Die occulte Behauptung, daß es sieben Sinne im Menschen und in der Natur gebe, so wie auch sieben Bewußtseinszustände sind, wird im selben Werke bestätigt, Capitel VII, über Pratyâhâra (die Hemmung und Regelung der Sinne, während Prânâyâma jene der „Lebenswinde“ oder des Atems ist). Der Brâhmana  sagt, indem er über die Institution der sieben Opferpriester (Hotris) spricht: „Die Nase und das Auge, und die Zunge, und die Haut, und das Ohr als fünfter (oder Geruch, Gesicht, Geschmack, Gefühl und Gehör), Verstand und Intelligenz sind die sieben Opferpriester, welche getrennt aufgestellt sind,“ die „obwohl sie in einem sehr kleinen Raume wohnen, (doch) einander nicht wahrnehmen,“ auf dieser Sinnenebene, keiner, außer dem Verstande. Denn der Verstand sagt: „Die Nase riecht nicht ohne mich, das Auge nimmt keine Farbe wahr ohne mich, u. s. w.  Ich bin der ewige Führer unter allen Elementen (d. h. Sinnen). Ohne mich scheinen die Sinne niemals, gleich einer leeren Wohnung, oder gleich Feuern, deren Flammen erloschen sind. Ohne mich verfehlen alle Wesen, gleich einem halb getrockneten und halb feuchten Brennstoff, Qualitäten oder Objekte wahrzunehmen, selbst wenn die Sinne in Thätigkeit sind. [18]

Dies bezieht sich natürlich nur auf den Verstand auf der sinnlichen Ebene. Der geistige Verstand, der obere Teil oder Aspekt des unpersönlichen Manas, nimmt keine Kenntnis von den Sinnen des physischen Menschen. Wie gut bekannt die Alten mit der Wechselbeziehung der Kräfte und all den neuerdings entdeckten Erscheinungen der geistigen und körperlichen Fähigkeiten und Verrichtungen und noch mit vielen anderen Geheimnissen  waren, kann man bei Lesung der Abschnitte VII und VIII dieses unschätzbaren Werkes über Philosophie und mystisches Wissen erfahren. Man sehe den Streit der Sinne wegen ihrer gegenseitigen Überlegenheit und, wie sie Brahman, den Herrn aller Geschöpfe, zu ihrem Schiedsrichter nehmen. „Ihr seid alle die größten und nicht die größten (oder, wie Arjuna Mishra sagt, höher als die Gegenstände, und keiner vom anderen unabhängig). Jeder von euch ist von den Eigenschaften des anderen beherrscht. Alle sind die größten in ihrer eigenen Sphäre und alle unterstützen einer den anderen. Es ist ein unbeweglicher (Lebenswind oder Atem, die sogenannte Yogaeinatmung, welche der Atem des Einen oder höheren Selbst ist). Dieser eine ist mein eigenes Selbst, aufgehäuft in vielen (Formen).“

Dieser Atem, Stimme, Selbst oder Wind (Pneuma?), ist die Vereinigung der sieben Sinne, rein mit dem Verstande aufgefaßt aller niederen Gottheiten, und esoterisch – die Siebenzahl und die „Heerschar der Stimme“.

