Nun zu dem versprochenen Gleichnis:

Wenn der Same des tierischen Mannes in den Boden des tierischen Weibes gestreut wird, so kann dieser Same doch nicht keimen, wenn er nicht durch die fünf Kräfte (das Fluidum oder die Emanation der Prinzipien) des sechsfältigen Himmlischen Menschen befruchtet worden ist. Daher wird der Mikrokosmos als ein Fünfeck innerhalb des sechseckigen Sternes, des Makrokosmos, dargestellt. [18]

Die Wirkungen von Jîva auf dieser Erde sind von fünffachem Charakter. Im mineralischen Atom steht er in Zusammenhang mit den niedrigsten Prinzipien der Geister der Erde (der sechsfachen Dhyânis); im vegetabilischen Teilchen mit ihrem zweiten – dem Prâna (Leben); im Tiere mit all diesem plus dem dritten und vierten; im Menschen muß der Keim die Früchte von allen fünfen erhalten. Sonst wird er als nicht über dem Tiere stehend geboren. [19]

So ist allein im Menschen der Jîva vollständig. Was sein siebentes Prinzip anbelangt, so ist dieses bloß einer von den Strahlen der universalen Sonne, denn jedes vernünftig Geschöpf empfängt bloß ein zeitweiliges Lehen an dem, was zu seiner Quelle zurückzukehren hat. Was den physischen Körper anbelangt, so ist derselbe aus den niedrigsten irdischen Lebewesen durch physikalische, chemische und physiologische Evolution aufgebaut; „die Gepriesenen haben nichts zu thun mit den Reinigungen der Materie,“ sagt die Kabalah in dem chaldäischen Buch der Zahlen.
Das läuft auf folgendes hinaus:
Die Menschheit in ihrer ersten urbildlichen, schattenhaften Form ist die Nachkommenschaft der Elohim des Lebens, oder der Pitris; in ihrem qualitativen und physischen Aspekt ist sie der unmittelbare Nachwuchs der „Vorfahren“, der niedersten Dhyânis oder Geister der Erde; ihre moralische, psychischen und geistige Natur verdankt sie einer Gruppe von göttlichen Wesen, deren Name und Eigenschaften im zweiten Bande werden gegeben werden. In ihrer Zusammenfassung sind die Menschen das Kunstwerk von Scharen verschiedener Geister; im einzelnen die Tabernakel dieser scharen und gelegentlich und individuell die Vehikel von einigen derselben. In unserer gegenwärtigen, allmateriellen fünften Rasse ist der irdische Geist der vierten noch stark in uns; aber wir nähern uns der Zeit, in der das Pendel der Entwicklung seine Schwingung entschieden nach aufwärts wenden und die Menschheit in Bezug auf Geistigkeit auf gleiche Höhe mit der ursprünglichen dritten Wurzelrasse bringen wird. Während ihrer Kindheit war die Menschheit vollständig aus dieser englischen Schar zusammengesetzt, aus welcher die bewohnenden Geister waren, welche die ungeheuerlichen und riesigen irdischen Hüllen der vierten Rasse beseelten, die von zahllosen Myriaden von Lebewesen erbaut und zusammengesetzt waren, wie es auch jetzt unsere Körper sind. Dieser Satz wird weiter unten in dem vorliegenden Kommentar erklärt werden. Die Wissenschaft, die die Wahrheit nur verschwommen erblickt, mag im menschlichen Körper Bakterien und andere Kleinwesen finden und in ihnen zufällige und abnorme Besucher erblicken, denen Krankheiten zugeschrieben werden. Der Occultismus – der in jedem Atom oder Molekül, gehöre es nun einem Mineral oder einem Menschenkörper an, oder der Luft, dem Feuer oder dem Wasser, ein Lebewesen erblickt – behauptet, daß unser ganzer Körper aus solchen Lebewesen aufgebaut ist, gegen welche sich die kleinste mikroskopische Bakterie an Größe verhält, wie ein Elefant zu den winzigen Infusorien. – Die oben erwähnten „Hüllen“ haben sich in Bezug auf Gewebe und Symmetrie der Form vervollkommnet, indem sie mit der Kugel, die sie trägt, wuchsen und sich entwickelten, aber die körperliche Vervollkommnung hat auf Kosten des geistigen Inneren Menschen und der Natur stattgefunden. Die drei mittleren Prinzipien der Erde und des Menschen wurden mit jeder Rasse materieller; die Seele trat zurück, um dem physischen Intellekt Platz zu machen; die Essenz der Elemente wurde zu den materiellen und zusammengesetzten Elementen, die man jetzt kennt.

