Newton mußte, nachdem er die Schwere entdeckt hatte, um das Wirken der Anziehung im Raume möglich zu machen, sozusagen jedes körperliche Hindernis, das ihre freie Wirkung behindern konnte, vernichten; unter andern den Ether, obwohl er mehr als eine bloße Ahnung von seiner Existenz hatte. Er verteidigte die Korpuskulartheorie und machte eine absolute Leere zwischen den Himmelskörpern. Was immer seine Mutmaßungen und anvertraut haben möge - wie im Falle seiner Korrespondenz mit Bentley - seine Lehren zeigten niemals, daß er irgend einen solchen Glauben hatte. Wenn er „überzeugt war, daß die Kraft der Anziehung von der Materie nicht quer durch einen leeren Raum ausgeübt werden könne“, [9] wieso kommt es, daß noch im Jahre 1860 französische Astronomen, Le Couturier z. B., „die verheerenden Wirkungen der von dem großen Manne aufgestellten Theorie vom Vakuum“ bekämpften? Le Couturier sagt:

Es ist heutzutage nicht mehr möglich, mit Newton zu behaupten, daß sich die Himmelskörper inmitten der ungeheuren Leere der Räume bewegen . . . . Von den Folgerungen aus der Theorie der Leere wie sie Newton aufgestellt hat, bleibt nichts mehr vorhanden als das Wort „Attraktion“ . . . . Wir sehen den Tag herankommen, an dem das Wort Attraktion aus dem wissenschaftlichen Sprachschatze verschwinden wird. [10]

Professor Winchell schreibt:

Diese Stellen (aus dem Briefe an Bentley) zeigen, was seine Ansichten in Bezug auf die Natur des interplanetarischen Verbindungsmittels gewesen sind. Obwohl er erklärte, daß die Himmel „leer von wahrnehmbarem Stoffe“ sind, so nahm er doch anderwärts an: „vielleicht irgendwelche sehr dünne Dünste, Dämpfe und Ausströmungen, die aus den Atmosphären der Erde, der Planeten und Kometen sich erheben, und von einem so außerordentlich feinen ätherischen Medium, wie wir es anderwärts beschrieben haben.“ [11]

Das zeigt nur, daß selbst so große Männer wie Newton nicht immer den Mut haben, ihre Ansichten zu bekennen. Dr. T. S. Hunt

Machte aufmerksam auf einige lange Zeit unbeachtet gebliebene Stellen in Newtons Werken, aus denen hervorgeht, daß ein Glaube an ein solches universales, intrakosmisches Mittel allmählich in seinem Gemüte Wurzel faßte. [12]

Aber dieses Aufmerksammachen auf die erwähnte Stelle geschah nicht früher als am 28. November 1881, als Dr. Hunt seine Vorlesung über „himmlische Chemie zur Zeit Newtons“ hielt. Wie Le Couturier sagt:

Bis dahin herrschte allgemein, sogar unter den Männern der Wissenschaft, die Ansicht, daß Newton, indem er die Korpuskulartheorie verteidigte, eine Leere gepredigt habe.

Die Stellen sind zweifelsohne deshalb „lange unbeachtet geblieben,“ weil sie den vorurteilsvollen Lieblingstheorien des Tages widersprachen und zuwider waren, bis schließlich die Wellentheorie gebieterisch die Anwesenheit eines „ätherischen Mediums“ zu ihrer Erklärung verlangte. Das ist das ganze Geheimnis.

Sei dem wie immer, von dieser Newtonschen Theorie einer universalen Leere, die von ihm selbst gelehrt wenn auch nicht von ihm selbst geglaubt wurde, datiert die ungeheure Geringschätzung, welche jetzt die moderne Physik der alten bezeigt. Die alten Weisen hatten behauptet, daß „die Natur eine Leere verabscheut“ und die größten Mathematiker der Welt - lies der weltlichen Rassen - hatten den veralteten „Irrtum“ entdeckt und dargelegt. Und nun rechtfertigt die moderne Wissenschaft bei aller Undankbarkeit die archaische Erkenntnis, und muß ferner in dieser späten Stunde noch den Charakter und die Beobachtungsgaben Newtons rechtfertigen, nachdem sie es anderthalb Jahrhunderte vernachlässigt hat, irgendwelche Aufmerksamkeit so wichtigen Stellen zu widmen - mag sein, weil es weiser war, ja keine Aufmerksamkeit auf sie zu lenken. Besser spät, denn gar nicht!

