Infolge des erklärten Bedauerns und zahlreicher Geständnisse
seitens fast eines jeden Orientalisten1
kann das Publikum hinlänglich überzeugt sein, daß (a)
die Erforscher alter Religionen in der That sehr wenige Daten haben, auf
denen sie solche Schlußfolgerungen aufbauen könnten, wie sie
es gewöhnlich bezüglich der alten Glaubenslehren thun, und (b)
ein solcher Mangel an Daten sie nicht im mindesten vom Dogmatisieren abhält.
Man sollte glauben daß, dank der zahlreichen in den Klassikern und
in einer Anzahl alter Schriftsteller erhaltenen Berichte über ägyptische
Theogonie und Mysterien, wenigstens die Riten und Dogmen des Pharaonischen
Ägyptens gut verstanden sein sollten; besser auf jeden Fall als die
allzu abstrusen Philosophien und der Pantheismus Indiens, von dessen Religion
und Sprache Europa vor Beginn des gegenwärtigen Jahrhunderts kaum
eine Ahnung hatten. Den Nil entlang und hin über die Fläche
des ganzen Landes stellen bis zur Stunde, und werden jährlich und
täglich nette Reste ausgegraben, die uns beredt ihre eigene Geschichte
erzählen.
Doch ist dem nicht so.
Der gelehrte Oxforder Philologe gesteht selbst die Wahrheit ein mit den
Worten:
Noch sehen wir die Pyramiden stehen, und die Ruinen von
Tempeln und Labyrinthen, ihre Wände bedeckt mit Hieroglypheninschriften
und mit den sonderbaren Darstellungen von Göttern und Göttinnen.
- Auf Papyrusrollen, welche dem Zahn der Zeit zu trotzen scheinen, haben
wir sogar Fragmente von dem, was man die heiligen Bücher der Ägypter
nennen könnte. Jedoch, obwohl vieles in den alten Aufzeichnungen
dieser geheimnisvollen Rasse entziffert worden ist, sind die Haupttriebfeder
der ägyptischen Religion und die ursprüngliche Bedeutung ihres
Ceremoniendienstes noch lange nicht vollständig uns erschlossen."2
Auch hier sind wiederum die geheimnisvollen hieroglyphischen Dokumente
erhalten, aber die Schlüssel, durch die sie allein verständlich
werden, sind verschwunden.
So wenig sind thatsächlich unsere größten Ägyptologen
mit den Beerdigungsgebräuchen der Ägypter und den äußerlichen
Zeichen für den Unterschied des Geschlechtes der Mumien bekannt,
daß es zu den albernsten Irrtümern geführt hat. Erst vor
ein bis zwei Jahren wurde ein solcher in Boulaq, Kairo, entdeckt. Eine
Mumie, welche für die eines Weibes eines unbedeutenden Pharaoh gehalten
wurde, erwies sich, dank einer Inschrift, die sich auf einem um den Hals
hängenden Amulet fand, als die des Sesostris - des größten
Königs von Ägypten!
Nichtsdestoweniger, nachdem er gefunden hatte, daß ein natürlicher
Zusammenhang zwischen Sprache und Religion bestellt"; daß es
zweitens eine gemeinsame arische Religion gab vor der Teilung
der ârischen Rasse, eine gemeinsame semitische Religion vor
der Teilung der semitischen Rasse, und eine gemeinsame turanische
Religion vor der Teilung der chinesischen und der anderen zur turanischen
Klasse gehörenden Stämme"; nachdem er thatsächlich
nur drei alte Religionscentren" und drei Sprachcentren"
entdeckt hatte, und obwohl er über den Ursprung dieser primitiven
Religionen und Sprachen in vollständiger Unkenntnis ist, zögert
der Professor nicht zu erklären: daß eine wahrhaft historische
Basis für eine wissenschaftliche Behandlung dieser Hauptreligionen
der Welt" erlangt worden ist!
Eine wissenschaftliche Behandlung" eines Gegenstandes ist noch
keine Gewähr für historische Basis"; und im Besitz
so spärlicher Daten ist kein Philologe, und sei er auch einer der
hervorragendsten, berechtigt, seine eigenen Schlußfolgerungen für
historische Thatsachen auszugeben. Zweifelsohne hat dieser ausgezeichnete
Orientalist durchaus zur Befriedigung der Welt bewiesen, daß mit
Rücksicht auf das Grimmsche Gesetz der Lautverschiebung Odin und
Buddha zwei verschiedene Persönlichkeiten sind, eine von der anderen
vollständig unterschieden, und hat das wissenschaftlich gezeigt.
Wenn er jedoch die Gelegenheit ergreift, um mit demselben Atemzuge zu
sagen, daß Odin als die höchste Gottheit während
einer dem Zeitalter des Veda und Homer weit vorangehenden Periode verehrt
wurde",3
so hat er dafür nicht die geringste historische Basis",
sondern er macht Geschichte und Thatsache seinen eigenen Schlußfolgerungen
dienstbar, was sehr wissenschaftlich" sein mag - nach der Anschauung
eines Orientalisten, was aber sehr weit von der Linie thatsächlicher
Wahrheit entfernt ist. Die einander widerstreitenden Ansichten bezüglich
der Chronologie der Veden, seitens der verschiedenen hervorragenden
Philologen und Orientalisten, von Martin Haug an bis zu Herrn Max Müller
selbst sind ein handgreiflicher Beweis dafür, daß die Behauptung
keine historische" Unterlage hat, indem innere Evidenz"
sehr oft ein Irrlicht ist, statt eines sicheren Leuchtturmes, nach dem
man sich richten könnte. Keinen besseren Beweis hat auch die Wissenschaft
der modernen vergleichenden Mythologie, um zu zeigen, daß jene gelehrten
Schriftsteller, welche etwa während des letzten Jahrhunderts betonten,
es müsse, Fragmente einer ursprünglichen Offenbarung gegeben
haben, die den Vorfahren des gesammten Menschengeschlechtes verliehen
. . . und in den Tempeln Griechenlands und Italiens aufbewahrt worden
sind", gänzlich im Unrecht waren. Denn das ist es auch, was
alle die östlichen Initiierten und Pundits von Zeit zu Zeit der Welt
verkündigt haben. Während ein hervorragender singhalesischer
Priester der Verfasserin versicherte, es sei wohl bekannt, daß die
wichtigsten zum heiligen Kanon gehörigen buddhistischen Traktate
in den europäischen Pundits unzugänglichen Ländern und
Plätzen verborgen aufgespeichert worden seien, versicherte der
jetzt verstorbene Svâmi Dayanand Sarasvatî, der größte
Sanskritist seiner Zeit in Indien, einige Mitglieder der theosophischen
Gesellschaft derselben Thatsache mit Bezug auf alte brâhmanische
Werke. Als man ihm sagte, daß Professor Max Müller den Hörern
seiner Vorlesungen erklärt habe: die Theorie es sei eine
ursprüngliche übernatürliche Offenbarung den Vätern
des Menschengeschlechtes verliehen worden, findet gegenwärtig nur
wenige Verteidiger- da lachte der heilige und gelehrte Mann. Seine
Antwort war bedeutsam. Wenn Herr ,Moksh Mooller`, wie er den Namen
aussprach, ein Brâhmine wäre, und käme zu mir, so würde
ich ihn zu einer Guaptahöhle (einer geheimen Krypta) nahe
bei Okhee Math im Himâlaya führen, wo er bald herausfinden
würde, daß, was die Kâlapani (die schwarzen Wasser des
Oceans) von Indien nach Europa durchquerte, bloß Brocken von
verworfenen Kopien einiger Stellen aus unseren heiligen Büchern
sind. Es gab eine ursprüngliche Offenbarung und sie existiert
noch, noch wird sie für immer für die Welt verloren sein, sondern
sie wird wiedererscheinen, wenn auch die Mlechchhas versteht sich zu warten
haben werden."
