In dem Totenbuche wird, wie soeben
gezeigt, [22]
das Ei oft erwähnt. Ra, der Mächtige, bleibt in seinem
Ei während des Kampfes zwischen den „Kindern des Aufruhrs“ und Shu,
der Sonnenenergie und dem Drachen der Finsternis. Der Verstorbene
erglänzt in seinem Eie, wenn er das Land des Mysteriums durchquert.
Er ist das Ei des Seb. Das Ei war das Symbol des Lebens in Unsterblichkeit
und Ewigkeit; und auch die Glyphe der fruchtbaren Matrix; während
das Tau, welches mit demselben verbunden war, bloß das Symbol des
Lebens und der Geburt durch Erzeugung war. Das Weltenei war
in Khum, das Wasser des Raumes, versetzt oder in das weibliche abstrakte
Prinzip; Khum wurde mit dem „Falle“ der Menschheit in die Zeugung
und den Phallicismus zu Ammon, dem schöpferischen Gotte. Wenn Ptah,
der „feurige Gott“, das Weltenei in seiner Hand trägt, wird die
Symbolik ganz irdisch und konkret in ihrer Bedeutung. In Verbindung
mit dem Sperber, dem Symbole von Osiris-Sonne, ist das Symbol doppelt
und bezieht sich auf beide Leben - das sterbliche und das unsterbliche.
Die Abbildung eines Papyrus in Kirchers Oedipus Egyptiacus
[23] zeigt ein Ei über der Mumie schwebend. Dies ist
das Symbol der Hoffnung und das Versprechen einer zweiten Geburt
für den osirificierten Toten; seine Seele wird, nach entsprechender
Reinigung in Amenti, in diesem Eie der Unsterblichkeit heranreifen,
um daraus zu einem neuem Leben auf Erden wiedergeboren zu werden.
Denn dieses Ei ist in der esoterischen Lehre Devachan, der Aufenthaltsort
der Wonne; der geflügelte Scarabäus ist ein anderes Symbol dafür.
Die geflügelte Kugel ist bloß eine andere Form des Eies und hat
dieselbe Bedeutung wie der Scarabäus, der Khopiru - von der
Wurzel khopru werden, wiedergeboren werden - was sich sowohl
auf die Wiedergeburt des Menschen, als auch auf seine geistige Erneuerung
bezieht. Das Ei war der Isis geweiht, und daher aßen die Priester von Aegypten niemals Eier. Isis wird fast immer einen Lotus in der einen Hand, und einen Kreis und ein Kreuz (crux ansata) in der anderen Hand haltend dargestellt. Diodorus Siculus stellt fest, daß Osiris, ebenso wie Brahmâ, aus einem Ei geboren war. Aus Ledas Ei wurden Apollo und Latona geboren, und ebenso Castor und Pollux, die leuchtenden Zwillinge. Und obwohl die Buddhisten ihrem Gründer nicht einen gleichen Ursprung zuschreiben, so essen sie doch ebenso wenig als die alten Ägypter oder die modernen Brahmânen Eier, um nicht den darin verborgenen Keim des Lebens zu zerstören, und dadurch Sünde zu begehen. Die Chinesen glauben, daß ihr erster Mensch aus einem Ei geboren wurde, welches Tien vom Himmel auf die Erde in die Wasser herabfallen ließ. [27] Dieses Eisymbol betrachten auch einige als eine Darstellung der Idee des Ursprungs des Lebens, was eine wissenschaftliche Wahrheit ist, obwohl das menschliche Ei dem bloßen Auge unsichtbar ist. Daher sehen wir die Verehrung, die ihm seit dem entferntesten Altertume bezeigt wurde, von den Griechen, Phöniziern, Römern, den Japanern, und den Siamesen, den nord- und südamerikanischen Stämmen, und selbst den Wilden der entferntesten Inseln. [22] Oben, pp. 386, 387. [23] III. 124. [24] Movers, Phönizier, 282. [25] Siehe Isis Unveiled, I. 56. [26] Weber, Akad. Vorles., 213ff. [27] Die Chinesen scheinen so Sir William Thomsons Theorie vorweggenommen zu haben, daß der erste Lebenskeim auf die Erde von einem vorbeiziehenden Kometen herabgefallen sei. Frage: Warum soll dies wissenschaftlich genannt werden, und die chinesische Idee eine abergläubische verrückte Theorie? |