Dieselbe Einteilung hat man auf die primäre, sekundäre und tertiäre Evolution der Götter einer jeden Theogonie anzuwenden, wenn man ihren Sinn esoteriscli zu übersetzen wünscht. Wir dürfen nicht die rein metaphysischen Personifikationen der abstrakten Attribute der Gottheit mit ihrem Wiederscheine - den siderischen Göttern - verwechseln. Dieser Wiederschein ist jedoch in Wirklichkeit der objektive Ausdruck der Abstraktion; lebendige Wesenheiten und die nach diesem göttlichen Vorbilde geformten Abbilder. Ferner sind die drei metaphysischen Sephiroth, oder die „Umschreibung des Jehovah“, nicht Jehovah. Der letztere selbst, mit seinen weiteren Titeln Adonai, Elohim, Sabbaoth, und den zahlreichen ihm verschwenderisch erteilten Namen, ist die die Umschreibung von Shaddai ([korrekter Abdruck siehe  Buch]), dem Allmächtigen. Der Name ist eine Umschreibung, thatsächlich eine allzu üppige Redeblume der jüdischen Rhetorik, und wurde von den Occultisten jederzeit gerügt. Für die jüdischen Kabbalisten und selbst für die christlichen Alchimisten und Rosenkreuzer war Jehovah eine bequeme Schranke, vereinigt durch das Zusammensetzen ihrer vielen einzelnen Täfelchen, und als ein Ersatz angenommen; ein Name eines individuellen Sephira war dabei so gut wie ein andrer Name für jene, die im Besitze des Geheimnisses waren. Das Tetragrammaton, der Unaussprechliche, die siderische „Gesamtsumme“, waren zu keinen anderen Zwecke erfunden, als die Profanen irrezuführen und Leben und Erzeugung zu symbolisieren. [31] Der wirkliche geheime und unaussprechliche Name, das „Wort, das kein Wort ist“, ist in den sieben Namen der ersten sieben Emanationen zu suchen, oder der „Söhne des Feuers“ in den heiligen Schriften aller großen Völker, und selbst im Zohar, der kabbalistischen Lehre des kleinsten von ihnen allen, nämlich des jüdischen. Dieses Wort, das in jeder Sprache aus sieben Buchstaben zusammengesetzt ist, findet sich in den Architekturüberresten eines jeden großen heiligen Gebäudes der Welt verkörpert; von den cyklopischen Überresten auf der Osterinsel - einem Teile eines Kontinentes, der näher bei 4000000 [32] als bei 2000 Jahren vor unserer Zeit unter die Meere begraben wurde - bis herab zu den ältesten ägyptischen Pyramiden.

Wir werden uns mit diesem Gegenstande späterhin eingehender zu beschäftigen haben und auf Erfahrung begründete Erläuterungen bringen müssen, um die im Texte gemachten Behauptungen zu beweisen.

Für den Augenblick genügt es, an ein paar Beispielen die Wahrheit dessen zu zeigen, was am Beginne dieses Werkes behauptet worden ist, nämlich, daß keine Kosmogonie der ganzen Welt, mit einziger Ausnahme der christlichen, jemals der Einen höchsten Ursache, dem universalen gotthervorbringenden Prinzipe, die unmittelbare Schöpfung unserer Erde, oder des Menschen, oder von irgend etwas mit diesen verbundenen, zugeschrieben hat. Diese Behauptung trifft ebenso gut für die hebräische oder chaldäische Kabalah zu, wie für die Genesis, wenn die letztere jemals vollkommen verstanden, und, was noch wichtiger ist, richtig übersetzt worden wäre. [33] Überall findet sieh entweder ein Logos - ein „Licht, das in der Finsternis scheinet“, fürwahr - oder der Erbauer der Welten ist esoterisch in der Mehrzahl.

Die römische Kirche, paradox wie immer, wendet das Beiwort des Schöpfers auf Jehovah allein an, übernimmt aber eine ganze Litanei von Namen für die wirkenden Kräfte des letzteren, Namen, welche das Geheimnis verraten.

Denn, wenn die genannten Kräfte nichts mit der sogenannten „Schöpfung“ zu thun haben, warum nennt man sie dann Elohim (Alhim), das ein Nomen plurale ist; göttliche Arbeiter und Energien ([korrekter Abdruck siehe  Buch]) , glühende himmlische Steine (lapides igniti coelorum); und insbesondere Weltstützen ([korrekter Abdruck siehe  Buch]), Herrscher oder Leiter der Welt (Rectores mundi), Welträder (Rotae), Auphanim, Flammen und Mächte, Söhne Gottes (B‘ne Alhim), wachsame Räte u. s. w?


