In Band II desselben Werkes [66] werden die philosophischen Systeme der Gnostiker und der ursprünglichen Judenchristen, der Nazarener und Ebioniten, vollständig betrachtet. Sie zeigen die Ansichten, die man in jenen Tagen außerhalb des Kreises der mosaischen Juden über Jehovah hatte. Er wurde von allen Gnostikern viel mehr mit dem bösen, als mit dem guten Prinzipe identifiziert. Für sie war er Ilda-Baoth, der „Sohn der Finsternis“, dessen Mutter, Sophia Achamôth, die Tochter der Sophia, der göttlichen Weisheit – des weiblichen heiligen Geistes der frühen Christen – der Âkâsha, war; Sophia Achamôth personifizierte das niedere Astrallicht oder den Ether. Das Astrallicht steht im selben Verhältnisse zu Âkâsha und Anima Mundi, wie Satan zur Gottheit steht. Sie sind ein und dasselbe Ding, gesehen unter zwei Aspekten, dem geistigen und dem psychischen – dem superetherischen oder Bindeglied zwischen Materie und reinem Geist – und dem physischen. [67] Ilda Baoth – ein zusammengesetzter Name, gebildet aus Ilda ([korrekter Abdruck siehe  Buch]), Kind, und Baoth; das letztere von [korrekter Abdruck siehe  Buch], ein Ei, und [korrekter Abdruck siehe  Buch], Chaos, Leerheit, Leere oder Einsamkeit; oder das Kind geboren in dem Eie des Chaos,   wie Brahmâ – oder Jehovah, ist einfach einer der Elohim, der sieben schöpferischen Geister, und einer der niederen Sephiroth. Ilda Baoth erzeugt aus sich selbst sieben andere Götter, „Sternengeister“, oder die Mondvorfahren, [68] denn sie sind alle dasselbe. [69] Sie sind alle nach seinem eigenen Bilde, die „Geister des Angesichtes“, und einer der Reflex des anderen, und werden um so dunkler und materieller, je mehr sie der Reihe nach sich von ihrem Ursprunge entfernen.

Sie bewohnen auch sieben Regionen, die stiegenförmig angeordnet  sind, denn ihre Stufen gehen auf- und abwärts auf der Stufenleiter von Geist und Stoff. [70]

Bei Heiden und Christen, bei Hindûs und Chaldäern, bei griechischen wie römischen Katholiken – die Texte variieren ein wenig in ihrer Erklärung – waren sie überall die Genien der sieben Planeten, und der sieben planetarischen Sphären unserer siebenfältigen Kette, von denen die Erde die niedrigste ist. Dies verbindet die „stellaren“ und „lunaren“ Geister mit den höheren Planetenengeln, und mit den Saptarshis, den sieben Rishis der Sterne, bei den Indern – als untergeordnete Engel oder Boten, als Emanationen dieser Rishis auf der absteigenden Leiter. So waren in der Anschauung der philosophischen Gnostiker der Gott und die Erzengel beschaffen, die jetzt  von den Christen verehrt werden! Die „gefallenen Engel“ und die Legende vom „Kampf im Himmel“ sind somit ihrem Ursprunge nach rein heidnisch und kommen aus Indien via Persien und Chaldäa. Die einzige Bezugnahme auf sie im christlichen Kanon findet sich in der Offenbarung, XII, wie oben vor einigen Seiten citiert.
So wächst „Satan“, sobald er nicht mehr in dem abergläubischen, dogmatischen, unphilosophischen Kirchengeiste betrachtet wird, zu dem  großartigen Bilde empor von einem, der aus einem irdischen einen göttlichen Menschen macht; der demselben durch den langen Cyklus des Mahâkalpa das Gesetz des Geistes des Lebens giebt und ihn befreit von der Sünde der Unwissenheit, somit vom Tode.

STROPHE VI. – Fortsetzung.

6. DIE ALTEREN RÄDER DREHTEN SICH HINAB UND HINAUF (a) . . .  DER MUTTER-LAICH ERFÜLLTE DAS GANZE. [71] ES FANDEN KÄMPFE STATT ZWISCHEN DEN SCHÖPFERN UND DEN ZERSTÖRERN, UND KÄMPFE UM DEN RAUM; DER SAME ERSCHIEN UND ERSCHIEN BESTÄNDIG VON NEUEM  (b). [72]

(a)  Hier müssen wir, nachdem wir einstweilen unsere Abschweifungen beendet haben – die, so sehr sie auch den Fluß der Erzählung unterbrechen mögen, doch für die Aufklärung des ganzen Planes notwendig sind – wieder einmal zur Kosmogonie zurückkehren. Der Ausdruck „ältere Räder“ bezieht sich auf die Welten oder Globen unserer Kette, wie sie während der früheren Runden waren. Der Inhalt der vorliegenden Strophe findet sich, bei esoterischer Erklärung, in kabbalistischen Werken vollständig wieder. Darin wird sogar die Geschichte der Entwicklung der zahllosen Kugeln zu finden sein, die nach einem periodischen Pralaya sich evolvieren, aus altem Material in neue Formen wiedergebildet. Die ehemaligen Kugeln zerfallen und erscheinen auf neue, für eine neue Lebensphase verwandelt und vervollkommnet. In der Kabalah werden die Welten mit Funken verglichen, die hervorsprühen unter dem Hammer des großen Baumeisters – Gesetz, des Gesetzes, das alle niedrigeren Schöpfer beherrscht.


[66] Op. cit., II. 183 ff.

[67] Wegen des Unterschiedes zwischen Nous, der höheren göttlichen Weisheit, und Psyche, der niederen und irdischen, siehe St. Jacob, III. 15-17.

[68] Jehovahs Verbindung mit dem Mond in der Kabalah ist den Schülern wohlbekannt.

[69] Wegen der Nazarener siehe Isis Unveiled, II. 131 und 132. Die wahren Nachfolger des wahren Christos waren alle Nazarener und Christianer, und waren die Gegner der späteren Christen.

[70] Siehe das Diagramm der lunaren Kette von sieben Welten, p. 195, wo, wie in unserer eigenen und jeder anderen Kette, die oberen Welten geistig sind,  während die niedrigste, sei es Mond, Erde oder irgend ein anderer Planet,  von der Materie verdunkelt ist.

[71] Den ganzen Kosmos. Der Leser wird daran erinnert, daß in den Strophen Kosmos oft bloß unser eigenes Sonnensystem bedeutet, und nicht das unendliche Weltall.

[72] Dies ist rein astronomisch.