Wollen wir rekapitulieren und zeigen, wie schwer, wenn nicht unmöglich es bei der Weitläufigkeit der erläuterten Gegenstände ist, denselben vollständig gerecht zu werden.
(1.) Die Geheimlehre ist die angehäufte Weisheit der Zeitalter, und ihre Kosmogonie allein ist das bewundernswerteste und ausgearbeitetste aller Systeme, selbst in ihrer Verschleierung in der Exoterik der Purânen. Aber so groß ist die geheimnisvolle Kraft der occulten Symbolik, daß die Thatsachen, welche zahllose Generationen von initiierten Sehern und Propheten zu ihrer Ordnung, Aufzeichnung und Erklärung in der verwirrenden Reihe des Entwicklungsfortschrittes thatsächlich gebraucht haben, alle auf ein paar Blättern in geometrischen Zeichen und Glyphen aufgezeichnet stehen. Das blitzartige Schauen jener Seher ist in den innersten Kern der Materie eingedrungen und hat dort die Seele der Dinge aufgezeichnet, wo ein gewöhnlicher profaner, wenn auch noch so gelehrter Beobachter, nur das äußere Formenwerk bemerkt haben würde. Aber die moderne Wissenschaft glaubt nicht an die „Seele der Dinge“ und wird daher das ganze System der alten Kosmogonie verwerfen. Es ist nutzlos zu sagen, daß das in Frage stehende System nicht das Hirngespinst eines oder verschiedener einzelner Individuen ist, daß es eine ununterbrochene Aufzeichnung ist, die sich über Tausende von Generationen von Sehern erstreckt, deren einzelne Erfahrungen dazu dienten, die Überlieferungen der Lehren von höheren und erhabeneren Wesen, welche über die Kindheit des Menschengeschlechte wachten, und die mündlich von einer alten Rasse der andern übergeben wurden, zu prüfen und zu bewahrheiten, daß durch lange Zeitalter die „weisen Menschen“ der fünften Rasse, von dem Stamme, der aus der letzten Sintflut und der Veränderung der Kontinente bewahrt und gerettet wurde, ihr Leben mit Lernen, nicht mit Lehren zubrachten. Wieso thaten sie dies? Es wird geantwortet: Auf jedem Gebiete der Natur wurden die alten Überlieferungen durch unabhängiges Schauen großer Adepten kontrolliert, geprüft und bewahrheitet; d. h. durch Menschen, welche ihre körperlichen, intellektuellen, seelischen und geistigen Organisationen bis zum höchstmöglichen Grade entwickelt und vervollkommnet haben. Keine Vision eines einzelnen Adepten wurde acceptiert, bevor sie nicht durch Visionen anderer Adepten geprüft und bestätigt waren, welche so erlangt wurden, daß sie einen unabhängigen Beweis abgaben und durch Jahrhunderte von Erfahrung.

(2.) Das Grundgesetz dieses Systems, der Mittelpunkt, aus dem alles emportaucht, und um und gegen welchen alles gravitiert und von dem alle ihre Philosophie abhängt, ist das Eine gleichartige göttliche SUBSTANZ-PRINZIP, die Eine wurzelhafte Ursache.

Nur Wen’ge, deren Lampe heller schien,
Die führt von Grund zu Grund ein sichrer Schluß

Zu der Natur geheimem Haupte hin –
Sie fanden, daß ein Urprinzip sein muß.

Es wird „Substanz-Prinzip“ genannt, weil es auf der Ebene des geoffenbarten Weltalls zur „Substanz“ wird, zu einer Illusion, während es ein „Prinzip“ bleibt in dem anfanglosen und endlosen abstrakten, sichtbaren und unsichtbaren RAUME. Es ist die allgegenwärtige Wirklichkeit; unpersönlich, weil es alles und jedes Ding enthält. Seine Unpersönlichkeit ist die Grundidee des Systems. Es ruht in jedem Atome des Weltalls und ist das Weltall selbst.

(3.) Das Weltall ist die periodische Offenbarung dieser unbekannten, unbedingten Essenz. Es „Essenz“ zu nennen ist jedoch eine Sünde gegen den eigentlichsten Geist der Philosophie. Denn obwohl das Wort in diesem Falle von dem Zeitwort esse, „sein“, abgeleitet werden kann, so kann ES doch nicht mit einem „Wesen“ irgendwelcher Art identifiziert werden, welches vom menschlichen Intellekt vorgestellt werden kann. Am besten wird es beschrieben als: weder Geist noch Stoff, sondern beides. Parabrahman und Mûlaprakriti sind in Wirklichkeit Eines, jedoch Zwei in der allgemeinen Vorstellung des Geoffenbarten, selbst in der Vorstellung des Einen Logos, der ersten „Offenbarung“, welcher, wie der fähige Vortragende in den „Noten zur Bhagavadgîtâ“ zeigt, ES vom objektiven Standpunkt aus als Mûlaprakriti, und nicht als Parabrahman erscheint; als sein Schleier, und nicht als die Eine Wirklichkeit, die hinter demselben verborgen ist, welche unbedingt und absolut ist.

(4.) Das Weltall mit allem, was darin ist, wird Mâyâ genannt, weil alles darinnen vergänglich ist vom kurzdauernden Leben eines Leuchtkäfers bis zu dem der Sonne. Verglichen mit der ewigen Unveränderlichkeit des EINEN und der Wandellosigkeit dieses Prinzipes muß das Weltall mit seinen vergänglichen, ewig wechselnden Formen im Gedanken eines Philosophen notwendigerweise nichts Besseres sein als ein Irrlicht. Doch ist das Weltall wirklich genug für die bewussten Wesen in demselben, die ebenso unwirklich sind, wie das erstere selbst.