Weiter über diesen Punkt befragt, wollte er nicht mehr sagen. Dies
geschah zu Meerut, im Jahre 1880.
Ohne Zweifel war die Mystifikation, mit der im letzten Jahrhundert zu
Kalkutta von Seite der Brâhminen dem Oberst Wilford und Sir William
Jones mitgespielt wurde, eine grausame. Aber sie war wohlverdient und
niemand war in der Sache mehr zu tadeln als die Missionäre und Oberst
Wilford selbst. Die ersteren, nach dem Zeugnis von Sir William Jones selbst4
waren albern genug. zu behaupten, daß die Hindûs selbst
jetzt noch nahezu Christen seien, weil ihre Brahmâ, Vishnu und Mahesha
nichts anderes als die christliche Dreieinigkeit seien..5
Es war eine gute Lektion. Es machte die Orientalisten doppelt vorsichtig;
aber vielleicht hat es einige von ihnen wieder zu scheu gemacht, und hat
infolgedessen das Pendel der vorgefaßten Schlüsse zu weit in
der entgegengesetzten Richtung schwingen lassen. Denn diese erste
Lieferung vom brâhmanischen Markte", ausgeführt auf Nachfrage
des Oberst Wilford, hat jetzt eine augenscheinliche Nötigung und
Verlangen in den Orientalisten hervorgerufen, nahezu jedes archaische
Sanskritmanuskript für so modern zu erklären, daß die
Missionäre volle Rechtfertigung finden, wenn sie sich die Gelegenheit
zu nutze machen. Daß sie so thun und zwar soweit irgend ihre Verstandeskräfte
reichen, zeigt sich in den jüngsten absurden Versuchen, zu beweisen,
daß die ganze pûranische Geschichte von Krishna ein von
den Brâhminen an der Bibel begangenes Plagiat sei! Aber die
Thatsachen, die der Oxforder Professor in seinen Vorlesungen betreffs
der jetzt berüchtigten Einschaltungen (zum Nutzen und später
zur Sorge des Obersten Wilford) anführt, widerstreiten durchaus nicht
den Schlüssen, zu denen jemand, der die Geheimlehre studiert, unvermeidlich
gelangen muß.
Denn wenn die Ergebnisse zeigen, daß weder das neue noch
selbst das alte Testament irgend etwas der älteren Religion
der Brâhmanen und Buddhisten entlehnt hat, so folgt noch nicht,
daß nicht die Juden alles, was sie wußten, den chaldäischen
Aufzeichnungen entlehnt haben, welch letztere später von Eusebius
verstümmelt wurden. Was die Chaldäer anbelangt, so erhielten
sie ihr ursprüngliches Wissen sicher von den Brâhmanen, denn
Rawlinson zeigt einen unleugbaren vedischen Einfluß auf die frühere
Mythologie von Babylon, und Oberst Vans Kennedy hat vor langer Zeit mit
Recht erklärt, daß Babylonien von Anbeginn an der Sitz sanskritischer
und brâhmanischer Gelehrsamkeit war. Aber alle diese Beweise müssen
ihren Wert verlieren angesichts der in jüngster Zeit von Prof. Max
Müller ausgearbeiteten Theorie. Worin sie besteht, ist allgemein
bekannt. Der Kodex der phonetischen Gesetze wurde nunmehr zu einem Universalauflösungsmittel
für jede Identifikation oder Verwandtschaft" zwischen
den Göttern von vielen Nationen. So haben, obwohl die Mutter des
Merkur (Budha, Thot-Hermes, etc.) Maia war, die Mutter Gautama Buddhas
auch Mâyâ, und die Mutter von Jesus, desgleichen Mâyâ
(Täuschung, denn Maria ist Mare, das Meer, symbolisch für die
große Täuschung) - doch diese drei Gestalten keinen Zusammenhang,
noch können sie irgend einen haben, seit Bopp seinen Kodex
der phonetischen Gesetze aufgestellt hat".
Bei ihren Bemühungen, die vielen Fäden ungeschriebener Geschichte
zu sammeln, ist es ein kühner Schritt für unsere Orientalisten,
a priori alles zu leugnen, was nicht mit ihren besonderen Schlußfolgerungen
zusammenpaßt. So wird, während täglich neue Entdeckungen
gemacht werden von großen Künsten und Wissenschaften, die weit
zurück in der Nacht der Zeit bestanden haben, selbst die Kenntnis
der Schrift einigen der ältesten Nationen abgesprochen, und ihnen
Barbarei statt Kultur zugetraut. Und doch sind die Spuren einer ungeheuren
Civilisation, selbst in Zentralasien, noch zu finden. Diese Civilisation
ist unleugbar prähistorisch. Und wie ist Civilisation möglich
ohne irgend welche Form von Litteratur, ohne Annalen oder Chroniken? Gesunder
Menschenverstand allein sollte die unterbrochenen Verbindungen in der
Geschichte der entschwundenen Nationen ergänzen. Der riesenhafte
ununterbrochene Wall von Gebirgen, welche das ganze Tafelland von Tibet
einschließen, vom Oberlaufe des Flusses Khuan-Klé bis hinunter
zu den Karakorum-bergen, war Zeuge einer tausendjährigen Kultur,
und hätte den Menschen eigenartige Geheimnisse zu erzählen.
Die östlichen und zentralen Teile dieser Gegenden - der Nan-chan
und der Altyn-tag, waren einmal mit Städten bedeckt, die sehr wohl
mit Babylon wetteifern konnten. Eine ganze geologische Periode ist über
das Land hinweggegangen, seit jene Städte den letzten Atemzug gethan,
wie die Hügel von Triebsand und der unfruchtbare und nunmehr tote
Boden der ungeheuren Centralebenen des Beckens von Tarim bezeugen.
Die Grenzländer allein sind dem Reisenden oberflächlich bekannt.
Innerhalb jener sandigen Tafelländer giebt es Wasser, und finden
sich frische blühende Oasen, wohin kein europäischer Fuß
sich gewagt oder den jetzt trügerischen Boden betreten hat. Unter
diesen grünenden Oasen giebt es einige, welche selbst dem eingeborenen
uneingeweihten Reisenden vollkommen unzugänglich sind. Orkane mögen
den Sand aufreißen lind ganze Ebenen hinwegschwemmen,
sie sind machtlos, das zu zerstören, was ihnen unerreichbar ist.
Erbaut tief in den Eingeweiden der Erde sind jene unterirdischen Magazine
sicher; und da ihre Eingänge verborgen liegen, so ist wenig zu befürchten,
daß irgend jemand sie entdecken sollte, selbst wenn verschiedene
Armeen in die sandigen Wüsten einfallen sollten, wo
Nicht ein Teich, nicht ein Busch, nicht ein Haus ist zu sehn,
Und die Berge als wilde Mauern umstehn
Die verdorrten Flächen des Wüstenlands . . . .
Aber es ist nicht notwendig, den Leser durch die Wüste zu senden,
wenn dieselben Beweise einer alten Civilisation selbst in verhältnismäßig
bevölkerten Gegenden desselben Landes zu finden sind. Die Oase von
Tchertchen zum Beispiel, ungefähr 4000 Fuß über dem Niveau
des Flusses Tchertchen-Darya gelegen, ist jetzt in jeder Richtung von
Ruinen archaischer Städte umgeben. Dort repräsentieren etliche
3000 menschliche Wesen die Überbleibsel von ungefähr 100 untergegangenen
Nationen und Rassen, deren bloße Namen unseren jetzigen Ethnologen
unbekannt sind. Ein Anthropologe würde sich in großer Verlegenheit
fühlen, sie zu klassifizieren, einzuteilen und untereinzuteilen;
umsomehr als die respektiven Abkömmlinge aller dieser antediluvianischen
Rassen und Stämme selbst so wenig von ihreneigenen Vorfahren wissen,
als wenn sie aus dem Mond gefallen wären. Befragt über ihre
Herkunft antworten sie, daß sie nicht wissen, woher ihre Väter
gekommen sind, aber daß sie gehört haben, daß ihre ersten
oder frühesten Menschen von den großen Schutzgeistern dieser
Wüste beherrscht wurden.
