamis, alles,
Wie dir's die Zauberfraun versprachen; und ich fürchte,
Du spieltest schändlich drum. Doch ward gesagt,
Es solle nicht bei deinem Stamme bleiben;
Ich aber sollte Wurzel sein und Vater
Von vielen Kön'gen. Kommt von ihnen Wahrheit
(Wie, Macbeth, ihre Wort' an dich bestät'gen),
Warum, bei der Erfüllung, die dir ward,
Soll'n sie nicht mein Orakel gleichfalls sein
Und meine Hoffnung kräft'gen? Still, nichts weiter. -
(Trompeten, es treten auf Macbeth als König und Lady Macbeth als Königin; Rosse, Lords, Ladies und Gefolge.)
M a c b e t h. Hier unser höchster Gast.
L a d y M a c b e t h. Ward er vergessen,
War's wie ein Riß in unserm großen Fest
Und alles ungeziemend.
M a c b e t h. Herr, wir halten
Ein feierliches Mahl heut abend, und
Ich bitt um Eure Gegenwart.
B a n q u o. Eu'r Hoheit
Hat zu befehlen; unauflöslich bleibt
Für immer meine Pflicht an Euch gebunden.
M a c b e t h. Verreist Ihr noch den Nachmittag?
B a n q u o. Ja, Herr.
M a c b e t h. Sonst hätten wir wohl Euren Rat gewünscht,
Der stets voll Einsicht und ersprießlich war,
Im Staatsrat heut; doch gönnt ihn morgen uns.
Geht Eure Reise weit?
B a n q u o. So weit, mein König,
Daß sie die Zeit von jetzt bis Abend ausfüllt;
Hält nicht mein Pferd sich gut, so muß ich wohl
Noch von der Nacht eine dunkle Stunde borgen.
M a c b e t h. Fehlt nicht bei unserm Fest.
B a n q u o. Mein Fürst, ich komme.
M a c b e t h. Wir hören, unsre blut'gen Vettern weilen
In England und in Irland; nicht bekennend
Den grausen Vatermord, mit seltnen Märchen
Die Hörer täuschend. Doch das sei für morgen,
Da außerdem das Staatsgeschäft uns alle
Zusammenruft. Säumt länger nicht: lebt wohl!
Bis wir zu Nacht uns sehn. Geht Fleance mit Euch?
B a n q u o. Ja, teurer Herr; die Zeit mahnt uns zur Eil'.
M a c b e t h. Den Rossen wünsch ich schnellen, sichern Lauf;
Besteigt sie alsobald und reiset glücklich. -
(Banquo geht ab.)
Ein jeder sei nun Herr von seinen Stunden
Bis sieben Uhr; uns die Geselligkeit
Zu würzen, sind wir bis zum Abendessen
Mit uns allein. Bis dahin Gott befohlen!
(Alle gehen ab, Macbeth bleibt.)
Du da! ein Wort: sind jene Männer hier?
(Der Diener tritt ein.)
D i e n e r. Sie harren vor dem Schloßtor, mein Gebieter.
M a c b e t h. Führ sie uns vor. -
(Diener geht ab.)
Das so zu sein, ist nichts:
Doch sicher so zu sein. - In Banquo wurzelt
Tief unsre Furcht; in seinem Königssinn
Herrscht was, das will gefürchtet sein. Viel wagt er;
Und außer diesem unerschrocknen Geist
Hat Weisheit er, die Führerin des Muts
Zum sichern Wirken. Außer ihm ist keiner,
Vor dem ich zittern muß; und unter ihm
Beugt sich mein Genius scheu, wie, nach der Sage,
Vor Cäsar Mark Antonius' Geist. Er schalt die Schwestern
Gleich, als sie mir den Namen König gaben,
Und hieß sie zu ihm sprechen; dann prophetisch
Begrüßten sie ihn Vater vieler Kön'ge.
Mein Haupt empfing die unfruchtbare Krone;
Den dürren Zepter reichten sie der Faust,
Daß eine fremde Hand ihn mir entwinde,
Kein Sohn von mir ihn erbe. Ist es so? -
Hab ich für Banquos Stamm mein Herz befleckt,
Für sie erwürgt den gnadenreichen Duncan,
In meinen Friedensbecher Gift gegossen
Einzig für sie; und mein unsterblich Kleinod
Dem Erbfeind aller Menschen preisgegeben,
Zu krönen sie! zu krönen Banquos Brut! -
Eh' das geschieht, komm, Schicksal, in die Schranken,
Und fordre mich auf Tod und Leben! -
(Der Diener kommt mit zwei Mördern.)
Geh vor die Tür und warte, bis wir rufen.
(Der Diener geht ab.)
War's gestern nicht, da wir einander sprachen?
E r s t e r M ö r d e r. So war es, Majestät.
Macbeth. Gut denn, habt ihr
Nun meinen Reden nachgedacht? So wißt,
Daß er es ehmals war, der euch so schwer
Gedrückt; was, wie ihr wähntet, ich getan,
Der völlig schuldlos. Dies bewies ich euch
In unsrer letzten Unterredung; macht' euch klar,
Wie man euch hinterging und kreuzte; nannt' euch
Die Werkzeug' auch und wer mit ihnen wirkte;
Und alles sonst, was selbst der halben Seele
Und blödstem Sinne zurief: Das tat Banquo!
E r s t e r M ö r d e r. So habt Ihr's uns erklärt.
M a c b e t h. Ich tat es und ging weiter; deshalb nun
Hab ich euch wieder herbeschieden. Fühlt ihr
Geduld vorherrschend so in eurem Wesen,
Daß ihr dies hingehn laßt? Seid ihr so fromm,
Zu beten für den guten Mann und sein
Geschlecht, des schwere Hand zum Grab euch beugte
Und euch zu Bettlern macht' und eure Kinder?
E r s t e r M ö r d e r. Mein König, wir sind Männer.
M a c b e t h. Ja. im Verzeichnis lauft ihr mit als Männer;
Wie Jagd- und Windhund, Blendling, Wachtelhund,
Spitz, Pudel, Schäferhund und Halbwolf, alle
Der Name Hund benennt: das Rangregister
Bezeichnet erst den schnellen, trägen, klugen,
Den Hausbewacher und den Jäger, jeden
Nach seiner Eigenschaft, die ihm Natur
Liebreich geschenkt; wodurch ihm wird besondre
Bezeichnung aus der Schar, die alle gleich
Benamt: und so ist's mit dem Menschen auch.
Habt ihr nun einen Platz im Rangregister,
Und nicht den schlechtsten in der Mannheit, sprecht;
Und solches Werk vertrau ich eurem Busen,
Dessen Vollstreckung euren Feind entrafft,
Herzinnig fest an unsre Lieb' euch schmiedet;
Da unser Wohlsein kränkelt, weil er lebt,
Das nur in seinem Tod gesundet.
Z w e i t e r M ö r d e r. Herr,
Mit hartem Stoß und Schlag hat mich die Welt
So aufgereizt, daß mich's nicht kümmert, was
Der Welt zum Trotz ich tu.
E r s t e r M ö r d e r. Und ich bin einer,
So matt von Elend, so zerzaust vom Unglück,
Daß ich mein Leben setz auf jeden Wurf,
Es zu verbessern oder los zu werden.
M a c b e t h. Ihr wißt es beide, Banquo war eu'r Feind.
Z w e i t e r M ö r d e r. Gewiß, mein Fürst.
M a c b e t h. So ist er meiner auch,
Und in so blut'ger Näh', daß jeder Pulsschlag
Von ihm nach meinem Herzensleben zielt.
Und obgleich meine Macht mit offnem Antlitz
Ihn löschen könnt' aus meinem Blick und frei
Mein Wort die Tat gestehn; doch darf ich's nicht
Um manchen, der mir Freund ist so wie ihm,
Des Lieb' ich nicht kann missen; seinen Fall
Muß ich beklagen, den ich selbst erschlug:
Und darum sprech ich euch um Beistand an,
Dem Pöbelauge das Geschäft verlarvend
Aus manchen wicht'gen Gründen.
Z w e i t e r M ö r d e r. Wir vollziehn,
Was Ihr befehlt.
E r s t e r M ö r d e r. Wenn unser Leben auch-
M a c b e t h. Aus euren Augen leuchtet euer Mut.
In dieser Stunde spätestens meld ich euch,
Wo ihr euch stellt; bericht euch aufs genauste
Den Augenblick; denn heut nacht muß es sein:
Und etwas ab vom Schloß; stets dran gedacht,
Daß ich muß rein erscheinen: Und mit ihm,
Um nichts nur halb und obenhin zu tun,
Muß Fleance, sein Sohn, der ihm Gesellschaft leistet,
Des Wegtun mir nicht minder wichtig ist
Als seines Vaters, das Geschick mit ihm
Der dunkeln Stunde teilen.
Entschließt euch nun für euch; gleich komm ich wieder.
Z w e i t e r M ö r d e r. Wir sind entschlossen, Herr.
M a c b e t h. So ruf ich euch
Alsbald; verweilt da drin.
(Mörder ab.)
Es ist entschieden,
Denkst, Banquo, du den Himmel zu gewinnen,
Muß deine Seel' heut nacht den Flug beginnen.