Der Mensch ist weder das vollkommene Produkt „Gottes, des Herrn“, noch könnte er es jemals sein; sondern er ist das Kind der Elohim, die so willkürlich zur Einzahl und zum männlichen Geschlecht umgewandelt worden sind. Die ersten Dhyânis, denen aufgetragen war, den Menschen nach ihrem Ebenbilde zu „schaffen“, konnten bloß ihre Schatten werfen, als ein zartes Modell, welches die Naturgeister des Stoffes ausarbeiten mussten. Der Mensch ist ohne allen Zweifel körperlich aus dem Staube der Erde geformt, aber seiner Schöpfer und Zurichter waren viele. Auch kann man nicht sagen, daß „Gott, der Herr, ihm den lebendigen Odem in seine Nase blies“, wenn man nicht diesen Gott für eins mit dem „Einen Leben“ erklärt, das allgegenwärtig ist, wenn auch unsichtbar, und wenn man nicht „Gott“ dieselbe Handlungsweise zuschreibt in Bezug auf eine jede „lebendige Seele“, welche die Lebens-Seele (Nephesh) ist, und nicht der göttliche Geist (Ruach), welcher allein dem Menschen einen göttlichen Grad von Unsterblichkeit zusichert, welchen kein Tier als solches jemals in diesem Inkarnationscyklus erlangen könnte. Daß der „Atem des Lebens“ mit dem unsterblichen „Geiste“ vermengt worden ist, ist eine Folge der unangemessenen Unterscheidungen, welche die Juden und jetzt unsere westlichen Metaphysiker aufgestellt haben, die nicht im stande sind, einen mehr als dreieinigen Menschen (Geist, Seele, Körper) zu verstehen und daher anzunehmen. Das geht auch unmittelbar die protestantischen Theologen an, welche bei der Übersetzung eines gewissen Verses des vierten Evangeliums [20] den Sinn desselben vollständig verkannt haben. Diese Mißübersetzung lautet: „Der Wind bläset, wo er will,“ an Stelle von: „Der Geist gehet, wo er will,“ wie es auch im Original, und auch in der Übersetzung der griechisch-orientalischen Kirche heißt.

Der gelehrte und sehr philosophische Verfasser der New Aspects of Life versucht seinem Leser einzuprägen, dass Nephesh Chiah (die lebendige Seele) nach der hebräischen Auffassung:

Hervorging aus oder erzeugt wurde durch das Eingießen des Geistes oder Odems des Lebens in den das Leben fühlenden Körper des Menschen, und diesen Geist in dem dadurch gebildeten Selbst zu entheben und sein Stelle einzunehmen hatte, so daß der Geist in die lebendige Seele einging, aus den Augen verloren wurde und darein verschwand.

Der menschliche Körper, so glaubt er, sollte als eine Matrix betrachtet werden, in welcher und aus welcher die Seele, die er höher zu stellen scheint als den Geist, entwickelt wird. Funktionell betrachtet und vom Standpunkte der Thätigkeit aus steht die Seele in dieser endlichen und bedingten Welt der Mâyâ unleugbar höher. Die Seele, so sagt er, „wird zuletzt von dem belebten Körper des Menschen hervorgebracht.“ Somit setzt der Verfasser „Geist“ (Âtmâ) einfach gleich dem „Atem des Lebens“. Die östlichen Occultisten werden gegen diese Behauptung Einspruch erheben, denn sie beruht auf der irrtümlichen Vorstellung, daß Prâna und Âtmâ oder Jîvâtmâ ein und dasselbe Ding sind. Der Verfasser unterstützt seine Beweisführung, indem er zeigt, dass bei den alten Hebräern, Griechen und selbst Lateinern Ruach, Pneuma und Spiritus „Wind“ bedeuten, und zwar bei den Juden unleugbar und bei den Griechen und Römern sehr wahrscheinlich; denn das griechische Wort Anemos (Wind) und das lateinische Wort Animus (Seele) haben eine verdächtige Verwandtschaft.
Das ist sehr weit hergeholt. Aber das richtige Schlachtfeld für die Entscheidung dieser Frage ist schwer zu finden, da Dr. Pratt ein praktischer nüchterner Metaphysiker zu sein scheint, eine Art kabbalistischer Positivist, während die östlichen Metaphysiker, insbesondere die Vedântisten, alle Idealisten sind. Die Occultisten gehören ebenfalls der extremen esoterischen Vedântaschule an, und obwohl sie das Eine Leben (Parabrahman) den Großen Atem und den Wirbelwind nennen, so trennen sie doch das siebente Prinzip vollständig von der Materie, und bestreiten, daß es irgend eine Beziehung oder Verbindung mit derselben habe.


[18] [korrekter Abdruck siehe Buch S. 244], ein Werk über occulte Embryologie, Buch I.

[19] Nämlich als geborner Idiot.

[20] Johannes, III. 8