Die jüdischen Kabbalisten fühlten die Notwendigkeit dieser Unveränderlichkeit bei einer ewigen, unendlichen Gottheit und wendeten daher denselben Gedanken auf den anthropomorphischen Gott an. Die Idee ist poetisch und in ihrer Anwendung sehr angemessen. Im Zohar lesen wir wie folgt: Als Moses auf dem Berge Sinai in Gesellschaft der Gottheit wachte, die seinem Gesichte durch eine Wolke entzogen war, da fühlte er sich von großer Furcht erfaßt, und fragte plötzlich: „Herr, wo bist du . . . . schläfst du, o Herr? . . .“, und der Geist antwortete ihm: ,,Ich schlafe niemals: würde Ich nur für einen Augenblick in Schlaf verfallen vor meiner Zeit, so würde die ganze Schöpfung sofort in Auflösung zerfallen.“ „Vor meiner Zeit“ ist sehr bedeutsam. Es zeigt, daß der Gott des Moses bloß ein zeitlicher Stellvertreter ist, ebenso wie der männliche Brahma ein Stellvertreter und ein Aspekt ist von Diesem, welches unveränderlich ist und welches daher keinen Teil an den Tagen oder Nächten, noch irgend etwas mit Rückwirkung oder Auflösung zu thun haben kann. Während die östlichen Occultisten sieben Arten der Interpretation haben, haben die Juden bloß vier, nämlich die wirklich mystische, die allegorische, die moralische und die wörtliche oder Pashut. Die letztere ist der . Schlüssel zu ,den exoterischen Kirchen und der Besprechung nicht wert. Hier sind verschiedene Sätze, welche, mit dem ersten oder mystischen Schlüssel gelesen, die Gleichartigkeit der Grundlagen des Aufbaues einer jeden heiligen Schrift zeigen. Sie finden sich in Isaac Myers ausgezeichnetem Buche über die kabbalistischen Werke, die er wohl studiert zu haben scheint. Ich citiere wörtlich. „B‘raishith barah elohim ath hashama‘ yem v‘ath haa‘retz, d. i. Im Anfange schuf(en) Gott (die Götter) die Himmel und die Erde“; (die Bedeutung dessen ist folgende:) die sechs (Sephiroth der Erbauung), [17] über welchen B‘raishith steht, gehören alle nach Unten. Es erschuf sechs, (und) auf diesen stehen (existieren) alle Dinge und jene hängen ab von den sieben Formen des Schädels hinauf bis zur Würde aller Würden. Und die zweite ,Erde‘ kommt nicht in Berechnung, daher wurde gesagt: ,Und aus ihr (dieser Erde), welche dem Fluche ausgesetzt War, kam sie hervor‘ . . . . ,Sie (die Erde) war ohne Form und leer; und die Finsternis war über der Fläche der Tiefe, und der Geist der Elohim . . . . atmete (me‘rascha‘pheth, d. i. schwebte, brütete, bewegte sich, . . .) über den Wassern‘. Dreizehn beruhen auf dreizehn (Formen) der Würdigsten Würde. Sechstausend Jahre hängen (werden erwähnt) in den ersten sechs Worten. Das siebente (Tausend, das Millennium) über ihr (der verfluchten Erde) ist‘ das, welches stark ist aus sich selbst. Und sie wurde gänzlich verwüstet während zwölf Stunden (eines . . . Tages . . . .). In der dreizehnten wird Es (die Gottheit) sie wieder herstellen ... . und Alles wird erneuert werden wie zuvor; und alle jene sechs werden andauern.“ [18] Die „Sephiroth der Erbauung“ und die sechs Dhyân Chôhans, oder Manus, oder Prajâpatis, zusammengefaßt durch die siebente ,,B‘raishith“, die erste Emanation, oder Logos, und die daher die Erbauer des niederen oder körperlichen Weltalls genannt werden, die alle nach unten gehören. Diese sechs [Symbolabbildung, siehe Buch] deren Wesenheit von der Siebenten ist, sind der Upâdhi, die Grundlage oder der Grundstein, auf welchem das objektive Weltall aufgebaut ist, die Dinge an sich aller Dinge. Daher sind sie zu gleicher Zeit die