Dies mag auf Rechnung von Unwissenheit und Aberglauben gesetzt werden,
aber vom Standpunkte der Geheimlehre aus kann ihre Antwort auf urzeitlicher
Überlieferung beruhen.
Bloß der Stamm von Khoorassan behauptet, lange vor den Tagen Alexanders
aus dem heutigen Afghanistan gekommen zu sein und bringt Volkssagen zur
Bekräftigung dessen vor.
Der russische Reisende, Oberst (jetzt General) Prjevalsky, fand ganz nahe
der Oase von Tchertchen die Ruinen zweier enormer Städte, von denen
die ältere, nach der Lokaltradition, vor 3000 Jahren von einem Helden
und Riesen zerstört wurde; und die andere von Mongolen im zehnten
Jahrhundert unserer Aera.
Der Ort der beiden Städte ist jetzt, infolge
des Triebsandes und des Wüstenwindes, mit seltsamen und verschiedenartigen
Überresten bedeckt, mit zerbrochenem Porzellan, mit Küchengeräten
und Menschenknochen. Die Eingeborenen finden oft Kupfer- und Goldmünzen,
eingeschmolzene Silberbarren, Diamanten und Türkise und, was das
Merkwürdigste ist zerbrochenes Glas . . . Särge ans einem nicht
verfaulenden Holz oder Material, mit prächtig erhaltenen einbalsamierten
Leichen .... Die männlichen Mumien sind alle außerordentlich
hohe kräftig gebaute Menschen mit langem wallenden Haar . . . . .
Eine Gruft wurde aufgefunden mit zwölf darin sitzenden Toten. Ein
andermal entdeckten wir in einem einzelnen Sarge ein junges Mädchen.
Ihre Augen waren mit goldenen Scheiben geschlossen, und die Kinnladen
von einem goldenen Reifen festgehalten, der unter dem Kinne beginnend
über den Scheitel des Kopfes lief. Gekleidet war es in ein enganliegendes
wollenes Gewand, sein Busen mit goldenen Sternen bedeckt, die Füße
unbekleidet gelassen.6
Der berühmte Reisende fügt hinzu, daß sie während
ihres ganzen Weges den Fluß Tchertchen entlang Sagen über dreiundzwanzig
Städte hörten, die seit Jahrhunderten unter dem Triebsand der
Wüsten vergraben lägen. Dieselbe Überlieferung besteht
am Lob-nor und in der Oase von Kerya.
Die Spuren einer solchen Civilisation, und diese und ähnliche Überlieferungen
geben uns das Recht, andern von gebildeten und gelehrten Eingeborenen
von Indien und der Mongolei verbürgten Volkssagen Glauben zu schenken,
wenn sie von ungeheuren Bibliotheken sprechen, die, dem Sande zugleich
mit verschiedenen Überresten alter magischer Lehre abgewonnen, alle
sicher geborgen sind.
Um zu wiederholen: Die Geheimlehre war die allgemein verbreitete Religion
der alten und prähistorischen Welt. Beweise für ihre Ausbreitung,
authentische Aufzeichnungen ihrer Geschichte, eine vollständige Kette
von Dokumenten, die ihren Charakter und ihre Gegenwart in jedem Lande
zeigen, sowie die Lehren aller ihrer großen Adepten, bestehen bis
zum heutigen 'Page in den verborgenen Krypten der im Besitze der geheimen
Brüderschaft befindlichen Bibliotheken.
Diese Behauptung wird mehr glaublich durch die Betrachtung folgender Thatsachen:
der Tradition, daß Tausende von alten Pergamenten gerettet wurden,
als die Alexandrinische Bibliothek zerstört wurde; der Tausende von
Sanskritwerken, die in Indien unter der Regierung Akbars verschwanden;
der allgemeinen Tradition in China und Japan, daß die echten alten
Texte mitsammt den Kommentaren, die allein sie verständlich machen
und die viele tausende von Bänden betragen, seit langem für
profane Hände unerreichbar geworden sind; des Verschwindens der ausgedehnten
heiligen und occulten Litteratur von Babylon; des Verlustes jener Schlüssel;
die allein die tausend Rätsel der ägyptischen Hieroglyphenaufzeichnungen
lösen konnten; der indischen Überlieferung, daß die wirklichen
geheimen Kommentare, die allein die Veden verständlich machen,
zwar den profanen Augen nicht länger sichtbar, doch für den
Initiierten noch erhalten sind, verborgen in geheimen Höhlen und
Krypten; und eines gleichartigen Glaubens bei den Buddhisten in Bezug
auf ihre geheimen Bücher.
Die Occultisten versichern, daß alle diese noch existieren, sicher
vor den plündernden Händen des Westens, um in einem erleuchteteren
Zeitalter wieder zu erscheinen, auf welches, in der Ausdrucksweise des
verstorbenen Svâmi Dayanand Sarasvatî, die Mlechchhas
(die Ausgestoßenen, Barbaren, die außerhalb des Bereiches
der arischen Kultur befindlichen) zu warten haben werden".
Denn es ist nicht die Schuld der Initiierten, daß diese Dokumente
jetzt für den Profanen verloren" sind, noch war ihr Verfahren
durch Selbstsucht diktiert oder durch irgend ein Verlangen, die lebenspendende
heilige Lehre zu monopolisieren. Es gab Teile der Geheimwissenschaft,
die für unzählbare Zeitalter dem profanen Blick verborgen bleiben
mußten. Aber das geschah, weil ein Mitteilen von Geheimnissen von
so furchtbarer Bedeutung an eine unvorbereitete Menge gleichbedeutend
damit wäre, einem Kinde in einem Pulvermagazin eine brennende Kerze
in die Hand zu geben.
Die Antwort auf eine Frage, die oft in den Gemütern von Schülern
aufgetaucht ist, wenn sie auf Behauptungen wie die obige stoßen,
mag hier füglich skizziert werden.
Wir können," sagen sie, die Notwendigkeit einsehen,
vor dem großen Haufen solche Geheimnisse wie Vril, oder die felsenzerstörende
Kraft, entdeckt von J. W. Keely aus Philadelphia, geheimzuhalten, aber
wir können nicht verstehen, wie irgend eine Gefahr aus der Enthüllung
solcher rein philosophischen Lehren, wie z. B. die Evolution der Planetenketten
erwachsen könne.
Die Gefahr war folgende: Lehren, wie die von der Planetenkette, oder von
den sieben Rassen, geben sofort einen Schlüssel zur Erkenntnis der
siebenfältigen Natur des Menschen, denn jedes Prinzip steht in Wechselbeziehung
zu einer Ebene, einem Planeten und einer Rasse; und die menschlichen Prinzipien
sind, auf jeder Ebene, in Wechselbeziehung zu siebenfältigen occulten
Kräften, von denen die der höheren Ebenen von furchtbarer Gewalt
sind. Somit giebt jede siebenfältige Einteilung zugleich einen Schlüssel
zu furchtbaren occulten Kräften, deren Mißbrauch der Menschheit
unberechenbares Unheil bringen würde: einen Schlüssel, der vielleicht
keiner ist für die gegenwärtige Generation - besonders nicht
für die Westlichen, insofern sie gerade durch ihre Blindheit und
ihren unwissenden materialistischen Unglauben an das Occulte geschützt
sind; aber einen Schlüssel, der dennoch ein sehr realer in den ersten
Jahrhunderten der christlichen Ära gewesen wäre für Leute,
die von der Thatsächlichkeit des Okkultismus vollständig überzeugt
waren, und in einen Cyklus der Erniedrigung eintraten, der sie für
den Mißbrauch occulter Kräfte und für Zauberei der schlechtesten
Art geeignet machte.