ZWEITE SZENE

Ebendaselbst.
(Lady Macbeth tritt auf.)

L a d y M a c b e t h.
Nun, teurer Freund, was bist du so allein
Und wählst nur trübe Bilder zu Gefährten?
Gedanken hegend, die doch tot sein sollten,
Wie jen', an die sie denken. Was unheilbar:
Vergessen sei's. Geschehn ist, was geschehn.
M a c b e t h. Zerhackt ward nur die Schlange, nicht getötet,
Sie heilt und bleibt dieselb', indes ihr Zahn
Wie sonst gefährdet unsre arme Bosheit.
Doch ehe soll der Dinge Bau zertrümmern,
Die beiden Welten schaudern, eh' wir länger
In Angst verzehren unser Mahl und schlafen
In der Bedrängnis solcher grausen Träume,
Die uns allnächtlich schütteln. Lieber bei
Dem Toten sein, den, Frieden uns zu schaffen,
Zum Frieden wir gesandt, als auf der Folter
Der Seel' in ruheloser Qual zu zucken.
Duncan ging in sein Grab,
Sanft schläft er nach des Lebens Fieberschauern;
Verrat, du tatst dein Ärgstes: Gift noch Dolch,
Einheim'sche Bosheit, fremder Anfall, nichts
Kann ferner ihn berühren.
L a d y M a c b e t h. Oh, laß gut sein!
Mein liebster Mann, die Runzeln glätte weg;
Sei froh und munter heut mit deinen Gästen.
M a c b e t h. Das will ich, Lieb'; und, bitte, sei es auch:
Vor allen wend auf Banquo deine Sorgfalt
Und schenk ihm Auszeichnung mit Wort und Blick.
Unsicher noch sind wir genötigt, so
Zu baden unsre Würd' in Schmeichelströmen;
Daß unser Antlitz Larve wird des Herzens,
Verbergend, was es ist.
L a d y M a c b e t h. Du mußt das lassen.
M a c b e t h. Oh! von Skorpionen voll ist mein Gemüt:
Du weißt, Geliebte, Banquo lebt und Fleance.
L a d y M a c b e t h.
Doch schuf Natur sie nicht für ew'ge Dauer.
M a c b e t h.
Ja, das ist Trost; man kann noch an sie kommen:
Drum sei du fröhlich. Eh' die Fledermaus
Geendet ihren klösterlichen Flug;
Eh', auf den Ruf der dunkeln Hekate,
Der hornbeschwingte Käfer, schläfrig summend,
Die nächt'ge Schlummerglocke hat geläutet,
Ist eine Tat geschehn furchtbarer Art.
L a d y M a c b e t h. Was hast du vor?
M a c b e t h. Unschuldig bleibe, Kind, und wisse nichts,
Bis du der Tat kannst Beifall rufen. Komm
Mit deiner dunklen Binde, Nacht; verschließe
Des mitleidvollen Tages zartes Auge;
Durchstreich mit unsichtbarer, blut'ger Hand,
Und reiß in Stücke jenen großen Schuldbrief,
Der meine Wangen bleicht! - Das Licht wird trübe;
Zum dampfenden Wald erhebt die Kräh' den Flug;
Die Tagsgeschöpfe schläfrig niederkauern,
Und schwarze Nachtunhold' auf Beute lauern.
Du staunst mich an? Still! - Sündentsproßne Werke
Erlangen nur durch Sünden Kraft und Stärke.
So, bitte, geh mit mir.
(Sie gehn ab.)





DRITTE SZENE

Ebendaselbst, ein Park mit einer Straße, die zum Schloß führt.

(Zwei Mörder treten auf.)

Z w e i t e r M ö r d e r. Pferde! - Horcht!
B a n q u o (hinter der Szene). Heda! bringt Licht.
Z w e i t e r M ö r d e r. Er muß es sein; die andern,
Die noch erwartet wurden, sind schon alle
Im Schloß.
(Banquo und Fleance treten auf.)
Z w e i t e r M ö r d e r. Ein Licht!
E r s t e r M ö r d e r. Er ist es.
Macht euch dran!
B a n q u o. Es kommt Regen noch zur Nacht.
E r s t e r M ö r d e r. So mag er fallen!
(Ersticht Banquo.)
B a n q u o.
Weh mir! Verrat! Flieh, guter Fleance, flieh, flieh! -
Du kannst mein Rächer sein. - 0 Sklave! -
(Banquo stirbt. Fleance flieht.)
Z w e i t e r M ö r d e r. Wer schlug das Licht aus?
E r s t e r M ö r d e r. War's nicht wohl getan?
Z w e i t e r M ö r d e r.
Nur einer liegt; der Sohn entfloh. So ist
Die beste Hälfte unsrer Müh' verloren.
E r s t e r M ö r d e r.
Gut, gehn wir denn und melden, was getan.
(Sie gehn ab.)

VIERTE SZENE

Prunksaal im Schloß, gedeckte Tafel.

(Es treten auf Macbeth, Lady Macbeth, Rosse, Lords, Gefolge.)

