Diese kurzen und scheinbar widerspruchsvollen
Stellen im Alten Testamente - widerspruchsvoll deshalb, weil die
zwei Kräfte getrennt werden, anstatt als die zwei Anblicke eines und desselben
Dinges betrachtet zu werden, sind der durch Exoterik und Theologie bis
zur Unkenntlichkeit entstellte Wiederhall der universalen und philosophischen
Dogmen in der Natur, wofür die ursprünglichen Weisen ein so gutes Verständnis
hatten. Denselben Grundsatz finden wir in verschiedenen Personifikationen
in den Purânen, nur viel ausführlicher und philosophisch bedeutsamer.
So wird Pulastya, ein „Sohn Gottes“, einer aus der ersten Nachkommenschaft,
zum Vorfahren der Dämonen gemacht, der Râkshasas, der Versucher und der
Verschlinger der Menschen. Pishâchâ, ein weiblicher Dämon, ist eine Tochter
des Daksha, ebenfalls eines „Sohnes Gottes“ und eines Gottes, und die
Mutter aller Pishâchas. [5]
Die sogenannten Dämonen der Purânen sind sehr außerordentliche
Teufel, wenn man sie vom Standpunkte europäischer und orthodoxer Anschauungen
beurteilt, da sie alle, die Dânavas, Daityas, Pishâchas und Râkshasas,
als außerordentlich fromm dargestellt werden, als Befolger der Vorschriften
der Veden, von denen einige sogar große Yogins waren. Aber sie
bekämpfen den Klerus und Ritualismus, die Opfer und Formen, genau so wie
es die hervorragendsten Yogins bis zum heutigen Tage in Indien thun, und
deshalb nicht weniger geachtet sind, obwohl es ihnen gestattet ist, weder
Kaste noch Ritual zu beachten; daher werden alle diese purânischen Riesen
und Titanen Teufel genannt. Die Missionäre, die immer darauf aus sind,
zu zeigen, falls sie es können, daß die indischen Traditionen nichts Besseres
sind, als ein Wiederschein der jüdischen Bibel, haben einen ganzen
Roman gesponnen aus der angeblichen Gleichheit des Pulastya mit Kam, und
aus der der Râkshasas mit den Kainiten, den „Verfluchten“, der Ursache
der noachidischen Flut. (Siehe das Werk des Abbé Gorresio, welcher Pulastyas
Namen „etymologisch“ die Bedeutung „der Verworfene“ giebt, somit von Kain,
wenn es einem gefällt). Pulastya wohnt in Kedara, sagt er, was einen „aufgegrabenen
Platz“, eine „Mine“ bedeutet, und Kain wird in der Tradition und in der
Bibel als der erste Bearbeiter von Metallen und als Gräber derselben
hingestellt!
Während es sehr wahrscheinlich ist, daß die Gibborim oder Riesen der Bibel
die Râkshasas der Inder sind, ist es noch sicherer, daß beide Atlantier
sind und den versunkenen Rassen angehören. Sei dem wie immer, kein Satan
könnte ausdauernder sein im Verleumden seines Feindes und boshafter in
seinem Hasse, als die christlichen Theologen ihm gegenüber, indem sie
ihn als den Vater allen Übels verfluchen. Man vergleiche ihren Tadel und
ihre Meinungen über den Teufel mit den philosophischen Ansichten der purânischen
Weisen und mit ihrer christusgleichen Milde. Als Parâshara, dessen Vater
von einem Râkhsasa verschlungen worden war, sich vorbereitete, durch magische
Künste die ganze Rasse zu zerstören, sprach sein Großvater Vasishtha,
nachdem er dem erzürnten Weisen nach seinem eigenen Eingeständnisse bewiesen
hatte, daß es wohl Übel und Karma, aber keine „bösen Geister“ gebe, die
folgenden bedeutsamen Worte:
Möge dein Zorn sich besänftigen: die
Râkshasas sind nicht tadelnswert; deines Vaters Tod war das Werk des
Schicksals (Karma). Zorn ist die Leidenschaft der Narren; ein weiser
Mann wird nicht zornig. Von wem, kann man fragen, wird einer getötet?