Kräfte der Natur; die sieben Engel der Gegenwart; das sechste und siebente Prinzip im Menschen; die geistig-seelisch-körperlichen Sphären der siebenfältigen Kette, die Wurzelrassen etc. Sie alle „hängen ab von den sieben Formen des Schädels“ hinauf bis zum Höchsten. Die „zweite ,Erde kommt nicht in Berechnung‘, weil sie keine Erde ist, sondern das Chaos oder der Abgrund des Raumes, in welchem das paradigmatische oder vorbildliche Weltall in der Ideenbildung der Oberseele ruhte, welche über demselben brütete. Der Ausdruck „Fluch“ ist hier sehr irreführend, denn er bedeutet einfach Schicksal oder Bestimmung, oder jenes Verhängnis, welches es in den objektiven Zustand hinaussendete. Dies zeigt sich darin, daß diese ,,Erde“ unter dem „Fluche“ beschrieben wird als „ohne Form und leer“, in deren unergründlichen Tiefen der Atem der Elohim oder kollektiven Logoi die erste göttliche Ideenbildung der zukünftigen Dinge hervorbrachte oder sozusagen photographierte. Dieser Vorgang wiederholt sich nach jedem Pralaya vor dem Anfange eines neuen Manvantara oder einer Periode fühlenden individuellen Daseins. „Dreizehn beruhen auf dreizehn Formen“, bezieht sich auf die dreizehn Perioden, personificiert durch die dreizehn Manus, mit Svâyambhuva, dem vierzehnten - 13, anstatt 14, ist eine weitere Verschleierung - auf jene vierzehn Manns, welche innerhalb der Frist eines Mahâ Yuga, eines Tages des Brahma, regieren. Diese dreizehn - vierzehn des objektiven Weltalls beruhen auf den dreizehn - vierzehn vorbildlichen, idealen Formen. Die Bedeutung der „sechstausend Jahre“, welche ,,in den ersten sechs Worten hängen“, muß wiederum in der indischen Weisheit gesucht werden. Sie beziehen sich auf die ursprünglichen sechs (sieben) ,,Könige von Edom“, welche die Welten oder Sphären unserer Kette während der ersten Runde darstellen , sowie auch die ursprünglichen Menschen dieser Runde. Sie sind die siebenfältige voradamische erste Wurzelrasse oder diejenigen, welche vor der dritten, getrennten Rasse existierten. Da sie Schatten waren und sinnenlos, weil sie noch nicht von der Frucht vom Baume der Erkenntnis gegessen hatten, konnten sie die Parzuphim nicht sehen, oder „Angesicht konnte Angesicht nicht sehen“, das heißt, die ursprünglichen Menschen waren „unbewußt“. „Daher starben die ursprünglichen (sieben) Könige“, d. i. sie wurden zerstört. [19] Wer sind nun diese Könige? Sie sind die Könige, die da sind die „Sieben Rishis, gewisse (sekundäre) Gottheiten, Indra (Shakra), Mann, und die Könige, seine Söhne, (welche) geschaffen werden und vergehen während einer Periode“, wie das Vishnu Purâna uns sagt. [20] Denn das siebente Tausend, welches nicht das tausendjährige Reich der exioterischen Christenheit ist, sondern das der Anthropogenesis, repräsentiert sowohl die „siebente Periode der Schöpfung“, die des körperlichen Menschen, nach dem Vishnu Purâna, als auch das siebente Prinzip, makrokosmisch wie mikrokosmisch, und ebenso den Pralaya nach der siebenten Periode, die Nacht, welche dieselbe Dauer hat wie der Tag des Brahmâ. „Sie wurde gänzlich verwüstet während zwölf Stunden.“ Und in der dreizehnten (zweimal sechs und die Zusammenfassung) wird alles wiederhergestellt sein, und die „sechs werden andauern“. [17] Die „Baumeister“ der Strophen. [18] Aus der Siphra Dtzenioutha, Kap. I. § 16 ff.: wie in Myers Qabbalah, 232 3, citiert. [19] Vergleiche die Siphra Dtzenioutha. [20] Buch I, Kap. III
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