STROPHE III – Fortsetzung.

     9. LICHT IST KALTE FLAMME, UND FLAMME IST FEUER, UND FEUER BEWIRKT HITZE, WELCHE DAS WASSER GIEBT – DAS WASSER DES LEBENS IN DER GROSSEN MUTTER. [33]

   Man halte sich vor Augen, daß die Worte „Licht“, „Flamme“ und „Feuer“ von den Übersetzern dem Wörterbuche der alten „Feuerphilosophen“ [34] entnommen wurden, um die Bedeutung der im Originale angewendeten archaischen Ausdrücke und Symbole klarer wiederzugeben. Sonst würden sie einem europäischen Leser vollständig unverständlich geblieben sein. Einem Schüler des Occulten werden jedoch die obigen Ausdrücke genügend klar sein.

  All dies – „Licht“, „Flamme“, „Kälte“, „Feuer“, „Hitze“, „Wasser“ und „Wasser des Lebens“ – sind auf unserer Ebene die Nachkommen oder, wie ein moderner Physiker sagen würde, die Korrelationen der Elektricität. Mächtiges Wort, und noch mächtigeres Symbol! Heiliger Erzeuger nicht minder heiliger Nachkommenschaft; von Feuer – dem Schöpfer, dem Erhalter und dem Zerstörer; von Licht – der Wesenheit unserer göttlichen Vorfahren; von Flamme – der Seele der Dinge. Elektricität, das Eine Leben auf der oberen Stufe des Seins, und Astralflüssigkeit, Athanor der Alchimisten, auf der unteren; Gott und Teufel, Gut und Böses.

   Warum wird nun das Licht „kalte Flamme“ genannt? In der Ordnung der kosmischen Entwicklung (wie sie die Occultisten lehren) wird die Kraft, welche den Stoff nach dessen erster Formung zu Atomen in Bewegung setzt, auf unserer Ebene von kosmischer Wärme erzeugt; und vor dieser Periode bestand kein Kosmos im Sinne von getrenntem Stoff. Der erste ursprüngliche Stoff, ewig und gleichalterig mit dem Raume „welcher weder Anfang noch Ende hat, [ist] weder heiss noch kalt, sondern ist von seiner eigenen besonderen Natur“, sagt der Kommentar. Wärme und Kälte sind relative Qualitäten und gehören den Bereichen der geoffenbarten Welten an, welche alle aus der geoffenbarten Hyle hervorgehen, welche, in ihrem absolut latenten Aspekt, als die „kalte Jungfrau“ bezeichnet wird, und, zum Leben erwacht, als die „Mutter“. Die alten westlichen kosmogonischen Mythen sagen, daß zuerst nur kalter Nebel (der Vater) und der fruchtbare Schlamm (die Mutter, Ilys oder Hyle) waren, woraus die Weltschlange (Materie) hervorkroch. [35] Ursprüngliche Materie ist somit, bevor sie aus der Ebene des sich niemals Offenbarenden emportaucht und zur pulsierenden Thätigkeit unter dem Anstoß von Fohat erwacht, bloß „eine kalte Strahlung, farblos, formlos, gefühllos, und bar jeder Qualität oder Aspekts“. So sind selbst ihre Erstgeborenen, die „vier Söhne“, welche „Eins sind und Sieben werden“ – mit deren Eigenschaften und Namen die alten östlichen Occultisten die vier von den sieben ursprünglichen „Kraftcentren“ oder Atomen benannten, welche sich später zu den großen kosmischen „Elementen“ entwickeln, nun in die ungefähr siebzig der Wissenschaft bekannten Unterelemente geteilt. Die vier „ursprünglichen Naturen“ der ersten Dhyân Chohans sind die in Ermanglung besserer Ausdrücke sogenannten âkâshischen, etherischen, wässerigen und feurigen. Sie entsprechen, in der Terminologie des praktischen Occultismus, den wissenschaftlichen Definitionen von Gasen, welche – um sowohl Occultisten als Laien eine klare Vorstellung zu vermitteln – als parahydrogenisch [36] , paraoxygenisch, oxyhydrogenisch und ozonisch, oder vielleicht nitrozonisch definiert werden mögen; die letzteren Kräfte oder Gase (im Occultismus übersinnliche, jedoch atomistische Substanzen) sind die wirkungsvollsten und thätigsten, wenn sie auf der Ebene der gröber differenzierten Materie wirken. Diese Elemente sind zugleich elektropositiv und elektronegativ. Diese und noch viele andere sind wahrscheinlich die fehlenden Bindeglieder der Chemie. Sie sind unter anderen Namen in der Alchemie und den Occultisten, welche mit phänomenalen Kräften arbeiten, bekannt. Durch verbinden, und wiederverbinden, oder trennen der „Elemente“ auf gewisse Art, mit Hilfe des Astralfeuers, werden die größten Phänomene hervorgebracht.


[33] Chaos.

[34] Nicht der mittelalterlichen Alchimisten, sondern der Magier und Feuerverehrer, von denen die Rosenkreuzer, oder die Philosophen per ignem, die Nachfolger der Theurgisten, alle ihre Ideen in Bezug auf das Feuer als einem mystischen und göttlichen Elemente geborgt haben.

[35] Isis Unveiled, I. 146.

[36] „Para“ giebt den Sinn von jenseits, außerhalb.