Eine reizende Allegorie, die besser als irgend etwas anderes bisher Geschriebenes den wahren Charakter des Jehovah, oder YHVH, in der ursprünglichen Vorstellung der hebräischen Kabbalisten enthüllt, findet sich im Zohar. Sie findet sich jetzt in der Philosophie von Ibn Gebirols Kabalah, übersetzt von Isaac Myer.

In der von R. `Hiz‘qee-yah geschriebenen Einleitung, die sehr alt ist, und einen Teil unserer Brody-Ausgabe des Zohar (I. 5 b. ff.) bildet, findet sich ein Bericht über eine Reise, welche R. El‘azar, Sohn des II. Shim-on b. Yo‘hai, und R. Abbah unternommen hatten. . . . Sie trafen einen Mann, welcher eine schwere Last trug. . . . Sie unterredeten sich miteinander . . . und die Erklärungen der Thorah durch den Mann mit der Last waren so wundervoll, daß sie ihn um seinen Namen fragten; er antwortete: Fragt mich nicht, wer ich bin; aber wir wollen alle fortfahren in der Erklärung der Thorah (des Gesetzes).“ Sie frugen: ,,Wer veranlaßte dich, also zu wandeln und eine so schwere Last zu tragen?“ Er antwortete: ,,Der Buchstabe [korrekter Abdruck siehe  Buch] (Yod, welcher gleich 10 ist, und der symbolische Buchstabe des Kether ist und die Wesenheit und der Keim des heiligen Namens [korrekter Abdruck siehe  Buch], YHVH) machte Krieg, etc.“ . . . . Sie sagten zu ihm: „Wenn du uns den Namen deines Vaters nennen willst, so wollen wir dir den Staub deiner Füße küssen.“ Er erwiderte: „ . . . Was meinen Vater anbelangt, so hatte er seine Wohnung in der Großen See und war ein Fisch in derselben (wie Vishnu und Dagon oder Oannes); welcher (erstere) die Große See zerstörte . . . . . und er war groß und mächtig und ,der Alte der Tage‘, bis daß er alle anderen Fische in der (Großen) See verschlang.“ . . . R. El‘azar lauschte seinen Worten und sprach zu ihm: ,,Du bist der Sohn der Heiligen Flamme, du bist der Sohn von Rab Ham-`nun-ah Sabah (des Alten) [der Fisch ist im aramäischen oder chaldäischen nun], du bist der Sohn des Lichtes der Thorah (Dharma), etc.“ [10]

Dann erklärt der Verfasser, daß die weibliche Sephirah, Binah, von den Kabbalisten die Große See genannt wird: daher ist Binah, deren göttliche Namen Jehovah, Yah, und Elohim sind, einfach die chaldäische Tiamat, die weibliche Kraft, die Thalatth des Berosus, welche dem Chaos vorsteht, und welche später von der christlichen Theologie als die Schlange und der Teufel erklärt wurde. Sie-Er (Yah-hovah) ist das himmlische He, und Eva. Dieses Yah-hovah nun, oder Jehovah, ist identisch mit unserem Chaos - Vater, Mutter; Sohn - auf der materiellen Ebene und in der rein körperlichen Welt; Deus und Demon zu einer und derselben Zeit; Sonne und Mond, Gutes und Böses, Gott und Dämon.
Der Magnetismus des Mondes erzeugt das Leben, erhält es und zerstört es, psychisch ebenso gut wie physisch. Und wenn astronomisch der Mond einer von den sieben Planeten der Alten Welt ist, so ist er in der Theogonie einer von den Regenten davon - bei den Christen jetzt ebenso wie bei den Heiden, indem die Ersteren auf denselben unter dem Namen eines ihrer Erzengel Bezug nahmen, und die Letzteren unter dem eines ihrer Götter.

Somit ist die Bedeutung des „Märchens“, welches Chwolsohn nach der arabischen Übersetzung einer alten chaldäischen Handschrift übersetzt hat, worin Qû-tâmy von dem Idol des Mondes unterrichtet wird, leicht zu verstehen. Seldenus sagt uns das Geheimnis, ebenso wie Maimonides in seinem Führer der Verwirrten. [11] Die Verehrer der Teraphim, oder der jüdischen Orakel, „schnitzten Bildnisse, und behaupteten, daß dadurch, daß das Licht der Hauptsterne (Planeten) dieselben durch und durch durchdringe, die englischen Tugenden (oder die Herrscher der Sterne und Planeten) mit ihnen verkehrten, und ihnen viele höchst nützliche Dinge und Künste lehrten.“ Und Seldenus erklärt, daß die Teraphim nach der Stellung gewisser Planeten gebildet und zusammengesetzt wurden, was die Griechen [korrekter Abdruck siehe  Buch] nannten, und entsprechend den Figuren, welche sich am Himmel befanden, und [korrekter Ausdruck siehe Buch], oder die Schutzgötter, genannt wurden. Jene, welche die [korrekter Ausdruck siehe Buch] ausführten, wurden [korrekter Ausdruck siehe Buch], oder Wahrsager mit Hilfe der [korrekter Ausdruck siehe Buch], genannt. [12]

Derartige Sätze in der Nabatheischen Agrikultur bildeten aber das Entsetzen der Männer der Wissenschaft, und veranlaßten sie zu erklären, das Werk sei ,,entweder ein Apokryph, oder ein Märchen, unwürdig der Beachtung eines Akademikers.“ Wie gezeigt wurde, zerrissen gleichzeitig eifrige römische Katholiken und Protestanten dieselbe, bildlich gesprochen, in Stücke; die ersteren, weil ,,sie die Verehrung der Dämonen beschrieb“, die letzteren, weil sie ,,gottlos“ sei. Wiederum einmal haben alle Unrecht. Sie ist kein Märchen; und, soweit die frommen Kirchenleute in Betracht kommen, läßt sich dieselbe Verehrung in ihren Schriften zeigen, wie sehr dieselben auch durch Übersetzung entstellt sein mögen. Sonnen- und Mondverehrung, und auch die Verehrung der Sterne und Elemente läßt sich in der christlichen Theologie‘ verfolgen, und spielt darin ihre Rolle. Diese wird von den Papisten verteidigt, und kann von den Protestanten bloß auf ihre eigne Rechnung und Gefahr trotzig geleugnet werden. Zwei Beispiele mögen gegeben werden.

Ammianus Marcellinus lehrt, daß die alten Weissagungen immer mit Hilfe der Geister der Elemente (Spiritus Elementorum, und im Griechischen [korrekter Abdruck siehe  Buch]) vollbracht wurden. [13]

Nun findet sich aber, daß die Planeten, die Elemente, und der Tierkreis nicht bloß zu Heliopolis durch die zwölf Steine dargestellt wurden, welche die „Geheimnisse der Elemente“ (Elementorum Arcana) genannt wurden, sondern auch in Solomons Tempel, und, worauf verschiedene Schriftsteller hingewiesen haben, in verschiedenen alten italienischen Kirchen, und selbst zu Notre Dame de Paris, wo sie bis zum heutigen Tage zu sehen sind.


[10] Myers Qabbalah, 335-6.

[11] Moreh Nebhuchim, III. XXX.

[12] Siehe De Diis Syriis. Teraph., II. Synt. p. 31.

[13] I. i. 21.