Fohat ist enge verwandt mit dem „Einen Leben“. Aus dem Unbekannten Einen, der unendlichen Totalität, emaniert der geoffenbarte Eine, oder die periodische manvantarische Gottheit; und diese ist das Universalgemüt, welches, getrennt von seinem Ursprungsquell, der Demiurg oder schöpferische Logos der westlichen Kabbalisten, und der viergesichtige Brahmâ der Hindureligion ist. In seiner Gesamtheit in der esoterischen Lehre vom Standpunkt des geoffenbarten göttlichen Gedankens betrachtet, repräsentiert er die Scharen der höheren schöpferischen Dhyân Chohans. Gleichzeitig mit der Evolution der Universalseele manifestiert sich die verborgene Weisheit von Âdi-Buddha – dem Einen Höchsten und Ewigen – als Avalokiteshvara (oder geoffenbarter Îshvara), welcher der Osiris der Ägypter, der Ahura-Mazda der Zoroastrier, der himmlische Mensch der hermetischen Philosophen, der Logos der Platoniker und der Âtman der Vedântisten ist. [9]

   Durch die Wirkung der manifestierten Weisheit, oder des Mahat – repräsentiert durch diese zahllosen Centren geistiger Energie im Kosmos – wird die Wiederspiegelung der Universalseele, welche kosmische Ideenbildung und die solche Ideenbildung begleitende intellektuelle Kraft ist, objektiv zum Fohat des buddhistischen esoterischen Philosophen.

   Fohat wirkt, entlang den sieben Prinzipien von Âkâsha dahineilend, auf die manifestierte Substanz, oder das Eine Element, wie oben erklärt, und setzt, indem er es in verschiedene Energiecentren differentiiert, das Gesetz der kosmischen Evolution in Bewegung, welches, gehorsam der Ideenbildung des Universalgemüts, alle die verschiedenen Daseinszustände im manifestierten Sonnensystem in Existenz bringt.

   Das Sonnensystem, das durch diese Thätigkeiten ins Dasein gerufen worden ist, besteht aus sieben Prinzipien, wie alles andere innerhalb dieser Centren. Also ist die Lehre der transhimâlayischen Esoterik. Doch hat jede Philosophie ihre eigene Art, diese Prinzipien einzuteilen.

   Fohat ist nun die personifizierte elektrische Lebenskraft, die transcendentale verbindende Einheit aller kosmischen Energieen, auf den unsichtbaren sowohl wie auf den geoffenbarten Ebenen, deren Wirkung – in einem immensen Maßstabe – jener einer lebenden Kraft gleicht, die durch den Willen bei jenen Phänomenen erschaffen wird, wo das scheinbar Subjektive auf das scheinbar Objektive einwirkt und es zur Thätigkeit antreibt. Fohat ist nicht bloß das lebende Symbol und Behältnis dieser Kraft, sondern er wird von den Occultisten als eine Wesenheit betrachtet; die Kräfte, auf die er wirkt, sind kosmisch, menschlich und irdisch, und üben ihren Einfluß auf jede entsprechende von diesen Ebenen. Auf der irdischen Ebene wird sein Einfluß in der magnetischen und wirksamen Kraft gefühlt, die durch das starke Verlangen des Magnetisierenden hervorgerufen wird. Auf der kosmischen ist er gegenwärtig in der konstruktiven Kraft, welche in der Formung der Dinge – vom Planetensystem herab bis zum Glühwurm und bescheidenen Maßliebchen – den im Gemüt der Natur, oder im göttlichen Gedanken, liegenden Plan mit Rücksicht auf die Entwicklung und das Wachstum eines bestimmten Dinges ausführt. Er ist metaphysisch der objektivierte Gedanke der Götter, das „fleischgewordene Wort“, auf einer niedereren Stufe, und der Bote der kosmischen und menschlichen Ideenbildung; die aktive Kraft im universalen Leben.

  In seinem sekundären Aspekt ist Fohat die Sonnenenergie, die elektrische Lebensflüssigkeit, und das erhaltende vierte Prinzip, die Tierseele der Natur, sozusagen, oder – Elektricität.

  Im Jahre 1882 wurde der Präsident der theosophischen Gesellschaft, Oberst Olcott, zur Rede gestellt, weil er in einem seiner Vorträge behauptet hatte, Elektricität sei Materie. So ist aber nichtsdestoweniger die Behauptung der occulten Lehre. „Kraft“, „Energie“ mögen bessere Namen dafür sein, solange die europäische Wissenschaft so wenig über ihre wahre Natur weiß; aber Stoff ist sie, ebenso wie der Ether Stoff ist, wenn auch in der That einige Stufen von Ether entfernt. Es erscheint lächerlich, den Schluß zu ziehen, ein Ding könne nicht Stoff genannt werden, weil es für die Wissenschaft unwägbar sei. Elektricität ist in dem Sinne „immateriell“, daß ihre Moleküle der Wahrnehmung und dem Experiment nicht unterworfen sind; trotzdem kann sie – und der Occultismus sagt, daß sie es ist – atomistisch sein; daher ist sie Materie. Aber selbst angenommen, es sei unwissenschaftlich, von ihr in solchen Ausdrücken zu sprechen: sobald die Elektricität in der Wissenschaft eine Quelle von Energie, Energie einfach, und eine Kraft genannt wird – wo ist die Kraft oder die Energie, die gedacht werden kann ohne einen Gedanken an Materie? Maxwell, ein Mathematiker und eine der größten Autoritäten in Bezug auf Elektricität und ihre Phänomene, sagte vor Jahren, Elektricität sei Materie, nicht bloße Bewegung. „Wenn wir die Hypothese annehmen, daß die elementaren Substanzen aus Atomen zusammengesetzt sind, so können wir der Schlußfolgerung nicht entgehen, daß auch die Elektricität, die positive sowohl als die negative, in abgegrenzte elementare Teile geteilt ist, welche sich als Elektricitätsatome verhalten.“ [10] Wir wollen noch weiter gehen als dies, und behaupten, daß die Elektricität nicht bloß Substanz ist, sondern dass sie ein Ausfluß aus einer Wesenheit ist, welche weder Gott noch Teufel, sondern eine von jenen zahllosen Wesenheiten ist, welche nach dem ewigen Gesetz von Karma unsere Welt beherrschen und führen.

  Um auf Fohat zurückzukommen, so steht derselbe in Beziehung zu Vishnu und Sûrya, ersteren Gott in seiner älteren Bedeutung genommen, denn Vishnu ist kein hoher Gott im Rig Veda. Der Name Vishnu kommt von der Wurzel vish, „durchdringen“, und Fohat heißt der „Durchdringer“ und der Verfertiger, weil er die Atome aus rohem Material formt. [11] In den heiligen Texten des Rig Veda ist Vishnu auch „eine Offenbarung der Sonnenkraft und wird als die sieben Regionen des Weltalls mit drei Schritten durchschreitend dargestellt“, sodaß der vedische Gott wenig mit dem Vishnu der späteren Zeiten gemein hat. Die beiden sind daher in dieser besonderen Gestalt identisch und einer ist die Kopie des andern.


[9] T. Subba Row scheint denselben mit dem Logos zu identifizieren und ihn also zu nennen. (Siehe seine Lectures on the Bhagavadgîtâ, im Theosophist, vol. IX.)

[10] Helmholtz, Faraday Lecture, 1881.

[11] Es ist wohlbekannt, daß Sand, auf eine schwingende Metallplatte gebracht, eine Reihe regelmäßiger Figuren verschiedenen Aussehens annimmt. Kann die Wissenschaft eine vollständige Erklärung dieser Thatsache geben?