Wenn wir nun offen und in voller Aufrichtigkeit die Wahrheit aussprechen, nämlich daß die alten Initiierten eine viel weitere Kenntnis der Physik als einer Wissenschaft der Natur hatten, als sie unsere Akademien der Wissenschaften alle zusammen besitzen, so wird diese Behauptung als eine Unverschämtheit und als ein Unsinn hingestellt werden; denn die Naturwissenschaften stehen in dem Ansehen, unser Zeitalter auf den Gipfel der Vollkommenheit gehoben zu haben. Daher die spöttische Frage: Können die Occultisten mit Erfolg zwei Punkten begegnen, nämlich a) der Erzeugung der Wärme durch Reibung - Erregung von Molekülarbewegung; und b) der Umwandlung von Wärme in mechanische Kraft, wenn sie an der alten abgethanen Theorie festhalten, daß die Wärme eine Substanz oder ein Fluidum ist.
Um diese Frage zu beantworten, muß zuerst beachtet werden, daß die occulten Wissenschaften weder die Elektricität noch irgend eine von den Kräften, von denen man annimmt, daß sie von ihr verursacht sind, als Stoff in irgend einem der der Naturwissenschaft bekannten Zustände betrachten; um es klarer auszudrücken: keine von diesen sogenannten Kräften ist ein fester Körper oder ein Gas oder eine Flüssigkeit. Wenn es nicht pedantisch erschiene, so würde ein Occultist sogar dagegen Einsprache erheben, daß die Elektricität ein Fluidum genannt werde - da sie eine Wirkung und nicht eine Ursache ist. Aber ihr Ding an sich, würde er sagen, ist eine bewußte Ursache. Dasselbe gilt in dem Falle der „Kraft“ und des „Atomes“. Sehen wir zu, was ein hervorragender Akademiker, der Chemiker Butlerof, über diese beiden Abstraktionen zu sagen hat. Dieser große Mann der Wissenschaft folgert:
Was ist Kraft? Was ist sie von einem streng wissenschaftlichen Standpunkt, so wie es das Gesetz der Erhaltung der Energie erlaubt? Der Begriff der Kraft wird wieder aufgenommen durch unsere Begriffe von dieser, jener oder einer anderen Art von Bewegung. Kraft ist auf diese Weise einfach der Übergang eines Zustandes der Bewegung in einen anderen Zustand derselben; der Elektricität in Wärme und Licht, oder der Wärme in Schall oder irgend eine mechanische Thätigkeit, und so fort. [22] Als zum erstenmale elektrisches Fluidum von einem Menschen auf Erden hervorgebracht wurde, muß es durch Reibung geschehen sein; daher ist es, wie wohlbekannt, die Wärme, welche sie durch Störung ihres Nullzustandes [23] hervorbringt, und die Elektricität existiert an sich nicht mehr auf der Erde, als Wärme oder Licht oder irgend eine andere Kraft. Sie sind alle Korrelationen, wie die Wissenschaft sagt. Wenn ein gegebenes Quantum Wärme unter Zuhilfenahme einer Dampfmaschine in mechanische Arbeit umgewandelt wird, so sprechen wir von Dampfkraft. Wenn ein fallender Körper auf seinem Wege auf ein Hindernis stößt und dadurch Wärme und Schall erzeugt, so nennen wir es Stoßkraft. Wenn die Elektricität Wasser zersetzt oder einen Platindraht erhitzt, so sprechen wir von der Kraft des elektrischen Fluidums. Wenn die Sonnenstrahlen von der Thermometerkugel aufgefangen werden und das Quecksilber derselben sich ausdehnt, sprechen wir von der thermischen Energie der Sonne. Kurz gesagt, wenn ein Zustand einer bestimmten Menge von Bewegung aufhört, so findet ein anderer, dem vorhergegangenen gleichwertiger Zustand von Bewegung statt, und das Resultat einer solchen Umwandlung oder Wechselbeziehung ist - Kraft. In allen Fällen, wo eine solche Umwandlung oder der Übergang von einem Zustand der Bewegung in einen anderen vollständig fehlt, ist keine Kraft möglich. Laßt uns für einen Augenblick einen unbedingt gleichartigen Zustand des Weltalls zugestehen, und unser Begriff der Kraft fällt zu nichts zusammen.