Jeder Mann erntet die Folgen seiner eigenen Thaten. Zorn, mein
Sohn, ist die Zerstörung alles dessen, was ein Mensch erhält . . . und
verhindert die Erlangung . . . der Befreiung. Die . . . Weisen vermeiden
die Witt: sei nicht, mein Kind, ihrem Einflusse unterworfen. Vernichte
nicht mehr von diesen harmlosen Geistern der Dunkelheit; mache
ein Ende deinem Opfer. Barmherzigkeit ist die Macht des Gerechten.
[6]
Somit ist jedes solche „Opfer“ oder Gebet, das
an Gott um Hülfe gerichtet ist, nichts Besseres als eine Handlung schwarzer
Magie. Der Gegenstand des Gebetes des Parâshara war die Vernichtung
der Geister der Finsternis zu seiner persönlichen Rache. Er wird ein Heide
genannt, und die Christen haben ihn als solchen zur ewigen Hölle verdammt.
Aber in welcher Hinsicht ist das Gebet der Herrscher und Generäle, die
vor jeder Schlacht um die Vernichtung ihres Feindes beten, irgendwie besser?
Ein solches Gebet ist in jedem Falle schwarze Magie der schlechtesten
Art, verborgen wie ein dämonischer „Mr. Hyde“ hinter einem scheinheiligen
„Dr. Jekyll“.
In der menschlichen Natur bedeutet das Böse bloß die Polarität von Stoff
und Geist einem „Kampf ums Dasein“ zwischen den beiden geoffenbarten Prinzipien
in Raum und Zeit, welche Principien an sich eins sind, insofern als sie
im Absoluten wurzeln. Im Kosmos muß das Gleichgewicht erhalten bleiben.
Die Wirkungen der beiden Gegensätze erzeugen Harmonie, wie die centripetale
und centrifugale Kraft, welche, gegenseitig voneinander abhängig, für
einander notwendig sind, „damit beide existieren können“. Wenn die eine
gehemmt würde, würde die Wirkung der anderen sofort selbstzerstörend werden.
Nachdem die Satan genannte Personifikation nach ihrem dreifachen Aspekte
ausführlich analysiert worden ist, nach dem des Alten Testamentes,
der christlichen Theologie und der alten heidnischen Gedankenrichtung,
so werden jene, welche mehr über den Gegenstand erfahren wollen, auf Isis
Unveiled [7] und auf den zweiten Teil des zweiten Bandes
des vorliegenden Werkes verwiesen. Der Gegenstand ist hier berührt und
frische Erklärungen werden versucht aus einem sehr guten Grunde. Bevor
wir uns der Entwicklung des körperlichen und göttlichen Menschen zuwenden
können, müssen wir zuerst die Idee der cyklischen Entwicklung beherrschen,
uns mit den Philosophien und Glaubensweisen der vier Rassen, welche unserer
gegenwärtigen Rasse vorausgingen, vertraut machen, und lernen, was die
Ideen jener Titanen und Riesen waren - Riesen fürwahr an Verstand, wie
an Körperbau. Das ganze Altertum war durchtränkt mit jener Philosophie,
welche die Involution des Geistes in die Materie, das fortschreitende
abwärts gerichtete cyklische Herabsteigen, oder die thätige selbstbewußte
Evolution lehrt. Die alexandrinischen Gnostiker haben genügend viel von
den Geheimnissen der Initiationen veröffentlicht, und ihre Aufzeichnungen
sind voll von dem „Hierabfallen der Aeonen“ in ihrer doppelten Eigenschaft
als englischer Wesen und Zeitperioden; die einen die natürliche Entwicklung
der anderen. Anderseits sind die orientalischen Überlieferungen auf beiden
Seiten des „schwarzen Wassers“, der Meere, welche die beiden „Osten“ trennen,
gleichermaßen voll von Allegorien über den Herabfall des Plerôma, oder
über den der Götter und Devas. Eine jede einzelne von ihnen versinnbildlichte
und erklärte den Fall als das Verlangen zu lernen und Kenntnis zu gewinnen
- das Verlangen zu wissen. Dies ist die natürliche Folge der intellektuellen
Entwickelung; das Geistige wird in das Stoffliche und Körperliche verwandelt.
Dasselbe Gesetz des Herabsteigens in die Stofflichkeit und des Wiederaufsteigens
in die Geistigkeit behauptete sich während der christlichen Ära, und die
Rückwirkung hat erst eben jetzt innegehalten, in unserer eigenen besondern
Unterrasse.
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