Gautier hat auch ein Alkaloid in dem frischen Kadaver
und Gehirne eines Ochsen entdeckt, und ein Gift, welches er Xanthokreatinin
nennt, ähnlich der aus dem giftigen Speichel der Reptilien extrahierten
Substanz. Die Muskelgewebe, die thätigsten Organe in der tierischen Ökonomie,
stehen in dem Verdachte, die Erzeuger oder Vermittler von Giften zu sein,
die in den Lebensfunktionen dieselbe Wichtigkeit haben, wie Kohlensäure
und Harnstoff, und welche die Endprodukte innerer Verbrennung sind. Und
obwohl es noch nicht vollkommen bestimmt ist, ob Gifte durch die tierischen
Systeme lebender Wesen erzeugt werden können, ohne Mitwirkung und Dazwischentreten
von Mikroben, so ist es doch sicher, daß das Tier in seinem physiologischen
oder lebenden Zustand giftige Stoffe hervorbringt. Nachdem die Wissenschaft
so die Wirkungen entdeckt hat, hat sie deren erste Ursachen zu
finden, und das kann sie niemals ohne die Hilfe der alten Wissenschaften
der Alchimie, der occulten Botanik und Physik. Man lehrt uns, daß jede
physiologische Veränderung, nicht nur die pathologischen Phänomene, daß
Krankheiten – ja, das Leben selbst, oder vielmehr die gegenständlichen
Erscheinungen des Lebens, die durch gewisse Bedingungen und Veränderungen
in den Geweben des Körpers hervorgebracht werden, welche es dem Leben
gestatten und dasselbe zwingen, in diesem Körper zu wirken – daß alles
dieses jenen unsichtbaren „Schöpfern“ und „Zerstörern“ zuzuschreiben ist,
welche auf so ungenaue und verallgemeinernde Art Mikroben genannt werden.
Man könnte annehmen, daß diese feurigen Leben und die Mikroben der Wissenschaft
ein und dasselbe sind. Das ist nicht wahr. Die feurigen Leben sind die
siebente und höchste Unterabteilung auf der Ebene des Stoffs und entsprechen
im Individuum dem Einen Leben des Weltalls, obwohl bloß auf dieser Ebene
des Stoffs. Die Mikroben der Wissenschaft sind die erste und niederste
Unterabteilung auf der zweiten Ebene – der des materiellen Prâna oder
Lebens. Der physische Körper des Menschen erfährt alle sieben Jahre eine
vollständige Veränderung in seinem Aufbau, und seine Zerstörung und Erhaltung
werden durch die abwechselnde Funktion der feurigen Leben als Zerstörern
und Erbauern bewirkt. Sie sind die Erbauer dadurch, daß sie sich selbst
aufopfern, in der Form von Lebenskraft, um den verderblichen Einfluß der
Mikroben zu hemmen, und indem sie die Mikroben mit dem Nötigen versehen,
zwingen sie dieselben, unter dieser Hemmung den materiellen Körper und
seine Zellen aufzubauen. Sie sind auch die Zerstörer, wenn diese Hemmung
entfernt wird, und die Mikroben nunmehr dieser vitalen konstruktiven Kraft
entbehrend als zerstörende Kräfte umherschwärmen können. So sind während
der ersten Hälfte des menschlichen Lebens, während der ersten fünf
Perioden zu je sieben Jahren, die feurigen Leben mittelbar bei dem Vorgange
des Aufbaues des menschlichen materiellen Körpers beschäftigt; das Leben
ist auf seiner aufsteigenden Stufenleiter, und die Kraft wird zum Aufbaue
und Wachstum verwendet. Nachdem diese Periode vorüber ist, beginnt die
Zeit des Rückschrittes, und während das Werk der feurigen Leben ihre Kraft
erschöpft, beginnt auch das Werk der Zerstörung und Abnahme. (d) Aber was hat mit allem diesen der Mond zu thun, mag man uns fragen? Was haben „Fisch, Sünde und Soma (Mond)“ in dem apokalyptischen Satze der Strophe in der Gesellschaft der Lebensmikroben zu thun? Mit den letzteren nichts, ausgenommen, daß sie sich des Tabernakels aus Staub bedienen, das jene für sie vorbereitet haben; mit dem göttlichen vollkommenen Menschen aber alles, da „Fisch, Sünde und Mond“ vereint die drei Symbole des unsterblichen Wesens bilden. Das ist alles, was gegeben werden kann. Auch behauptet die Schreiberin nicht, mehr über diese seltsamen Symbole zu wissen, als über dieselben aus exoterischen Religionen entnommen werden kann – aus dem Mysterium vielleicht, welches dem Matsya (Fisch) Avatâra des Vishnu zu Grunde liegt, dem chaldäischen Oannes, dem Mann-Fische, der in dem unvergänglichen Zeichen des Tierkreises, den Fischen, aufgezeichnet ist, und sich durch die beiden Testamente in den Persönlichkeiten von Joshua, „dem Sohne von Nun (dem Fische),“ und Jesus hinzieht; aus der allegorischen „Sünde“ oder dem Falle des Geistes in die Materie; und aus dem Monde – insofern er mit den lunaren Vorfahren, den Pitris, im Zusammenhang steht. An dieser Stelle mag es gut sein, den Leser daran zu erinnern, daß, während
die Mondgöttinnen in jeder Mythologie, insbesondere der griechischen,
mit Kindergeburt in Verbindung gebracht wurden, wegen des Einflusses des
Mondes auf die Weiber und die Empfängnis; der occulte und thatsächliche
Zusammenhang unseres Satelliten mit der Befruchtung bis zum heutigen Tage
der Physiologie unbekannt ist, welche jeden volkstümlichen Brauch im Zusammenhang
damit für groben Aberglauben hält. Es ist nutzlos, dies im einzelnen zu
besprechen; wir können nur für den Augenblick innehalten, um nebenbei
die lunare Symbologie zu betrachten, um zu zeigen, daß der erwähnte Aberglaube
den allerältesten Glauben angehört und selbst dem Judentum – der Grundlage
des Christentums. Bei den Israeliten war die Hauptfunktion Jehovas das
Verleihen von Nachkommenschaft, und die Esoterik der Bibel zeigt
bei kabbalistischer Interpretation unleugbar, daß das Allerheiligste im
Tempel einfach das Symbol des Mutterschoßes war. Dies ist jetzt über allen
Zweifeln und jede Spitzfindigkeit durch die numerische Lesung der
Bibel im allgemeinen, und der Genesis im besonderen erwiesen.
Diese Vorstellung müssen die Juden sicherlich von den Ägyptern und Indern
geborgt haben, deren Allerheiligstes durch die Königskammer in der großen
Pyramide und durch die Yonisymbole des exoterischen Hindûismus symbolisiert
ist. Um die Sache klarer zu machen, und zur selben Zeit den ungeheuren
Unterschied im Geiste der Interpretation und in der ursprünglichen Bedeutung
derselben Symbole zwischen den alten östlichen Occultisten und den jüdischen
Kabbalisten zu zeigen, verweisen wir den Leser auf den Abschnitt über
das „Allerheiligste“ im zweiten Bande. |