„AN LUMEN SIT CORPUS. NEC NON?“

Ganz entschieden ist das Licht kein Körper, wird uns gesagt. Die Naturwissenschaften sagen, daß das Licht eine Kraft, eine Schwingung, eine Wellenbewegung des Ethers ist. Es ist eine Eigenschaft oder Qualität der Materie, oder selbst eine Affektion derselben, aber niemals ein Körper!

Ganz genau so. Diese Entdeckung, diese Erkenntnis, was immer auch ihr Wert sein möge, daß Licht keine Bewegung der materiellen Teilchen ist, verdankt die Wissenschaft hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich Sir William Grove.

Dieser hat in einer Vorlesung an der London Institution im Jahre 1842 zum erstenmale gezeigt, daß „Wärme und Licht [4] als Affektion der Materie selbst und nicht als die eines bestimmten ätherischen ,unwägbaren‘ Fluidums (jetzt eines Zustandes der Materie) zu betrachten sind, das dieselbe durchdringt [5] Doch waren vielleicht für einige Physiker - wie Örsted, einen sehr hervorragenden Gelehrten - Kraft und Kräfte stillschweigend „Geist (und daher Geister) in der Natur.“ Verschiedene mehr mystisch angelegte Männer der Wissenschaft haben gelehrt, daß Licht, Wärme, Magnetismus, Elektrizität, Schwerkraft u. s. w. nicht die letzten Ursachen der sichtbaren Erscheinungen einschließlich der planetarischen Bewegung seien, sondern ihrerseits die sekundären Wirkungen anderer Ursachen, um die sich die Wissenschaft in unseren Tagen wenig kümmert, an die aber der Occultismus glaubt; denn die Occultisten haben Beweise für die Berechtigung ihrer Behauptungen in jedem Zeitalter gegeben. Und in welchem Zeitalter gab es nicht Occultisten und Adepten?

Sir Isaac Newton hielt an der pythagoräischen Korpuskulartheorie fest, und war auch geneigt, deren Folgerungen zuzugestehen; was den Comte de Maistre einstmals hoffen ließ, Newton werde schließlich die Wissenschaft zur Anerkennung der Thatsache zurückführen, daß die Kräfte und die Himmelskörper von Intelligenzen getrieben und geleitet seien. [6] Aber de Maistre hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die innersten Gedanken und Ideen Newtons wurden verdreht, und von seiner großen mathematischen Gelehrsamkeit wurde bloß die körperliche Schale berücksichtigt.

So sagt ein atheistischer Idealist, Dr. Lewins:

Indem Sir Isaac im Jahre 1687 . . . . Masse und Atom unter dem Einflusse . . . einer Trägheitskraft gezeigt hat . . . . hat er thatsächlich Geist, Seele oder Gottheit als nicht erforderlich abgethan.

Wenn der arme Sir Isaac vorausgesehen hätten, zu welchen Zwecken seine Nachfolger und Anhänger seine „Schwerkraft“ mißbrauchen würden, hätte dieser fromme und religiöse Mann sicherlich ruhig seinen Apfel aufgegessen und nicht ein Wort über irgend welche mechanische Ideen, die mit dessen Fall in Verbindung gebracht werden könnten, verloren.
Große Verachtung zeigen die Gelehrten für Metaphysik im allgemeinen und für ontologische Metaphysik im besondern. Aber sobald die Occultisten kühn genug sind, ihre decimierten Häupter zu erheben, so sehen wir, daß die materialistische Naturwissenschaft durchsetzt ist von Metaphysik; [7] daß ihre grundlegendsten Prinzipien zwar untrennbar mit Transcendentalismus vermählt sind, aber nichtsdestoweniger, um die moderne Wissenschaft von solchen „Träumen“ geschieden zu zeigen, verdreht und oft in dem Gewirre der einander widersprechenden Theorieen und Hypothesen außer acht gelassen werden.
Eine sehr gute Bestätigung dieser Anklage liegt in der Thatsache, daß die Wissenschaft sich unbedingt gezwungen sieht, den „hypothetischen“ Ether anzunehmen, und ihn auf der materialistischen Grundlage der atomistisch-mechanischen Gesetze zu erklären. Dieses Bestreben hat geradenwegs zu den verhängnisvollsten Widersprüchen und zu wesentlicher Nichtübereinstimmung zwischen der angenommenen Natur des Ethers und seinem physikalischen Verhalten geführt. Ein zweiter Beweis findet sich in den vielen widerspruchsvollen Behauptungen über das Atom - das metaphysischeste Ding in der Schöpfung.


