Nach der hermetisch-kabbalistischen Philosophie des Paracelsus entwickelte Yliaster – der Vorfahr der neugeborenen Protyle, die von Herrn Crookes in die Chemie eingeführt worden ist – oder ursprüngliche Protomaterie aus sich selbst den Kosmos.

Als die Schöpfung (Entwicklung) stattfand, teilte der Yliaster sich selbst; das heißt: geschmolzen und aufgelöst entwickelte er (von Innen) aus sich selbst den Ideos oder das Chaos (Mysterium Magnum, Iliados, Limbus Major, oder Ursprüngliche Materie). Diese ursprüngliche Wesenheit ist  monistischer Natur, und offenbart sich selbst nicht bloß als Lebenskraft, als eine geistige Kraft, eine unsichtbare, unerfaßbare und unbeschreibliche Macht, sondern auch als Lebensstoff, aus welchem die Substanz der lebenden Wesen besteht. In diesem Limbus oder Ideos der ursprünglichen Materie . . . . . der einzigen Matrix aller erschaffenen Dinge, ist die Substanz von allen Dingen enthalten. Er wird von den Alten beschrieben als das Chaos . . . aus welchem der Makrokosmos, und später durch Teilung und Entwicklung in Mysteria specialia, [7] jedes getrennte Wesen ins Dasein trat. Alle Dinge und alle elementaren Substanzen warn in demselben in potentia, aber nicht in actu enthalten. [8]

Dies veranlasst den Übersetzer, Dr. F. Hartmann, mit Recht zu bemerken, daß  „es scheint, daß Paracelsus die moderne Entdeckung der ‚Kraft des Stoffes’ vor dreihundert Jahren vorweggenommen hat.“

Somit ist der Magnus Limbus oder Yliaster des Paracelsus einfach unser aller Freund „Vater-Mutter“, im Innern, bevor er im Raume erschien. Er ist die universale Matrix des Kosmos, personifiziert in dem doppelten Charakter von Makrokosmos und Mikrokosmos oder dem des Weltalls und unserer Kugel, [9] durch Aditi-Prakriti, die geistige und körperliche Natur, denn wir finden im Paracelsus die Erklärung:

Der Magnus Limbus ist die Pflanzschule, aus der alle Geschöpfe hervorgewachsen sind, in demselben Sinne, wie ein Baum aus einem kleinen Samen hervorwächst; mit dem Unterschiede jedoch, daß der große Limbus seinen Ursprung aus dem Worte Gottes hat, während der Limbus minor (der irdische Keim oder Same) aus der Erde entspringt. Der große Limbus ist der Same, aus dem alle Wesen hervorgekommen sind, und der kleine Limbus ist jedes schließliche Wesen, welches seine Form fortpflanzt, und welches selbst von dem großen hervorgebracht worden ist. Der kleine Limbus besitzt alle Eigenschaften des großen in demselben Sinne, wie ein Sohn eine Organisation hat, die der seines Vaters ähnlich ist . . . . Als . . . Yliaster sich auflöste, begann Ares, die teilende, differenzierende und individualisierende Kraft (Fohat, ein anderer alter Freund) . . . zu wirken.

Jede Hervorbringung fand statt infolge einer Trennung. Es wurden aus dem Ideos die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde hervorgebracht, deren Geburt jedoch nicht auf eine materielle Weise stattfand, noch durch einfache Trennung, sondern geistig und dynamisch (nicht einmal durch komplexe Kombinationen – z. B. durch mechanische Vermengung im Gegensatze zu chemischer Verbindung), gerade so wie Feuer aus einem Kiesel herauskommen kann, oder ein Baum aus einem Samen, obwohl ursprünglich kein Feuer im Kiesel und kein Baum im Samen ist.

„Der Geist ist lebendig, und das Leben ist Geist, und Leben und Geist (Prakriti, Purusha [?]) bringen alle Dinge hervor, aber sie sind wesentlich eins und nicht zwei.“ . . . Die Elemente haben ebenfalls jedes seinen eigenen Yliaster, weil alle Thätigkeit der Materie in jeder Form bloß ein Ausfluß derselben Quelle ist. Aber wie aus dem Samen die Wurzeln herauswachsen mit ihren Fasern, dann der Stamm mit seinen Zweigen und Blättern und schließlich die Blüten und Samen; so wurden auf ähnliche Art alle Wesen aus den Elementen geboren, und bestehen aus elementaren Substanzen, aus denen andere Formen ins Dasein treten können, welche die Eigenschaften ihrer Eltern an sich haben. [10] Die Elemente als die Mütter aller Kreaturen sind von einer unsichtbaren, geistigen Natur, und haben Seelen. [11] Sie alle entspringen aus dem Mysterium Magnum.

Man vergleiche damit das Vishnu Purâna:

Von Pradhâna (der ursprünglichen Substanz), beherrscht von Kshetrajna („verkörpertem Geist [?]) geht aus die ungleiche Entwicklung (Evolution) dieser Eigenschaften . . . Aus dem großen Prinzipe (Mahat), dem (Universalen) Intellekt (oder Gemüt) . . . wird hervorgebracht der Ursprung der feinen Elemente und der Sinnesorgane. [12] . . .


[7] Dieses Wort wird von Dr. Hartmann nach den ihm vorliegenden Originaltexten des Paracelsus wie folgt erklärt. Dieser große Rosenkreuzer sagt: „Mysterium ist alles, aus dem etwas entwickelt werden kann, was bloß dem Keime nach in ihm enthalten ist. Ein Same ist das ‚Mysterium’ einer Pflanze, ein Ei das eines lebenden Vogels, etc.“

[8] a. a. O., pp. 41, 42.

[9] Bloß die mittelalterlichen Kabbalisten wendeten, hierin den jüdischen Kabbalisten und einem oder zwei Neuplatonikern folgend, das Wort Mikrokosmos auf den Menschen an. Die alte Philosophie nannte die Erde den Mikrokosmos des Makrokosmos, und den Menschen das Resultat der beiden.

[10] „Diese vor dreihundert Jahren verlkündete Lehre“, bemerkt Dr. Hartmann, „ist identisch mit jener, welche ein Umwälzung im modernen Denken hervorgebracht hat, nachdem sie von Darwin in eine neue Form gebracht und ausgearbeitet worden war. Noch mehr ausgearbeitet ist sie von Kapila in der Sânkhyaphilosophie.“

[11] Der östliche Occultist sagt, daß sie von geistigen Wesen geleitet und beseelt werden, von Arbeitern in den unsichtbaren Welten und hinter dem Schleier der verborgenen Natur, oder der Natur in abscondito.

[12] Wilson, I. II., (Bd. I. 35).