M a c b e t h.
Ihr kennt selbst Euren Rang: nehmt Platz! Willkommen
Seid ein für alle Mal!
L o r d s. Dank Euer Hoheit.
M a c b e t h. Wir wollen uns in die Gesellschaft mischen
Als aufmerksamer Wirt. Die Wirtin nahm
Schon ihren Sitz; doch mit Vergünstigung
Ersuchen wir um ihren Gruß und Willkomm.
L a d y M a c b e t h.
Sprich ihn für mich zu allen unsern Freunden;
Denn herzlich heiß ich alle sie willkommen.
(Der erste Mörder tritt zur Seitentür ein.)
M a c b e t h.
Sieh, ihres Herzens Dank kommt dir entgegen.
Gleich voll sind beide Seiten. Hier will ich
Mich in die Mitte setzen. Ungehemmt
Sei nun die Lust; gleich soll der Becher kreisen. -
(Geht zur Tür.)
Auf deiner Stirn ist Blut -
M ö r d e r. So ist es Banquos.
M a c b e t h.
Viel besser draußen an dir, als er hier drinnen. So ist er abgetan?
M ö r d e r. Herr, seine Kehle
Ist durchgeschnitten; - das tat ich für ihn.
M a c b e t h. Du bist der beste Kehlabschneider; doch
Auch der ist gut, der das für Fleance getan;
Warst du's, so hast du deinesgleichen nicht.
M ö r d e r. Mein königlicher Herr, Fleance ist entwischt.
M a c b e t h. So bin ich wieder krank; sonst wär' ich stark,
Gesund wie Marmor, fest wie Fels gegründet,
Weit, allgemein, wie Luft und Windeshauch;
Doch jetzt bin ich umschränkt, gepfercht, umpfählt,
Geklemmt von niederträcht'ger Furcht und Zweifeln.
Doch Banquo ist uns sicher?
M ö r d e r. Ja, teurer Herr! im Graben liegt er sicher:
In seinem Kopfe zwanzig tiefe Wunden,
Die kleinst' ein Lebenstod.
M a c b e t h. Nun, dafür Dank! Da liegt
Die ausgewachsne Schlange; das entflohne
Gewürm ist giftig einst, nach seiner Art;
Doch zahnlos jetzt. - Nun mach dich fort; auf morgen
Vernehm ich mehr.
(Mörder geht ab.)
L a d y M a c b e t h. Mein königlicher Herr,
Ihr seid kein heitrer Wirt. Das Fest ist feil,
Wird nicht das Mahl durch Freundlichkeit gewürzt,
Durch Willkomm erst geschenkt. Man speist am besten
Daheim; doch auswärts macht die Höflichkeit
Den Wohlgeschmack der Speisen, nüchtern wäre
Gesellschaft sonst.
M a c b e t h. Du holde Mahnerin! -
Nun, auf die Eßlust folg' ein gut Verdauen,
Gesundheit beiden!
R o s s e. Gefällt es Eurer Hoheit sich zu setzen?
(Banquos Geist kommt und setzt sich auf Macbeths Platz.)
M a c b e t h. Beisammen wär' uns hier des Landes Adel,
Wenn unser Freund nicht, unser Banquo, fehlte;
Doch möcht' ich lieber ihn unfreundlich schelten,
Als eines Unfalls wegen ihn bedauern.
R o s s e. Da er nicht kommt, verletzt er sein Versprechen.
Gefällt's Eu'r Majestät, uns zu beglücken,
Indem Ihr Platz in unsrer Mitte nehmt?
M a c b e t h. Die Tafel ist voll.
R o s s e. Hier ist ein Platz noch.
M a c b e t h. Wo?
R o s s e. Hier, teurer König.
Was erschreckt Eu'r Hoheit?
M a c b e t h. Wer von euch tat das?
L o r d s. Was, mein guter Herr?
M a c b e t h. Du kannst nicht sagen, daß ich's tat. Oh, schüttle
Nicht deine blut'gen Locken gegen mich.
R o s s e. Steht auf, ihr Herrn, dem König ist nicht wohl.
L a d y M a c b e t h.
Bleibt sitzen, Herrn, der König ist oft so,
Und war's von Jugend an - oh, steht nicht auf!
Schnell geht der Anfall über; augenblicks
Ist er dann wohl. Beachtet ihr ihn viel,
So reizt ihr ihn und länger währt das Übel.
Eßt, seht ihn gar nicht an. -
Bist du ein Mann?
M a c b e t h. Ja, und ein kühner, der das wagt zu schauen,
Wovor der Teufel blaß wird.
L a d y M a c b e t h. Schönes Zeug!
Das sind die wahren Bilder deiner Furcht;
Das ist der luft'ge Dolch, der, wie du sagtest,
Zu Duncan dich geführt! - Ha! dieses Zucken,
Dies Starr'n, Nachäffung wahren Schrecks, sie paßten
Zu einem Weibermärchen am Kamin,
Bestätigt von Großmütterchen. - Oh, schäme dich!
Was machst du für Gesichter! denn am Ende
Schaust du nur auf einen Stuhl.
M a c b e t h.
Ich bitt' dich, sieh! blick auf! schau an! Was sagst du? -
Ha! meinethalb! wenn du kannst nicken, sprich auch.
Wenn Grab und Beingewölb' uns wieder schickt,
Die wir begruben, sei der Schlund der Geier
Uns Totengruft!
(Der Geist geht fort.)
L a d y M a c b e t h. Was! ganz entmannt von Torheit!
M a c b e t h. So wahr ich leb, ich sah ihn!
L a d y M a c b e t h. O der Schmach!
M a c b e t h.
Blut ward auch sonst vergossen, schon vor alters,
Eh' menschlich Recht den frommen Staat verklärte;
Ja, auch seitdem geschah so mancher Mord,
Zu schrecklich für das Ohr: da war's Gebrauch,
Daß, war das Hirn heraus, der Mann auch starb,
Und damit gut.
Doch heutzutage stehn sie wieder auf,
Mit zwanzig Todeswunden an den Köpfen,
Und stoßen uns von unsern Stühlen: Das
Ist wohl seltsamer noch als solch ein Mord.
L a d y M a c b e t h.
Mein König, ihr entzieht euch Euren Freunden.
M a c b e t h. Ha! ich vergaß; -
Staunt über mich nicht, meine würd'gen Freunde;
Ich hab ein seltsam Übel, das nichts ist
Für jene, die mich kennen.
Wohlan! Lieb' und Gesundheit trink ich allen,
Dann setz ich mich. Ha! Wein her! voll den Becher!
(Der Geist kommt.)
So trink ich auf das Wohl der ganzen Tafel,
Und Banquos, unsers Freunds, den wir vermissen.
Wär' er doch hier! sein Wohlergehn wie aller
Trink ich: Ihm, Euch!
L o r d s. Wir danken pflichtergeben.
M a c b e t h. Hinweg! - Aus meinen Augen! - Laß
Die Erde dich verbergen!
Marklos ist dein Gebein, dein Blut ist kalt;
Du hast kein Anschaun mehr in diesen Augen,
Mit denen du so stierst.
L a d y M a c b e t h. Nehmt dies, Ihr Herrn,
Als was Alltägliches, nichts weiter ist's;
Nur daß es uns des Abends Lust verdirbt.
M a c b e t h. Was einer wagt, wag ich:
Komm du mir nah als zott'ger russ'scher Bär,
Geharn'scht Rhinozeros, hyrkan'scher Tiger -
Nimm jegliche Gestalt, nur diese nicht -,
Nie werden meine festen Nerven beben.
Oder sei lebend wieder; fordre mich
In eine Wüst' aufs Schwert; verkriech ich mich
Dann zitternd, ruf mich aus als Dirnenpuppe.
Hinweg! gräßlicher Schatten!
Unkörperliches Blendwerk, fort! - Ha! so. -
(Geist entweicht.)
Du nicht mehr da, nun bin ich wieder Mann. -
Ich bitte, steht nicht auf.
L a d y M a c b e t h. Ihr habt die Lust
Verscheucht und die Geselligkeit gestört
Durch höchst fremdart'ge Grillen.
M a c b e t h. Kann solch Wesen
An uns vorüberziehn wie Sommerwolken,
Ohn' unser mächtig Staunen? Ihr entfremdet
Mich meinem eignen Selbst, bedenk ich jetzt,
Daß Ihr anschaut Gesichte solcher Art,
Und doch die Röte Eurer Wangen bleibt,
Wenn Schreck die meinen bleicht.
R o s s e. Was für Gesichte?
L a d y M a c b e t h. Ich bitt Euch, sprecht nicht; er wird schlimm und schlimmer;
Fragen bringt ihn in Wut. Gut Nacht mit eins!
Beim Weggehn haltet nicht auf Euern Rang,
Geht all' zugleich.
R o s s e. Wir wünschen Eurer Hoheit
Gut Nacht, und beßres Wohl.
L a d y M a c b e t h. Gut Nacht Euch allen!
(Alle Lords nebst Gefolge gehn ab.)
M a c b e t h. Es fordert Blut, sagt man: Blut fordert Blut.
Man sah, daß Fels sich regt', und Bäume sprachen;
Auguren haben durch Geheimnisdeutung
Von Elstern, Krähn und Dohlen ausgefunden
Den tief verborgnen Mörder. -
Wie weit ist die Nacht?
L a d y M a c b e t h.
Im Kampf fast mit dem Tag: ob Nacht, ob Tag.
M a c b e t h.
Was sagst du, daß Macduff zu kommen weigert,
Auf unsre Ladung?
L a d y M a c b e t h. Sandtest du nach ihm?
M a c b e t h. Ich hört's von ungefähr; doch will ich senden:
Kein einz'ger, in des Haus mir nicht bezahlt
Ein Diener lebte. Morgen will ich hin,
Und in der Frühe zu den Zauberschwestern:
Sie sollen mehr mir sagen; denn gespannt
Bin ich, das Schlimmst' auf schlimmstem Weg zu wissen.
Zu meinem Vorteil muß sich alles fügen;
Ich bin einmal so tief in Blut gestiegen,
Daß, wollt' ich nun im Waten stillestehn,
Rückkehr so schwierig wär', als durchzugehn.
Seltsames glüht im Kopf, es will zur Hand
Und muß getan sein, eh' noch recht erkannt.
L a d y M a c b e t h.
Dir fehlt die Würze aller Wesen, Schlaf.
M a c b e t h.
Zu Bett! - Daß selbstgeschaffnes Graun mich quält,
Ist Furcht des Neulings, dem die Übung fehlt. -
Wahrlich, wir sind zu jung nur. -
(Sie gehen ab.)


