STROPHE V – Fortsetzung.

   2. DIESE MACHEN IHN ZUM BOTEN IHRES WILLENS (a). DER DZYU WIRD FOHAT: DER SCHNELLE SOHN DER GÖTTLICHEN SÖHNE, DESSEN SÖHNE DIE LIPIKA [2] SIND, ERFÜLLT IN KREISEBEWEGUNG SEINE SENDUNG. FOHAT IST DAS PFERD, UND DER GEDANKE IST DER REITER. [3] ER GEHT WIE DER BLITZ DURCH DIE FEURIGEN WOLKEN [4] (b); ER NIMMT DREI UND FÜNF UND SIEBEN SCHRITTE DURCH DIE SIEBEN OBEREN UND SIEBEN UNTEREN REGIONEN. [5] ER ERHEBT SEINE STIMME; ER RUFT DIE UNZÄHLIGEN FUNKEN [6] ZUSAMMEN UND VEREINIGT SIE (c).

   (a) Dies zeigt, daß die „ursprünglichen Sieben“ als ihr Vehikel (Vâhana, oder das manifestierte Subjekt, welches zum Symbol der dasselbe lenkenden Kraft wird) Fohat gebrauchen, der infolgedessen der „Bote ihres Willens“ genannt wird – den „feurigen Wirbelwind“.

  (b) „Dzyu wird Fohat“ – der Ausdruck erklärt sich selbst. Dzyu ist die eine wirkliche (magische) Erkenntnis, oder occulte Weisheit; welche, da sie mit ewigen Wahrheiten und ersten Ursachen sich befaßt, nahezu  zur Allmacht wird, wenn sie in der richtigen Richtung angewendet wird. Ihr Gegensatz ist Dzyu-mi, das, was nur mit Illusionen und trügerischen Erscheinungen sich befaßt, so wie unsere exoterischen modernen Wissenschaften. In diesem Falle ist Dzyu der Ausdruck für die gesamte Weisheit der Dhyâni-Buddhas.

  Da von dem Leser angenommen wird, daß er mit den Dhyâni-Buddhas nicht bekannt ist, so ist es gut, sogleich zu sagen, daß es, nach den Orientalisten, fünf Dhyânis giebt, welche die himmlischen Buddhas sind, deren Offenbarungen in der Welt von Form und Stoff die menschlichen Buddhas sind. Esoterisch jedoch sind die Dhyâni-Buddhas ihrer sieben, von denen sich bloß fünf bisher manifestiert haben [7] , während zwei in der sechsten und siebenten Wurzelrasse kommen sollen. Sie sind sozusagen die ewigen Vorbilder der Buddhas, welche auf dieser Erde erscheinen, von denen ein jeder sein besonderes göttliches Vorbild hat. So ist z. B. Amitâbha der Dhyâni-Buddha von Gautama Shâkyamuni, indem er sich durch ihn offenbart, so oft diese große Seele sich auf Erden inkarniert, wie Er es in Tzon-kha-pa [8] that. Als die Synthese der sieben Dhyâni-Buddhas war Avalokiteshvara der erste Buddha (der Logos), und Amitâbha ist der innere „Gott“ von Gautama, der in China Amida (Buddha) genannt wird.

   Sie sind, wie Prof. Rhys Davids richtig feststellt, „die glorreichen Gegenbilder in der mystischen Welt, frei von den erniedrigenden Bedingungen dieses materiellen Lebens“ von einem jeden irdischen, sterblichen Buddha – die befreiten Mânushi-Buddhas, die bestimmt sind, die Erde in dieser Runde zu regieren.

   Sie sind die „Buddhas der Betrachtung“ und sind alle „Anupâdaka“ (elternlos), d. h. selbstgeboren aus der göttlichen Wesenheit. Die exoterische Lehre – welche besagt, daß jeder Dhyâni-Buddha die Fähigkeit hat, aus sich selbst einen gleichermaßen himmlischen Sohn zu erschaffen, einen Dhyâni-Bodhisattva, der, nach dem Hinscheiden des Mânushi-Buddha, das Werk des letzteren zu Ende zu führen hat – beruht auf der Thatsache, daß infolge der höchsten Initiation, die von einem, der vom „Geiste des Buddha“ – dem die Orientalisten die Erschaffung der fünf Dhyâni-Buddhas zuschreiben! – überschattet ist, ausgeführt wird, ein Kandidat virtuell ein Bodhisattva wird, dazu gemacht von dem hohen Initiator.