Die Dokumente wurden verborgen, das ist wahr; aber aus der Wissenschaft
selbst und ihrem thatsächlichen Bestande wurde seitens der Hierophanten
der Tempel, in denen die MYSTERIEN immer zu einer Schulung und zu einem
Ansporn zur Tugend gemacht wurden, niemals ein Geheimnis gemacht. Das
sind sehr alte Neuigkeiten, die wiederholt von den großen Adepten
bekannt gemacht wurden, von Pythagoras und Plato an bis herab zu den Neuplatonikern.
Sie waren die neue Religion der Nazarener, die eine Änderung zum
Schlechten bewirkte - in der Politik von Jahrhunderten. Ferner ist es
eine wohlbekannte sehr sonderbare Thatsache, die der Verfasserin von einem
einer russischen Gesandtschaft jahrelang attachiert gewesenen ehrwürdigen
Herrn bestätigt wurde, -nämlich, daß in den kaiserlichen
Bibliotheken von St. Petersburg verschiedene Dokumente sich befinden,
ans denen hervorgeht, daß selbst noch in den Tagen, als Freimaurerei
und geheime Gesellschaften von Mystikern ungehindert in Rußland
blühten, nämlich Ende des vorigen und Anfangs des jetzigen Jahrhunderts,
mehr als ein russischer Mystiker über das Uralgebirge nach Tibet
reiste, um Wissen und Initiation in den unbekannten Krypten von Centralasien
zu finden. Und mehr als einer kehrte Jahre darnach zurück, mit einem
reichen Schatze von Kenntnissen, wie sie ihm niemals irgendwo in Europa
hätten mitgeteilt werden können. Verschiedene Fälle könnten
angeführt und wohlbekannte Namen genannt werden, wenn nicht eine
solche Publizität den noch lebenden Verwandten der genannten ehemaligen
Initiierten unangenehm sein könnte. Wer immer Einblick in die Annalen
und Geschichte der Freimaurerei in den Archiven der russischen Hauptstadt
nimmt, wird sich selbst der behaupteten Thatsache vergewissern können.
Dies ist eine Bekräftigung dessen, was bereits oftmals und unglücklicherweise
zu indiskret behauptet worden ist. Anstatt der Menschheit zum Wohle zu
gereichen, haben die giftigen Beschuldigungen wissentlicher Erdichtung
und absichtlichen Betruges, die gegen jene geschleudert wurden, die bloß
eine wahrhaftige, wenn auch wenig bekannte Tatsache verfochten haben,
bloß den Verleumdern schlechtes Karma verursacht. Nun aber ist das
Unheil geschehen, und sollte das Wahre nicht länger verleugnet werden,
was immer auch die Folgen sein mögen.
Ist Theosophie eine neue Religion? frägt man uns. Keineswegs, sie
ist weder eine Religion, noch ist ihre Philosophie neu",
denn, wie bereits gesagt, ist sie so alt wie der denkende Mensch. Ihre
Lehrsätze werden jetzt nicht zum erstenmal veröffentlicht, sondern
sie wurden vorsichtig mehr als einem europäischen Initiierten bekannt
gemacht und von ihm weiter gelehrt, - insbesondere von dem verstorbenen
Ragon.
Mehr als ein großer Gelehrter hat festgestellt, daß es niemals
einen Religionsgründer gegeben hat, einerlei ob Ârier, Semit
oder Turanier, der eine neue Religion erfunden oder eine neue Wahrheit
enthüllt hätte. Alle diese Gründer waren bloß Überlieferer,
keine originalen Lehrer. Sie waren die Urheber neuer Formen und Interpretationen,
während die Wahrheiten, auf denen ihre Lehren beruhten, so alt wie
die Menschheit waren. Sie wählten sich eine oder mehrere dieser großen
Wahrheiten - als Wirklichkeiten bloß dem Auge des wahren Weisen
und Sehers sichtbar - aus den vielen, die, dem Menschen im Anbeginne mündlich
geoffenbart, in den Adytis der Tempel durch Initiation während der
Mysterien und durch persönliche Überlieferung bewahrt und erhalten
wurden, und enthüllten diese Wahrheiten den Massen. So erhielt jede
Nation der Reihe nach einige der erwähnten Wahrheiten unter dem Schleier
ihrer eigenen lokalen und speziellen Symbolik, was sich im Laufe der Zeit
zu einem mehr oder weniger philosophischen Kultus, zu einem Pantheon in
mythischer Vermummung entwickelte. Daher ist Confucius, ein sehr alter
Gesetzgeber nach historischer Chronologie, wenn auch ein sehr moderner
Weiser in der Geschichte der Welt, von Dr. Legge7
emphatisch als Überlieferer, nicht als Schöpfer, dargestellt.
Er selbst aber sagt: Ich überliefere bloß, ich kann nicht
neue Dinge erschaffen. Ich glaube an die Alten und daher liebe ich sie.8
Die Verfasserin liebt sie auch, und daher glaubt sie an die Alten, und
an die modernen Erben ihrer Weisheit. Und indem sie an beide glaubt, so
überliefert sie jetzt das von ihr selbst empfangene und gelernte
allen jenen, die es annehmen wollen. Was jene anbelangt, die ihr Zeugnis
verwerfen mögen - also die große Majorität -, so will
sie gegen dieselben keinen Groll liegen, denn jene werden ihrerseits ebenso
Recht haben, abzuleugnen, wie sie, zu behaupten, da beide auf die Wahrheit
von zwei vollständig verschiedenen Standpunkten blicken. In Übereinstimmung
mit den Regeln kritischer Schulgelehrsamkeit hat der Orientalist a
priori jeden Beweis zu verwerfen, den er selbst nicht vollständig
verifizieren kann. Und wie kann ein westlicher Schulgelehrter auf Hörensagen
hin das annehmen, von dem er nichts weiß?
In der That ist das in diesen Bänden gegebene ebensosehr mündlichen,
als geschriebenen Unterweisungen entnommen. Dieser erste Teil der esoterischen
Lehren beruht auf Strophen, welche Aufzeichnungen eines der Ethnologie
unbekannten Volkes sind; es wird behauptet, daß sie in einer Sprache
geschrieben sind, die in der Nomenklatur der Sprachen und Dialekte, mit
denen die Philologie vertraut ist, fehlt; es wird gesagt, daß sie
aus einer Quelle stammen, die von der Wissenschaft zurückgewiesen
wird (dem Occultismus); und schließlich werden sie durch eine Vermittelung
angeboten, die von allen jenen, welche unwillkommene Wahrheiten hassen,
oder irgend ein spezielle Steckenpferd eigenen Besitzes zur verteidigen
haben, unaufhörlich vor der Welt diskreditiert wird. Daher mag -
und muß vorläufig - die Verwerfung dieser Lehren erwartet werden.
Keiner, der sich selbst einen Gelehrten" nennt, sei es in was
immer für einem Gebiete der exakten Wissenschaft, wird sich gestatten,
diese Lehren ernsthaft zu beachten. Sie werden in diesem, aber auch nur
in diesem, Jahrhundert verlacht und a priori verworfen werden.
Denn im zwanzigsten Jahrhundert unserer Ära werden die Schulgelehrten
anfangen, anzuerkennen, daß die Geheimlehre weder erfunden noch
übertrieben. sondern im Gegenteil einfach skizziert worden ist; und
schließlich, daß ihre Lehren noch vor die Veden zurückreichen.
Das ist nicht die Anmaßung einer Prophezeiung, sondern einfach eine
auf der Kenntnis von Thatsachen beruhende Behauptung.
In jedem Jahrhundert wird ein Versuch gemacht, der Welt zu zeigen. daß
Occultismus kein leerer Aberglaube sei.