Pause


FÜNFTE SZENE

Die Heide. Donner.
(Hekate kommt, die drei Hexen ihr entgegen.)

E r s t e H e x e.
Was gibt es, Hekate, warum so zornig?
H e k a t e.
Ihr garst'gen Vetteln, hab ich denn nicht recht?
Da ihr euch, dreist und unverschämt, erfrecht
Und treibt mit Macbeth euren Spuk,
In Rätselkram, in Mord und Trug?
Und ich, die Meist'rin eurer Kraft,
Die jedes Unheil wirkt und schafft,
Mich bat man nicht um meine Gunst,
Zu Ehr' und Vorteil unsrer Kunst?
Und, schlimmer noch, uns wird kein Lohn,
Ihr dientet dem verkehrten Sohn,
Der, trotzig und voll Übermut,
Sein Werk nur, nicht das eure, tut.
Auf! bessert's noch, macht euch davon,
Trefft mich am Pfuhl des Acheron;
Dahin wird er am Morgen gehn,
Von uns sein Schicksal zu erspähn.
Mit Hexenspuk und Sprüchen seid
Und jedem Zauberkram bereit.
Ich muß zur Luft hinauf; die Nacht
Wird auf ein Unheilswerk verbracht
Vor Mittag viel geschehn noch soll.
Ein Tropfen gift'ger Dünste voll
An einem Horn des Mondes blinkt,
Den fang ich, eh' er niedersinkt
Der, destilliert mit Zauberflüchen,
Ruft Geister, die mit list'gen Sprüchen
Ihn mächtig täuschen, daß Beschwörung
Ihn treibt in Wahnwitz, in Zerstörung.
Dem Tod und Schicksal sprechen Hohn,
Nicht Gnad' und Furcht soll ihn bedrohn;
Denn, wie ihr wißt, war Sicherheit
Des Menschen Erbfeind jederzeit.
Hinweg! dort sitzt mein kleiner Geist, o schaut!
In einer dunklen Wolk' und ruft mich laut.
(Gesang hinter der Szene:
Komm heran, komm heran!
Hekate, o komm heran!)
H e k a t e. Ich komm, ich komm, ich komme!
So schnell ich immer kann!
So schnell ich immer kann!
(Sie geht ab.)
E r s t e H e x e.
Fort, laßt uns eilen; bald kommt sie zurück.

VIERTER AUFZUG

ERSTE SZENE

Eine finstre Höhle, in der Mitte ein kochender Kessel.
(Donner; die drei Hexen kommen.)