(b) Zunächst sehen wir die kosmische Materie sich ausbreiten und sich zu Elementen gestalten, welche gruppiert sind zur mystischen Vier innerhalb des fünften Elementes – des Ethers, der „Verkleidung“ von Âkâsha, der Anima Mundi oder Mutter des Kosmos. „Punkte, Linien, Dreiecke, Würfel, Kreise“ und schließlich „Kugeln“ – warum und wieso? Weil, sagt der Kommentar, also das erste Gesetz der Natur ist, und weil die Natur allüberall in allen ihren Offenbarungen geometrisch vorgeht. Es giebt ein nicht nur dem Urstoffe, sondern auch der manifestierten Materie unserer Erscheinungsebene innewohnendes Gesetz, nach welchem die Natur ihre geometrischen Formen, und sodann auch ihre zusammengesetzten Elemente in Wechselbeziehung bringt, und innerhalb dessen auch keinen Platz für Zufall oder Glücksfall ist. Es ist ein Grundgesetz im Occultismus, daß es keine Ruhe oder Aufhören von Bewegung in der Natur giebt. [19]
Was Ruhe zu sein scheint, ist bloß Verwandlung von einer Form in eine andere, und die Verwandlung von Substanz geht Hand in Hand mit der von Form – so wenigstens lehrt uns die occulte Physik, die auf diese Art die Entdeckung der „Erhaltung des Stoffes“ um eine beträchtliche Zeit vorweg genommen zu haben scheint. Der alte Kommentar [20] zu Strophe IV sagt:

Die Mutter ist der feurige Fisch des Lebens. Sie verstreut ihren Laich und der Atem (Bewegung) erwärmt und zeitigt ihn. Die Körner (des Laichs) werden bald aneinander gezogen und bilden das Gerinnsel in dem Ozean (des Raumes). Die größeren Flocken wachsen zusammen und empfangen neuen Laich – in feurigen Punkten, Dreiecken und Würfeln, welche reifen, und zur bestimmten Zeit lösen sich einige von den Flocken ab und nehmen kugelförmige Gestalt an, ein Vorgang, den sie nur dann durchführen, wenn sie nicht von den anderen gestört werden. Hierauf tritt Gesetz No. [korrekter Abdruck siehe  Buch] in Thätigkeit. Bewegung (der Atem) wird zum Wirbelwind und bringt sie zur Rotation. [21]


[18] Dies zeigt, daß die modernen Metaphysiker, mitsamt zu allen vergangenen und gegenwärtigen Hegeln, Berkleys, Schopenhauern, Hartmanns, Herbert Spencers und selbst den modernen Hylo-Idealisten als Zugabe, nichts Besseres sind als die Schwachen Kopisten einer ehrwürdigen Vorzeit.

[19] Die Kenntnis dieses Gesetzes ist es, die dem Arhat seine Siddhis oder verschiedenen Phänomene auszuführen gestattet und hilft, wie Desintegration von Materie, Beförderung von Gegenständen von einem Ort zu einem anderen, u. s. w.

[20] Es sind dies alte Kommentare, die mit modernen Glossaren den Strophen beigefügt sind, denn die Kommentare sind bei ihrer symbolischen Sprache gewöhnlich ebenso schwer zu verstehen als die Strophen selbst.

[21] In einem polemischen wissenschaftlichen Werk, The modern Genesis (p. 48), sagt der Rev. W. B. Slaughter, gelegentlich einer Kritik des von den Astronomen eingenommenen Standpunktes: „Es ist zu bedauern, daß die Vertheidiger dieser (Nebel-)Theorie nicht ausführlicher in die Diskussion darüber (über den Anfang der Rotation) eingetreten sind. Niemand läßt sich herbei, uns die vernunftgemäße Erklärung davon zu geben. Wieso erteilt der Vorgang der Abkühlung und Zusammenziehung einer Masse derselben eine Rotationsbewegung?“ (Citiert von Winchell, World-Life, p. 94.) Die materialistische Wissenschaft kann diese Frage niemals lösen. „Bewegung ist ewig im Ungeoffenbarten, und periodisch im Geoffenbarten“ sagt ein occulter Lehrsatz. „Wenn die durch das Herabsteigen der Flamme in den Urstoff bewirkte Hitze die Teilchen desselben in Bewegung setzt, so wird diese Bewegung zum Wirbelwind.“ Ein Tropfen Flüssigkeit nimmt Kugelgestalt an, weil seine Atome sich um sich selbst drehen in ihrer letzten, unauflöslichen, an sich seienden Wesenheit; unauflöslich zum mindesten für die Naturwissenschaft. Die Frage wird später ausführlich behandelt.