Die orthodoxen Brâhminen, jene, die sich am meisten gegen die Pantheisten und Advaitis erheben, indem sie sie Atheisten nennen, sind gezwungen, wenn anders Manu irgend eine Autorität in dieser Sache hat, den Tod des Brahmâ, des Schöpfers, am Ende eines jeden Zeitalters seiner Gottheit anzunehmen nach 100 göttlichen Jahren, einem Zeitraum, der zu seinem Ausdruck in unsern Jahren eine fünfzehnziffrige Zahl erfordert. Und doch wird kein Philosoph unter ihnen diesen „Tod" in irgend einem andern Sinne betrachten, als dem eines zeitweisen Verschwindens von der geoffenbarten Ebene der Existenz, oder als ein periodisches Ruhen.
Die Occultisten sind daher mit den Advaita Vedânta-Philosophen in Bezug auf den obigen Lehrsatz einig. Sie zeigen auf philosophischer Grundlage die Unmöglichkeit, die Idee zu acceptieren, daß das absolute ALL das goldene Ei erschaffe oder auch nur evolviere, in welches es, wie es heißt, eintritt, um sich selbst in Brahmâ, den Schöpfer, zu verwandeln, der sich selbst später in die Götter und all das sichtbare Universum ausdehnt. Sie sagen, daß absolute Einheit nicht in Unendlichkeit übergehen könne; denn Unendlichkeit setzt die grenzenlose Ausdehnung von etwas voraus, und die Dauer von diesem „Etwas"; und das Eine All ist - gleich dem Raume, der seine einzige geistige und physische Repräsentation auf dieser Erde, oder unserer Existenzebene ist - weder Objekt noch Subjekt der Wahrnehmung. Wenn man annehmen könnte, daß das ewige unendliche All, die allgegenwärtige Einheit, anstatt in Ewigkeit zu sein, durch periodische Manifestation ein mannigfaches Universum oder eine vielfältige Persönlichkeit werde, so würde diese Einheit aufhören, eine zu sein. Lockes Idee, daß „reiner Raum weder des Widerstandes noch der Bewegung fähig sei" ist inkorrekt. Raum ist weder eine „grenzenlose Leere" noch eine „bedingt begrenzte Völle", sondern beides; indem er auf der Ebene der absoluten Abstraktion die ewig-unverkennbare Gottheit ist, leer bloß für endliche Gemüter,1 und auf der der mâyâvischen Wahrnehmung das Plenum, der absolute Enthalter alles dessen, was ist, sei es geoffenbart oder ungeoffenbart: er ist daher dieses ABSOLUTE ALL.
Es ist kein Unterschied zwischen dem „in ihm leben wir und bewegen wir uns und haben wir unser Sein" des christlichen Apostels und dem „das Universum lebt in, geht hervor aus, und wird zurückkehren zu Brahmâ“ des indischen Rishi: denn Brahman (neutrum), das ungeoffenbarte, ist dieses Universum in abscondito, und Brahmâ, der geoffenbarte, ist der Logos, männlich-weiblich2 gemacht in den symbolischen orthodoxen Dogmen, indem der Gott des Apostel-Initiierten und des Rishi beides der ungesehene und der sichtbare Raum sind. Raum wird in der esoterischen Symbolik „das siebenhäutige ewige Mutter-Vater" genannt. Er ist von seiner undifferenzierten bis zu seiner differenzierten Ebene aus sieben Schichten zusammengesetzt. „Was ist das, welches war, ist, und sein wird, ob da ein Universum ist oder nicht, ob da Götter sind oder nicht?" fragt der esoterische Senzar Katechismus. Und die gegebene Antwort ist der - „RAUM".

Es ist nicht der eine unbekannte immer-gegenwärtige Gott in der Natur, oder die Natur in abscondito, was zurückgewiesen wird, sondern der Gott des menschlichen Dogmas und sein humanisiertes „Wort". In seinem grenzenlosen Dünkel und ihm eigenen Stolz und Eitelkeit gestaltete es der Mensch mit seiner lästernden Hand aus dem Material, das er in seiner eigenen kleinen Gehirnwerkstätte vorfand, und zwang es seinen Genossen auf als eine direkte Offenbarung von dein einen unenthüllten RAUM3.