E r s t e H e x e. Die gelbe Katz' hat dreimal miaut.
Z w e i t e H e x e. Ja, und einmal der Igel quiekt.
D r i t t e H e x e. Die Harpyie schreit: - 's ist Zeit.
E r s t e H e x e. Um den Kessel dreht euch rund,
Werft das Gift in seinen Schlund.
Kröte, die im kalten Stein
Tag' und Nächte, dreimal neun,
Zähen Schleim im Schlaf gegoren,
Sollst zuerst im Kessel schmoren!
A 11 e. Spart am Werk nicht Fleiß noch Mühe,
Feuer sprühe, Kessel glühe!
Z w e i t e H e x e. Sumpf'ger Schlange Schweif und Kopf
Brat' und koch' im Zaubertopf:
Molchesaug' und Unkenzehe,
Hundemaul und Hirn der Krähe;
Zäher Saft des Bilsenkrauts,
Eidechsbein und Flaum vom Kauz:
Mächt'ger Zauber würzt die Brühe,
Höllenbrei im Kessel glühe!
A 11 e. Spart am Werk nicht Fleiß noch Mühe,
Feuer sprühe, Kessel glühe!
D r i t t e H e x e. Wolfeszahn und Kamm des Drachen,
Hexenmumie, Gaum' und Rachen
Aus des Haifisch scharfem Schlund;
Schierlingswurz aus finsterm Grund;
Auch des Lästerjuden Lunge,
Türkennas' und Tartarzunge;
Eibenreis, vom Stamm gerissen
In des Mondes Finsternissen;
Hand des neugebornen Knaben,
Den die Metz' erwürgt im Graben,
Dich soll nun der Kessel haben.
Tigereingeweid' hinein,
Und der Brei wird fertig sein.
A 11 e. Spart am Werk nicht Fleiß noch Mühe,
Feuer sprühe, Kessel glühe!
Z w e i t e H e x e. Abgekühlt mit Paviansblut,
Wird der Zauber stark und gut.
(Hekate kommt.)
H e k a t e. So recht! ich lobe euer Walten;
Jede soll auch Lohn erhalten.
Um den Kessel tanzt und springt,
Elfen gleich den Reihen schlingt,
Und den Zaubersegen singt.
(Gesang: Geister weiß und grau,
Geister rot und blau:
Rührt, rührt, rührt,
Rührt aus aller Kraft!)
Z w e i t e H e x e. Ha! mir juckt der Daumen schon,
Sicher naht ein Sündensohn -
Laßt ihn ein, wer mag's sein.
(Es klopft; Macbeth tritt auf.)
M a c b e t h. Nun, ihr geheimen, schwarzen Nachtunholde!
Was macht ihr da?
A 11 e. Ein namenloses Werk.
M a c b e t h. Bei dem, was ihr da treibt, beschwör ich euch
(Wie ihr zur Kund' auch kommt), antwortet mir'
Entfesselt ihr den Sturm gleich, daß er kämpft
Gegen die Kirchen und die schäum'gen Wogen
Vernichten und verschlingen alle Schiffahrt,
Daß reifes Korn sich legt und Wälder brechen;
Daß Burgen auf den Schloßwart niederprasseln,
Daß Pyramiden und Paläste beugen
Bis zu dem Grund die Häupter. Müßte selbst
Der Doppellichter Pracht und Ordnung wild
Zusammentaumeln, ja, bis zur Vernichtung
Erkranken: Antwort gebt auf meine Fragen!
E r s t e H e x e. Sprich!
Z w e i t e H e x e. Frag!
D r i t t e H e x e. Wir geben Antwort.
E r s t e H e x e. Hörst du's aus unserm Munde lieber oder
Von unsern Meistern?
M a c b e t h. Ruft sie, ich will sie sehn.
E r s t e H e x e. Gießt der Sau Blut, die neun Jungen
Fraß, noch zu; werft Fett, gedrungen
Aus des Mörders Rabenstein,
In die Glut.
A 11 e. Kommt, groß und klein!
Seid dienstbehend und stellt euch ein!
(Donner. Erste Erscheinung, ein bewaffnetes Haupt steigt
aus dem Kessel.)
M a c b e t h. Sprich, unbekannte Macht -
E r s t e H e x e. Sie weiß dein Fragen:
Hören mußt du, selbst nichts sagen.
H e k a t e.
Macbeth! Macbeth! Macbeth! scheu den Macduff,
Scheue den Than von Fife. - Laßt mich - genug.
(Versinkt.)
M a c b e t h. Wer du auch seist, für deine Warnung Dank;
Du trafst den wunden Fleck. - Doch noch ein Wort -
E r s t e H e x e. Sie läßt sich nicht befehlen.
(Donner. Zweite Erscheinung, ein blutiges Kind steigt aus
dem Kessel.)
H e k a t e. Macbeth! Macbeth! Macbeth!
M a c b e t h. Hätt' ich drei Ohren, hört' ich dich.
H e k a t e.
Sei blutig, kühn und frech; lach aller Toren,
Dir schadet keiner, den ein Weib geboren:
Kein solcher kränkt Macbeth. (Versinkt.)
M a c b e t h.
Dann leb, Macduff; was brauch ich dich zu fürchten?
Doch mach ich doppelt sicher Sicherheit,
Und nehm ein Pfand vom Schicksal - du sollst sterben;
Dann sag ich zu der bleichen Furcht: du lügst!
Und schlafe trotz dem Donner. -
(Donner. Dritte Erscheinung, ein gekröntes Kind steigt aus
dem Kessel, mit einem Baum in der Hand.)
Was ist das,
Das aufsteigt wie der Sprößling eines Königs,
Und um die Kindesstirn geflochten hat
Den Kranz der Majestät?
A 11 e. Horch, sprich's nicht an.
H e k a t e.
Sei löwenkühn und stolz; nichts darfst du scheuen,
Wer tobt, wer knirscht, und ob Verräter dräuen:
Macbeth wird nie besiegt, bis einst hinan
Der große Birnams Wald zum Dunsinan
Feindlich emporsteigt. (Versinkt.)
M a c b e t h. Das kann nimmer werden -
Wer wirbt den Wald? heißt Bäume von der Erden
Die Wurzel lösen? Wie der Spruch entzückt!
Aufruhr ist tot, bis Birnams Waldung rückt
Bergan, und unser Macbeth hochgemut
Lebt bis ans Ziel der Tage, zahlt Tribut
Nur der Natur und Zeit. -
Doch klopft mein Herz, nur eins noch zu erfahren;
Sprecht, kann mir eure Kunst dies offenbaren:
Wird Banquos Same je dies Reich regieren?
A 11 e. Frag weiter nichts.
M a c b e t h. Ich will befriedigt sein: versagt mir das,
Und seid verflucht auf ewig! Laßt mich wissen -
(Oboen.)
Warum versinkt der Kessel? Welch Getön?
E r s t e H e x e. Erscheint!
Z w e i t e H e x e. Erscheint!
D r i t t e H e x e. Erscheint!
A l l e. Erscheint dem Aug' und quält den Sinn:
Wie Schatten kommt und fahrt dahin.
(Acht Könige erscheinen und gehn über die Bühne, der letzte trägt einen Spiegel; Banquo folgt.)
M a c b e t h. Du bist zu ähnlich Banquos Geist! Hinab! -
Dein Diadem brennt mir die Augen. - Und du
Mit goldumwundner Stirne gleichst dem ersten: -
Ein dritter wie der zweite. - Garst'ge Hexen!
Warum zeigt ihr mir das? Ein vierter! - Blick, erstarre!
Wie! dehnt die Reih' sich bis zum Jüngsten Tag?
Und noch! - Ein siebenter! - Ich will nichts mehr sehn. -
Da kommt der achte noch und hält den Spiegel,
Der mir viel andre zeigt, und manche seh ich,
Die zwei Reichsäpfel und drei Zepter tragen -
Furchtbarer Anblick! Ja, ich seh, 's ist wahr;
Denn lächelnd winkt der blutdurchsiebte Banquo
Und deutet auf sie hin als auf die Seinen. -
Was, ist es so?
E r s t e H e x e. Ja, alles ist so. - Doch warum
Steht Macbeth da so starr und stumm?
Auf! zu ermuntern seinen Geist,
Ihm unsre schönsten Künste weist.
Durch Zauber tönen luft'ge Weisen;
Auf! tanzt in vielverschlungnen Kreisen.
Der König soll uns Lob gewähren,
Sein Kommen wußten wir zu ehren.
(Musik; die Hexen tanzen und verschwinden.)
M a c b e t h.
Wo sind sie? Fort? - Mag diese Unglücksstunde
Verflucht auf ewig im Kalender stehn!
Verpestet sei die Luft, auf der sie fahren,
Und alle die verdammt, so ihnen trauen!
Ich hörte Pferd'galopp - wer kam vorbei?
D i e n e r.
Zwei oder drei, Herr, die Euch Nachricht brachten,
Daß Macduff floh nach England.
M a c b e t h. Floh nach England?
D i e n e r. Ja, gnäd'ger Herr.
M a c b e t h. 0 Zeit! vor eilst du meinem grausen Tun!
Nie wird der flücht'ge Vorsatz eingeholt,
Geht nicht die Tat gleich mit. Von Stund an nun
Sei immer meines Herzens Erstling auch
Erstling der Hand. Und den Gedanken gleich
Zu krönen, sei's getan, so wie gedacht.
Die Burg Macduffs will ich jetzt überfallen;
Fife wird erobert und dem Schwert geopfert
Sein Weib und Kind und alle armen Seelen
Aus seinem Stamm. Das ist nicht Torenwut;
Es ist getan, eh' sich erkühlt mein Blut. -
Nur keine Geister mehr! - Wo sind die Herrn?
Komm, führ mich hin zu ihnen.
(Sie gehn ab.)