[4] Herr Robert Ward zeigt uns bei Besprechung der Fragen von Wärme und Licht im Journal of Science, November 1881, in welch gänzlicher Unwissenheit sich die Wissenschaft über eine der einfachsten Naturthatsachen befindet - über die Wärme der Sonne. Er sagt: „Die Frage nach der Temperatur der Sonne war der Gegenstand der Untersuchungen vieler Gelehrter: Newton, einer der ersten Erforscher dieses Problems, versuchte sie zu bestimmen, und alle Gelehrten nach ihm, die sich mit Kalorimetrie beschäftigt haben, sind seinem Beispiele gefolgt. Alle haben geglaubt, selber erfolgreich gewesen zu sein, und haben ihre Resultate mit großer Zuversicht formuliert. Die von einem jeden von ihnen gefundenen Temperaturen sind nach der chronologischen Reihenfolge der Publikation der Resultate (in Centigraden) die folgenden: Newton 1669300°, Pouillet 1461°, Zöllner 102200°, Secchi 5344840°, Ericsson 2726700°, Fizeau 7500°, Waterston 9000000°, Spörer 27000°, Deville 2500°, Soret 5801846°, Vicaire 1398°, Rosetti 20000°. Die Schwankung zwischen 1400° und 9000000° beträgt nicht weniger als 8998600°!! Es giebt wahrscheinlich in der Wissenschaft keinen erstaunlicheren Widerspruch als den in diesen Ziffern zu Tage tretenden.“ Und trotzdem würde, wenn ein Occultist eine Schätzung veröffentlichen würde, jeder dieser Herren im Namen der „exakten“ Wissenschaft aufs heftigste gegen die Verwerfung seines besonderen Resultates protestieren.

[5] Siehe Correlation of the Physical Forces, Vorwort.

[6] Soirées, Bd. II.

[7] Stallos obengenanntes Werk, Concepts of Modern Physics, ein Buch, das die lebhaftesten Proteste und Kritiken hervorgerufen hat, wird jedem empfohlen, der geneigt ist, diese Behauptung zu bezweifeln. „Die erklärte Gegnerschaft der Wissenschaft gegenüber der metaphysischen Spekulation“, so schreibt er, „hat die Mehrzahl der wissenschaftlichen Spezialisten zu der Annahme verleitet, daß die Methoden und Resultate der empirischen Forschung gänzlich unabhängig von der Kontrolle der Denkgesetze sind. Sie ignorieren entweder stillschweigend, oder verwerfen offen die einfachsten Regeln der Logik, einschließlich der Gesetze vom Fehlen des Widerspruchs, und . . . . nehmen mit äußerster Heftigkeit jede Anwendung der Regel von der Übereinstimmung auf ihre Hypothesen und Theorieen auf . . . . und sie betrachten eine Prüfung (derselben) . . . . im Lichte dieser Gesetze als ein ungebührliches Eindringen von ,a priori Prinzipien und Methoden‘ in den Bereich der empirischen Wissenschaft Leute von dieser Denkart finden keine Schwierigkeit darin, daran festzuhalten, daß die Atome gänzlich träge sind und zur selben Zeit zu erklären, daß diese Atome vollständig elastisch seien; oder zu behaupten, daß das körperliche Weltall sich hei seiner letzten Zerlegung in ,tote‘ Materie und Bewegung auflöst und doch zu läugnen, daß alle physikalische Energie in Wirklichkeit kinetisch ist; oder zu verkünden, daß alle phänomenalen Unterschiede in der Körperwelt in letzter Linie den verschiedenartigen Bewegungen vollständig einfacher körperlicher Einheiten zuzuschreiben seien, und nichtsdestoweniger den Satz zu verwerfen, daß diese Einheiten gleichartig sind.“ (p. XIX.) Die Blindheit hervorragender Physiker für einige der offenbarsten Folgerungen ans ihren eigenen Theorieen ist bewundernswert. Wenn Professor Tait, in Übereinstimmung mit Professor Stewart, verkündet, daß „die Materie einfach passiv ist“ (The Unseen Universe, Abt. 104) und dann, in Verbindung mit Sir William Thomson, erklärt, daß ,die Materie eine innere Kraft des Widerstandes gegen äußere Einwirkungen hat‘ (Treat. on Nat. Phil., Bd. I. Abt. 216), so ist es kaum ungebührlich, zu fragen, wie diese Behauptungen miteinander in Übereinstimmung getracht werden sollen. Wenn Professor Du Bois-Reymond . . . . auf der Notwendigkeit besteht, alle Naturvorgänge auf Bewegung eines substanziellen indifferenten Substrats zurückzuführen, das gänzlich jeder Qualität bar ist (Über die Grenzen des Naturerkennens, p. 5), nachdem er kurz vorher in derselben Vorlesung erklärt hat, daß die Auflösung aller Veränderungen in der materiellen Welt in Bewegungen von Atomen, die durch die konstanten Centralkräfte derselben hervor gebracht sind, die Vollendung der Naturwissenschaft sein werde‘, so sind wir in einer Verwirrung, aus der befreit zu werden wir mit Recht verlangen können.“ (Vorr. XLIII.