Dieser Logos, der im Schoße des Parabrahman schläft während des Pralaya, sowie unser „Ego latent ist (in uns) zur Zeit von Sushupti“, oder während des Schlafes, der Parabrahman nicht anders als als Mûlaprakriti erkennen kann, welch letztere ein kosmischer Schleier ist, der „die mächtig ausgebreitete kosmische Materie“ ist, ist somit bloß ein Werkzeug in der Weltschöpfung, durch welches die Kraft und die Weisheit von Parabrahman ausstrahlt, das dem Logos ebenso unbekannt ist, wie uns.

Da ferner der Logos uns ebenso unbekannt ist, wie Parabrahman in Wirklichkeit dem Logos, so haben sowohl die östliche Esoterik als auch die Kabbalah zum Zwecke, den Logos innerhalb des Bereiches unserer Vorstellungen zu bringen, die abstrakte Synthese in konkrete Bilder aufgelöst; nämlich in die Wiederspiegelungen oder vielfachen Aspekte dieses Logos oder Avalokiteshvara, Brahmâ, Ormazd, Osiris, Adam Kadmon, oder wie man sie sonst nennen will; welche Aspekte oder manvantarische Emanationen die Dhyân Chohan sind, die Elohim, die Devas, die Amshaspends, etc. Die Metaphysiker erklären die Wurzel und den Keim der letzteren nach T. Subba Row für die erste Manifestation von Parabrahman, „die höchste Dreiheit, zu deren Verständnis wir fähig sind“, nämlich Mûlaprakriti der Schleier, der Logos, und die bewußte Energie des letzteren oder seine Kraft und sein Licht, in der Bhagavad Gîtâ Daiviprakriti genannt; oder „Materie, Kraft und das Ich, oder die Wurzel des Selbst, von dem jede andere Art von Selbst nur eine Offenbarung oder ein Wiederschein ist“. Nur in diesem Lichte des Bewußtseins, der intellektuellen und körperlichen Wahrnehmung kann der praktische Occultismus den Logos zur Sichtbarkeit bringen, durch geometrische Figuren, welche, wenn genau studiert, nicht nur eine wissenschaftliche Erklärung des wirklichen, objektiven Daseins [15] der „Sieben Söhne der göttlichen Sophia“, welche das Licht des Logos ist, geben werden, sondern auch mit Hilfe anderer noch unentdeckter Schlüssel zeigen werden, daß mit Bezug auf die Menschheit diese „Sieben Söhne“ und ihre zahllosen Emanationen, personifleierte Energiecentren, eine unbedingte Notwendigkeit sind. Man räume sie aus dem Wege, und das Geheimnis des Seins und der Menschheit wird niemals enträtselt werden, ja man wird seiner Lösung nicht einmal nahe kommen. Durch dieses Licht ist Alles erschaffen worden. Diese Wurzel des intellektuellen SELBSTS ist zugleich die Wurzel des körperlichen Selbsts, denn dieses ist die Permutation von Mûlaprakriti in unserer geoffenbarten Welt, die in den Veden Aditi genannt wird. In seinem dritten Aspekt wird es zu Vâch, [16] der Tochter und Mutter des Logos, wie Isis die Tochter und Mutter des Osiris ist, welcher Horus ist, und Mut die Tochter, das Weib und die Mutter des Ammon in der ägyptischen Mondglyphe. In der Kabalah ist Sephirah dasselbe wie Shekinah, und ist in einer anderen Zusammenstellung die Gattin, Tochter und Mutter des himmlischen Menschen, des Adam Kadmon, und ist sogar identisch mit ihm, ebenso wie Vâch identisch ist mit Brahmâ und der weibliche Logos gegenannt wird. Im Rig Veda ist Vâch „die mystische Rede“, durch welche occultes Wissen und Weisheit dem Menschen mitgeteilt werden, und somit heißt es, daß Vâch „in die Rishis eingetreten sei“. Sie ist „von den Göttern erzeugt“; sie ist die göttliche Vâch, die „Königin der Götter“; und sie ist, wie Sephirah mit dem Sephirot, mit den Prajâpatis bei ihrem Schöpfungswerke verbunden. Obendrein ist sie die „Mutter der Veden“, weil „Brahmâ mit Hilfe ihrer Kräfte (als der mystischen Rede) dieselben geoffenbart hat, und er auch vermöge ihrer Kraft das Weltall hervorgebracht hat“; das heißt, durch Rede und Worte, die in dem Worte und in den Zahlen zusammen gefaßt sind. [17]

Wenn aber Vâch auch erwähnt wird als die Tochter des Daksha, „des Gottes, der in allen Kalpas lebt“, so erweist das ihren mâyâvischen Charakter; während des Pralaya verschwindet sie, absorbiert in den Einen, alles verschlingenden Strahl.


[15] Objektiv in der Welt der Mâyâ natürlich; doch ebenso real als wir sind.

[16] „Im Verlaufe der Offenbarung des Kosmos sollte diese Daiviprakriti, anstatt die Mutter des Logos zu sein, genau gesprochen seine Tochter genannt werden.“ („Bemerkungen zur Bhagavadgîtâ“, a. a. O., p.  305.)

[17] Die weisen Männer, welche, wie Stanley Jevons unter den Neueren, eine Methode erfunden haben, das Urfaßbare eine faßliche Form annehmen zu lassen, konnten dies bloß, indem sie zu Zahlen und geometrischen Figuren ihre Zuflucht nahmen.