ZWEITE SZENE

Fife, Zimmer in Macduffs Schloß.

(Es treten auf Lady Macduff und Rosse.)

L a d y M a c d u f f.
Was tat er denn, landflüchtig so zu werden?
R o s s e. Geduldig müßt ihr sein.
L a d y M a c d u f f. Er war es nicht.
Die Flucht ist Wahnsinn. Wenn nicht unsre Taten,
Macht Furcht uns zu Verrätern.
R o s s e. Wenig wißt Ihr,
Ob er der Weisheit oder Furcht gehorchte.
L a d y M a c d u f f.
Weisheit! Sein Weib, die kleinen Kinder lassen,
Haushalt wie seine Würden, an dem Ort,
Von dem er selbst entflieht? Er liebt uns nicht,
Ihm fehlt Naturgefühl. Bekämpft der schwache
Zaunkönig, dieses kleinste Vögelchen,
Die Eule doch für seine Brut im Nest.
Bei ihm ist alles Furcht und Liebe nichts;
Nicht größer ist die Weisheit, wo die Flucht
So gegen die Vernunft rennt.
R o s s e. Teure Muhme,
Ich bitte, mäßigt Euch; denn Euer Gatte
Ist edel, klug, vorsichtig, kennt am besten
Der Tage Sturm. - Nicht viel mehr darf ich sagen. -
Doch harte Zeit, wenn wir Verräter sind
Uns unbewußt, wenn uns Gerüchte ängsten
Aus Furcht nur, doch nicht wissend, was wir fürchten,
Getrieben auf empörtem, wildem Meer,
Nach allen Seiten hin. - So lebt denn wohl!
Nicht lang, und wieder frag ich vor bei Euch.
Was so tief sank, geht unter, oder klimmt
Zur alten Höh' empor.
Ich bin so kindisch, daß ein längres Bleiben
Mich nur beschämen würd' und Euch entmut'gen:
Lebt wohl mit eins!
Gott mit Euch, schöne Frau
Ich fürchte, daß Gefahr Euch nah bedroht;
Verschmäht Ihr nicht den Rat eines schlichten Mannes,
So bleibt nicht hier: schnell fort mit Euren Kleinen!
Euch so zu schrecken bin ich grausam zwar;
Doch wär's Unmenschlichkeit, es nicht zu tun,
Da die Gefahr so nah. Der Himmel schütz' Euch!
Ich darf nicht weilen.
(Er geht ab.)
L a d y M a c d u f f. Wohin sollt' ich fliehn?
Ich tat nichts Böses: doch jetzt denk ich dran,
Dies ist die ird'sche Welt, wo Böses tun
Oft löblich ist und Gutes tun zuweilen
Schädliche Torheit heißt. Warum denn, ach,
Verlaß ich mich auf diese Frauenwaffe,
Und sag, ich tat nichts Böses? -
(Die Mörder kommen.)
(Lady Macduff entflieht und schreit Mord! Die Mörder
verfolgen sie.)

DRITTE SZENE

England. Vor dem königlichen Schloß.
(Rosse und Macduff treten auf.)