Nachdem einmal das Thor ein wenig offen stehen durfte, wird es mit. jedem
neuen Jahrhundert weiter geöffnet werden. Die Zeiten sind reif für
eine ernstere Erkenntnis als bisher gestattet war, wenn auch selbst jetzt
noch in nur sehr engen Grenzen. Sind nicht auch die Veden selbst
noch vor fünfzig Jahren verlacht, verworfen und eine moderne
Fälschung genannt worden? Wurde nicht seiner Zeit Sanskrit
nach Lemprière und anderen Gelehrten für einen vom Griechischen
abstammenden Dialekt erklärt? Um 1820, erzählt uns Prof. Max
Müller, waren alle heiligen Bücher der Brâhmanen, der
Magier und der Buddhisten nahezu unbekannt, in ihrer bloßen Existenz
angezweifelt, und es gab nicht einen einzigen Gelehrten, der eine Zeile
des Veda . . . des Zend Avesta, oder . . . der buddhistischen
Tripitaka hätte übersetzen können, und jetzt erweisen
sich die Vedas als das Werk des frühesten Altertums, dessen
Erhaltung fast auf ein Wunder hinausläuft.
Das gleiche wird über die geheime archaische Lehre gesagt werden,
wenn Beweise für die Unleugbarkeit ihrer Existenz und Aufzeichnungen
gegeben werden. Aber Jahrhunderte wird es dauern, bevor viel mehr von
derselben veröffentlicht wird. Von den Schlüsseln zu den Geheimnissen
des Tierkreises als für die Welt nahezu verloren gegangenen sprechend,
bemerkte die Verfasserin in Isis Unveiled vor ungefähr zehn
Jahren: Der genannte Schlüssel muß siebenmal umgedreht
werden, bevor das ganze System enthüllt ist. Wir wollen ihm bloß
eine Drehung geben, und damit dem Profanen einen flüchtigen
Blick in das Geheimnis gestatten. Glücklich der, der das Ganze versteht!
Dasselbe mag von dem ganzen esoterischen System gesagt werden. Eine Umdrehung
des Schlüssels, und nicht mehr, wurde in lsis Unveiled gegeben.
Viel mehr wird in den vorliegenden Bänden erklärt. In jenen
Tagen kannte die Schreiberin kaum die Sprache, in der das Werk geschrieben
war, und die Eröffnung vieler Dinge, von denen jetzt frei gesprochen
wird, war verboten. Im zwanzigsten Jahrhundert mag ein erfahrener und
weit besser tauglicher Schüler von den Meistern der Weisheit gesendet
werden, um endgültige und unwiderlegliche Beweise für die Existenz
einer, Gupta-Vidyâ genannten, Wissenschaft zu geben; sowie dafür,
daß, wie die einst geheimnisvollen Quellen des Nils, so die jetzt
der Welt bekanntgemachte Quelle aller Religionen und Philosophieen durch
viele Zeitalter den Menschen vergessen und verloren war, aber schließlich
gefunden worden ist.
Ein Werk wie dieses soll nicht durch eine einfache Vorrede, sondern eher
durch einen ganzen Band eingeleitet werden, welcher Thatsachen, nicht
bloße Erörterungen giebt, denn DIE GEHEIMLEHRE ist nicht eine
Abhandlung, oder eine Reihe von vagen Theorieen, sondern enthält
alles, was der Welt in diesem, Jahrhundert mitgeteilt werden kann.
Es wäre schlechter als nutzlos, in diesen Blättern einfach
jene Teile der esoterischen Lehren, die nunmehr der Gefangenschaft entronnen
sind, zu veröffentlichen, ohne zuvor die Echtheit und Authenticität,
- auf jeden Fall die Wahrscheinlichkeit - der Existenz solcher Lehren
begründet zu haben. Behauptungen, wie sie jetzt gemacht werden sollen,
müssen als von verschiedenen Autoritäten verbürgt erwiesen
werden: von denen der alten Philosophen, der Klassiker und selbst gewisser
gelehrter Kirchenväter, von denen einige diese Lehren kannten, weil
sie sie studiert und darüber geschriebene Werke gesehen und gelesen
hatten, während andere derselben persönlich in die alten Mysterien
initiiert waren, während derer Abhaltung die geheimen Lehren allegorisch
dargestellt wurden. Die Verfasserin wird historische und vertrauenswürdige
Namen anzuführen und wohlbekannte Autoren zu citieren haben, alte
und neue, von anerkannter Fälligkeit, guter Urteilskraft und Wahrheitsliebe,
sowie einige der berühmten Meister der geheimen Künste und Wissenschaft
nennen müssen, zugleich mit den Geimnissen der letzteren, wie sie
dem Publikum in ihrer sonderbaren archaischen Form veröffentlicht
oder vielmehr teilweise vorgelegt werden.
Wie hat dies zu geschehen? auf welchem Wege kann dieses Ziel am leichtesten
erreicht werden? das war die immer wiederkehrende Frage. Um unsere Absicht
klarer zu machen, wollen wir ein Gleichnis versuchen. Ein Tourist, der
aus einem wohldurchforschten Lande kommend plötzlich das Grenzgebiet
einer terra incognita erreicht, die durch eine furchtbare Mauer
unüberschreitbarer Felsen eingezäunt und dem Blicke verschlossen
ist, mag noch immerhin sich weigern, seine beabsichtigte Forschung für
vereitelt zu erklären. Weiteres Eindringen ist verwehrt. Doch kann
er, wenn er auch die geheimnisvolle Gegend nicht persönlich besuchen
kann, immerhin Mittel finden, sie aus der nächsten ihm erreichbaren
Nähe zu durchforschen. Unterstützt durch seine Kenntnis der
hinter ihm liegenden Landschaften kann er eine allgemeine und ziemlich
korrekte Idee von dem Anblick hinter der Mauer erhalten, wenn er nur den
höchsten Gipfel der vor ihm liegenden Höhen erklimmt. Einmal
hier, kann er nach Belieben darauf blicken und das, was er nur verschwommen
sieht, mit dem, was er eben unten zurückgelassen, vergleichen, da
er nun, dank seiner Anstrengungen, über dem Gebiete der Nebel und
der wolkengekrönten Klippen sich befindet.
Ein solcher Standpunkt für vorläufige Beobachtung, für
jene, welche ein genaueres Verstehen der im Texte gegebenen Geheimnisse
der präarchaischen Perioden anstreben, kann in diesen zwei Bänden
derselben nicht geboten werden. Aber wenn der Leser Geduld hat, den gegenwärtigen
Zustand von Glauben und Glaubensbekenntnissen in Europa betrachtet, ihn
mit dem, was von den der christlichen Ära unmittelbar vorangehenden
und folgenden Zeitaltern geschichtlich bekannt ist, vergleicht und kontrolliert,
so wird er dies alles in einem späteren Band dieses Werkes finden.
In diesem letzteren Bande wird eine kurze Rekapitulation aller hervorragenden,
geschichtlich bekannten Adepten gemacht und der Verfall der Mysterien
beschrieben werden, nach welchem das Verschwinden und die schließliche
und systematische Auslöschung der wahren Natur der Initiation und
der heiligen Wissenschaft aus dem Gedächtnisse der Menschen begann.
Von dieser Zeit an wurden ihre Lehren occult und Magie segelte nur zu
oft unter dem ehrwürdigen aber häufig irreführenden Namen
hermetischer Philosophie. Während wirklicher Occultismus unter den
Mystikern der unserer Ära vorangehenden Jahrhunderte vorherrschend
gewesen war, so folgten Magie, oder vielmehr Zauberei, mit ihren occulten
Künsten, dem Beginne des Christentums.
