Die wurzelhafte Einheit der letzten Wesenheit eines jeden Bestandteils der zusammengesetzten Dinge in der Natur – vom Sterne bis zum mineralischen Atom, vom höchsten Dhyân Chohan bis zum kleinsten Infusorium, in der vollsten Bedeutung des Wortes, und einerlei, ob auf geistige, intellektuelle oder physische Welten angewendet – diese Einheit ist das eine fundamentale Gesetz in der occulten Wissenschaft. „Die Gottheit ist schrankenlose und unendliche Ausdehnung“ sagt ein occulter Satz: daher der Name Brahmâ, wie bereits bemerkt. [28]

  Es liegt eine tiefe Philosophie dem ältesten Dienste der Welt zu Grunde, dem Dienste der Sonne und des Feuers. Von allen der Naturwissenschaft bekannten Elementen ist Feuer dasjenige, das beständig einer genauen Analyse gespottet hat.

  Es wird zuversichtlich behauptet, daß die Luft ein Gemenge ist, das die Gase Sauerstoff und Stickstoff enthält. Wir betrachten das Weltall und die Erde als Materie, die aus bestimmten chemischen Molekülen zusammengesetzt ist. Wir sprechen von den ursprünglichen zehn Erden, und geben einer jeden einen griechischen oder lateinischen Namen. Wir sagen, daß Wasser eine chemische Verbindung von Sauerstoff und Wasserstoff ist. Aber was ist Feuer? Es ist die Verwirklichung einer Verbrennung, wird uns gewichtig geantwortet. Es ist Wärme und Licht und Bewegung, und eine Wechselwirkung von physischen und chemischen Kräften im allgemeinen. Und diese wissenschaftliche Definition wird philosophisch ergänzt durch eine theologische in Websters Dictionary, welches Feuer erklärt als „das Werkzeug der Bestrafung, oder die Bestrafung der Unbußfertigen in einem anderen Zustand“ – einem „Zustand“, nebenbei bemerkt, der als ein geistiger angenommen wird; aber leider würde die Gegenwart von Feuer anscheinend ein zwingender Beweis für seine materielle Natur sein. Doch sagt Professor Bain, indem er von dem Irrtum spricht, Erscheinungen für einfach zu halten, weil sie alltäglich sind:

  Sehr gewöhnliche Thatsachen scheinen selbst keine Erklärung zu brauchen und Erklärungsmittel für alles zu sein, was mit ihnen verglichen werden kann. So hält man das Kochen und Verdampfen einer Flüssigkeit für ein sehr einfaches Phänomen, das keiner Erklärung bedarf und eine befriedigende Erklärung für seltenere Phänomene abgiebt. Daß Wasser auftrocknen soll, ist für den ununterrichteten Verstand ein vollkommen verständliches Ding: während für den mit der Naturwissenschaft vertrauten der flüssige Zustand ein anormaler und unerklärlicher ist. Die Entzündung eines Feuers durch eine Flamme ist eine große wissenschaftliche Schwierigkeit, aber nur wenige Leute denken so. [29]

  Was sagt die esoterische Lehre in Bezug auf Feuer?

  „Feuer ist, im Himmel wie auf der Erde, die vollkommenste und reinste Reflexion der Einen Flamme. Es ist Leben und Tod, der Ursprung und das Ende eines jeden materiellen Dings. Es ist göttliche Substanz.“ Somit zeigen nicht bloß die Feuerverehrer, die Parsen, sondern selbst die wandernden wilden Stämme von Amerika, die sich „aus dem Feuer geboren“ nennen, mehr Wissenschaft in ihrem Glauben und mehr Wahrheit in ihrem Aberglauben, als alle Spekulationen der modernen Physik und Gelehrsamkeit. Der Christ, welcher sagt: „Gott ist ein lebendiges Feuer“ und von pfingstlichen „feurigen Zungen“ und von dem „brennenden Busch“ des Moses spricht, ist ebenso sehr Feuerverehrer wie irgend ein anderer „Heide“. Von den Mystikern und Kabbalisten definierten die Rosenkreuzer das Feuer am korrektesten. Nimm eine Fünfgroschenlampe, erhalte sie nur mit Öl versorgt, und du wirst im stande sein, an ihrer Flamme alle Lampen, Kerzen und Feuer der ganzen Welt anzuzünden, ohne diese Flamme zu verringern. Wenn die Gottheit, die Wurzeleinheit, eine ewige und unendliche Substanz ist, die niemals aufgezehrt wird („der Herr dein Gott ist ein verzehrendes Feuer“), dann scheint es nicht vernünftig zu sein, die occulte Lehre für gar so unphilosophisch zu halten, wenn sie sagt: „So wurden geformt die Arûpa und Rûpa (Welten): aus dem Einen Lichte Sieben Lichter, aus jedem der Sieben, siebenmal Sieben,“ u. s. w., u. s. w.


[28] Im Rig Veda finden wir die Namen Brahmanaspati und Brihaspati mit einander abwechselnd und einander gleichwertig. Siehe auch die Brihadâranyaka Upanishad; Brihaspati ist eine Gottheit, die der „Vater der Götter“ genannt wird.

[29] Logic, II. 125.