Der Occultist betrachtet Offenbarung als von göttlichen aber doch noch endlichen Wesen herrührend, von geoffenbarten Leben, niemals von dem unmanifestierbaren EINEN LEBEN; von jenen Wesenheiten, die als Urmensch, Dhyâni-Buddhas, oder Dhyân-Chohans, als Rishi-Prajâpati der Hindûs, als Elohim oder Söhne Gottes, als Planetengeister aller Nationen, für die Menschen Götter geworden sind. Er betrachtet auch die Âdi-Shakti, - die direkte Emanation von Mûlaprakriti, der ewigen Wurzel des TAT, und den weiblichen Aspekt der schöpferischen Ursache, Brahmâ, in ihrer âkâshischen Form der Universalseele - als philosophisch eine Mâyâ, und Ursache der menschlichen Mâyâ. Aber diese Betrachtungsweise hindert ihn nicht, an ihre Existenz für so lange, als sie dauert, zu glauben, nämlich für ein Mahâmanvantara; noch daran, Âkâsha, die Ausstrahlung von Mûlaprakriti4 zu praktischen Zwecken zu verwenden, indem die Weltseele mit allen natürlichen Erscheinungen, seien sie der Wissenschaft bekannt oder nicht, in Zusammenhang steht.

Die ältesten Religionen der Erde - exoterisch, denn die esoterische Wurzel oder Grundlage ist eine einzige - sind die indische, die altpersische, und die ägyptische.
Dann kommt die chaldäische, eine Sprosse von diesen, jetzt der Welt gänzlich verloren gegangenen bis auf ihren entstellten Sabäanismus, wie derselbe jetzt von den Archäologen beschrieben wird; dann kommt, wenn wir eine Anzahl von Religionen, die später erwähnt werden sollen, übergehen, die jüdische, die esoterisch, wie in der Kabalah, der Spur des babylonischen Magismus folgt: exoterisch, wie in der Genesis und dem Pentateuch eine Sammlung allegorischer Legenden ist.
Im Lichte des Zohar gelesen, sind die vier ersten Kapitel der Genesis das Fragment eines hochphilosophischen Blattes der Weltkosmogonie.

In ihrer symbolischen Vermummung belassen sind sie ein Ammenmärchen, ein garstiger Dorn in der Seite der Wissenschaft und Logik, eine offenbare Wirkung Karmas. Es war eine grausame Rache von Seite der Rabbiner, die besser wußten, was ihr Pentateuch bedeutete, sie als Prolog des Christentums dienen zu lassen. Es war ein schweigender Protest gegen ihre Beraubung, und die Juden sind jetzt sicher besser daran als ihre traditionellen Verfolger. Die obengenannten exoterischen Glaubensarten werden im Lichte der Universallehre erklärt werden, so wie wir mit derselben vorwärtsschreiten. Der occulte Katechismus enthält die folgenden Fragen und Antworten:

