Als Antwort hierauf können wir Lukas zitieren: „Da stand er (Jesus) auf, und bedrohete den Wind und die Woge des Wassers; und es ließ ab und ward eine Stille.“ [18] Und hier ist ein anderes Zitat aus einem Gebetbuche: „O Jungfrau des Meeres, heilige Mutter und Herrin der Gewässer, beruhige deine Wogen.“ Dieses Gebet der neapolitanischen und provenzalischen Matrosen ist seinem Texte nach eine Kopie des Gebetes der phönizischen Seeleute an ihre jungfräuliche Göttin Astarte. Die logische und unabweisbare Schlußfolgerung, die sich aus den vorgebrachten Ähnlichkeiten und aus der Anklage des Missionärs ergiebt, ist die, daß bei dem nicht „wirkungslos“ bleiben der Befehle der Brâhmanen an ihre Elementargötter die Macht der Brâhmanen der von Jesus gleichgesetzt wird. Obendrein erweist sich Astarte als keine Spur schwächer an Macht als die „Jungfrau des Meeres“ der christlichen Matrosen. Es genügt nicht, dem Hunde einen schlechten Namen zu geben und ihn dann zu hängen; die Schuld des Hundes muss erwiesen werden. Boreas und Astarte mögen in der theologischen Phantasie „Teufel“, sein, aber wie soeben bemerkt, der Baum muß nach seinen Früchten beurteilt werden. Und sobald die Christen als ebenso unmoralisch und verkommen nachgewiesen sind, als es die Heiden jemals gewesen sind, welchen Nutzen hat da die Menschheit aus ihrem Wechsel von Göttern und Idolen gezogen? Das, was Gott und die christlichen
Heiligen zu thun berechtigt sind, wird, wenn erfolgreich, bei einfachen
Sterblichen zum Verbrechen. Zauberei und Beschwörungen werden jetzt als
Fabeln betrachtet; doch wurden von den Institutionen des Justinian bis
herab zu den Gesetzen Englands und Amerikas gegen die Hexerei - die zwar
außer Gebrauch gekommen, aber bis zum heutigen Tage nicht aufgehoben sind
- solche Beschwörungen, ja sogar der bloße Verdacht derselben als kriminell
bestraft. Warum eine Chimäre bestrafen? Und noch lesen wir von Kaiser
Konstantin, daß er den Philosophen Sopatrus zum Tode verurteilte, weil
dieser „die Winde entfesselt“ und dadurch kornbeladene Schiffe verhindert
habe, zur Beendigung einer Hungersnot bei Zeiten einzutreffen. Pausanias
wird verlacht wegen seiner Behauptung, daß er mit seinen eigenen Augen
Menschen gesehen habe, die „durch einfache Gebete und Anrufungen“ ein
starkes Hagelwetter zum Aufhören brachten. Das hindert aber unsere modernen
christlichen Schriftsteller nicht, bei Gewittern und Gefahr Gebete anzuraten,
und an dessen Wirksamkeit zu glauben. Hoppo und Stadlein, zwei Magier
und Zauberer, wurden vor kaum einem Jahrhundert wegen „Verhexens der Feldfrüchte“
und Übertragens einer Ernte durch magische Künste von einem Felde auf
ein anderes zum Tode verurteilt, wenn wir dem bekannten Schriftsteller
Sprenger Glauben schenken können, welcher dafür Zeugnis ablegt: „Qui
fruges excantassent segetem pellicentes incantando.“ [18] VIII 21 |