R o s s e. Laß uns einen Stillen Schatten suchen und
Durch Tränen unser Herz erleichtern.
M a c d u f f. Lieber
Laß uns, das Todesschwert ergreifend, wacker
Aufstehn für unser hingestürztes Recht.
An jedem Morgen heulen neue Witwen,
Und neue Waisen wimmern; neuer Jammer
Schlägt an des Himmels Wölbung, daß er tönt,
Als fühlt' er Schottlands Schmerz und hallte gellend
Den Klagelaut zurück.
R o s s e. Das, was ich glaube,
Will ich betrauern; glauben, was Ihr sagt,
Und helfen will ich, wo ich kann, wenn Zeit
Und Freund' ich finde. Was Ihr mir erzählt,
Kann wohl sich so verhalten. Der Tyrann,
Des Name schon die Zung' uns schwären macht,
Galt einst für ehrlich: Ihr habt ihn geliebt,
Noch kränkt' er Euch nicht.
M a c d u f f. Ich bin kein Verräter.
R o s s e. Aber Macbeth ist's.
Auch strenge Tugend kann sich schrecken lassen
Durch königliches Machtwort - doch verzeiht!
Mein Denken kann das, was Ihr seid, nicht wandeln -
Stets sind die Engel hell, fiel auch der hellste;
Borgt' alles Schlechte auch den Schein der Gnade,
Doch müßte Gnade wie sie selbst erscheinen.
M a c d u f f. So hab ich meine Hoffnung denn verloren!
R o s s e. Vielleicht da, wo ich meinen Zweifel fand.
Wie! in der Hast verließt Ihr Weib und Kind,
So teure Pfänder, mächt'ge Liebesknoten,
Selbst ohne Abschiednehmen? - Ich ersuch Euch -
Mein Mißtraun spricht nicht so, Euch zu entehren,
Nur, mich zu sichern. Ihr könnt rein und treu sein,
Was ich von Euch auch denke.
M a c d u f f. Blute, blute,
Du armes Vaterland!
So lege festen Grund denn, Tyrannei,
Rechtmäßigkeit wagt nicht, dich anzugreifen!
Trage dein Leid, dein echter Herrscher zittert ~
Lebe wohl! nicht möcht ich sein der Schurke,
Den du mich achtest, für den weiten Raum,
Den der Tyrann in seinen Klauen hält,
Zusamt dem reichen Ost.
R o s s e. Sei nicht beleidigt!
Nicht unbedingter Argwohn sprach aus mir.
Ich glaub es, unser Land erliegt dem Joch;
Es weint und blutet; jeder neue Tag
Schlägt neue Wunden ihm; auch glaub ich wohl,
Daß Hände sich erhöben für mein Recht.
M a c d u f f. Nicht in Legionen
Der grausen Höll' ist ein verruchtrer Teufel,
Der Macbeth überragt.
R o s s e. Wohl ist er blutig,
Wollüstig, geizig, falsch, betrügerisch,
Jähzornig, hämisch; schmeckt nach jeder Sünde,
Die Namen hat.
M a c d u f f. Oh! Schottland! Schottland!
R o s s e. Darf nun ein solcher wohl regieren? Sprich!
M a c d u f f. Regieren? Nein,
Nicht leben darf er! Oh, unsel'ges Volk!
Vom blut'gen Usurpator hingeschlachtet,
Wann doch erlebst du wieder frohe Tage?
Nie!
0 mein Herz,
Dein Hoffen endet hier!
R o s s e. Macduff, dein edler Zorn,
Das Kind der Redlichkeit, tilgt aus der Seele
Mir jeden schwarzen Argwohn; und versöhnt
Mit deiner Treu' und Ehre mein Gemüt.
Der teuflische Macbeth hat oft versucht,
Durch solche Künste mich ins Garn zu locken,
Drum schirmt vor allzu gläub'ger Hast mich Vorsicht -
Doch Gott mag richten zwischen dir und mir!
Denn jetzt geb ich mich ganz in deine Hände.
M a c d u f f. 0 Gott! entferne bald,
Was uns einander fremd macht.
R o s s e. Amen, Herr!
M a c d u f f. Steht's noch um Schottland so?
R o s s e. Ach! armes Land,
Das fast vor sich erschrickt! Nicht unsre Mutter
Kann es mehr heißen, sondern unser Grab:
Wo nur, wer von nichts weiß, noch etwa lächelt;
Wo Seufzen, Stöhnen, Schrein die Luft zerreißt,
Und keiner achtet drauf; Verzweifeln gilt
Für töricht Übertreiben, keiner fragt:
Um wen? beim Grabgeläut; der Wackern Leben
Welkt schneller als der Strauß auf ihrem Hut,
Sie sterben, eh' sie krank sind.
M a c d u f f. O Erzählung,
Zu herb und doch zu wahr! Was ist die neuste
Kränkung?
R o s s e. Wer die erzählt, die eine Stunde alt,
Wird ausgezischt; jedweder Augenblick
Zeugt eine neue.
M a c d u f f. Wen betrifft's?
Ist's allgemeines Weh! ist's eigner Schmerz,
Der einem nur gehört?
Wie steht's um mein Weib?
Und meine Kinder alle?
R o s s e. Kein redlich Herz,
Das nicht mit leidet; doch der größre Teil
Ist nur für dich allein.
M a c d u f f. Gehört es mir,
Enthalte mir's nicht vor; schnell laß mich's haben.
R o s s e. Dein Ohr wird meine Zunge ewig hassen,
Die's mit dem jammervollsten Ton betäubt,
Den jemals du gehört.
M a c du f f. Ha! ich errat es.
R o s s e. Dein Schloß ist überfallen; Weib und Kinder
Grausam gewürgt - die Art erzählen hieße
Das Trauerspiel von deines Hauses Fall
Mit deinem Tod beschließen.
Gnäd'ger Gott! -Nein, Mann! drück nicht den Hut so in die Augen,
Gib Worte deinem Schmerz: Gram, der nicht spricht,
Preßt das beladene Herz, bis daß es bricht.
M a c d u f f. Auch meine Kinder?
R o s s e. Gattin, Kinder, Diener;
Was man nur fand.
M a c d u f f. Und ich muß ferne sein!
Mein Weib gemordet auch?
R o s s e. Ich sagt' es.
Faßt Euch:
Laßt uns Arznei aus mächt'ger Rache mischen,
Um dieses Todesweh zu heilen.
M a c d u f f. Er
Hat keine Kinder! All die süßen Kleinen?
Alle sagst du? - 0 Höllengeier! - Alle!
Was! all die holden Küchlein, samt der Mutter,
Mit einem wilden Griff?
R o s s e. Ertragt es wie ein Mann.
M a c d u f f. Das will ich auch;
Doch ebenso muß wie ein Mann ich's fühlen:
Vergessen kann ich nicht, daß das gewesen,
Was mir das Liebste war. Konnte der Himmel
Es anschaun und nicht helfen? Sünd'ger Macduff!
Für dich sind sie erschlagen! Ich Verworfner!
Für ihre Sünden nicht, nein, für die meinen
Sind sie gewürgt. Schenk' ihnen Frieden, Gott!
R o s s e.
Dies wetze scharf dein Schwert, verwandle Gram
In Zorn; erschlaffe nicht dein Herz, entflamm es.
M a c d u f f. Ich will das Weib nicht mit den Augen spielen
Und prahlen mit der Zunge! - Doch güt'ger Himmel,
Vernichte alle Trennung ; Stirn an Stirn
Führ diesen Teufel Schottlands mir entgegen.
Stell ihn in meines Schwerts Bereich; entrinnt er,
Himmel, vergib ihm auch!
R o s s e. So klingt es männlich.
Jetzt komm zum König; fertig steht das Heer.
Es mangelt nur noch, daß wir Abschied nehmen.
Macbeth ist reif zur Ernte, und dort oben
Bereiten ew'ge Mächte schon das Messer.
Faßt frischen Mut; so lang ist keine Nacht,
Daß endlich nicht der helle Morgen lacht.
(Sie gehen ab.)



FÜNFTER AUFZUG

ERSTE SZENE

Dunsinan, Zimmer im Schloß.
(Lady Macbeth kommt, eine Kerze in der Hand.)

L a d y M a c b e t h. Da ist noch ein Fleck.
Fort, verdammter Fleck! fort, sag ich!
Eins, zwei! Nun, dann ist es Zeit, es zu tun. - Die Hölle ist finster! -
Pfui, mein Gemahl, pfui! ein Soldat und furchtsam!
Was haben wir zu fürchten, wer es weiß, da niemand unsre Gewalt zur Rechenschaft ziehen darf? - Aber wer hätte gedacht, daß der alte Mann noch so viel Blut in sich hätte?
Der Than von Fife hatte ein Weib:
Wo ist sie nun? - Wie, wollen diese Hände denn nie rein werden? -
Nichts mehr davon, mein Gemahl, nichts mehr davon; du verdirbst alles mit diesem Auffahren.
Noch immer riecht es hier nach Blut; alle Wohlgerüche Arabiens würden diese kleine Hand nicht wohlriechend machen. Oh! oh! oh!
Wasch deine Hände, leg dein Nachtkleid an; sieh doch nicht so blaß aus -
Ich sage es dir noch einmal, Banquo ist begraben, er kann aus seiner Gruft nicht herauskommen.
Zu Bett, zu Bett! Es wird ans Tor geklopft. Komm, komm, komm, komm, gib mir die Hand!
- Was geschehn ist, kann man nicht ungeschehn machen.
Zu Bett, zu Bett, zu Bett!
(Sie bricht zusammen.)

DRITTE SZENE

Dunsinan, im Schloß. (Macbeth tritt auf.)

M a c b e t h.
Bringt keine Nachricht mehr! laßt alle fliehn;
Bis Birnams Wald anrückt auf Dunsinan,
Ist Furcht mir nichts. Was ist der Knabe Malcolm?
Gebar ihn nicht ein Weib! Die Geister, welche
All irdisch Walten kennen, prophezeiten so:
Sei kühn, Macbeth, kein Mann vom Weib geboren
Soll je dir was anhaben. - Flieht denn immer,
Ihr falschen Thans, zu Englands Weichlingen. -
Dies Herz und meinen Herrschergeist verwegen
Dämpft Zweifel nicht und soll die Furcht nie regen.

FÜNFTE SZENE

Dunsinan, im Schloß.
(Mit Trommeln und Fahnen treten auf Macbeth, Soldaten.)

