Irenäus ist uns ebenfalls Zeuge - und zwar ein sehr unfreiwilliger - daß die Gnostiker dasselbe System lehrten, während sie die wahre esoterische Bedeutung sehr sorgfältig verschleierten. Dieser „Schleier“ ist jedoch identisch mit dem des Vishnu Purâna und anderer. So schreibt Irenäus von den Markosiern:

Sie behaupten, daß zu allererst die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft nach dem Bildnisse der ursprünglichen oberen Tetrade hervorgebracht wurden, und daß dann, wenn wir ihre Wirkungen hinzufügen, nämlich Wärme, Kälte, Feuchte und Trockenheit, ein genaues Ebenbild der Ogdoade sich darstellt. [10]

Nur ist dieses „Ebenbild“ und die Ogdoade selbst eine Maske, gerade so wie in den sieben Schöpfungen des Vishnu Purâna, welchen noch zwei weitere hinzugefügt werden, von denen die achte, mit Namen Anugraha, „zugleich die Eigenschaften der Güte und Dunkelheit besitzt“, eine Sânkhya- vielmehr als eine Purâna-Idee. Denn Irenäus sagt wieder, daß:

Sie (die Gnostiker) hatten eine ähnliche achte Schöpfung, die gut und böse, göttlich und menschlich war. Sie behaupten, daß der Mensch am achten Tage gebildet wurde. Manchmal behaupten sie, daß er am sechsen Tage geschaffen wurde, und zu anderen Malen, am achten; wenn sie nicht vielleicht meinen, daß sein irdischer Teil am sechsten Tage gebildet wurde und sein fleischlicher Teil (?) am achten Tage; da diese beiden von ihnen unterschieden wurden. [11]

Sie wurden allerdings „unterschieden“, aber nicht so, wie es Irenäus darstellt. Die Gnostiker hatten eine obere und eine untere Siebenheit im Himmel; und eine dritte irdische Siebenheit auf der Ebene des Stoffes. Iaô, der Mysteriengott und Beherrscher des Mondes, wie er in der Karte des Origenes dargestellt ist, war das Oberhaupt dieser oberen „sieben Himmel“, [12] somit identisch mit dem Oberhaupte der lunaren Pitris, indem dieser Name von ihnen den lunaren Dhyân Chohans gegeben wurde. „Sie behaupten, daß diese sieben Himmel intelligent sind, und und sprechen von ihnen als von Engeln“, schreibt derselbe Irenäus; und er fügt hinzu, daß aus diesem Grunde sie den Iaô Hebdomas nannten, während seine Mutter Ogdoas hieß, weil sie, wie er erklärt, „die Zahl der ersterzeugten und ursprünglichen Ogdoade des Plerôma bewahrte“. [13]

Diese „ersterzeugte Achtheit“ war in der Theogonie der zweite Logos, der geoffenbarte, weil sie aus dem siebenfältigen ersten Logos geboren war; daher ist sie die achte auf dieser geoffenbarten Ebene und im Sternendienste war sie die Sonne, Mârttânda, der achte Sohn der Aditi, welchen dieselbe verstößt, während sie ihre sieben Söhne, die Planeten, bewahrt. Denn die Alten haben die Sonne niemals als einen Planeten betrachtet, sondern als einen Central- oder Fixstern. Dieser ist nun die zweite Siebenheit, geboren aus der siebenstrahligen einen, Agni, die Sonne und was nicht, nur nicht die sieben Planeten, welche Sûryas Brüder, aber nicht seine Söhne sind. Bei den Gnostikern waren diese astralen Götter die Söhne des Ildabaoth [14] (von ilda, Kind, und baoth, Ei), dem Sohne der Sophia Achamôth, der Tochter der Sophia oder Weisheit, deren Region das Plerôma ist. Ildabaoth erzeugt aus sich selbst diese sechs Sternengeister: Iaô (Jehovah), Sabaôth, Adoneus, Eloäus, Oreus, Astaphäus, [15] und diese bilden die zweite oder untere Siebenheit. Was die dritte anbelangt, so ist sie zusammengesetzt aus den sieben ursprünglichen Menschen, den Schatten der lunaren Götter, die aus der ersten Siebenheit projiciiert worden waren. Hierin unterschieden sich, wie wir sehen, die Gnostiker nicht sehr von der esoterischen Lehre, ausgenommen, daß sie dieselbe verhüllten. Was den Vorwurf des Irenäus anbelangt, der offenbar über die wahren Lehren der „Häretiker“ sich in Unwissenheit befand, daß der Mensch am sechsten Tage erschaffen worden sei, und daß der Mensch am achten Tage erschaffen worden sei, so bezieht sich das auf die Geheimnisse des inneren Menschen. Es wird dem Leser erst verständlich werden, wenn er Band II gelesen und die Menschheitsentstehungsgeschichte der geheimen Lehre wohl verstanden hat.
Ildabaoth ist eine Kopie des Manu, welcher sich brüstet:

O bester der zweimalgeborenen Menschen! Wisse, daß ich (Manu) er bin, der Schöpfer dieser ganzen Welt, welchen jener männliche Virâj . . . . von selbst hervorgebracht hat. [16]

Er erschafft zuerst die zehn Herren des Daseins, die Prajâpatis, welche, wie uns Vers 36 sagt, „sieben andere Manns hervorbringen“. Ildabaoth brüstet sich desgleichen: „Ich bin der Vater und Gott, und es ist keiner über mir“, ruft er aus. Wofür ihn seine Mutter gelassen abtrumpft mit den Worten: „Lüge nicht Ildabaoth, denn der Vater von allen, der Erste Mensch (Anthrôpos) steht über dir und ebenso Anthrôpos, der Sohn des Anthrôpos“. [17] Dies ist ein guter Beweis dafür, daß man drei Logoi hatte - abgesehen von den sieben, die aus dem ersten geboren waren - von denen einer der Sonnenlogos ist. Und wer wiederum war jener Anthrôpos selbst, der um so viel höher stand als Ildabaoth? Die gnostischen Aufzeichnungen können das Rätsel lösen. In der Pistis Sophia ist der viervokalige Name Ieou gewöhnlich von dem Beiworte „der ursprüngliche oder erste Mensch“ begleitet. Dies zeigt neuerdings, daß die Gnôsis nur ein Wiederhall unserer archaischen Lehre war. Die Namen, welche Parabrahman, Brahmâ und Manu, dem ersten denkenden Menschen, entsprechen, sind aus einvokaligen, dreivokaligen und siebenvokaligen Tönen gebildet Markus, dessen Philosophie sicherlich mehr pythagoräisch war als irgend etwas anderes, spricht von einer ihm zu teil gewordenen Offenbarung, in der jeder von den sieben Himmeln einen Vokal ertönen ließ, als sie die sieben Namen der sieben englischen Hierarchieen hervorbrachten.


[10] Contra Här., I. XVII. I.

[11] Ebenda, I. XXX.

[12] Obere bloß in Bezug auf die Geister oder „Himmel“ der Erde.

[13] Ebenda. I. V. 2.

[14] Siehe Isis Entschleiert, II. 183.

[15] Siehe auch Kings Gnostics and their Remains, p. 97. Andere Sekten betrachteten Jehovah als lldabaoth selbst.

[16] Satzungen des Manu, I. 33.

[17] Irenäus, a. a. O., I. XXX. 60