Was ist das, das immer ist? - Raum, das ewige Anupadaka (Elternlose). Was ist das, das immer war? - Der Keim in der Wurzel. Was ist das, das immer kommt und geht? - Der große Atem. Dann giebt es drei Ewige? - Nein, die drei sind eins. Das, das immer ist, ist eins; das, das immer war, ist eins; das, das immer seiend und werdend ist, ist auch eins: und dieses ist Raum.
Erkläre, o Lanoo (Schüler). - Das Eine ist ein ungebrochener Kreis (Ring) ohne Umfang, denn es ist nirgends und überall; das Eine ist die grenzenlose Ebene des Kreises, die einen Durchmesser nur während der manvantarischen Perioden aufweist; das Eine ist der unteilbare Punkt, der nirgends gefunden und überall empfunden wird während jener Perioden; es ist die Vertikale und die Horizontale, der Vater und die Mutter, der Gipfel und die Basis des Vaters, die zwei Enden der Mutter, in Wirklichkeit nirgends hinreichend, denn das Eine ist der Ring sowohl als auch die Ringe, die in diesem Ring sind. Licht in der Dunkelheit und Dunkelheit im Licht: der „Atem, welcher ewig ist". Es schreitet von außen nach innen, wenn es überall ist, und von innen nach außen wenn es nirgends ist - (d. i. Mâyâ5, eines von den Centren6). Es dehnt sich aus und zieht sich zusammen (Ausatmen und Einatmen). Wenn es sich ausdehnt, so verbreitet und zerstreut die Mutter; wenn es sich zusammenzieht, so zieht die Mutter zurück und sammelt ein. Dieses bewirkt die Perioden von Evolution und Dissolution. Manvantara und Pralaya. Der Keim ist unsichtbar und feurig; die Wurzel (die Ebene des Kreises) ist kühl; aber während Evolution und Manvantara ist ihr Gewand kalt und strahlend. Heißer Atem ist der Vater, der die Nachkommenschaft des vielgesichtigen (heterogenen) Elementes verschlingt und die eingesichtigen (homogenen) übrig läßt. Kalter Atem ist die Mutter die empfängt, formt, hervorbringt und sie wieder in ihren Busen aufnimmt, um sie bei der Dämmerung (des Tages von Brahmâ, oder des Manvantara) neu zu formen.

1) Die bloßen Namen der beiden Hauptgottheiten, Brahmâ und Vishnu, hätten schon lange ihre esoterische Bedeutung erkennen lassen sollen. Brahman oder Brahm, wird von einigen von der Wurzel brih, "wachsen" oder "sich ausdehnen", abgeleitet (siehe Calcutta Review, vol. LXVI, p. 14); und Vishnu, von der Wurzel vish, "durchdringen", "eintreten in die Natur der Wesenheit"; Brahmâ-Vishnu ist somit der unendliche Raum, von welchem die Götter, die Rishis, die Manus, und alles in diesem Universum einfach Potenzen (Vibhûtayah) sind.zurück zum Text

2) Siehe Manus Bericht von Brahmâ, der seinen Körper in Männliches und weibliches teilt, letzteres die weibliche Vâch, in welcher er Virâj erschafft, und vergleiche diesen mit der Esoterik der Kapitel II, III und IV der Genesis.zurück zum Text

3) Occultismus liegt in der That in der Luft am Schlusse dieses unseres Jahrhunderts. Unter vielen anderen kürzlich erschienenen Werken möchten wir besonders eines den Schülern des theoretischen Occultismus, die sich nicht über den Bereich unserer speziellen menschlichen Ebene hinauswagen wollen, empfehlen. Es heißt "New Aspects of Life and Religion", von Henry Pratt, M. D. Es ist voll von esoterischen Dogmen und Philosophie, letztere jedoch in den Schlußkapiteln etwas beschränkt durch etwas, was ein Geist voll bedingtem Positivismus zu sein scheint. Nichtsdestoweniger verdient das über den Raum als "die unbekannte erste Ursache" gesagte, angeführt zu werden.
"Dieses unbekannte Etwas, so anerkannt und identifiziert als erste Verkörperung einfacher Einheit, ist unsichtbar und unfühlbar" - (wenn als abstrakter Raum: zugegeben!); "und weil unsichtbar und unfühlbar, so unerkennbar. "Und diese Unerkennbarkeit verleitete zu dem Irrtum, es für eine einfache Leere, eine bloße Aufnahmsfähigkeit zu halten. Aber, selbst wenn man den Raum als eine absolute Leere betrachtet, muß man zugegeben, er sei entweder selbstbestehend, unendlich und ewig, oder er habe eine erste Ursache außer, hinter oder über sich selbst gehabt. Und doch, könnte eine solche Ursache gefunden und bezeichnet werden, so würde das nur dahin führen, die Attribute, die sonst dem Raume zukämen, auf diese zu übertragen, und so die Schwierigkeit des Ausgangspunktes einen Schritt weiter zurückzuwerfen, ohne weiteres Licht bezüglich der ersten Ursächlichkeit zu gewinnen." (Op. cit., p. 5.)
Dies ist genau das, was seitens der an einen anthropomorphischen Schöpfer, einen außerweltlichen anstatt an einen innerweltlichen Gott Glaubenden geschehen ist. Viele - ja die meisten von Herrn Pratts Gegenständen, können wir sagen - sind alte kabbalistische Ideen und Theorieen, die er in einem ganz neuen Gewande vorführt: fürwahr ,.Neue Aspekte" des Occulten in der Natur. Raum jedoch als eine substantielle Einheit - als lebendige Quelle des Lebens betrachtet - ist als die unbekannte unverursachte Ursache das älteste Dogma der Geheimlehre, Jahrtausende älter als der Pater-Äther der Griechen und Lateiner. Das gleiche gilt von "Kraft und Stoff, als Potenzen des Raumes untrennbar, und die unbekannten Enthüller des Unbekannten.'" Sie alle finden sich in der ârischen Philosophie personifiziert als Vishvakarman, Indra, Vishnu, etc., etc. Doch sind sie in dem angeführten Werke sehr philosophisch und von vielen ungewohnten Standpunkten aus behandelt.zurück zum Text

