Âkâsha ist sodann Pradhâna in einer anderen Form und
als solches kann er nicht Ether, der immer unsichtbare Agent sein, dem
sogar die Naturwissenschaft den Hof macht. Auch ist er nicht das Astrallicht.
Er ist, wie gesagt, das Ding an sich der siebenfältigen differenzierten
Prakriti [67] - die ewig unbefleckte
„Mutter“ des vaterlosen „Sohnes“, welcher auf der niederen geoffenbarten
Ebene zum „Vater“ wird. Denn Mahat ist das erste Produkt von Pradhâna
oder Âkâsha; und Mahat – universelle Intelligenz, „deren charakteristische
Eigenschaft Buddhi ist“ – ist nichts anderes als der Logos, denn es
wird Îshvara, Brahmâ, Bhâva u. s. w. genannt. [68] Es ist, kurz
gesagt, der „Schöpfer“, oder der göttliche Gedanke in schöpferischer Thätigkeit,
„die Ursache von allen Dingen“. Es ist der „Erstgeborene“, von dem uns
die Purânen sagen, daß „Erde und Mahat die inneren und die äußeren
Grenzen des Weltalls“ sind, oder in unserer Sprechweise, der negative
und der positive Pol der dualen (abstrakten und konkreten) Natur, denn
das Purâna fügt hinzu:
Auf diese Art – wie es sieben Formen (Prinzipien)
von Prakriti gab, gerechnet von Mahat bis zur Erde – so treten bei dieser
(Zeit der elementalen) Auflösung (pratyâhâra) diese sieben der
Reihe nach wieder eines in das andere zurück. Das Ei des Brahmâ (Sarva-Mandala)
wird aufgelöst, mit samt seinen sieben Zonen (dvîpa), sieben Ozeanen,
sieben Regionen, etc. [69]
Dies sind die Gründe, warum sich die Occultisten weigern, den Namen Astrallicht
dem Âkâsha zu geben, oder ihn Ether zu nennen. Dem „In meines Vaters Hause
sind viele Wohnungen“ kann der occulte Satz entgegengesetzt werden: „In
meiner Mutter Haus sind sieben Wohnungen,“ oder Ebenen, deren niedrigste
über und rund um uns ist – das Astrallicht.
Die Elemente, seien sie einfach oder zusammengesetzt, konnten nicht dieselben
bleiben seit dem Beginne der Entwicklung unserer Kette. Alles im Weltalle
schreitet stetig in dem großen Cyklus vorwärts, während es in den kleineren
Cyklen unaufhörlich auf und nieder steigt. Die Natur steht während eines
Manvantara niemals still, da sie eine ewig werdende, [70] nicht einfach eine seiende ist; und das
mineralische, pflanzliche und menschliche Leben paßt seine Organismen
fortwährend den herrschenden Elementen an; und daher waren jene
Elemente damals für dieselben ebenso geeignet, wie diese es jetzt für
das Leben der gegenwärtigen Menschheit sind. Erst in der nächsten oder
fünften Runde wird das fünfte Element, der Ether – der grobe Körper von
Âkâsha, wenn er überhaupt auch nur diesen Namen verdient – für alle Menschen
eine ebenso gewöhnliche Naturthatsache werden, wie es uns jetzt die Luft
ist, und wird aufhören, so wie jetzt hypothetisch und ein „Agent“ für
so viele Dinge zu sein; und erst während dieser Runde werden jene höheren
Sinne, deren Wachstum und Entwicklung durch Âkâsha befördert werden, einer
vollständigen Entfaltung fähig sein. Wie bereits gezeigt, können wir es
erwarten, daß eine teilweise Vertrautheit mit der Eigenschaft des
Stoffes: Durchdringbarkeit, welche gleichzeitig mit dem sechsten Sinne
entwickelt werden soll, sich zur entsprechenden Zeit in dieser Runde entwickelt
wird. Wenn aber das nächste Element in der nächsten Runde unserem Bestande
hinzugefügt werden wird, wird die Durchdringbarkeit eine so offenbare
Eigenschaft der Materie werden, daß die dichtesten Formen dieser Runde
für die Wahrnehmung des Menschen so hinderlich erscheinen werden, wie
dicker Nebel, und nicht mehr.
