„Aus Diesem, aus diesem selben Selbst, wurde der Ether hervorgebracht“,
sagt der Veda. [2]
Es wird somit einleuchtend, daß es nicht dieser Ether ist - entsprungen
auf der vierten Stufe aus einer Emanation von „Intelligenz in Verbindung
mit Unwissenheit“ - der das hohe Princip ist, die vergötternde
Wesenheit, die von den Griechen und Lateinern unter dem Namen „Pater Omnipotens
Aether,“ und „Magnus Aether“ in seiner zusammenfassenden Vereinigung verehrt
wurde. Die siebenfältige Abstufung und die unzähligen Unterabteilungen
und Unterscheidungen, welche die Alten zwischen den Kräften des Kollektivums
Ether gemacht haben - von dem äußersten Saume seiner Wirkungen an, mit
dem unsere Wissenschaft so vertraut ist, hinauf bis zu der „unwägbaren
Substanz“, die einmal als der „Ether des Raumes“ zugegeben wurde, aber
jetzt daran ist, verworfen zu werden - sind immer ein ärgerliches Rätsel
für jeden Zweig der Wissenschaft gewesen. Die Mythologen und Symbologen
des heutigen Tages werden, verwirrt durch diese unbegreifliche Verherrlichung
auf der einen, und die Herabsetzung auf der anderen Seite, von einer und
derselben vergöttlichten Wesenheit und in denselben religiösen Systemen,
oft zu den lächerlichsten Irrtümern getrieben. Die Kirche, fest wie ein
Felsen in allen und jeden ihrer frühzeitigen Irrtümer der Interpretation,
hat aus dem Ether den Aufenthaltsort ihrer satanischen Legionen gemacht.
Die ganze Hierarchie der „gefallenen“ Engel ist darin; die Kosmokratoren,
die „Weltträger“ nach Bossuet; die Mundi Tenentes, die „Welthalter“, wie
Tertullian sie nennt; die Mundi Domini, die „Weltbeherrschungen“, oder
richtiger Beherrscher; die Curbati oder „Gekrümmten“, etc.; so macht sie
aus den Sternen und den Himmelskörpern in ihren Bahnen - Teufel!
Denn also hat die Kirche folgenden Vers interpretiert: „Denn wir haben
nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Fürsten und Gewaltigen,
nämlich mit den Herren der Welt, die in der Finsternis dieser Welt herrschen.“
[3] Ferner erwähnt der heilige Paulus die geistigen Bosheiten
(„wickedness“ in englischen Texten) in der Luft - spiritualia nequitiae
coelestibus - die lateinischen Texte geben verschiedene Namen für
diese „Bosheiten“, die unschuldigen „Elementale“. Aber die Kirche hat
diesmal Recht wenn auch Unrecht darin, sie alle Teufel zu nennen. Das
Astrallicht oder der niedrige Ether ist voll von bewußten, halbbewußten
und unbewußten Wesenheiten; bloß hat die Kirche weniger Macht über
sie als über unsichtbare Mikroben oder Moskitos.
Der Unterschied, der zwischen den sieben Zuständen des Ethers gemacht
wird - der selbst wieder eines von den sieben kosmischen Prinzipien ist,
während der Äther der Alten das Universalfeuer ist - kann aus den Hinweisen
des Zoroaster wie anderseits des Psellus ersehen werden. Der erstere sagte:
„Befrage es nur, wenn es ohne Form oder Gestalt ist“ - absque forma
et figura - dies bedeutet ohne Flammen oder brennende Kohlen. „Wenn
es eine Form hat, beachte es nicht“, lehrt Psellus, „aber wenn
es formlos ist, gehorche ihm, denn es ist dann das heilige Feuer,
und alles was es dir enthüllen wird, wird wahr sein.“
[4] Das beweist, daß Ether, selbst ein Aspekt des Âkâsha,
seinerseits verschiedene Aspekte oder „Prinzipien“ hat. Alle alten Nationen
vergötterten den Äther in seinem unwägbaren Aspekte und seiner unwägbaren
Kraft. Virgil nennt Jupiter Pater Omnipotens Aether, und den „großen
Äther“. [5] Die Inder haben
ihn ebenfalls unter ihre Gottheiten eingereiht, unter dem Namen des Âkâsha,
der Zusammenfassung des Ether. Und der Urheber des homeomerischen Systems
der Philosophie, Anaxagoras von Klazomenä, glaubte fest, daß die geistigen
Vorbilder aller Dinge sowie ihre Elemente in dem grenzenlosen Äther zu
finden wären, wo sie erzeugt wurden, woraus sie sich entwickelten, und
wohin sie zurückkehrten - eine occulte Lehre.
