Gestatten Sie mir nun, meine Herren, ihre Aufmerksamkeit für eine kurze Zeit auf einen Gegenstand zu lenken, der die Grundprinzipien der Chemie betrifft, einen Gegenstand, der uns dahin führen kann, die Möglichkeit der Existenz von Körpern zuzugeben, welche, obwohl weder Zusammensetzungen noch Mischungen, doch nicht Elemente im strengsten Sinne des Wortes sind - Körper, die „Metaelemente“ zu nennen ich mir die Freiheit nehme. Um meine Meinung zu erklären, muß ich auf unseren. Begriff eines Elementes zurückgreifen.
Was ist das Merkmal eines Elementes? Wo haben wir die Trennungslinie zwischen verschiedener Existenz und Gleichartigkeit zu ziehen? Niemand bezweifelt, daß Sauerstoff, Natrium, Chlor und Schwefel getrennte Elemente sind; und wenn wir zu Gruppen kommen, wie Chlor, Brom und Jod, u. s. w., so fühlen wir noch immer keinen Zweifel, obwohl, wenn Abstufungen in der „Elementicität“ zulässig sind - und auf das werden wir schließlich kommen müssen - man zugeben dürfte, daß das Chlor dem Brom viel näher steht, als dem Sauerstoff, Natrium oder Schwefel. Ferner stehen Nickel und Kobalt einander nahe, sehr nahe, obwohl niemand ihren Anspruch, als unterschiedene Elemente zu gelten, bezweifeln wird. Dennoch kann ich nicht umhin, die Frage aufzuwerfen, was wohl die herrschende Ansicht unter den Chemikern gewesen wäre, wenn die beziehungsweisen Lösungen dieser Körper und ihrer Zusammensetzungen identische Farben gezeigt hätten, an Stelle von Farben, die, annähernd gesprochen, einander komplementär sind. Wurde ihre verschiedenartige Natur auch nur jetzt schon erkannt sein? Wenn wir weiter schreiten und zu dem sogenannten seltenen Erden kommen, so ist der Boden unter unseren Füßen noch unsicherer. Vielleicht werden wir Skandium, Ytterbium und anderen von der gleichen Art den Rang von Elementen zugestehen; aber was sollen wir sagen in dem Falle von Praseo- und Neodym, zwischen denen, könnte man sagen, kein wohlausgeprägter chemischer Unterschied besteht, da ihr Hauptanspruch auf getrennte Individualität in geringen Unterschieden der Baseität und Krystallisationskraft besteht, obwohl ihre physikalischen Unterschiede, wie die Spektralbeobachtungen zeigen, sehr stark ausgeprägt sind? Selbst hierbei können wir uns die Geneigtheit der Mehrzahl der Chemiker vorstellen, nach der milderen Seite hin zu entscheiden, so daß sie diese beiden Körper in den Zauberkreis einlassen würden. Ob sie dabei im stande wären, sich auf irgend einen allgemeinen Grundsatz zu berufen, ist eine offene Frage. Wenn wir aber diese Kandidaten zulassen, wie können wir gerechterweise die Reihe der elementalen Körper oder der Metaelemente ausschließen, mit denen uns Krüss und Nilson bekannt gemacht haben? Hier sind die spektralen Unterschiede wohl ausgeprägt, während meine eigenen Untersuchungen über das Didym auch einen geringen Unterschied in der Baseität zum mindesten zwischen einigen von diesen zweifelhaften Körpern zeigen. In dieselbe Kategorie müssen die zahlreichen getrennten Körpern gerechnet werden, in die sich wahrscheinlich Yttrium, Erbium, Samarium und andere „Elemente“ - so werden sie gewöhnlich bezeichnet - haben und werden zerlegen lassen.

Wo haben wir nun die Linie zu ziehen?

Gruppierungen gehen so unmerklich die eine in die andere über, daß es unmöglich ist, eine endgültige Grenze zwischen irgend zwei benachbarten Körpern zu errichten und zu sagen, daß der Körper auf dieser Seite der Linie ein Element ist, während der auf der anderen Seite nicht elementar, sondern bloß etwas ist, das einem Elemente ähnelt oder nahe kommt.

Wo immer eine scheinbar begründete Linie gezogen werden mag, wird es ohne Zweifel leicht sein, sofort den meisten Körpern ihre richtige Seite anzuweisen, da in allen Fällen von Klassifikation die Schwierigkeit dort eintritt, wo man sich der Grenzlinie nähert. Geringe chemische Unterschiede werden natürlich zugestanden, und bis zu einem gewissen Punkt auch wohlausgeprägte physikalische Unterschiede.

