Das für das majestätische Ideal des universalen Prinzipes gewählte Symbol mag vielleicht wenig gut ausgewählt erscheinen, um den heiligen Charakter desselben wiederzugeben. Eine Gans, oder selbst ein Schwan, wird zweifelsohne für ein zur Darstellung der Erhabenheit des Geistes ungeeignetes Symbol gehalten werden. Nichtsdestoweniger muß es irgend eine tiefe, occulte Bedeutung gehabt haben, denn es figuriert nicht bloß in jeder Kosmogonie und Weltreligion, sondern war auch bei den mittelalterlichen Christen von den Kreuzfahrern erkoren, als der Träger des heiligen Geistes, von dem man annahm, daß er das Heer nach Palästina geleite, um das Grab des Heilands den Händen der Sarazenen zu entreißen. Wenn wir Prof. Drapers Behauptung in seinem Intellectual Development of Europe Glauben schenken wollen, so ging den Kreuzfahrern unter Peter dem Einsiedler an der Spitze des Heeres der heilige Geist voran, in der Gestalt eines weißen Gänserichs und in Gesellschaft einer Ziege. Seb, der ägyptische Gott der Zeit, trägt eine Gans auf dem Kopf; Jupiter nimmt die Gestalt eines Schwanes an, und ebenso Brahmâ; und die Wurzel von alledem ist jenes Geheimnis der Geheimnisse - das Weltenei. Man sollte den Vernunftgrund eines Symboles kennen lernen, bevor man es geringschätzt. Das zweifache Element der Luft und des Wassers ist das des Ibis, des Schwans, der Gans und des Pelikans, der Krokodile und Frösche, der Lotusblumen und Wasserlilien etc.; und das Resultat ist die Wahl der unziemlichsten Symbole seitens der modernen, wie auch der alten Mystiker. Pan, der große Gott der Natur, wurde gewöhnlich in Gesellschaft von Wasservögeln, insbesondere Gänsen, abgebildet, und ebenso auch andere Götter. Wenn späterhin, mit der stufenweisen Entartung der Religion, die Götter, denen Gänse geheiligt waren, zu priapischen Gottheiten wurden, folgt daher nicht, daß Wassergeflügel dem Pan und anderen phallischen Gottheiten geweiht war, wie einige Spötter selbst schon im Altertume es haben wollten, [22] sondern daß die abstrakte und göttliche Kraft der erzeugenden Natur gröblich anthropomorphisiert worden war. Auch weist der Schwan der Leda nicht auf „priapische Thaten und ihr Vergnügen daran“, wie Herr Hargrave Jennings sich keusch ausdrückt; denn der Mythos ist bloß eine andere Wiedergabe derselben philosophischen Idee der Kosmogonie. Schwäne werden oft in der Gesellschaft des Apollo gefunden, da sie die Embleme von Wasser und Feuer und auch vom Sonnenlicht vor der Trennung der Elemente sind.
Unsere modernen Symbologen könnten aus einigen Bemerkungen, die von einer wohlbekannten Schriftstellerin, Frau Lydia Maria Child, gemacht wurden, Nutzen ziehen, welche sagt:

Seit unvordenklichen Zeiten wurde in Hindûstan ein Emblem verehrt als der Typus der Schöpfung, oder des Ursprungs des Lebens . . . . Shiva, oder der Mahâdeva, ist nicht bloß der Wiederhervorbringer menschlicher Formen, sondern auch das befruchtende Prinzip, die zeugende Kraft, welche das Weltall durchdringt. Das mütterliche Emblem ist ebenfalls ein religiöser Typus. Diese Ehrfurcht für die Hervorbringung des Lebens führte in die Verehrung des Osiris die sexuellen Embleme ein. Ist es sonderbar, daß sie das große Geheimnis der menschlichen Geburt mit Ehrfurcht betrachteten? Waren sie unrein, indem sie es so betrachteten? Oder sind wir unrein, weil wir es nicht so betrachten? Aber kein reines und denkendes Gemüt könnte diese Ansicht haben . . . . Wir haben einen weiten Weg zurückgelegt, und unrein sind die Pfade geworden, seit jene alten Anachoreten zuerst von Gott und der Seele sprachen in den feierlichen Tiefen ihrer ersten Heiligtümer. Lächeln wir nicht über ihre Art, die unendliche und unfaßbare Ursache durch alle Geheimnisse der Natur zu verfolgen, damit wir nicht, indem wir so thun, den Schatten unserer eigenen Gemeinheit auf ihre patriarchalische Einfachheit werfen. [23]


[22] Siehe Petronius, Satyrikon, CXXXVI.

[23] Progress of Religious Ideas, I, 17ff