Kwan-Shi-Yin ist also „der Sohn, der wesensgleich ist mit seinem Vater“ (mystisch), oder der Logos, das Wort. Er wird in Strophe III der „Drache der Weisheit“ genannt, denn alle Logoi aller alten religiösen Systeme stehen in Zusammenhang mit Schlangen und werden durch solche symbolisiert. Im alten Ägypten wurde der Gott Nahbkun, „der die doppelten vereinigt“, als eine Schlange mit menschlichen Beinen, mit oder ohne Armen, dar­gestellt Dies war das Astrallicht, welches durch seine doppelte, physio­logische und geistige Kraft das Göttlich-menschliche mit seiner rein gött­lichen Monade, dem Vorbilde in „Himmel“ oder Natur, vereinigt. Es war das Emblem der Wiederauferstehung der Natur; des Christus bei den Ophiten; und des Jehovah als die eherne Schlange, die jene heilte, welche auf sie hinblickten. Diese Schlange war auch ein Emblem Christi bei den Templern, wie es der Templergrad in der Freimaurerei zeigt. Das Symbol des Knuph (auch Khum) oder der Weltseele, sagt Champollion, „wird unter andern auch unter der Form einer ungeheuren Schlange auf menschlichen Beinen dargestellt; dieses Reptil, welches das Emblem des guten Genius und des echten Agathodämon ist, ist manchmal bärtig.“ [9] Dieses heilige Tier ist somit wesensgleich mit der Schlange der Ophiten, und findet sich auf einer großen Anzahl geschnittener Steine, der sogenannten gnostischen oder basilidianischen Gemmen. Es erscheint mit verschiedenen Häuptern, mit menschlichen und tierischen, aber man findet seine Gemmen immer mit dem Namen [korrekter Abdruck siehe  Buch] (Chnoubis) beschrieben. Dieses Symbol ist identisch mit einem, das nach Jamblichus und Champollion der „erste der himmlischen Götter“ genannt wurde, mit dem Gotte Hermes oder Merkur der Griechen, welchem Gotte Hermes Trismegistos die Erfindung der Magie und die erste Einweihung der Menschen in dieselbe zuschreibt; und Merkur ist Budh, die Weisheit, Erleuch­tung oder „Wiedererweckung“ zur göttlichen Wissenschaft.
Um zum Schlusse zu kommen: Kwan-Shi-Yin und Kwan-Yin sind die zwei Aspekte, der männliche und der weibliche, eines und desselben Prinzipes im Kos­mos, in der Natur und im Menschen, des der göttlichen Weisheit und Intelligenz. Sie sind das Christos-Sophia der mystischen Gnostiker, der Logos und seine Shakti. Bei ihrem Verlangen, einigen Geheimnissen Ausdruck zu verleihen, die niemals von den Profanen vollständig verstanden werden konnten, haben die Alten, in der Erkenntnis, daß nichts im menschlichen Gedächtnis ohne ein äußeres Symbol aufbewahrt werden kann, die (für uns) oft lächerlichen Bilder der Kwân-Yins gewählt um den Menschen an seinen Ursprung und an seine innere Natur zu erinnern. Dem Unparteiischen müssen übrigens die Madonnen in Krinolinen und die Christusse in weissen Glacéhandschuhen viel unsinniger erscheinen, als die Kwan-Shi-Yin und Kwan-Yin in ihren Drachengewändern. Das Subjektive kann kaum durch das Objektive ausgedrückt werden. Daher muß die symbolische Formel, da sie es versucht, das zu charakterisieren, was über der wissenschaftlichen Spekulation und oft weit über unseren Intellekten liegt, notwendigerweise auf die eine oder andere Art über diesen Intellekt hinausgehen, oder sie wird andernfalls aus der menschlichen Erinnerung entschwinden.


[9] Pantheon, Text 3