Die Occultisten werden deshalb zur Rede gestellt, weil sie die Ursache von Licht. Wärme, Schall, Kohäsion, Magnetismus u. s. w., u. s. w. eine Substanz nennen. [18] Herr Clerk Maxwell hat festgestellt, daß der Druck starken Sonnenlichtes auf die (engl.) Quadratmeile ungefähr 3 ¼ Pfund beträgt. Es ist dies, sagt man ihnen, „die Energie von Myriaden von Ether-Wellen“ und wenn sie es eine Substanz nennen, die auf diese Fläche aufstößt wird ihre Erklärung als unwissenschaftlich bezeichnet.
Es giebt keine Rechtfertigung für eine solche Anklage. Auf keinerlei Weise - wie bereits mehr als einmal festgestellt worden ist - bestreiten die Occultisten die Darlegungen der Wissenschaft, insofern sie eine Erklärung der unmittelbaren, objektiv wirkenden Agentien liefern. Die Wissenschaft irrt bloß in dem Glauben, daß sie deswegen, weil sie in den Wellenschwingungen die nächste Ursache dieser Erscheinungen entdeckt hat, auch schon Alles, was jenseits der Schwelle der Sinne liegt, enthüllt hat. Sie verzeichnet bloß die Reihenfolge von Erscheinungen auf einer Ebene von Wirkungen, von illusorischen Projektionen aus einer Region, in die der Occultismus schon lange eingedrungen ist. Und der letztere behauptet, daß jene etherischen Erzitterungen nicht, wie von der Wissenschaft versichert wird, durch die Schwingungen von Molekülen bekannter Körper, der Materie unseres irdischen gegenständlichen Bewußtseins erregt werden, sondern daß wir nach den letzten Ursachen des Lichtes, der Wärme, u. s. w. in einer Materie suchen müssen, die in übersinnlichen Zuständen existiert - in Zuständen jedoch, die dem geistigen Auge des Menschen ebenso vollständig gegenständlich sind, wie ein Pferd oder ein Baum einem gewöhnlichen Sterblichen. Licht und Wärme sind das Gespenst oder der Schatten der Materie in Bewegung. Solche Zustände können von dem Seher oder Adepten während der Stunden der Verzückung unter dem Sushumnâstrahl - dem ersten der sieben mystischen Strahlen der Sonne - wahrgenommen werden. [19]
Hiermit bringen wir die occulte Lehre vor, welche die Wirklichkeit einer supersubstanziellen und supersensiblen Wesenheit eines Âkâsha - nicht des Ethers, der bloß ein Aspekt des letzteren ist - behauptet, dessen Natur nicht aus seinen entfernteren Offenbarungen geschlossen werden kann, aus seiner bloß phänomenalen Phalanx von Wirkungen auf dieser irdischen Ebene. Die Wissenschaft belehrt uns, daß die Wärme niemals als Stoff in irgendwelchem denkbaren Zustand betrachtet werden kann. Um einen höchst unparteiischen Kritiker zu citieren, einen, dessen Autorität niemand in Zweifel ziehen kann; als einen Mahner für die westlichen Dogmatiker, daß die Frage in keiner Weise für entschieden gehalten werden darf:
Es giebt keinen fundamentalen Unterschied zwischen Licht und Wärme . . . jedes ist bloß eine Metamorphose des anderen . . . Wärme ist Licht in vollständiger Ruhe. Licht ist Wärme in sehr rascher Bewegung. Sobald Licht mit einem Körper verbunden wird, wird es zur Wärme; aber wenn diese von dem Körper ausgeschleudert wird, wird sie wiederum zum Licht. [20]
Ob das wahr oder falsch ist, können wir nicht sagen, und viele Jahre, vielleicht noch viele Generationen, werden zu vergehen haben, bevor wir im stande sein werden, es zu sagen. [21] Es wird uns auch gesagt, daß die zwei großen der Flüssigkeits- (?) Theorie der Wärme entgegenstehenden Schwierigkeiten ohne Zweifel folgende sind:
1. Die Erzeugung der Wärme durch Reibung - als Erregung von Molekülarbewegung.
2. Die Verwandlung von Wärme in mechanische Bewegung.
Die darauf gegebene Antwort lautet: Es giebt Flüssigkeiten verschiedener Art. Elektricität wird ein Fluidum genannt, und so auch geschah es ganz vor kurzem mit der Wärme, aber das war unter der Voraussetzung, daß die Wärme eine unwägbare Substanz sei. Dies geschah während der höchsten und autokratischen Herrschaft des Stoffes. Als die Materie entthront und die Bewegung zum einzigen unbeschränkten Herrscher des Weltalls ausgerufen wurde, wurde die Wärme zu einer „Bewegungsart“. Wir brauchen nicht zu verzweifeln; sie kann morgen etwas anderes werden. Wie das Weltall selbst, so ist auch die Wissenschaft immer im Werden, und kann niemals sagen: „Ich bin, die ich bin.“ Auf der anderen Seite besitzt die occulte Wissenschaft ihre wandellosen Überlieferungen aus vorgeschichtlichen Zeiten. Sie kann in Einzelheiten irren; aber sie kann sich niemals eines Irrtums in Fragen des universalen Gesetzes schuldig machen, einfach deshalb, weil diese Wissenschaft, die von der Philosophie mit Recht als die heilige bezeichnet wird, auf höheren Ebenen geboren und zur Erde von Wesen gebracht worden ist, die weiser waren, als der Mensch selbst in der siebenten Rasse seiner siebenten Runde sein wird. Und diese Wissenschaft behauptet, daß die Kräfte nicht das sind, was die moderne Gelehrsamkeit aus ihnen machen möchte; z. B. Magnetismus ist keine „Bewegungsart“; und in diesem besonderen Falle zum mindesten wird die exakte moderne Wissenschaft sicherlich noch eines Tages zu Schaden kommen. Nichts kann auf den ersten Blick lächerlicher erscheinen, nichts ungewöhnlich widersinniger, als beispielsweise zu sagen: Der indische initiierte Yogî weiß in Wirklichkeit zehnmal mehr als der größte europäische Physiker von der schließlichen Natur und Konstitution des Lichtes, sowohl des Sonnen- wie des Mondlichtes. Aber warum glaubt man von dem Sushumnâstrahle, daß er der Strahl sei, der den Mond mit seinem erborgten Lichte versorgt? Warum ist er der Strahl, der von dem initiierten Yogî gepflegt wird?“ Warum wird der Mond von diesen Yogîs als die Gottheit des Gemütes betrachtet? Wir sagen, weil das Licht, oder vielmehr alle seine occulten Eigenschaften, jede Kombination und Korrelation desselben mit anderen Kräften, mit gemütlichen, seelischen und geistigen, den alten Adepten vollständig bekannt war. Daher steht die occulte Wissenschaft, wenn sie auch weniger wohl unterrichtet als die moderne Chemie über das Verhalten der Zusammensetzungen von Elementen in den verschiedenen Fällen physikalischer Wechselbeziehung sein mag, doch unermeßlich höher in ihrer Kenntnis der schließlichen occulten Zustände der Materie, und der wahren Natur der Materie, als alle Physiker und Chemiker unserer modernen Zeit zusammengenommen.


