STROPHE VII.

1. SIEHE DEN ANFANG DES FÜHLENDEN FORMLOSEN LEBENS (a).  ZUERST DAS GÖTTLICHE [1] (b), DAS EINE VON DEM MUTTERGEISTE; [2] DANN DAS GEISTIGE [3] (c); [4] DIE DREI VON DEM EINEN (d), DIE VIER VON DEM EINEN (e), UND DIE FÜNF (f), VON WELCHEN DIE DREI, DIE FÜNF UND DIE SIEBEN (g). DIESE SIND DIE DREIFACHEN UND DIE VIERFACHEN ABWÄRTS STEIGENDEN; DIE AUS DER SEELE GEBORENEN SÖHNE [5] DES ERSTEN HERRN, DIE LEUCHTENDEN SIEBEN. [6] SIE SIND ES, WELCHE DA SIND: DU, ICH, ER, O LANOO! SIE WACHEN ÜBER DICH UND DEINE MUTTER, BHÛMI. [7]

(a)  Die Hierarchie der schöpferischen Kräfte wird esoterisch in sieben (vier und drei) geteilt, innerhalb der zwölf großen Ordnungen, die in den zwölf Zeichen des Tierkreises aufgezeichnet sind; die Sieben der sich offenbarenden Stufenleiter stehen ferner mit den sieben Planeten in Zusammenhang. Alle diese erfahren eine Unterteilung in zahllose Gruppen göttlich-geistiger, halbgeistiger, und etherischer Wesen.

Die Haupthierarchieen unter diesen sind angedeutet in der großen Vierheit oder den „vier Körpern und den drei Fähigkeiten“, exoterisch, des Brahmâ, und der Panchâsya, der fünf Brahmâs, oder der fünf Dhyâni-Buddhas im buddhistischen System.

Die höchste Gruppe setzt sich zusammen aus den sogenannten göttlichen Flammen, die auch als die „feurigen Löwen“ und die „Löwen des Lebens“ bezeichnet werden, deren Esoterik in dem Tierkreiszeichen des Löwens wohlverwahrt liegt. Sie ist der Kernkörper der oberen göttlichen Welt. Sie sind die formlosen feurigen Atem, in einem Aspekt wesensgleich mit der oberen sephirothischen Dreiheit, welche von den Kabbalisten in die archetypische Welt versetzt wird.

Dieselbe Hierarchie, mit denselben Zahlen, findet sich auch im japanischen System, in den „Anfängen“, wie sowohl von den Sinto als von den buddhistischen Sekten gelehrt wird. In diesem System geht die Anthropogenesis der Kosmogenesis voran, indem das Göttliche sich in das Menschliche herabsenkt und unterwegs in seinem Herabsteigen in die Materie das sichtbare Weltall erschafft; die legendenhaften Persönlichkeiten, so bemerkt ehrfurchtsvoll Omoie, „sind zu verstehen als die feststehende Verkörperung der höheren (geheimen) Lehre, und ihrer erhabenen Wahrheiten.“ Dieses alte System in voller Ausführlichkeit darzulegen, würde zu viel Raum erfordern; ein paar Worte hierüber werden jedoch keineswegs ungelegen sein. Das folgende ist eine kurze Übersicht über diese Anthropo-Kosmogenesis, und zeigt, wie engübereinstimmend die getrenntesten Nationen eine und dieselbe archaische Lehre wiederhallten.

Als alles noch Chaos (Kon-ton) war, erschienen drei geistige Wesen auf der Bühne der zukünftigen Schöpfung: 1. Ame no ani naka nushi no Kami, der „göttliche Monarch des centralen Himmels“; 2. Taka mi onosubi no Kami, der „erhabene, kaiserliche göttliche Sproß von Himmel und Erde“; und 3. Kamu mi musubi no Kami, der „Sproß der Götter“, einfach.

Diese waren ohne Form oder Substanz – unsere Arûpadreiheit – da weder die himmlische noch die irdische Substanz sich bereits differenziert hatte, „noch die Wesenheit der Dinge geformt worden war.“

(b)  Im Zohar – der, wie er jetzt von Moses de Leon mit Hilfe von syrischen und chaldäischen christlichen Gnostikern im 13. Jahrhundert geordnet und neu herausgegeben, und noch später von vielen christlichen Händen korrigiert und revidiert worden ist, nur um ein geringes weniger exoterisch ist als die Bibel selbst – erscheint dieses „göttliche (Vehikel)“ nicht länger mehr, wie es sich im chaldäischen Buch der Zahlen findet. Wahr genug, Ain Suph, das absolute endlose Nichtding, benützt auch die Form des Einen, des geoffenbarten „himmlischen Menschen“ (der ersten Ursache) als Wagen (Mercabah im Hebräischen, Vâhana im Sanskrit) oder Vehikel, um in die phänomenale Welt herabzusteigen und sich in derselben zu offenbaren. Aber die Kabbalisten erklären weder, wieso das Absolute irgend etwas benützen oder irgend welche Eigenschaft bethätigen kann, nachdem es als ein Absolutes aller Eigenschaften bar ist; noch erklären sie, daß es in Wirklichkeit die erste Ursache (Platons Logos), die ursprüngliche und ewige Idee ist, welche sich durch Adam Kadmon, den zweiten Logos, sozusagen offenbart.

Im Buche der Zahlen wird erklärt, daß Ain (En oder Aiôr) das einzige selbstexistierende ist, während seine „Tiefe“, der Bythos der Gnostiker, genannt Propatôr, bloß periodisch ist. Der letztere ist Brahmâ, als von Brahman oder Parabrahman differenziert. Er ist die Tiefe, die Quelle des Lichtes, oder der Propatôr, welcher der unmanifestierte Logos ist, oder die abstrakte Idee, und nicht Ain Suph, dessen Strahl den Adam Kadmon – „männlich und weiblich“ – oder den geoffenbarten Logos, das objektive Universum, als seinen Wagen benützt, um sich durch diesen zu offenbaren. Aber im Zohar lesen wir die folgende Widersinnigkeit: „Senior occultatus est, et absconditus; Mikroprosopus manifestus est, et non manifestus.“ [8] Das ist falsch, weil Mikroprosopus oder der Mikrokosmos bloß während seiner Manifestationen existieren kann, und während der Mahâpralayas zerstört ist. Rosenroths Kabbala ist keine Richtschnur, sondern sehr häufig ein Rätsel.


[1] Vehikel.

[2] Âtman.

[3] Âtmâ-Buddhi, Geist-Seele. Dies bezieht sich auf die kosmischen Prinzipien.

[4] Wiederum.

[5] Avalokiteshvara.

[6] Baumeister. Die sieben schöpferischen Rishis, die jetzt mit dem Sternbilde des großen Bären in Verbindung gebracht werden.

[7] Erde.

[8] Rosenroth, Liber Mysterii. IV. 1.