Was sollen wir jedoch sagen, wenn der einzige chemische Unterschied in der fast unmerklichen Neigung des einen Körpers - aus einem Paare oder aus einer Gruppe - darin besteht, sich früher als der andere niederzuschlagen? Hinwieder giebt es Fälle, wo die chemischen Unterschiede den Verschwindungspunkt erreichen, obwohl gut ausgeprägte physikalische Unterschiede noch übrigbleiben. Hier straucheln wir über eine neue Schwierigkeit: was ist in solchen dunklen Fällen chemisch und was ist physikalisch? Sind wir nicht berechtigt, eine geringe Neigung eines eben entstehenden amorphen Niederschlages, früher zu Boden zu fallen, als ein anderer, einen „physikalischen Unterschied“ zu nennen? Und können wir nicht farbige Reaktionen, die von der Menge irgend einer besonderen anwesenden Säure abhängen, und die je nach der Sättigung der Lösung oder des verwendeten Lösungsmittels verschieden sind, „chemische Unterschiede“ nennen? Ich sehe nicht ein, wieso wir den Charakter eines Elementes einem Körper absprechen können, der sich von einem anderen durch wohlausgeprägte Farbe oder Spektralreaktionen unterscheidet, während wir ihn einem anderen Körper zugestehen, dessen einziger Rechtstitel ein sehr geringer Unterschied in der basischen Kraft ist. Wenn wir einmal das Thor so weit geöffnet haben, daß wir einige Unterschiede im Spektrum einlassen, müssen wir untersuchen, ein wie kleiner Unterschied den Kandidaten zum Eintritt berechtigt? Ich werde Beispiele aus meiner eigenen Erfahrung über einige dieser zweifelhaften Kandidaten geben.

Hier giebt der große Chemiker verschiedene Fälle von dem höchst außerordentlichen Verhalten von Molekülen und Erden, die scheinbar einander gleich sind, die aber bei sehr genauer Untersuchung Unterschiede aufweisend befunden wurden, die bei aller Geringfügigkeit dennoch zeigen, daß keiner von ihnen ein einfacher Körper ist und daß die 60 oder 70 von der Chemie angenommenen Elemente nicht länger mehr das ganze Feld einschließen. Ihr Name ist anscheinend Legion, aber da die sogenannte „periodische Reihe“ einer unbegrenzten Vervielfältigung der Elemente im Wege steht, so ist Herr Crookes gezwungen, einige Mittel zu finden, die neue Entdeckung mit der alten Theorie zu. vereinigen. „Diese Theorie“, sagt er:

Hat so vielfältige Bestätigung gefunden, daß wir nicht leicht irgendwelche Erklärung der Erscheinungen annehmen können, die sich nicht in Übereinstimmung mit ihr befindet Aber wenn wir uns die Elemente durch eine ungeheure Anzahl von Körpern verstärkt denken, die von einander in ihren Eigenschaften ein wenig differieren, und die, wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf, Anhäufungen von Nebelflecken dort bilden, wo wir früher getrennte Sterne sahen oder zu sehen glaubten, so kann die periodische Anordnung nicht länger mehr präcise gefaßt werden. Nicht länger - das heißt, wenn wir an unserer gebräuchlichen Vorstellung von einem Element festhalten. Lassen Sie uns daher diese Vorstellung modificieren. Sagen Sie statt „Element“ „elementare Gruppe“ - wobei solche elementare Gruppen die Stelle der alten Elemente in der periodischen Reihe einnehmen - und die Schwierigkeit fällt weg. Um ein Element zu definieren, nehmen wir nicht einen äußeren Grenzstein, sondern einen Typus aus der Mitte. Sagen wir z. B., die kleinste wägbare Menge von Yttrium ist eine Anhäufung von schließlichen Atomen, die einander nahezu unendlich ähnlicher sind als den Atomen irgend eines anderen benachbarten Elementes. Es folgt daraus nicht mit Notwendigkeit, daß die Atome untereinander alle absolut gleich sind. Das Atomgewicht, daß wir dem Yttrium zugeschrieben haben, stellt daher bloß einen Mittelwert dar, um welchen sich die thatsächlichen Gewichte der individuellen Atome des „Elementes“ innerhalb gewisser Grenzen scharen. Wenn aber meine Mutmaßung haltbar ist, so würden wir, wenn wir Atom von Atom trennen könnten, finden, daß sie innerhalb enger Grenzen auf beiden Seiten des Mittelwertes variieren. Der bloße Prozeß der fraktionierten Niederschlagung bedingt die Existenz solcher Unterschiede in gewissen Körpern.