[31] Der Übersetzer von Avicebrons Qabbalah sagt über diese „Gesamtsumme“: „Der Buchstabe von Kether ist [korrekter Abdruck siehe  Buch], Yod, von Binah [korrekter Abdruck siehe  Buch] (Heh), zusammen YaH, der weibliche Name; der dritte Buchstabe, der von ´Hokhmah, ist [korrekter Abdruck siehe  Buch]  (Vav), was zusammen [korrekter Abdruck siehe  Buch] YHV von [korrekter Abdruck siehe  Buch] YHVH, dem Tetragrammaton, ausmacht, und thatsächlich die vollständigen Symbole seiner Wirksamkeit. Das letzte [korrekter Abdruck siehe  Buch] (Heh) dieses unaussprechlichen Namens wird immer angewendet auf die sechs niederen und auf die letzte, zusammen die sieben übrigbleibenden Sephiroth“. (Myers Qabbalah, p. 263.) Somit ist das Tetragrammaton bloß in seiner abstrakten Synthese heilig. Als eine Vierheit, welche die niederen sieben Sephiroth enthält, ist es phallisch.

[32] Diese Behauptung wird natürlich als unsinnig und albern befunden und einfach verlacht werden. Wenn man aber an das schließliche Versinken der Atlantis vor 850000 .Jahren glaubt, wie es im Geheimbuddhismus gelehrt wurde - deren erstes allmähliches Sinken während der Eocänperiode angefangen hatte -so hat man auch die Behauptung in Betreff der sogenannten Lemuria anzunehmen, des Kontinentes der dritten Wurzelrasse, der zuerst durch Verbrennung nahezu zerstört und dann versenkt wurde. Wie der Kommentar lehrt: „Da die erste Erde durch die neunundvierzig Feuer gereinigt war, so konnte ihre Bevölkerung, geboren aus Feuer und Wasser, nicht sterben . . .; die zweite Erde (mit ihrer Rasse) verschwand, wie Dunst in der Luft verschwindet . . .; der dritten Erde wurde alles auf ihr befindliche verzehrt nach der Trennung, und sank hinab in die niedrigere Tiefe (den Ozean). Dies geschah vor zweimal zweiundachtzig cyklischen Jahren.“ Nun ist ein cyklisches Jahr das, was wir ein siderisches Jahr nennen und beruht auf dem Vorrücken der Tag- und Nachtgleichen. Die Länge dieses siderischen Jahres ist 25868 Jahre, und die im Kommentar erwähnte Periode hat daher, altes zusammengenommen, eine Länge. von 4242352  Jahren. Weitere Einzelheiten wird man in Band II finden. Unterdessen: diese Lehre ist verkörpert in den „Königen von Edom“

[33] Dieselbe Zurückhaltung befindet sich im Talmud und in jedem nationalen Religionssystem, einerlei ob es monotheistisch oder exoterisch polytheistisch ist. Aus dem herrlichen religiösen Gedichte des Kabbalisten Rabbi Solomon ben Yehudah ibn Gabirol, dem „Kether Malchuth“, wählen wir einige Definitionen, die in den Kippûr-Gebeten gegeben sind: „Du bist Eins, der Anbeginn alter Zahlen, und die Grundlage aller Gebäude; Du bist Eins, und in dem Geheimnisse Deiner Einheit sind die weisesten der Menschen verloren, weil sie es nicht kennen. Du bist Eins und Deine Einheit wird niemals vermindert, niemals erweitert, und kann nicht verändert werden. Du bist Eins, aber nicht als ein Element der Zählung; denn Deine Einheit gestattet nicht Vervielfältigung, Wechsel oder Form. Du bist existierend, aber der Verstand und der Seherblick der Sterblichen kann Deine Existenz nicht erreichen, noch für Dich das Wo, das Wie, und das Warum bestimmen. Du bist existierend, aber allein in Dir selbst; es ist kein anderer, Der mit Dir existieren kann. Du bist existierend, vor jeder Zeit und ohne Ort. Du bist existierend, und Deine Existenz ist so tief liegend und verborgen, daß niemand eindringen und Dein Geheimnis entdecken kann. Du bist lebendig, aber innerhalb keiner Zeit, welche bestimmt oder gewußt werden kann; Du bist lebendig, aber nicht vermöge eines Geistes oder einer Seele, denn Du bist Du selbst, die Seele von allen Seelen“. Da ist ein Abstand zwischen dieser kabbalistischen Gottheit und dem biblischen Jehovah, dem boshaften und rachegierigen Gotte des Abram, Isaac und Jacob, der den ersteren versuchte und mit dem letzteren rang. Jeder Vedântist würde ein solches Parabrahman zurückweisen!