Wenn es uns der Raum gestatten würde, so möchten wir auf die unbegreifliche Kaltblütigkeit und Gleichgiltigkeit hinweisen, die gewisse Anhänger der römisch-katholischen Kirche zur Schau tragen, wenn man ihnen die Enthüllungen der Vergangenheit vor Augen hält. Auf die Bemerkung Maurys, daß „die Jungfrau von allen Heiligtümern der Ceres und Venus Besitz ergriffen bat, und daß die heidnischen Gebräuche, welche zu Ehren dieser Göttinnen verkündet und geübt wurden, im großen Maßstabe auf die Mutter Christi übertragen wurden“, [23] antwortet der Advokat Roms, daß dies die Thatsache ist, und daß es geradeso ist, wie es sein soll, und ganz natürlich. Da das Dogma, die Liturgie, und die Riten, welche von der römisch-apostolischen Kirche im Jahre 1862 verbindet wurden, sich auf Monumenten eingegraben und auf Papyris und Cylindern aufgezeichnet, finden, die kaum später sind als die Sintflut, so scheint es unmöglich zu sein, das Dasein eines ersten vorhistorischen (römischen) Katholizismus zu läugnen, von dem unser eigener bloß die getreue Fortsetzung ist. . . . (Aber während der erstere der Gipfelpunkt, das „summum der Unverschämtheit von Dämonen und schwarzer Nekromantie“ war . . . ist der letztere göttlich). Wenn in unserer (christlichen) Offenbarung (Apokalypse) Maria, mit der Sonne bekleidet und mit dem Monde zu ihren Füßen, nichts weiter gemein hat mit der demütigen Magd (servante) von Nazareth (sic), so kommt dies daher, daß sie jetzt zur größten theologischen und kosmologischen Kraft in unserem Weltall geworden ist. Wahrhaftig so, nachdem Pindar von ihrer „Himmelfahrt“ also singt: „Sie sitzt zur rechten Hand ihres Vaters (Jupiter), . . . und ist mächtiger als alle übrigen (Engel oder) Götter“. [24] - Eine Hymne, die auf dieselbe Art auf die Jungfrau angewendet wird. Auch der heilige Bernhard soll nach dem Citate von Cornelius a Lapide, die Jungfrau Maria auf folgende Art angerufen haben: „Der Sonnenchristus lebt in dir und du lebst in ihm.“ [25] Derselbe unsophistische heilige Mann gesteht ferner zu, daß die Jungfrau der Mond ist. Als auf die Lucina der Kirche werden bei der Geburt eines Kindes die Verse des Vergil „Casta fove Lucina, tuus jam regnat Apollo“ auf sie angewendet. „Ebenso wie der Mond ist die Jungfrau die Königin des Himmels“ fügt der unschuldige Heilige hinzu. [26] Das erledigt die Frage. Nach solchen Schriftstellern,
wie De Merville, erscheint die christliche Religion um so göttlicher,
und erweist sich um so mehr als die einzige wahrhaftig inspirierte, insbesondere
in ihrer römisch-katholischen Form, je mehr Ähnlichkeit zwischen den heidnischen
Vorstellungen und den christlichen Dogmen besteht. Den ungläubigen Gelehrten
und Akademikern, welche daran denken, in der römischen Kirche gerade das
Gegenteil göttlicher Offenbarung zu sehen, und welche nicht an die satanischen
Listen eines Plagiates im Vorhinein glauben wollen, wird strenge der Text
gelesen. Aber da „glauben sie an nichts und verwerfen selbst die Nabathaische
Agrikultur als einen Roman und als eine Fülle von abergläubischem
Unsinn,“ klagt der Memoirenschreiber „Nach ihrer verkehrten Ansicht sind
Qû-tâmys ,Mondidol‘ und die Statue der Madonna ein und dasselbe!“ Ein
edler Marquis schrieb vor fünfundzwanzig Jahren sechs große Bände oder,
wie er es nennt, „Memoiren an die französische Akademie“, einzig und allein
zu dem Zwecke, um zu beweisen, daß der römische Katholicismus ein inspirierter
und geoffenbarter Glaube ist. Zum Beweise dafür bringt er zahllose Thatsachen,
welche alle dahin gehen, zu zeigen, daß die ganze alte Welt, immer seit
den Tagen der Sintflut, mit Hilfe des Teufels die Gebräuche, Ceremonieen
und Dogmen der zukünftigen Heiligen Kirche, welche erst. Zeitalter später
geboren werden sollte, systematisch plagiarisiert habe. Was würde der
getreue Sohn Roms gesagt haben, wenn er seinen Religionsgenossen, Herrn
Renouf, den ausgezeichneten Ägyptologen des britischen Museums in einer
seiner gelehrten Vorlesungen erklären gehört hätte, daß weder „die Hebräer
noch die Griechen irgendeine ihrer Ideen aus Ägypten entlehnt haben“? [23] Magie, p. 153. [24] Hymnen an Minerva, p. 19. [25] Sermon sur la Sainte Vierge. [26] Apok., Kap. XII |