Daher wird es einleuchtend, daß die Kraft, welche der Materialismus als die Ursache der uns umgebenden Verschiedenheit betrachtet, in nüchterner Wirklichkeit bloß eine Wirkung, eine Folge dieser Verschiedenheit ist. Von einem solchen Gesichtspunkte aus gesehen, ist die Kraft nicht die Ursache der Bewegung, sondern eine Wirkung, während die Ursache der Kraft oder der Kräfte nicht die Substanz oder Materie ist, sondern die Bewegung selbst. Die Materie muß somit bei Seite gelassen werden, und mit ihr das Grundprinzip des Materialismus, welches unnötig geworden ist, da die auf einen Bewegungszustand reducierte Kraft nicht die Vorstellung der Substanz giebt. Wenn Kraft die Folge von Bewegung ist, so wird es unverständlich, warum diese Bewegung Zeugnis für eine Materie und nicht für einen Geist oder eine geistige Wesenheit ablegen soll. Es ist wahr, unsere Vernunft kann sich keine Bewegung ohne irgend etwas sich Bewegendem vorstellen (und unsere Vernunft hat Recht); aber die Natur oder das Wesen dieses sich bewegenden Etwas bleibt der Wissenschaft gänzlich unbekannt; und die Spiritualisten haben in einem solchen Falle ebenso viel Recht, sie einem „Geiste“ zuzuschreiben, als die Materialisten, der schöpferischen und allmächtigen Materie. Ein Materialist hat keine besonderen Privilegien in einem solchen Falle, noch kann er auf irgend solche Anspruch erheben. Das Gesetz der Erhaltung der Energie hat sich, wie man sieht, in diesem Falle als mit seinen Ansprüchen und Behauptungen der Berechtigung entbehrend erwiesen. Das „große Dogma“ - keine Kraft ohne Stoff und kein Stoff ohne Kraft - fällt zu Boden und verliert vollständig die erhabene Bedeutung, mit der es zu umgeben der Materialismus versucht hat. Die Vorstellung der Kraft giebt noch nicht die Idee der Materie und zwingt uns durchaus nicht, in ihr „den Ursprung aller Ursprunge“ zu sehen. [24]

Man versichert uns, daß die moderne Wissenschaft nicht materialistisch ist; und unsere eigene Überzeugung sagt uns, daß sie es nicht sein kann. wenn ihre Gelehrsamkeit eine echte ist. Das hat seinen guten Grund, der auch von einigen Physikern und Chemikern selbst genau angegeben ist. Die Naturwissenschaften können nicht Hand in Hand mit dem Materialismus gehen. Um auf der Höhe ihres Berufes zu stehen, haben die Männer der Wissenschaft die bloße Möglichkeit der materialistischen Lehren zu verwerfen, da sie nichts mit der Atomtheorie zu thun haben; und wir finden, daß Lange, Butlerof, Du Bois-Reymond - der letztere vielleicht unbewußt - und verschiedene andere das nachgewiesen haben. Und das ist obendrein bewiesen durch die Thatsache, daß Kanâda in Indien, und Leukippos und Demokritos in Griechenland, und nach ihnen Epikuros - die ersten Atomisten in Europa - indes sie die Lehre von den bestimmten Verhältnissen verbreiteten, gleichzeitig an Götter oder übersinnliche Wesenheiten geglaubt haben. Ihre Ideen über die Materie waren somit von den jetzt vorherrschenden verschieden. Es sei uns gestattet, unsere Behauptung durch eine kurze Übersicht der alten und modernen Ansichten der Physik über Atome klarer zu machen, und damit zu beweisen, daß die Atomtheorie den Materialismus vernichtet.


[22] Auf der Ebene der Offenbarung und des trügerischen Stoffes mag sie das sein; nicht aber, daß sie nicht mehr wäre, denn sie ist weitaus mehr.

[23] Des neutralen oder Layazustandes.

[24] Wissenschaftliche Briefe, Professor Butlerof