4) Im Gegensatz zum geoffenbarten stofflichen Universum wird der Ausdruck Mûlaprakriti (von mûla "Wurzel" und prakriti "Natur") oder der ungeoffenbarte ursprüngliche Stoff - von den westlichen Alchemisten Adams Erde genannt - von den Vedântisten auf Parabrahman angewendet. Die Materie ist zweifach nach der religiösen Metaphysik, und siebenfach nach den esoterischen Lehren, wie alles übrige im Weltall. Als Mûlaprakriti ist sie undifferenziert und ewig; als Vyakta wird sie differenziert und bedingt, nach der Shvetâshvatara Upanishad, I. 8, und Devî Bhâgavata Purâna. Der Verfasser der vier Vorlesungen über die Bhagavad Gîtâ sagt, indem er von Mûlaprakriti spricht: "Von seinem (des Logos) objektiven Standpunkt aus erscheint ihm Parabrahman als Mûlaprakriti ... Natürlich ist für ihn diese Mûlaprakriti materiell, wie irgend ein materielles Objekt für uns materiell ist... Parabrahman ist eine unbedingte und absolute Realität, und Mûlaprakriti ist eine Art von darüber geworfenem Schleier." (Theosophist, Vol. VIII, p. 304; [deutsch in Hartmanns Lotusblüten, Bd. I. D. Übers.])zurück zum Text

5) Die esoterische Philosophie muß, indem sie jedes endliche Ding als Mâjâ (oder die Illusion aus Unwissenheit) betrachtet, notwendigerweise jeden intrakosimschen Planeten oder Körper im selben Lichte sehen, da er etwas Organisiertes, mithin Endliches ist. Es bezieht sich daher der Ausdruck "es schreitet von außen nach innen, etc." in dem ersten Teile des Satzes auf das Herandämmern eines Mahâmanvantara, oder auf die große Wiederevolution nach einer der vollständigen periodischen Auflösungen von jeder zusammengesetzten Form in der Natur, vom Planeten bis zum Molekül, in ihr letztes Wesen oder Element; und in seinem zweiten Teile auf das partielle oder lokale Manvantara, welches ein solares oder selbst ein planetarisches sein mag.zurück zum Text

6) Unter Centrum ist ein Energiecentrum oder kosmischer Brennpunkt verstanden; wenn die sogenannte ,.Schöpfung" oder Formung eines Planeten durch die Kraft, die von den Occultisten als Leben und von der Wissenschaft als Energie bezeichnet wird, vollendet ist, so findet das Fortschreiten von innen nach außen statt, wie es heißt, daß jedes Atom in sich selbst schöpferische Energie vom göttlichen Atem enthält. Während somit nach einem absoluten Pralaya, wenn das vorherbestandene Material bloß aus Einem Element bestellt, und der Atem "überall ist", der letztere von außen nach innen wirkt: beginnen nach einem kleineren Pralaya, in dem alles im statu quo geblieben ist - in einem gefrorenen Zustand, sozusagen, wie der Mond - beim ersten Wallen des Manvantara, der Planet oder die Planeten ihre Wiederauferstehung zum Leben voll innen nach außen.zurück zum Text