  (c) Fohat soll als einer der wichtigsten, wenn nicht der allerwichtigste Charakter in der esoterischen Kosmogonie, genau beschrieben werden. Wie in der ältesten griechischen Kosmogonie, die sich bedeutend von der späteren Mythologie unterschied, Eros die dritte Person in der Urfreiheit: Chaos, Gaea, Eros ist – entsprechend der kabbalistischen Dreiheit: Ain Suph, dem grenzenlosen All (denn Chaos ist Raum, von [korrekter Abdruck siehe Buch S. 134], weit öffnen, leer sein), Shekinah und dem Alten der Tage, oder dem heiligen Geist – so ist Fohat ein Ding in dem noch ungeoffenbarten Weltall, und ein anderes in der phänomenalen und kosmischen Welt. In der letzteren ist er jene occulte, elektrische, vitale Kraft, die, unter dem Willen des schöpferischen Logos, alle Formen vereinigt und zusammenbringt, indem sie ihnen den ersten Anstoß giebt, der in der Zeit zum Gesetz wird. Aber im unmanifestierten Universum ist Fohat nicht mehr diese, als Eros der spätere strahlende beflügelte Kupido oder Liebesgott ist. Fohat hat da noch nichts mit Kosmos zu thun, da der Kosmos noch nicht geboren ist, und die Götter noch in dem Schoße von „Mater-Mutter“ schlafen. Er ist eine abstrakte philosophische Idee. Er erzeugt sogar nichts selbst; er ist bloß jene potentielle schöpferische Kraft, durch deren Wirkung das Noumenon aller zukünftigen Phänomena sich sozusagen teilt, bloß um sich in einer mystischen, übersinnlichen Handlung wieder zu vereinigen, und den schöpferischen Strahl auszusenden. Wenn der „göttliche Sohn“ hervorbricht, dann wird Fohat die treibende Kraft, die thätige Macht, die die Eins zur Zwei und Drei werden läßt – auf der kosmischen Ebene der Manifestation. Das dreifache Eine differentiiert sich in die vielen, und dann verwandelt sich Fohat in die Kraft, welche die elementaren Atome zusammenführt und sie sich zusammenscharen und verbinden läßt. Wir finden ein Echo dieser urzeitlichen Lehre in der älteren griechischen Mythologie. Erebus und Nyx sind aus dem Chaos geboren, und bringen unter der Einwirkung des Eros, ihrerseits Äther und Hemera, das Licht der oberen, und das Licht der unteren oder irdischen Regionen hervor. Die Dunkelheit erzeugt das Licht. Vergleiche damit in den Purânas Brahmâs Willen oder „Begierde“ zu schaffen; und in der phönizischen Kosmogonie des Sanchuniathon die Lehre, daß die Begierde, [korrekter Abdruck siehe Buch S. 135], der Ursprung der Schöpfung sei.


[2] Der Unterschied zwischen den Bauleuten, den Planetengeistern und den Lipika darf nicht aus den Augen gelassen werden. (Siehe die Verse 5 und 6 dieses Kommentars.)

[3] Das heißt, er ist unter dem Einflusse ihres leitenden Gedankens.

[4] Die kosmischen Nebel.

[5] Die zukünftige Welt.

[6] Atome.

[7] Siehe A. P. Sinnett’s Esoteric Buddhism, 5te kommentierte Auflage, p. 171-173.

[8] Der erste und größte tibetanische Reformator, der die „Gelbkappen“, die Gelukpas, gründete. Er war geboren im Jahre 1355 n. Chr., in dem Distrikt von Amdo, und war der Avatâra von Amitâbha, dem himmlischen Namen von Gautama Buddha.