Es wird somit klar, daß aus dem Äther, in seinem höchsten zusammenfassenden
Aspekte, sobald er anthropomorphisiert wurde, die erste Idee einer persönlichen
schaffenden Gottheit entsprang. Bei den philosophischen Hindûs sind die
Elemente tâmasa, d. h. „unerleuchtet vom Intellekt,
welchen sie verdunkeln.“
Wir haben nun die Frage nach der mystischen Bedeutung des ursprünglichen
Chaos und des Wurzelprinzipes zu erledigen, und zu zeigen, in welchem
Zusammenhange sie in den alten Philosophieen mit Âkâsha stehen, der unrichtig
mit Ether übersetzt wird, und auch zu Mâyâ, der Illusion, deren männlicher
Aspekt Îshvara ist. Wir werden ferner von dem intelligenten Prinzipe sprechen,
oder vielmehr von den unsichtbaren immateriellen Eigenschaften in den
sichtbaren und materiellen Elementen, welche aus dem „ursprünglichen Chaos
entsprangen
Aber „was ist das ursprüngliche Chaos anders als Äther?“ - wird in Isis
Entschleiert gefragt. Nicht der moderne Ether; nicht so wie
er jetzt anerkannt wird, sondern wie er den alten Philosophen lange vor
der Zeit des Moses bekannt war - Äther mit allen seinen geheimnisvollen
und occulten Eigenschaften, der in sich die Keime der universellen Schöpfung
enthielt. Der Obere Äther, oder Âkâsha, ist die himmlische Jungfrau und
Mutter einer jeden existierenden Form und Wesenheit, aus deren Inneren
nach der „Bebrütung“ durch den göttlichen Geist Stoff und Leben, Kraft
und Handlung ins Dasein gerufen werden. Äther ist die Aditi der Inder,
und er ist Âkâsha. Elektricität, Magnetismus, Wärme, Licht, und chemische
Wirkung werden selbst jetzt noch so wenig verstanden; daß neue Thatsachen
beständig den Bereich unserer Kenntnisse erweitern. Wer weiß, wo die Macht
dieses proteusartigen Riesen - des Äther - endet; oder woher er seinen
geheimnisvollen Ursprung nimmt? Wer, meinen wir, leugnet den Geist, der
in ihm wirkt, und aus ihm alle sichtbaren Formen entwickelt?
Es wird eine leichte Aufgabe sein, zu zeigen, daß die kosmogonischen Legenden
der ganzen Welt auf einer Bekanntheit der Alten mit jenen Wissenschaften
beruht, welche in unseren Tagen sich zur Unterstützung der Entwicklungslehre
verbündet haben; und daß weitere Untersuchungen den Nachweis liefern können,
daß diese Alten viel besser vertraut waren mit der Thatsache der Entwicklung
selbst, sowohl vom körperlichen als vom geistigen Gesichtspunkte aus,
als wie wir es jetzt sind.
Bei den alten Philosophen
war Entwicklung ein allgemeiner Hauptsatz, eine Lehre, die das Ganze
umfaßte und ein anerkannter Grundsatz; während unsere modernen Evolutionisten
uns bloß spekulative Theorien vorsetzen können; mit partikularen,
wenn nicht gänzlich negativen Theoremen. Es ist müßig von Seite
der Vertreter unserer modernen Weisheit, die Debatte zu schließen und
vorzugeben, die Frage sei erledigt, bloß deshalb, weil die dunkle Ausdrucksweise
des mosaischen . . . . Berichtes mit der bestimmten Auslegung der „exakten
Wissenschaft“ in Widerspruch steht. [6]
[2] Taittirîyaka Upanishad,
zweite Vallî, erster Anuvâka.
[4] Orakel des Zoroaster, „Effatum“, XVI.
[5] Georgica Buch II, 325.
|