[18] Die Substanz des Occultisten verhält sieh jedoch zu der verfeinertsten Substanz des Physikers. wie strahlende Materie zu dem Leder der Schuhe des Chemikers.

[19] Die Namen der sieben Strahlen - nämlich Sushumnâ, Harikesha, Vishvakarman, Vishvatryarchâs, Sannaddha, Sarvâvasu und Svarâj - sind alle mystisch, und ein jeder hat seine bestimmte Anwendung in einem bestimmten Bewußtseinszustand für occulte Zwecke. Die Sushumnâ, welche, wie es im Nirukta (II, 6) heißt, bloß dazu dient, den Mond zu erhellen, ist nichtsdestoweniger der von den initiierten Yogîs gepflegte Strahl. Die Gesamtheit der sieben durch das Sonnensystem ausgebreiteten Strahlen bildet sozusagen den körperlichen Upâdhi (Basis) des Ethers der Wissenschaft; in welchem Upâdhi Licht, Wärme, Elektricität u. s. w., die Kräfte der orthodoxen Wissenschaft, in Wechselbeziehung stehen, um ihre irdischen Wirkungen hervorzubringen. Als seelische und geistige Wirkungen strahlen sie aus und haben ihren Ursprung in dem suprasolaren Upâdhi, in dem Äther des Occultisten oder dem Âkâsha.

[20] Leslies‘ F1uid Theorie of Light and Heat.

[21] Buckle´s History of Civilisation, Bd. III, p. 384