Auch würde es nicht gerecht sein, eine esoterische Erklärung der Sym­bolik zu beginnen, ohne jenem die gebührende Ehre zu erweisen, der ihr in diesem Jahrhunderte den größten Dienst erwiesen hat, indem er den Hauptschlüssel zu der alten hebräischen Symbologie entdeckt hatte, welcher, eng verwoben mit Maßkunde, einer von den Schlüsseln zu der einstmals universellen Mysteriensprache ist. Herr Ralston Skinner aus Cincinnati, der Verfasser von The Key to the Hebrew - Egyptian Mystery in The Source of Measures, hat unseren Dank. Ein geborener Mystiker und Kabbalist, hat er viele Jahre in dieser Richtung gearbeitet, und seine Anstrengungen wurden unzweifelhaft von großem Erfolge gekrönt. Citieren wir seine eigenen Worte:

Der Verfasser ist ganz sicher, daß es eine alte Sprache gab, welche gegenwärtig und bis jetzt verloren zu sein scheint, deren Spuren aber reichlich vorhanden sind. . . . Der Verfasser hat entdeckt, daß dieses geometrische Verhältnis (das Integralverhältnis des Durchmessers zum Umfange eines Kreises) der sehr alte, und wahrscheinlich der göttliche Ursprung der . . . . linearen Maße ist   Es erscheint nahezu bewiesen, daß dasselbe System von Geometrie, Zahlen, Verhältnissen und Massen auch auf dem Kontinente von Nordamerika bekannt und benützt wurde, früher sogar als dasselbe den abstammenden Semiten bekannt war . . . . . Die Besonderheit dieser Sprache war, daß sie in einer anderen enthalten sein konnte, verborgen und nicht wahrnehmbar, aus­genommen mit Hilfe einer besonderen Unterweisung; Buchstaben und Silbenzeichen besaßen gleichzeitig die Kraft oder Bedeutung von Zahlen, von geometrischen Figuren, Bildern, oder Ideographen und Symbolen, und der beabsichtigte Zweck derselben konnte absichtlich durch Parabeln in Gestalt von Erzählungen oder Teilen von Erzählungen unterstützt werden; wäh­rend er auch getrennt unabhängig und auf verschiedene Art, durch Bilder, in Steinwerken oder Erdkonstruktionen dargelegt werden konnte.

Um eine Zweideutigkeit in Bezug auf den Ausdruck „Sprache“ aufzuklären: Ursprünglich bedeutet das Wort den Ausdruck von Ideen durch die menschliche Rede; in zweiter Linie aber kann es den Ausdruck von Ideen durch irgend ein anderes Mittel bedeuten. Diese alte Sprache ist im hebräischen Text so ausgearbeitet, daß durch den Gebrauch der geschriebenen Charaktere, welche ausgesprochen die Sprache der ersten Definition geben, eine scharf getrennte Reihe von Ideen absichtlich mitgeteilt werden kann, die andere sind als die durch das Lesen der Lautzeichen ausgedrückten Ideen. Diese Sprache der zweiten Art bringt unter einem Schleier Reihen von Ideen, in der Einbildung erzeugte Copieen von wahrnehmbaren Dingen, welche abgebildet werden können, und von Dingen, welche als wirklich, aber ohne Wahrnehmbarkeit, bezeichnet werden können. Wie zum Beispiel die Zahl 9 als eine Wirklichkeit betrachtet werden kann, obwohl sie keine wahrnehmbare Existenz hat, so kann auch ein Umlauf des Mondes, getrennt von dem Monde selbst, durch welchen dieser Umlauf ge­schieht, betrachtet werden, als eine wirkliche Idee hervorrufend oder verursachend, obwohl ein solcher Umlauf keine Substanz hat.

Diese Ideensprache kann aus Symbolen bestehen, die auf willkürliche Worte und Zeichen beschränkt sind, einen sehr eng begrenzten Vorstellungsinhalt haben und ganz wertlos sind, oder sie kann eine Auffassung der Natur in einer von ihren Manifestationen von nahezu unermeßlichen Werte für die menschliche Civilisation sein.

