Aber diese Verwandlung fand nicht auf unserer Erde statt, noch auf irgend einer materiellen Ebene, sondern in den Tiefen des Raumes der ersten Differenziation der ewigen Wurzelmaterie. Auf unserer entstehenden Kugel gingen die Dinge anders vor sich. Die Monade oder Jîva, wie in Isis Unveiled [58] gesagt, schießt vor allem nach dem Gesetze der Evolution in die niedrigste Form der Materie herab – in das Mineral. Nachdem sie für einen siebenfachen Kreislauf in den Stein eingeschlossen war, oder in das, was zum Mineral oder Stein in der vierten Runde werden wird, kriecht sie daraus hervor als, sagen wir, eine Flechte. Indem sie von hier aus, alle Formen des vegetabilen Stoffes durchlaufend, zur sogenannten tierischen Materie überging, hat sie nunmehr den Punkt erreicht, an welchem sie sozusagen zum Keime des Tieres geworden ist, das zum physischen Menschen werden wird. Alles dieses, hinauf bis zur dritten Runde, ist als Stoff formlos und als Bewusstsein besinnungslos. Denn die Monade, oder Jîva, an sich kann nicht einmal Geist genannt werden: sie ist ein Strahl, ein Atem des Absoluten oder vielmehr der ABSOLUTHEIT; und die absolute Homogeneität ist, da sie keine Beziehungen zur bedingten und verhältnismäßigen Endlichkeit hat, auf unserer Ebene unbewusst. Daher benötigt die Monade, abgesehen von dem Materiale, das für ihre zukünftige menschliche Form notwendig ist, (a) ein geistiges Modell, oder Vorbild für dieses Material, um sich darein zu gestalten; und (b) ein intelligentes Bewußtsein, um ihre Entwicklung und ihren Fortschritt zu leiten. Keines von beiden besitzt die homogene Monade, noch die empfindungslose, wenn auch lebendige Materie. Der Adam von Staub braucht die Seele des Lebens, daß sie ihm eingeblasen werde: Die zwei mittleren Prinzipien, welche da sind das fühlende Leben des unvernünftigen Tieres und die menschliche Seele, denn das erstere ist unvernünftig ohne die letztere. Erst wenn der Mensch sich aus einem potentiellen androgynen in einen männlichen und weiblichen geteilt hat, wird er mit dieser bewußten, vernünftigen, individuellen Seele (Manas), dem Prinzipe, oder der „Intelligenz der Elohim“ begabt, welche zu empfangen e die Frucht der Erkenntnis vom Baume des Guten und Bösen zu essen hat. Wie soll er alles dieses erlangen? Die occulte Lehre besagt, dass, während die Monade sich auf ihrem zur Materie abwärts gerichteten Kreislauf bewegt, sich eben diese Elohim, oder Pitris – die niederen Dhyân Chohans – gleichen Schrittes mit ihr auf einer höheren und geistigeren Ebene entwickeln, indem sie ebenfalls auf ihrer eigenen Bewußtseinsebene in die Materie verhältnismäßig herabsteigen, wo sie, nachdem sie einen gewissen Punkt erreicht haben, die sich inkarnierende empfindungslose Monade in die niedrigste Materie eingeschlossen antreffen werden und in der Vermischung der beiden Potenzen, des Geistes und der Materie, wird die Vereinigung dieses irdische Symbol des „himmlischen Menschen“ im Raume – den VOLLKOMMENEN MENSCHEN – hervorbringen. In der Sânkhya-Philosophie wird Purusha (Geist) als etwas ohnmächtiges bezeichnet, wenn er sich nicht auf die Schultern von Prakriti (Materie) setzt, welche – allein gelassen – empfindungslos ist. Aber in der geheimen Philosophie werden sie als abgestuft betrachtet. Geist und Materie, obwohl ein und dasselbe Ding in ihrem Ursprunge, beginnen, sobald sie sich auf der Ebene der Differenziation befinden, ein jedes von ihnen ihren Entwicklungsfortschritt in entgegengesetzter Richtung – der Geist sinkt allmählich in die Materie, und die letztere steigt zu ihrem ursprünglichen Zustand, den einer rein geistigen Substanz, empor. Beide sind