Wie groß und zelotisch auch die fanatischen Anstrengungen während
jener frühen Jahrhunderte waren, jede Spur der geistigen und intellektuellen
Arbeit der Heiden vergessen zu machen, so mißglückten sie doch;
aber derselbe Geist des dunklen Dämons der Frömmelei und Unduldsamkeit
hat seither jederzeit systematisch jedes in vorchristlichen Perioden geschriebene
helle Blatt verfälscht. Selbst in ihren unsicheren Aufzeichnungen
hat die Geschichte genug von dem erhalten, was geblieben ist, um ein unparteiisches
Licht auf das Ganze zu werfen. So möge denn der Leser eine kleine
Weile mit der Schreiberin auf dem erwählten Aussichtspunkt verweilen.
Er ist gebeten, seine ganze Aufmerksamkeit dem Jahrtausend der vorchristlichen
und der nachchristlichen Perioden zuzuwenden, welches durch das Jahr Eins
der Geburt Christi in zwei Hälften geteilt wird. Dieses Ereignis
- ob historisch richtig oder nicht - wurde jedenfalls dazu verwendet,
uni als erstes Signal zur Aufrichtung mannigfaltiger Bollwerke gegen jede
Möglichkeit der Rückkehr oder auch nur der flüchtigen Betrachtung
der verhaßten Religionen der Vergangenheit zu dienen; - verhaßt
und gefürchtet, da sie ein so grelles Licht werfen auf die neue und
absichtlich verhüllte Interpretation dessen, was als Neues
Testament" bekannt ist.
So übermenschlich die Anstrengungen der frühen Kirchenväter
waren, die Geheimlehre selbst aus dem Gedächtnis der Menschen zu
tilgen, so mißlangen doch alle. Die Wahrheit kann niemals getötet
werden, daher das Mißlingen, jede Spur dieser alten Weisheit völlig
von der Erdoberfläche zu verwischen, und jeden für sie eintretenden
Zeugen zu fesseln und zu knebeln. Man denke bloß an die Tausende
und vielleicht Millionen von verbrannten Manuskripten, von Monumenten,
die mit ihren allzu indiskreten Inschriften und gemalten Symbolen zu Staub
pulverisiert wurden, an die Banden früher Eremiten und Asketen, die
in den Ruinenstädten von Ober- und Unterägypten umherstreiften,
in der Wüste und im Gebirge, in Thälern und Hochlanden, suchend
und zerstörungslüstern nach allen Obelisken oder Säulen,
Rollen oder Pergamenten, die sie in ihre Gewalt bekommen konnten, wenn
sie nur das Symbol des Tau oder irgend ein anderes Zeichen trugen, das
der neue Glaube geborgt und sich angeeignet hatte - und man wird klar
einsehen, wieso es kommt, daß so wenig von den Aufzeichnungen der
Vergangenheit übriggeblieben ist. Fürwahr, die feindlichen Geister
des Fanatismus, im frühen und mittelalterlichen Christentum und im
Islam, liebten es von Anbeginn, in Dunkelheit und Unwissenheit zu wollnen;
und beide machten
.. . . . die Sonne wie Blut, die Erde zum Grab,
das Grab zur Hölle, die Hölle noch finstrer und trüber!
Beide Glaubensbekenntnisse gewannen ihre Proselyten mit der Spitze des
Schwertes, beide bauten ihre Kirchen auf zum Himmel ragenden Hekatomben
menschlicher Schlachtopfer. Über dem Eingangsthore zum ersten Jahrhundert
unserer Ära, erglühten unheilvoll die verhängnisvollen
Worte: DAS KARMA VON ISRAEL. Über den Portalen unseres
eigenen mag der zukünftige Seher andere Worte erblicken, hindeutend
auf das Karma infolge von trügerisch erfundener Geschichte, absichtlich
verdrehten Ereignissen; und von großen Charakteren, die von der
Nachwelt verleumdet, und zwischen den beiden Karren des Jagannâtha
Bigotterie und Materialismus - zur Unkenntlichkeit verstümmelt wurden,
von denen die eine zu viel annimmt, der andere alles ableugnet. Weise
ist der, der den goldenen Mittelweg einhält. der an die ewige Gerechtigkeit
der Dinge glaubt.
Im Faizi Diwán, dem Zeugen der wundervollen Reden eines Freidenkers,
der tausend Sekten angehört, heißt es:
In der Versammlung am Tage der Auferstehung, wenn
vergangene Dinge vergeben werden, werden die Sünden der Ka'bah vergeben
werden, um des Staubes der christlichen Kirchen willen."
Darauf erwidert Prof. Max Müller:
Die Sünden des Islam sind so wertlos wie
der Staub der Christenheit; am Tage der Auferstehung werden Muhammedaner
sowie Christen die Eitelkeit ihrer religiösen Lehren einsehen.
Menschen kämpften der Religion halber auf Erden; im Himmel werden
sie herausfinden, daß es nur eine wahre Religion giebt - die Verehrung
von Gottes GEIST.9
Mit anderen Worten - Es IST KEINE RELIGION (ODER GESETZ) HÖHER
ALS DIE WAHRHEIT -- (SATYÂT NÂSTI PARO DHARMAH) -- das
Motto des Mahârâjah von Benares, adoptiert von der Theosophischen
Gesellschaft.
Wie bereits in der Vorrede gesagt, ist die GEHEIMLEHRE nicht -
wie ursprünglich beabsichtigt - eine Umänderung von Isis
entschleiert". Sie ist eher ein erklärendes Buch dazu, und,
obwohl vollständig unabhängig von dem früheren Werk, ein
notwendiges Corollarium dazu. Vieles im früheren Werk enthalten Gewesene
konnte schwerlich von den Theosophen jener Tage verstanden werden. DIE
GEHEIMLEHRE will nun so manches Problem beleuchten, das in dem ersten
Werk ungelöst geblieben ist, namentlich in den einleitenden Seiten,
die niemals verstanden worden sind.
In den beiden Bänden der Isis, die sich einfach mit den Philosophieen
innerhalb unserer historischen Zeiten und mit der diesbezüglichen
Symbolik der untergegangenen Nationen beschäftigten, konnte bloß
ein flüchtiger Blick auf das Panorama des Occultismus geworfen werden.
In dem vorliegenden Werk wird eine ins einzelne gehende Kosmogonie und
die Evolution der vier Rassen, die unserer Menschheit der fünften
Rasse vorangingen, veröffentlicht, und nun erklären zwei umfangreiche
Bände, was einzig auf der ersten Seite von Isis entschleiert,
sowie in einigen wenigen hie und da in dem Werke verstreuten Anspielungen,
erwähnt wurde. Auch konnte der weitläufige Katalog der archaischen
Wissenschaften in den vorliegenden Bänden nicht in Angriff genommen
werden, bevor wir nicht so gewaltige Probleme wie kosmische und planetarische
Evolution und die stufenweise Entwickelung der geheimnisvollen Menschheiten
und Rassen, die unserer adamischen Menschheit vorangegangen
sind, erledigt haben. Daher hat der gegenwärtige Versuch, einige
Geheimnisse der esoterischen Philosophie zu erklären, in Wahrheit
nichts mit dem früheren Werk zu thun.
Es möge der Schreiberin erlaubt sein, das Gesagte durch ein Beispiel
zu erläutern.
Band I der Isis beginnt mit der Bezugnahme auf ein altes
Buch":
so sehr alt, daß unsere modernen Altertumsforscher
eine unbegrenzte Zeit über seinen Blättern nachsinnen könnten,
und doch noch nicht über die Natur des Stoffes, auf den es geschrieben
ist, übereinstimmen würden. Es ist das einzige noch existierende
Originalexemplar. Das älteste hebräische Dokument über
occulte Wissenschaft - die Siphrah Dzeniouta wurde daraus kompiliert,
und zwar zu einer Zeit, als das frühere bereits in dem Lichte einer
litterarischen Reliquie betrachtet wurde. Eine seiner Illustrationen stellt
die göttliche Essenz ausgehend von ADAM10
dar, wie sie als leuchtender Bogen fortschreitet, um einen Kreis zu formen;
und dann, nachdem er den höchsten Punkt seines Umkreises erreicht
hat, neigt sich die unaussprechliche Herrlichkeit wieder abwärts,
und kehrt zur Erde zurück, einen höheren Typus der Menschheit
in ihrem Wirbel mit sich bringend. Je näher und näher sie unserem
Planeten kommt, desto dunkler und dunkler wird die Emanation, bis schließlich
bei Berührung des Bodens sie so schwarz wie die Nacht ist."