Ein Bild irgend eines Naturgegenstandes kann Vorstellungen von koordinierten Begriffen erwecken, die wie die Speichen eines Rades nach verschiedenen und selbst entgegengesetzten Richtungen auseinandergehen, und natürliche Wirkungen in Abteilungen hervorrufen, welche der scheinbaren Richtung der Auffassung des ersten oder Anfangsbildes ganz fremd sind. Ein Begriff kann einen verwandten Begriff hervorrufen, aber wenn er dies thut, dann müssen - auch scheinbar inkongruent - alle resultierenden Ideen aus dem ursprünglichen Bilde hervorgehen und eine mit der andern harmonisch verbunden oder verwandt sein. So kann aus einer genügend gründlichen bildlich dargestellten Idee die Vorstellung vom Kosmos selbst, sogar mit den Einzelheiten seines Baues, hervorgehen. Ein solcher Gebrauch der gewöhnlichen Sprache ist jetzt veraltet aber dem Verfasser hat sich die Frage aufgeworfen, ob nicht zu einer Zeit weit zurück in der Vergangenheit so oder ähnlich die Sprache der Welt oder des gewöhnlichen Gebrauches gewesen sei, die jedoch, als sie in ihren geheimen Formen mehr und mehr ausgebildet wurde, in den Besitz einer auserwählten Klasse oder Kaste gelangte.

Damit meine ich, daß die Volkssprache oder Landessprache bereits mit ihrem Anbeginne als das Vehikel dieser besonderen Art von Ideenübertragung benützt zu werden angefangen hat.

Die Beweisgründe dafür sind sehr stark; und es möchte in der That scheinen, daß in der Geschichte der menschlichen Rassen aus Ursachen, die wir mindestens gegenwärtig nicht verfolgen können, ein Abfall oder Verlust eingetreten ist von einer ursprünglichen vollkommenen Sprache und einem vollkommenen Wissenschaftssystem - sollen wir sagen vollkommen, weil sie von göttlichem Ursprung und göttlicher Zuführung waren? [4]

„Göttlicher Ursprung“ bedeutet hier nicht eine Offenbarung eines anthropo­morphischen Gottes auf einem Berge unter Donner und. Blitz; sondern, wie wir es verstehen, eine Sprache und. ein Wissenschaftssystem, welche der ersten Menschheit von einer weiter vorgeschrittenen Menschheit gelehrt wurde, die uni soviel höher stand, daß sie in den Augen dieser kindlichen Menschheit göttlich war; kurz gesagt, von einer „Menschheit“ von anderen Sphären - eine Idee, die nichts Übernatürliches in sich hat, aber deren Annahme oder Verwerfung von dem Grade von Einbildung und Anmaßung in dem Gemüte dessen abhängt, dem sie vorgelegt wird. Denn wenn die Professoren der modernen Wissenschaft nur eingestehen würden, daß sie zwar von der Zukunft des entkörperten Menschen nichts wissen - oder vielmehr nichts annehmen wollen - daß aber diese Zukunft voll von Überraschungen und unerwarteten Enthüllungen für sie sein kann, sobald ihre Egos von ihren groben Körpern befreit sein werden - dann hätte der materialistische Unglaube weniger Aussichten, als er jetzt hat. Wer von ihnen weiß oder kann uns sagen, was geschehen mag, wenn einmal der Lebenscyklus auf dieser Kugel abgelaufen ist und unsere Mutter Erde selbst in ihren letzten Schlaf versinkt? Wer ist kühn genug zu sagen, daß die göttlichen Egos unserer Menschheit - zum mindesten die Auserwählten aus den Scharen, die zu anderen Sphären über­gehen - nicht ihrerseits die „göttlichen“ Unterweiser einer neuen Menschheit werden, die von ihnen auf einer neuen Kugel geschaffen ist, welche zu Leben und Thätigkeit gerufen wurde von den entkörperten „Prinzipien“ unserer Erde? All dies mag die Erfahrung der Vergangenheit gewesen sein, und diese seltsamen Berichte liegen vergraben in der „Mysteriensprache“ der vorhistorischen Zeitalter, der Sprache, jetzt genannt SYMBOLIK.


[4] Aus einem Manuskripte.