Die Wissenschaft ist wie Cäsars Weib und darf nicht
verdächtigt werden - das ist klar. Aber nichtsdestoweniger kann sie ehrfurchtsvoll
kritisiert werden und auf jeden Fall darf man sie daran erinnern, daß
der „Apfel“ eine gefährliche Frucht ist. Zum zweiten Male in der Geschichte
der Menschheit kann er zur Ursache des Falles werden - diesmal der „exakten“
Wissenschaft. Ein Komet, dessen Schweif unmittelbar der Sonne ins Gesicht
dem Gesetze der Schwere trotzt, kann schwerlich als diesem Gesetze gehorchend
hingestellt werden.
In einer Reihe von wissenschaftlichen Werken über Astronomie und Nebeltheorie,
die zwischen 1865 und 1866 geschrieben wurden, hat die Schreiberin dieses
Buches, ein schwacher Lehrling der Wissenschaft, in wenigen Stunden nicht
weniger als neununddreißig einander widersprechende Hypothesen gezählt,
die als Erklärungen der selbsterzeugten ursprünglichen Rotationsbewegung
der Himmelskörper dargeboten waren. Die Schreiberin ist weder Astronomin,
noch Mathematikerin, noch Gelehrte überhaupt; aber sie war verpflichtet,
diese Irrtümer zur Verteidigung des Occultismus im allgemeinen zu untersuchen,
und was noch wichtiger ist, zur Stützung der occulten Lehren in Bezug
auf Astronomie und Kosmologie. Die Occultisten wurden für ihr Bezweifeln
wissenschaftlicher Wahrheiten mit schrecklichen Strafen bedroht. Aber
jetzt fühlen sie sich mutiger; die Wissenschaft ist weniger sicher in
ihrer „uneinnehmbaren“ Stellung, als sie erwarten durften, und viele ihrer
Bollwerke sind auf sehr rinnenden Sandbänken gebaut.
Und so ist diese schwache und unwissenschaftliche Untersuchung derselben
nützlich und sicherlich ist sie sehr lehrreich gewesen. Wir haben thatsächlich
eine gute Anzahl von Dingen gelernt, indem wir vorzugsweise mit besonderer
Aufmerksamkeit jene astronomischen Daten studiert haben, die mit größter
Wahrscheinlichkeit unseren heterodoxen und „abergläubischen“ Ansichten
widerstreiten konnten.
So haben wir da in Bezug auf Gravitation, auf Achsen- und Bahnbewegungen
gefunden, daß, sobald einmal in einem frühen Stadium die gleichmäßige
Bewegung überwunden war, dies hinreichte, eine bis an das Ende des Manvantara
dauernde Rotationsbewegung zu verursachen. Wir sind auch dahin gelangt,
bei allen den vorerwähnten Kombinationen von Möglichkeiten mit Bezug auf
den Anfang der Rotation, die jedesmal sehr kompliciert sind, einige von
den Ursachen zu kennen, aus denen sie hervorgegangen sein kann, sowie
auch einige andere, aus denen sie hätte hervorgehen sollen und müssen,
was sie aber auf diese oder jene Art nicht gethan hat. Unter anderem wird
uns mitgeteilt, daß der Beginn der Rotation mit gleicher Leichtigkeit
in einer feurig flüssigen, sowie in einer durch eisige Undurchsichtigkeit
charakterisierten Masse hervorgerufen werden kann.
[22] Daß ferner die Gravitation ein Gesetz ist, das von nichts
überwunden werden kann, das aber nichtsdestoweniger zur Zeit und zur Unzeit
von den allergewöhnlichsten himmlischen und irdischen Körpern überwunden
wird - von den Schweifen der unverschämten Kometen zum Beispiel. Daß wir
ferner das Weltall der heiligen schöpferischen Dreieinigkeit verdanken,
mit Namen träger Stoff, sinnlose Kraft und blinder Zufall. Von der wirklichen
Wesenheit und Natur irgend eines dieser drei weiß die Wissenschaft nichts,
aber das ist eine unwichtige Nebensache. Ergo, sagt man uns, wenn eine
Masse von kosmischer oder nebelartiger Materie - deren Natur gänzlich
unbekannt ist und die entweder in einem Zustande von Geschmolzenheit sein
mag (Laplace), oder von Finsternis und Kälte (Thomson), denn „dieses Hinzutreten
von Hitze ist selbst eine reine Hypothese (Faye) - sich dazu entschließt,
ihre mechanische Energie unter der Form der Rotation zu bethätigen, so
handelt sie dementsprechend. Sie (die Masse) bricht entweder in selbsterzeugtem
Feuer aus, oder sie bleibt träge, finster und kalt beide Zustände sind
gleichermaßen fähig, sie ohne irgend welche zureichende Ursache für Millionen
von Jahren durch den Raum wirbeln zu lassen. Ihre Bewegungen mögen rückläufig
oder sie mögen rechtläufig sein, denn für beide Bewegungsarten werden
ungefähr ein Hundert verschiedene Gründe angeführt in ungefähr ebenso
vielen Hypothesen; auf jeden Fall schließt sie sich dem Gewirre von Sternen
an, deren Ursprung derselben wunderbaren und selbsterzeugten Art angehört
denn:
Die Nebeltheorie beabsichtigt
nicht, den URSPRUNG der Dinge zu entdecken,
sondern bloß ein STADIUM in der Geschichte der Materie. [23]
Jene Millionen von Sonnen, Planeten und Satelliten,
die aus trägern Stoffe zusammengesetzt sind, werden in höchst eindrucksvoller
und majestätischer Symmetrie rund um das Firmament sich drehen, trotz
ihrer Trägheit einzig „von ihrer eigenen inneren Bewegung“ getrieben und
geleitet.
[23] Winchell, World-Life, p. 196
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