Die Annahme solcher Symbole wie des Wassers, des Feuers, der Sonne, des Mondes und der Sterne, und vieler anderer von seiten der römischen Kirche ist bloß eine Fortsetzung des alten Dienstes der heidnischen Nationen durch die ersten Christen. So erhielt Odin seine Weisheit, seine Kraft und sein Wissen dadurch, daß er zu den Füßen des Mimir saß, des dreimalweisen Joten, welcher sein Leben an der Quelle der ursprünglichen Weisheit zubrachte, deren krystallklare Wasser sein Wissen täglich vermehrten. Mimir gewann die höchste Erkenntnis aus der Quelle, weil die Welt aus dem Wasser geboren ist; daher war die ursprüngliche Weisheit in diesem geheimnisvollen Elemente zu finden.“ Das Auge, welches Odin zu opfern hatte, um diese Erkenntnis zu erlangen, mag „die Sonne sein, welche alle Dinge erleuchtet und durchdringt; sein anderes Auge der Mond, dessen Wiederschein aus der Tiefe blickt, und der zum Schlusse, wenn er untergeht, in den Ozean versinkt.“ [27] Aber es ist etwas mehr als dieses. Von Loki, dem Feuergotte, heißt es, daß er in dem Wasser, ebenso wie im Monde, den Lichtgeber verborgen habe, dessen Wiederschein er darin fand. Dieser Glaube, daß das Feuer im Wasser Zuflucht findet, beschränkte sich nicht auf die alten Skandinavier. Er wurde von allen Nationen geteilt und wurde schließlich von den ersten Christen angenommen, welche den heiligen Geist unter der Gestalt des Feuers symbolisierten, „gespaltener Zungen wie von Feuer“ - des Atems der väterlichen Sonne. Dieses Feuer steigt auch hinab in das Wasser oder die See - Mare, Maria. Die Taube war das Symbol der Seele bei verschiedenen Nationen; sie war der Venus geheiligt, der aus dem Meeresschaume geborenen Göttin, und wurde später das Symbol der christlichen Anima Mundi, oder des heiligen Geistes.
Eines der okkultesten Kapitel im Totenbuche ist das mit dem Titel „Die Verwandlung in den Gott, welcher Licht giebt dem Pfade der Finsternis“, worin das „weibliche Licht des Schattens“ dem Thot bei seinem Sichzurückziehen in den Mond Dienste leistet. Es heißt, daß sich Thot-Hermes darin verbirgt, weil er die Darstellung der geheimen Weisheit ist. Er ist der geoffenbarte Logos auf seiner lichten Seite; die verborgene Gottheit oder die ,,dunkle Weisheit“, wenn von ihm angenommen wird, daß er sich auf die entgegengesetzte Halbkugel zurückzieht. Wo er von seiner Macht spricht, nennt der Mond sich selbst wiederholt: „Das Licht, welches in der Dunkelheit scheint,“ das „weibliche Licht“. So wurde er das angenommene Symbol aller jungfräulich-mütterlichen Göttinnen. Wie die verruchten „bösen“ Geister gegen den Mond ankämpften vor alters, so kämpfen sie, wie man annimmt, auch jetzt noch, ohne jedoch im stande zu sein, über die thatsächliche Königin des Himmels, Maria, den Mond, zu siegen. Daher war auch in allen heidnischen Theogonien der Mond in engem Zusammenhange mit dem Drachen, seinem ewigen Feinde. Die Jungfrau oder Madonna steht auf dem also symbolisierten mythischen Satan, welcher zermalmt und kraftlos unter ihren Füßen liegt. Dies geschieht, weil das Haupt und der Schwanz des Drachen, welche bis zum heutigen Tage in der östlichen Astronomie den, aufsteigenden und absteigenden Knoten des Mondes repräsentieren, im alten Griechenland durch die zwei Schlangen symbolisiert wurden. Herkules tötet sie am Tage seiner Geburt, und das Gleiche thut das Kind in den Armen seiner jungfräulichen Mutter. Wie Herr Gerald Massey treffend in diesem Zusammenhang bemerkt:

Alle diese Symbole stellten von Anfang an ihre eigenen Thatsachen dar, und waren nicht vorbildliche Darstellungen anderer Thatsachen einer ganz verschiedenen Reihe. Die Ikonographie (und auch die Dogmen) haben sich in Rom aus einer entfernten vorchristlichen Periode erhalten. Da gab es weder Fälschung noch Einschiebung von Typen; nichts als ein Fortbestehen der Bilder mit einer Verdrehung ihrer Bedeutung.


[27] Wägner und McDowall, Asgard and the Gods, p. 86.