Dies zeigt, daß entweder die moderne Chemie oder die moderne Physik in ihren beziehungsweisen Fundamentalprinzipien gänzlich im Irrtum ist Denn, wenn die Annahme von Atomen verschiedenen specifischen Gewichtes auf Grund der Atomtheorie in der Physik für sinnlos gehalten wird, und wenn die Chemie für ebendieselbe Annahme in der Bildung und Umbildung chemischer Zusammensetzungen einen „unfehlbaren experimentalen Beweis“ findet; dann wird es einleuchtend, daß die atommechanische Theorie unhaltbar ist. Die Erklärung der letzteren, daß ,.die Unterschiede des Gewichtes einfach Unterschiede der Dichte sind, und daß Unterschiede der Dichte Unterschiede des Abstandes zwischen den Teilchen, die in einem ge­gebenen Raume enthalten sind, bedeuten,“ ist in Wirklichkeit nicht triftig, weil ein Physiker, bevor er in seiner Verteidigung anführen kann, daß „in dem Atom keine Vielheit von Teilchen und kein leerer Raum ist, weshalb Unterschiede der Dichte oder des Gewichtes bei Atomen unmöglich sind“ zuerst wissen muß, was ein Atom in Wirklichkeit ist, und eben das kann er nicht wissen. Er muß es unter die Beobachtung von mindestens einem seiner körperlichen Sinne bringen - und das kann er nicht: aus dem einfachen Grunde, weil überhaupt niemand jemals ein Atom gesehen, gerochen, gehört, gefühlt oder geschmeckt hat. Das Atom gehört gänzlich dem Bereiche der Metaphysik an. Es ist eine mit Wesenheit begabte Abstraktion - zum mindesten für die physikalische Wissenschaft - und hat streng genommen mit der Physik nichts zu thun, da es niemals der Prüfung durch die Retorte oder Wage unterworfen werden kann. Die mechanische Vorstellung wird daher zu einem Gemenge der widerspruchsvollsten Theorieen und Dilemmen in den Gemütern vieler Männer der Wissenschaft, die darüber, wie über andere Gegenstände, nicht übereinstimmen; und ihre Entwicklung wird von dem östlichen Occultisten, der diesen Streit verfolgt, mit der größten Verwirrung betrachtet.
Um über die Frage der Schwerkraft zu einem Schlusse zu kommen! Wie kann die Wissenschaft sich zutrauen, irgend etwas sicheres darüber zu wissen? Wie kann sie ihre Stellung und ihre Hypothesen gegen jene der Occultisten behaupten, die in der Schwerkraft bloß Sympathie und Antipathie, oder Anziehung und Abstoßung sehen, verursacht durch physische Polarität auf unserer irdischen Ebene und durch geistige Ursachen außerhalb ihres Einflusses? Wie können sie mit den Occultisten nicht übereinstimmen, bevor sie nicht unter sich selbst übereinstimmen? Thatsächlich hört man von der Erhaltung der Kraft, und in demselben Atem von der vollkommenen Härte und Unelasticität der Atome von der Identität der kinetischen Gastheorie mit der sogenannten „potentiellen Energie“ und zur selben Zeit davon, daß die elementaren Masseneinheiten absolut hart und unelastisch sind. Ein Occultist öffnet ein wissenschaftliches Werk und liest das Folgende:
Der physikalische Atomismus leitet alle qualitativen Eigenschaften der Materie aus den Formen der Atombewegung ab. Die Atome selbst bleiben alle als Elemente gänzlich qualitätslos. [13]
Und ferner:
Die Chemie muß in ihrer letzten Form Atommechanik sein. [14]
Und einen Augenblick später wird ihm gesagt:
Die Gase bestehen aus Atomen, welche sich wie feste, vollkommen elastische Kugeln verhalten. [15]
Schließlich findet man zur Krönung des Ganzen die Erklärung der Sir W. Thomson:

Die moderne Theorie von der Erhaltung der Energie verbietet uns, Unelasticität oder irgend etwas anderes als vollkommene Elasticität für die letzten Moleküle sowohl der ultramundanen als auch der mundanen Materie anzunehmen. [16]

Aber was sagen die Männer der wahren Wissenschaft zu alle diesem? Unter „Männern der wahren Wissenschaft“ verstehen wir jene, die sich viel zu sehr um Wahrheit und viel zu wenig um persönliche Eitelkeit kümmern, als daß sie über irgend etwas dogmatisieren würden, so wie es die Majorität thut. Es giebt verschiedene unter ihnen - vielleicht mehr, als welche wagen, ihre geheimen Schlußfolgerungen öffentlich mitzuteilen, aus Furcht vor dem Rufe: „Steinigt ihn zu Tode!“ - Männer, deren Intuition sie den Abgrund überbrücken lieft, der zwischen dem irdischen Aspekte der Materie und zwischen der für uns auf unserer Ebene der Täuschung subjektiven, d. h. transcendental objektiven Substanz liegt, und sie dahin geführt hat, das Dasein der letzteren zu verkünden. Es muß daran erinnert werden, daß Materie für den Occultisten die Gesamtheit der Existenzen im Kosmos ist, die innerhalb irgend einer der Ebenen möglicher Wahrnehmung fällt. Wir sind uns nur zu wohl bewußt, daß die orthodoxen Theorieen des Schalles, der Wärme und des Lichtes gegen die occulten Lehren stehen. Aber es ist nicht genug für die Männer der Wissenschaft oder ihre Verteidiger, zu sagen, daß sie die dynamische Kraft von Licht und Wärme nicht leugnen, und als Beweis die Thatsache anzuführen, daß Herrn Crookes‘ Radiometer zu keiner Umstoßung von Anschauungen geführt hat. Wenn sie die letzte Natur dieser Kräfte ergründen wollen, so müssen sie erst die substantielle Natur derselben zugestehen, wie übersinnlich auch diese Natur mag. Auch läugnen die Occultisten nicht die Richtigkeit der Schwingungstheorie. [17] Sie beschränken lediglich ihre Funktionen auf unsere Erde - indem sie ihre Unangemessenheit für andere Ebenen als für unsere erklären, nachdem die Meister in den occulten Wissenschaften die Ursachen wahrnehmen, welche etherische Schwingungen hervorbringen. Wären alles dies nur Erdichtungen der Alchimisten oder Träume der Mystiker, so müßten solche Männer wie Paracelsus, Philalethes, Van Helmont und so viele andere für schlechter als für Visionäre gehalten werden; sie würden zu Betrügern und überlegten Täuschern werden.


[13] Wundt, Die Theorie der Materie, p. 381. (Aus dem Englischen rückübersetzt. Der Übers.)

[14] Nazesmann, Thermochemie, p. 150.

[15] Krönig, Clausius, Maxwell etc., Philosophical Magazine, Bd. XIX. p. 18.

[16] Philosophical Magazine, Bd. XIV. p. 321.

[17] In Bezug auf die „Aura“ sagt einer der Meister in der Occult World: „Wie könnten sie sich jenen halbintelligenten Kräften verständlich machen und über sie thatsächlich gebieten, deren Verständigungsmittel uns gegenüber nicht gesprochene Worte sind, außer durch Töne und Farben nach der zwischen den Schwingungen der beiden bestehenden Wechselbeziehung.“ Diese „Wechselbeziehung“ ist der modernen Wissenschaft unbekannt, obwohl sie von den Alchimisten oftmals erklärt worden ist