M a c b e t h. Pflanzt unsre Banner auf die äußre Mauer;
Stets heißt's: sie kommen. Unser festes Schloß
Lacht der Belagrung; mögen sie hier liegen,
Bis Hunger sie und Krankheit aufgezehrt.
Verstärkten die sie nicht, die uns gehören,
Wir hätten, Bart an Bart, sie kühn getroffen
Und sie nach Haus gegeißelt. Welch Geschrei?
(Weibergeschrei hinter der Szene.)
M a c b e t h. Verloren hab ich fast den Sinn der Furcht.
Es gab eine Zeit, wo kalter Schau'r mich faßte,
Wenn der Nachtvogel schrie; das ganze Haupthaar
Bei einer schrecklichen Geschicht' empor
Sieh richtete, als wäre Leben drin.
lch habe mit dem Graun zu Nacht gespeist ;
Entsetzen, meines Mordsinns Hausgenoß,
Schreckt nun mich nimmermehr. - Weshalb das Wehschrein?
S o l d a t. (kommt zurück). Die Kön'gin, Herr, ist tot.
M a c b e t h. Sie hätte später sterben können; - es hätte
Die Zeit sich für ein solches Wort gefunden. -
Morgen, und morgen, und dann wieder morgen,
Kriecht so mit kleinem Schritt von Tag zu Tag
Zur letzten Silb' auf unserm Lebensblatt;
Und alle unsre Gestern führten Narr'n
Den Pfad des stäub'gen Tods. -
Aus! kleines Licht! - Leben ist nur ein wandelnd Schattenbild;
Ein armer Komödiant, der spreizt und knirscht
Sein Stündchen auf der Bühn' und dann nicht mehr
Vernommen wird; ein Märchen ist's, erzählt
Von einem Dummkopf, voller Klang und Wut,
Das nichts bedeutet. -
(Ein Soldat kommt.)
Du hast was auf der Zunge: schnell heraus!
S o l d a t. Mein königlicher Herr -
Ich sollte melden, das, was, wie ich glaube,
Ich sah; - doch wie ich's tun soll, weiß ich nicht.
M a c b e t h. Nun, sag's nur, Mensch.
S o l d a t. Als ich den Wachtdienst auf dem Hügel tat, -
Ich schau nach Birnam zu, und, sieh, mir deucht,
Der Wald fängt an zu gehn.
M a c b e t h. Lügner und Sklav'!
(Er schlägt ihn.)
S o l d a t. Laßt Euren Zorn mich fühlen, ist's nicht so:
Drei Meilen weit könnt Ihr ihn kommen sehn;
Ein gehnder Wald - wahrhaftig!
M a c b e t h. Sprichst du falsch,
Sollst du am nächsten Baum lebendig hangen,
Bis Hunger dich verschrumpft hat; sprichst du wahr,
Magst du mir meinethalb dasselbe tun. -
Ein zieh ich die Entschlossenheit, beginne
Den Doppelsinn des bösen Feinds zu merken,
Der Lüge spricht wie Wahrheit: Fürchte nichts,
Bis Birnams Wald anrückt auf Dunsinan; -
Und nunmehr kommt ein Wald nach Dunsinan.
Waffen nun, Waffen! und hinaus! -
Ist Wahrheit das, was seine Meldung spricht,
So ist kein Fliehn von hier, kein Bleiben nicht.
Das Sonnenlicht will schon verhaßt mir werden;
Oh! fiel' in Trümmern jetzt der Bau der Erden!
Auf! läutet Sturm! Wind blas! heran, Verderben!
Den Harnisch auf dem Rücken will ich sterben.
(Alle ab.)

SECHSTE SZENE

Eine Ebene vor dem Schloß.

(Es treten auf mit Trommeln und Fahnen Rosse, Macduff,
die übrigen Anführer, das Heer mit Zweigen.)

R o s s e.
Jetzt nah genug! Werft ab die laub'gen Schirme,
Und zeigt euch, wie ihr seid.
M a c d u f f. Trompeten blast, befeuert kühnen Mut,
Herolde ruft ihr uns in Tod und Blut.
(Alle ab. Schlachtgetümmel hinter der Szene.)

SIEBENTE SZENE

Ein anderer Teil des Schlachtfeldes. (Macbeth tritt auf.)

M a c b e t h.
Sie banden mich an den Pfahl; fliehn kann ich nicht,
Muß, wie der Bär, der Hatz entgegen kämpfen:
Wo ist er, der nicht ward vom Weib geboren?
Den fürcht ich, keinen sonst.
(Rosse kommt.)
R o s s e. Abscheulicher Tyrann! das soll
Mein Schwert dir zeigen.
(Gefecht, Rosse fällt.)
M a c b e t h. Wardst vom Weib geboren. -
Der Schwerter lach ich, spotte der Gefahr,
Womit ein Mann dräut, den ein Weib gebar.
(Getümmel, Macduff kommt.)
Mein Nam' ist Macbeth.
Und nichts so furchtbar.
M a c d u f f.
Dort ist der Lärm: - Zeig dein Gesicht, Tyrann!
Fällst du, und nicht von meinem Schwert, so werden
Mich meines Weibs, der Kinder Geister quälen.
Ich kann auf armes Kernenvolk nicht schlagen,
Die in gedungner Hand die Lanze führen.
Nur du, Macbeth, wo nicht, kehrt schartenlos
Und ohne Tat mein Schwert zurück zur Scheide.
Zu mir! du Höllenhund, zu mir!
M a c b e t h. Von allen Menschen mied ich dich allein;
Du, mach dich nur zurück, mit Blut der Deinen
Ist meine Seele schon zu sehr beladen.
M a c d u f f. Ich habe keine Worte, meine Stimme
Ist nur in meinem Schwert. Du Schurke, blut'ger,
Als Sprache Worte hat!
(Sie fechten.)
M a c b e t h. Verlorne Müh'!
So leicht magst du die unteilbare Luft
Mit scharfem Schwert durchhaun als mich verletzen:
Auf Schädel, die verwundbar, schwing den Stahl;
Mein Leben ist gefeit, kann nicht erliegen
Einem vom Weib Gebornen.
M a c d u f f. So verzweifle
An deiner Kunst; und sage dir der Engel,
Dem du von je gedient, daß vor der Zeit
Macduff geschnitten ward aus Mutterleib.
M a c b e t h. Verflucht die Zunge, die mir dies verkündet,
Denn meine beste Mannheit schlägt sie nieder!
Und keiner trau' dem Gaukelspiel der Hölle,
Die uns mit doppelsinn'ger Rede äfft,
Die Wort nur hält dem Ohr mit Glückverheißung
Und es der Wahrheit bricht. -
Mit dir nicht kämpf ich.
M a c d u f f. Nun, so ergib dich, Memme!
Und leb als Wunderschauspiel für die Welt.
Wir wollen dich als seltnes Ungeheuer
Im Bild auf Stangen führen, mit der Schrift:
Hier zeigt man den Tyrannen.
M a c b e t h. Ich will mich nicht ergeben, um zu küssen
Den Boden vor des Knaben Malcolm Fuß,
Gehetzt zu werden von des Pöbels Flüchen.
Ob Birnams Wald auch kam nach Dunsinan;
Ob meinen Gegner auch kein Weib gebar,
Doch wag ich noch das letzte: Vor die Brust
Werf ich den mächt'gen Schild: Nun magst dich wahren,
Wer Halt! zuerst ruft, soll zur Hölle fahren!
(Sie kämpfen; Macbeth fällt.)

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