Das sehr alte Buch ist das Originalwerk, aus dem die vielen Bände
des Kiu-ti kompiliert wurden. Nicht bloß die letzteren und
die Siphrah Dzeniouta, sondern selbst der Sepher Jetzirah11,
das Werk, das von den hebräischen Kabbalisten ihrem Patriarchen Abraham
(!) zugeschrieben wird, das Buch Shu-king, Chinas ursprüngliche
Bibel, die heiligen Bücher des ägyptischen Thoth-Hermes, die
Purânen in Indien, und das chaldäische Buch der Zahlen
und der Pentateuch selbst, sind alle von diesem kleinen ursprünglichen
Buch hergeleitet.
Die Überlieferung berichtet, es sei in Senzar niedergeschrieben
worden, in der geheimen priesterlichen Sprache, nach den Worten der göttlichen
Wesen, welche es den Söhnen des Lichtes diktierten, in Centralasien,
gerade am Anfange der fünften (unserer) Rasse; denn es gab eine Zeit,
da seine Sprache (das Senzar) den Initiierten aller Nationen bekannt war,
als die Voreltern der Tolteken sie ebenso leicht verstanden als die Bewohner
des verlorenen Atlantis, welche sie ihrerseits von den Weisen der dritten
Rasse, den Mânushis, ererbten, welche sie direkt von den Devas der
zweiten und ersten Rasss lernten. Die Illustration, von der in Isis
die Rede ist, bezieht sich auf die Evolution dieser Rassen und unserer
Menschheit der vierten und fünften Rasse in dem Vaivasvata Manvantara
oder Runde; jede Runde ist zusammengesetzt aus dem Yugas der sieben Perioden
der Menschheit; vier derselben sind nunmehr durchlaufen in unserm
Lebenscyklus, der Mittelpunkt der fünften ist nahezu erreicht. Diese
Illustration ist symbolisch, wie jedermann leicht einsehen kann, und durchläuft
ihr Gebiet von Anbeginn an. Dieses alte Buch beschreibt die kosmische
Evolution und erklärt den Ursprung von allem auf Erden, einschließlich
den physischen Menschen, giebt die wahre Geschichte der Rassen von der
ersten bis herab zur fünften (unserer) Rasse, und geht nicht
weiter. Es schließt mit dem Anfange des Kali Yuga gerade vor 4989
Jahren, beim Tode Krishnas, des leuchtenden Sonnengottes, des einstmals
lebenden Helden und Reformators.
Aber es existiert noch ein anderes Buch. Keiner seiner Besitzer betrachtet
es als sehr alt, da es mit dem dunklen Zeitalter geboren, ebenso alt ist
als dieses, nämlich ungefähr 5000 Jahre. In von jetzt an ungefähr
neun Jahren endet der erste Cyklus der ersten fünf Jahrtausende,
der mit dem großen Cyklus des Kaliyuga begann. Und dann wird die
letzte Prophezeiung, die in diesem Buch (dem ersten Bande der prophetischen
Aufzeichnung für das schwarze Zeitalter) enthalten ist, in Erfüllung
gehen. Wir haben nicht lange zu warten, und viele von uns werden Zeugen
sein des Heraufdämmerns des neuen Cyklus, mit dessen Ende nicht wenige
Abrechnungen zwischen den Rassen ausgeglichen und geregelt sein werden.
Band II der Prophezeiungen ist nahezu fertig, nachdem er seit der Zeit
von Buddhas großem Nachfolger Shankarâchârya in Vorbereitung
war.
Ein wichtigerer Punkt ist, zu beachten, einer, der zuvorderst in der
Reihe der für die Existenz einer ursprünglichen, universellen
Weisheit gegebenen Beweise steht - zum mindesten für die christlichen
Kabbalisten und Schüler. Die Lehren waren, wenigstens teilweise,
verschiedenen Kirchenvätern bekannt. Es wird, auf rein historischer
Grundlage, behauptet, daß Origenes, Synesius, und sogar Clemens
Alexandrinus, selbst in die Mysterien initiiert gewesen waren, bevor sie
dem Neuplatonismus der Alexandrinischen Schule den der Gnostiker unter
dem christlichen Schleier hinzufügten. Mehr als das: einige der Lehren
der Geheimschulen - obwohl durchaus nicht alle - wurden im Vatikan aufbewahrt,
und wurden seither zu einem wesentlichen Bestandteil der Mysterien, in
der Gestalt entstellter Zusätze, die von der lateinischen Kirche
zu dem ursprünglichen christlichen Programm gemacht wurden. Ein solcher
ist das jetzt materialisierte Dogma von der unbefleckten Empfängnis.
Dies erklärt die großen Verfolgungen, die seitens der römisch-katholischen
Kirche gegen Occultismus, Freimaurerei und heterodoxen Mysticismus im
allgemeinen in Bewegung gesetzt wurden.
Die Tage Konstantins waren der letzte Wendepunkt in der Geschichte, die
Periode des höchsten Kampfes, der in der westlichen Welt damit endete,
daß die alten Religionen zu Gunsten einer neuen, auf ihren eigenen
Leibern aufgerichteten, erdrosselt wurden. Von damals an wurde der Ausblick
in die weit entfernte Vergangenheit, jenseits der Sintflut und dem Garten
Eden, gewaltsam und unbarmherzig mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln
dem indiskreten Blick der Nachwelt verschlossen. Jeder Ausweg wurde versperrt,
jede erreichbare Aufzeichnung zerstört. Aber genug bleibt noch übrig,
selbst unter so verstümmelten Aufzeichnungen, um uns zu rechtfertigen,
wenn wir behaupten, daß in ihnen jede mögliche Gewißheit
von dem thatsächlichen Bestande einer Ursprungslehre enthalten ist.
Bruchstücke haben geologische und politische Umwälzungen überlebt,
um die Geschichte zu erzählen; und jedes überlebende giebt den
Beweis, daß die jetzt geheime Weisheit einstens der eine Brunnen,
die immerfliessende ununterbrochene Quelle war, aus der alle die kleinen
Ströme - die späteren Religionen aller Nationen - vom ersten
bis zum letzten gespeist wurden. Diese Periode, mit Buddha und Pythagoras
als dem einen und mit den Neuplatonikern und Gnostikern als dem andern
Endpunkte, ist der einzige in der Geschichte übrig gelassene Brennpunkt,
in dem zum letzten Male die glänzenden Strahlen des vergangenen Äonen
entströmenden Lichtes sich sammeln, unverdunkelt von der Hand von
Bigotterie und Fanatismus.
Dies erklärt die Notwendigkeit, unter der die Schreiberin sich abmühte,
immer die aus der grauesten Vergangenheit mitgeteilten Thatsachen durch
der historischen Periode entnommene Zeugnisse zu erläutern, selbst
auf die Gefahr hin, wiederum des Mangels an Methode und System beschuldigt
zu werden. Keine andern Mittel waren zur Hand. Das Publikum muß
bekannt gemacht werden mit den Anstrengungen vieler Weltadepten, initiierter
Dichter und klassischer Schriftsteller eines jeden Zeitalters, in den
Urkunden der Menschheit wenigstens die Kenntnis von dem Bestande einer
solchen Philosophie, wenn schon nicht thatsächlich die von ihren
Lehrsätzen, zu erhalten.