untrennbar, aber immer getrennt. Auf der physischen Ebene werden zwei gleiche Pole sich immer gegenseitig abstoßen, während der negative und der positive sich gegenseitig anziehen; ebenso verhalten sich Geist und Materie zu einander – als die zwei Pole derselben homogenen Substanz, des Wurzelprinzipes des Weltalls. Wenn daher für Purusha die Stunde schlägt, um auf Prakritis Schultern zu steigen zur Bildung des vollkommenen Menschen – der rudimentäre Mensch der ersten zweiundeinhalb Rassen ist bloß das erste sich allmählich bis zum vollkommensten entwickelnde der Säugetiere – so treten die himmlischen Vorfahren (Wesenheiten aus vorhergehenden Welten, in Indien die Shista genannt) in diese unsere Ebene ein, und inkarnieren sich in den physischen oder tierischen Menschen, ebenso wie die Pitris vor ihnen zur Bildung des letzteren eingetreten waren. So sind die zwei Vorgänge bei den zwei „Schöpfungen“ – des tierischen und des göttlichen Menschen – sehr verschieden. Die Pitris entsendeten aus ihren ätherischen Körpern noch ähterischere und schattenhaftere Ebenbilder ihrer selbst, oder was wir jetzt „Doppelgänger“ oder „Astralformen“ nennen würden, die ihnen ähnlich waren. [59] Dies versieht die Monade mit ihrer ersten Wohnung, und den blinden Stoff mit einem Modell, um und auf welches hinfort gebaut werden kann. Aber der Mensch ist noch unvollständig. Von Svâyambhuva Manu, [60] von welchem die sieben ursprünglichen Manus oder Prajâpatis abstammten, von denen ein jeder eine ursprüngliche Menschenrasse entstehen ließ, herab bis zum Codex Nazaräus, in welchem Karabtanos, oder Fetahil, die blinde begehrliche Materie, aus seiner Mutter, dem Spiritus, sieben Figuren erzeugt, von denen eine jede als der Ahnherr einer der sieben ursprünglichen Rassen erscheint – hat diese Lehre ihre Spur auf jeder archaischen Schrift zurückgelassen. „Wer bildet Manu (den Menschen) und wer bildet seinen Körper? Das Leben und die Leben. Sünde [61] und der Mond.“ Hier steht Manu für den geistigen, himmlischen Menschen, das wirkliche und nicht sterbende Ego in uns, welches die unmittelbare Ausstrahlung des „Einen Lebens“, oder der absoluten Gottheit ist. Was unsere äußeren physischen Körper anbelangt, das Haus des Tabernakels der Seele, so lehrt die Lehre etwas Sonderbares; so sonderbar, dass, wenn es nicht vollständig erklärt und ebenso vollständig verstanden wird, bloß die exakte Wissenschaft der Zukunft berufen ist, die Theorie ganz zu rechtfertigen. Es ist schon früher festgestellt worden, dass der Occultismus nichts Unorganisches im Kosmos gelten lässt. Der von der Wissenschaft angewendete Ausdruck „inorganische Substanz“ bedeutet einfach, daß das verborgene Leben, welches in den Molekülen der sogenannten „trägen Materie“ schlummert, unerkennbar ist. DAS ALL IST LEBEN, und jedes Atom, selbst des mineralischen Staubes, ist ein LEBEN, obwohl jenseits unseres Erkenntnis- und Wahrnehmungsvermögens, weil es außerhalb des Bereiches der Gesetze ist, die jenen bekannt sind, die den Occultismus verwerfen. „Sogar die Atome,“ sagt Tyndall, „scheinen Instinkt, verbunden mit Verlangen nach Leben, zu haben.“ Woher nun, möchten wir fragen, kommt die Neigung, „in organische Form einzutreten“? Läßt sich das auf irgend eine andere Art erklären, als nach den Lehren der occulten Wissenschaft? [58] I. 302. [59] Lies, in Isis Unveiled, (II. 297-303), die Lehre des Codex Nazaräus. Jeder Satz unserer Lehre findet sich dort in verschiedener Form und Allegorie. [60] Manu, Buch I. [61] Das Wort „Sünde“ (Sin) ist merkwürdig, hat aber eine besondere occulte Beziehung zum Monde, und ist (Sin) nebenbei sein chaldäisches Äquivalent. |