So ist die Philosophie über die psychischen, geistigen und intellektuellen Beziehungen des Menschen zu seinen körperlichen Funktionen in einer fast unauflösbaren Verwirrung. Weder die alte ârische noch die ägyptische Psychologie werden jetzt richtig verstanden; auch können sie nicht assimiliert werden, ohne daß man die esoterische siebenfältige, oder zum mindesten die vedântistische fünfteilige Einteilung der inneren Prinzipien des Menschen annimmt. Unterläßt man das, so wird es für immer unmöglich sein, die metaphysischen und rein psychischen, ja sogar physiologischen Beziehungen zwischen den Dhyân Chohans oder Engeln auf der einen Ebene und der Menschheit auf der anderen zu verstehen.
Bis jetzt sind keine östlichen (ârischen) esoterischen Werke veröffentlicht, aber wir haben die ägyptische Papyri, welche klar von den sieben Prinzipien, oder den „sieben Seelen des Menschen“ sprechen. Das Totenbuch giebt eine vollständige Liste von den „Wandlungen“, welche jeder Verstorbene erfährt, während er sich dieser Prinzipien, eines nach dem anderen, entkleidet, die zum Zwecke der Deutlichkeit zu ätherischen Wesenheiten oder Körpern materialisiert sind. Wir müssen ferner jene, welche zu zeigen versuchen, daß die alten Ägypter keine Reinkarnation lehrten, daran erinnern, daß es heißt, daß die „Seele“ (das Ego oder Selbst) des Verstorbenen in Ewigkeit lebt: sie ist unsterblich „gleichalterig und zugleich verschwindend mit der Sonnenbarke“, das heißt, den Kreislauf der Notwendigkeit hindurch. Die Seele taucht auf aus dem Tiaou, dem Bereich der Ursache des Lebens, und vereinigt sich bei Tage mit den auf Erden lebenden, um jede Nacht nach Tiaou zurückzukehren. Das stellt die periodischen Existenzen des Ego dar. [21]

Der Schatten, die Astralform, wird vernichtet, „von der Uräusschlange verschlungen“, [22] die Manen werden vernichtet, die beiden Zwillinge (das vierte und fünfte Prinzip) auseinandergetrieben werden; aber der Seelenvogel, „die göttliche Schwalbe, und der Uräus der Flamme“ (Manas und Âtmâ-Buddhi) werden in Ewigkeit leben, denn sie sind die Gatten der Mütter.

Eine andere bedeutsame Analogie zwischen der ârischen oder brâhmanischen und der ägyptischen Esoterik. Die erstere nennt die Pitris die „Mondvorfahren“ des Menschen, und die Ägypter machen den Mondgott, Taht-Esmun, zum ersten menschlichen Vorvater.

Dieser Mondgott „repräsentierte die sieben Naturkräfte, die ihm vorangingen, und in ihm als seine sieben Seelen zusammengefasst waren, deren Offenbarer er selbst als der achte war. (Daher die achte Sphäre.) . . . Die sieben Strahlen der chaldäischen . . .Heptakis oder Jao, auf den gnostischen Steinen, bedeuten dieselbe Siebenheit von Seelen. . . . Die erste Form der mystischen Sieben fand man am Himmel abgebildet durch die sieben Hauptsterne des großen Bären, des Sternbildes, welches die Ägypter der Mutter der Zeit und der sieben elementalen Kräfte zuteilten.“ [23]

Wie jedem Inder wohl bekannt ist, repräsentiert dieses selbe Sternbild in Indien die sieben Rishis, und heißt Riksha, und Chitrashikandinas.

Gleiches allein erzeugt Gleiches. Die Erde giebt dem Menschen seinen Körper, die Götter (Dhyânis) geben ihm seine fünf inneren Prinzipien, den psychischen Schatten, von dem diese Götter oft das belebende Prinzip sind. Der Geist (Âtmân) ist Einer, und ungetrennt. Er ist nicht im Tiaou.

Denn was ist der Tiaou? Die häufige Bezugnahme auf denselben im Totenbuche birgt ein Geheimnis. Tiaou ist der Pfad der nächtlichen Sonne, die untere Halbkugel, oder die infernale Region der Ägypter, die von ihnen in die verborgene Seite des Mondes verlegt wurde.


[21] Kap. CXLVIII.

[22] Ebenda, CXLIX. 51.

[23] The Seven Souls of Man, p. 2; ein Vortrag von Gerald Massey.