Und nun wird der Vater Äther neuerlich mit offenen Armen willkommen geheißen, und der Gravitation vermählt, verbunden für Freud und Leid, bis zu dem Tage, wo er, oder auch beide, durch irgend etwas anderes ersetzt werden. Vor 300 Jahren war es überall plenum, dann wurde alles ein einziges trauriges vacuum; späterhin rollten die von der Wissenschaft aufgetrockneten himmlischen Ozeane aufs neue ihre ätherischen Wogen vorwärts. Recede ut procedas muß das Motto der exakten Wissenschaft werden - „exakt“ besonders darin, sich jedes Schaltjahr unexakt zu finden.

Aber wir wollen mit den großen Männern nicht rechten. Diese mußten zu den ältesten „Göttern des Pythagoras und des alten Kanada“ um das eigentliche Rückgrat und Mark für ihre Korrelationen und „neuesten“ Entdeckungen zurückgehen, und das mag den Occultisten wohl gute Hoffnung für ihre kleineren Götter verleihen. Denn wir glauben an Le Couturiers Prophezeiung über die Gravitation. Wir wissen, daß der Tag naht, an dem eine absolute Reform der gegenwärtigen Methoden der Wissenschaft von den Männern der Wissenschaft selbst wird verlangt werden, wie es von Sir William Grove, F. R. S., schon geschehen ist. Bis zu diesem Tage ist nichts zu machen. Denn wenn die Gravitation morgen entthront würde, so würden die Gelehrten übermorgen irgend eine neue mechanische Bewegungsart entdecken. [13] Rauh und steil ist der Pfad der wahren Wissenschaft, und ihre Tage sind erfüllt mit Qualen des Geistes. Aber angesichts ihrer „tausend“ widerspruchsvollen Hypothesen, die als Erklärungen für physikalische Erscheinungen geboten wurden, gab es keine bessere Hypothese als „Bewegung“ - wie paradox auch der Materialismus sie interpretieren mag. Wie auf den ersten Seiten dieses Bandes zu finden ist, haben die Occultisten nichts gegen Bewegung zu sagen, [14] gegen den großen Atem von Herrn Herbert Spencers „Unerkennbaren".


[9] World-Life, Prof. Winchell, LL. D., pp. 49 und 50.

[10] Panorama des Mondes, pp. 47 und 53.

[11] Newton, Optik, III. Frage 28, 1704; citiert in World-Life, p. 50.

[12] Ebenda.

[13] Wenn mit aufrichtigem und vorurteilslosem Geiste gelesen, sind Sir Isaac Newtons Werke ein stets bereiter Zeuge für den Nachweis, wie sehr er für die Erklärung des regelmäßigen Verlaufes der planetarischen Bewegung zwischen Schwere, Anziehung, Antrieb und irgend einer anderen unbekannten Ursache geschwankt haben muß. Siehe seine Abhandlung über die Farbe (Bd. III. Frage 31). Herschel sagt uns, daß Newton seinen Nachfolgern die Pflicht hinterließ, alle wissenschaftlichen Schlußfolgerungen aus seiner Entdeckung zu ziehen. Wie sehr die moderne Wissenschaft ihr Vorrecht, ihre neuesten Theorien auf dem Gesetze der Gravitation aufzubauen, mißbraucht hat, kann man sehen, wenn man sich erinnert, wie tief religiös dieser große Mann war.

[14] Die materialistische Idee, daß deshalb, weil in der Physik eine wirkliche und wahrnehmbare Bewegung im reinen Raume oder Vakuum unmöglich ist, auch die ewige Bewegung vom und im Kosmos - als unendlichen Raum betrachtet - eine Einbildung sei, zeigt nur aufs neue, daß solche Ausdrücke der östlichen Metaphysik, wie „reiner Raum“, „reines Sein“, das „Absolute“, u. s. w. im Westen niemals verstanden worden sind