Kehren wir jetzt zu dem Lebenszyklus zurück. Ohne ausführlich auf die
Beschreibung einzugehen, die uns von dem höheren LEBEN gegeben wird, so
müssen wir unsere Aufmerksamkeit gegenwärtig auf die irdischen Wesen und
die Erde selbst richten. Die letztere, wird uns gesagt, ist für die erste
Runde von den „Verschlingern“ erbaut worden, welche die Keime von anderen
Leben in die Elemente auflösen und differenzieren. Ziemlich so, müssen
wir vermuten, wie es in dem gegenwärtigen Zustande der Welt die Aeroben
thun, wenn sie durch Unterwühlung und Auflockerung des chemischen Gefüges
eines Organismus tierischen Stoff umwandeln und Substanzen erzeugen, welche
in ihrer Zusammensetzung verschieden sind. So erledigt der Occultismus
die Frage des sogenannten azioschen Zeitalters der Wissenschaft, indem
er zeigt, daß es niemals eine Zeit gegeben hat, in der die Erde ohne Leben
auf ihr war. Wo immer ein Atom von Stoff, ein Teilchen oder ein Molekül,
selbst im verdünntesten gasförmigen Zustande existiert, da ist Leben in
demselben, wenn auch verborgen und unbewußt.
Was immer den Layazustand verläßt, wird thätiges Leben, es wird in
den Wirbel der BEWEGUNG (das alchimistische Lösungsmittel des Lebens)
hineingezogen; Geist und Stoff sind die zwei Zustände des EINEN,
welches weder Geist noch Stoff ist, sondern das unbedingte Leben im Verborgenen
. . . . Der Geist ist die erste Differentiation von (und im) RAUME;
und Stoff ist die erste Differentiation des Geistes. Das, welches weder
Geist noch Stoff ist, Das ist ES – die unverursachte URSACHE
von Geist und Stoff, welche die Ursache des Kosmos sind. Und DAS
nennen wir das EINE LEBEN, oder den intrakosmischen Atem. [71] Noch einmal sagen wir: Gleiches
muß Gleiches hervorbringen. Das absolute Leben kann kein unorganisches
Atom hervorbringen. Das absolute Leben kann kein unorganisches Atom hervorbringen,
einerlei ob einfach oder zusammengesetzt, und selbst im Laya ist Leben,
gerade so wie ein Mensch im tiefen kataleptischen Zustand – allem Anscheine
nach ein Leichnam – doch ein lebendiges Wesen ist.
[67] In der Sânkhya Philosophie sind die sieben Prakritis
oder „Erzeugenden Erzeugnisse“: Mahat, Ahamkâra, und die fünf Tanmâtras.
Siehe Sânkhya Kârikâ, III., und den Kommentar darüber.
[68] Siehe Linga Purâna, erste Abteilung,
LXX. 12ff.; und Vâyu Purâna, Kap. IV., aber insbesondere das
erstere Purâna, - erste Abteilung, VIII. 67- 74.
[69] Vishnu Purâna, Buch VI., Kap. IV. Es
ist unnötig es den Hindûs zu sagen, die ihre Purânen auswendig
können, aber sehr nützlich, unsere Orientalisten und jene Westlichen,
welche Wilsons Übersetzung als maßgebend betrachten, daran zu erinnern,
daß dieser sich in seiner englischen Übersetzung des Vishnu Purâna
der lächerlichsten Widersprüche und Irrtümer schuldig gemacht hat. So
differieren gerade über diesen Gegenstand, über die sieben Prûkritis
oder die sieben Zonen von Brahmâs Ei die beiden Berichte vollständig.
In Band I. p. 40 heißt es von diesem Ei, daß es äußerlich von sieben
Hüllen bekleidet ist. Wilson kommentiert: „von Wasser, Luft, Feuer,
Ether, und Ahamkâra“ – welches letztere Wort in den Sanskrittexten
nicht vorkommt. Und in Band V. p. 198, desselben Purâna steht
geschrieben: „Auf diese Art werden die sieben Formen der Natur (Prakriti)
gezählt von Mahat bis zur Erde“ (?). Zwischen Mahat, oder Mahâ-Buddhi,
und „Wasser etc.“, ist ein sehr bedeutender Unterschied.
[70] Ebenso nach den großen Metaphysiker Hegel. Für
ihn war die Natur ein ewig werdendes – eine rein esoterische
Vorstellung. Schöpfung oder Entstehung im christlichen Sinne des Wortes
ist gänzlich undenkbar. Wie der oben genannte Denker sagte: „Gott (der
universale Geist) objektiviert sich als Natur, und erhebt sich
wieder aus derselben hervor.“
[71] Buch des Dzyan, Komm. III,
par. 18.
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