Die Initiierten von 1888 würden in der That unverständlich und
selbst eine anscheinend unmögliche Fabel bleiben, würde nicht
gezeigt, daß gleiche lnitiierte in jedem andern Zeitalter der Geschichte
gelebt haben. Dies könnte bloß geschehen durch Anführung
von Kapitel und Vers, wo sich diese großen Charaktere erwähnt
finden, denen eine lange und unbegrenzbare Reihe anderer berühmter
antediluvianischer und postdiluvianischer Meister in den Künsten
voranging und folgte. So allein könnte, auf halb traditioneller und
halb historischer Grundlage, gezeigt werden, daß die Kenntnis des
Occulten und die Kräfte, die sie dem Menschen verleiht, nicht alles
miteinander Erdichtungen sind, sondern daß sie so alt sind als die
Welt selbst. Meinen Richtern, ergangenen und zukünftigen - seien
sie nun ernste litterarische Kritiker, oder jene heulenden Derwische der
Litteratur, die ein Buch nach der Popularität oder Unpopularität
des Namens seines Verfassers beurteilen, die, kaum einen Blick auf seinen
Inhalt werfend, wie todbringende Bacillen sich auf die schwächsten
Punkte der Körper stürzen - habe ich daher nichts zu sagen.
Noch will ich mich herbeilassen, jene - glücklicherweise sehr wenig
zahlreichen - verrückten Verleumder zu beachten, welche in der Hoffnung,
die öffentliche Aufmerksamkeit dadurch auf sich zu ziehen, daß
sie jeden Schriftsteller, dessen Name besser bekannt ist als ihr eigener,
verunglimpfen, bei seinem bloßen Schatten schäumen und kläffen.
Nachdem diese zuerst Jahre lang behauptet hatten, daß die Lehren,
die im Theosophist vorgetragen wurden, und die im esoterischen
Buddhismus gipfelten, alle von der gegenwärtigen Schreiberin
erfunden worden sein, kehrten sie schließlich ihren Standpunkt
um, und denunzierten Isis entschleiert und das Übrige als
ein Plagiat aus Éliphas Lévi (!), Paracelsus (!!) und mirabile
dictu, aus Buddhismus und Brâhmanismus (!!!). Ebensogut könnte
man Renan beschuldigen, seine Vie de Jésus aus den Evangelien
gestohlen zu haben, und Max Müller seine heiligen Bücher
des Ostens oder seine Splitter" aus den Philosophieen
der Brâhmanen oder Gautamas, des Buddhas. Dem Publikum im allgemeinen
und den Lesern der GEHEIMLEHRE möchte ich wiederholen, was ich von
jeher betont habe und was ich jetzt in die Worte Montaignes kleide:
Meine Herren, ich habe hier bloß aus gepflückten Blumen
einen Strauß gemacht, und nichts eigenes hinzugefügt als den
Faden, der sie verbindet."
Reißt den Faden" in Stücke und zerteilt ihn in
Schnitzel, wenn ihr wollt. Den Strauß von Thatsachen werdet ihr
niemals im Stande sein zu beseitigen. Ihr könnt sie bloß unbeachtet
lassen, und nichts weiter.
Wir wollen schließen mit einem Abschiedswort betreffend diesen
ersten Band. In einer Einleitung, die das Vorwort von Kapiteln bildet,
die hauptsächlich Kosmogenie behandeln, mögen gewisse vorgebrachte
Dinge nicht am Platze erscheinen, aber eine weitere Überlegung außer
den bereits mitgeteilten hat mich dahin gebracht, sie zu berühren.
Jeder Leser wird unvermeidlich die gemachten Behauptungen vom Standpunkt
seiner eigenen Kenntnis, Erfahrung und Bewußtsein, gestützt
auf das, was er bereits gelernt hat, beurteilen.
Diesen Umstand muß sich die Schreiberin beständig vor Augen
halten: daher auch die häufigen Bezugnahmen in diesem ersten Buch
auf Gegenstände, welche genau genommen in einen späteren Teil
dieses Werkes gehören, die aber nicht mit Stillschweigen übergangen
werden konnten, wenn anders nicht der Leser thatsächlich auf dieses
Werk wie auf ein Feeenmärchen, auf eine Ausgeburt irgend eines modernen
Gehirns, blicken sollte.
So soll das Vergangene helfen, das Gegenwärtige zu realisieren, und
dasletztere, das Vergangene besser zu würdigen. Die Irrtümer
des Tages müssen erklärt und hinweggespült werden, doch
ist es mehr als wahrscheinlich - undreicht im gegenwärtigen Fall
an Gewißheit - daß wieder einmal das Zeugnislanger Zeitalter
und der Geschichte auf niemand sonst als auf den sehr Intuitiven einen
Eindruck machen wird - was so viel heißt, als auf sehr wenige. Aber
in diesem, wie in allen ähnlichen Fällen, mögen sich die
Wahren und dieGläubigen damit trösten, daß sie den skeptischen
modernen Sadducäer mit dem mathematischen Beweis und Denkmal seiner
verstockten Halsstarrigkeit und Bigotterie beschenken. Irgendwo in den
Archiven der französischen Akademie liegt noch das berühmte
Gesetz der Wahrscheinlichkeiten, von gewissen Mathematikern zum Nutzen
der Skeptiker nach einem algebraischen Prozeß ausgearbeitet.
Der Gedankengang ist folgender: wenn zwei Personen eine Thatsache bezeugen
und damit jeder von ihnen derselben 5/6 Gewißheit verleiht, so ist
die Gewißheit dieser Thatsache sodann 35/36, das heißt, die
Wahrscheinlichkeit davon verhält sich zur Unwahrscheinlichkeit wie
35 zu 1. Drei solche Zeugnisse zusammen geben eine Gewißheit von
215/216. Das Übereinstimmen von zehn Personen, von denen jede eine
Gewißheit von 1/2 giebt, erzeugt eine Gewißheit von 1023/1024
etc. etc. Der Occultist möge sich eine solche Gewißheit genügen
lassen, und nicht weiter besorgt sein.
1) Siehe z. B. Max Müllers Lectures.
zurück zum Text
2) Op. cit., p. 119. zurück
zum Text
3) Op. cit., p. 318. zurück
zum Text
4) Asiatic Researches, I, 272.
zurück zum Text
5) Siehe Max Müller, op. cit., p 288ff.
Dies bezieht sich auf die geschickte Fälschung (auf Blättern,
die in alte purânische Manuskripte eingefügt wurden), in korrektem
und archaischem Sanskrit, mit allem, was die Pundits von Oberst Wilford
über Adam und Abraham, Noah und seine drei Söhne u. s. w., gehört
hatten. zurück zum Text
6) Aus einem Vortrage von N. M. Prjevalsky.
zurück zum Text
7) Lün-Yü (§ 1a); Schott, Chinesische
Litteratur, p. 7; citiert von Max Müller.
zurück zum Text
8) Life und teachings of Confucius, p.96.
zurück zum Text
9) Op. cit. p. 257. zurück
zum Text
10) Der Name ist in dem Sinne des griechischen Wortes
(korrekter Abdruck im Buch) gebraucht. zurück
zum Text
11) Rabbi Jehoshua Ben Chananea, welcher ungefähr
72 n. Chr. starb, erklärte offen, daß er "Wunder"
mit Hilfe des Buches Sepher Jetzirah gewirkt habe, und forderte
jeden Zweifler heraus. Franck, indem er den babylonischen Talmud
citiert, nennt zwei andere Thaumaturgen, die Rabbis Chanina und Oshoi,
(Siehe Jerusalem Talmud Sanhedrin cap. 7 etc.; und Franck, Die
Kabbalah, pp. 55, 56.) Viele der mittelalterlichen Occultisten,
Alchemisten und Kabbalisten behaupteten dasselbe; und selbst der verstorbene
moderne Magus, Éliphas Lévi, erklärt es öffentlich
in seinen Büchern über Magie. zurück
zum Text
|