ABTEILUNG XII.
WISSENSCHAFTLICHE
UND ESOTERISCHE BEWEISE FÜR, UND EINWÜRFE GEGEN DIE MODERNE NEBELTHEORIE.
In letzter Zeit sind der esoterischen Kosmogonie häufig
das Gespenst dieser Theorie und die aus derselben folgenden Hypothesen
entgegengestellt worden. „Kann diese höchst wissenschaftliche Lehre von
unseren Adepten geleugnet werden?“ fragt man. „Nicht vollständig,“ lautet
die Antwort, „aber die Zugeständnisse der Männer der Wissenschaft selber
töten sie; und da bleibt nichts für die Adepten zu leugnen übrig.“
Um aus der Wissenschaft ein einheitliches Ganzes zu machen, ist
in der Tat das Studium der geistigen und seelischen sowohl, wie der körperlichen
Natur notwendig. Im anderen Falle wird sie immer wie die Anatomie des
Menschen sein, die in alter Zeit von den Profanen nur vom Gesichtspunkte
der Hüllenseite desselben, und in Unkenntnis des inneren Werkes erörtert
wurde. Selbst Plato, der größte Philosoph seines Landes, ließ sich vor
seiner Initiation Behauptungen zu Schulden kommen, wie die, daß
Flüssigkeiten in den Magen durch die Lungen gelangen. Ohne Metaphysik
ist, wie Herr H. J. Slack sagt, wirkliche Wissenschaft unzulässig.
Die Nebelflecke existieren; trotzdem ist die Nebeltheorie unrichtig. Ein
Nebel existiert in dem Zustande gänzlicher elementaler Dissociation. Er
ist gasig und – außerdem noch etwas anderes, das schwerlich mit Gasen,
wie sie der Naturwissenschaft bekannt sind, in Zusammenhang gebracht werden
kann; und er ist selbstleuchtend. Aber das ist auch alles. Die zweiundsechzig
„Zufälle“, die Professor Stephen Alexander
[1] zur Bestätigung der Nebeltheorie aufzählte, können alle
von der esoterischen Wissenschaft erklärt werden; obwohl, da das vorliegende
kein astronomisches Werk ist, die Widerlegungen gegenwärtig nicht versucht
werden. Laplace und Faye kommen der richtigen Theorie näher als irgendwer;
aber von den Spekulationen des Laplace bleibt in der gegenwärtigen Theorie
wenig mehr übrig als ihre allgemeinen Umrisse. Nichtsdestoweniger sagt
John Stuart Mill:
In Laplace’s Theorie ist nichts hypothetisch;
sie ist ein Beispiel für ein berechtigtes Schlussfolgern von einer gegenwärtigen
Wirkung auf ihre vergangene Ursache; sie setzt nichts weiter voraus, als
daß die Gegenstände, welche wirklich existieren, den Gesetzen gehorchen,
von denen wir wissen, daß ihnen alle terrestrischen Gegenstände,
welche jenen ähnlich sind, gehorchen.
[2]
Von einem so hervorragenden Logiker, wie Mill einer war,
wäre dies wertvoll, wenn nur bewiesen werden könnte, daß die „terrestrischen
Gegenstände, welche ähnlich sind“ himmlischen Gegenständen von solcher
Entfernung wie die Nebelflecke, jenen Gegenständen in Wirklichkeit,
und nicht bloß dem Anscheine nach ähnlich sind.
Ein anderer von den Irrtümern, die vom occulten Standpunkte aus in der
modernen Theorie, so wie sie jetzt besteht, verkörpert sind, ist die Annahme,
daß die Planeten alle von der Sonne abgetrennt worden sind; daß
sie Bein von ihrem Beine und Fleisch von ihrem Fleische sind; indessen
die Sonne und die Planeten bloß Söhne derselben Mutter sind, die den gleichen
nebularen Ursprung haben, aber auf eine Weise, die von der verschieden
ist, welche die moderne Astronomie fordert.
Die vielen Einwendungen, die von einigen Gegnern der modernen Nebeltheorie
gegen die Homogeneität der ursprünglichen zerstreuten Materie auf Grund
der Einförmigkeit in der Zusammensetzung der Fixsterne erhoben werden,
berühren überhaupt nicht die Frage nach dieser Homogeneität, sondern bloß
die Theorie selbst. Unser Sonnennebel mag nicht vollständig homogen sein,
oder vielmehr, er mag sich den Astronomen nicht in dieser Eigenschaft
offenbaren, und doch tatsächlich homogen sein. Die Sterne sind in Bezug
auf die sie zusammensetzenden Materialien verschieden, und weisen selbst
Elemente auf, die auf der Erde gänzlich unbekannt sind; nichtsdestoweniger
berührt dies nicht den Umstand, daß die ursprüngliche Materie –
die Materie, wie sie eben in ihrer ersten Differentiation aus ihrem Layazustande [3] erschien – noch
bis zum heutigen Tage homogen ist, in unermesslichen Entfernungen, in
den Tiefen der Unendlichkeit, und desgleichen an Punkten, die nicht sehr
weit von den Grenzen unseres Sonnensystems entfernt sind.
Schließlich existiert keine einzige von den gelehrten Widersachern gegen
die Nebeltheorie vorgebrachte Tatsache (so falsch diese Theorie auch ist,
und daher, unlogisch genug, verderblich für die Hypothese von der Homogeneität
der Materie), welche der Kritik standhalten kann. Ein Irrtum führt zum
andern. Eine falsche Voraussetzung wird natürlich zu einer falschen Schlussfolgerung
führen, obwohl ein unzulässiger Schluß nicht notwendigerweise die Gültigkeit
des Obersatzes des Schlusses beeinträchtigt. So kann man jeden Nebeneinwand
und nebensächlichen Schluß aus dem Beweismateriale der Spektren und Linien
als bloß provisorisch für den Augenblick bei Seite lassen und alle Einzelfragen
der Naturwissenschaft überlassen. Das Arbeitsfeld des Occultisten liegt
in der Seele und im Geiste des Weltraums, nicht bloß in
seiner trügerischen Erscheinung und Verhalten. Das der offiziellen Wissenschaft
ist die Analyse und das Studium seiner Schale – der Ultima Thule
des Weltalls und des Menschen nach der Meinung des Materialismus.
[1] Smithsonian Contributions, XXI, Art. I. Pp. 79 – 97.
[2] System of Logic, p. 229.
[3] Jenseits der Nulllinie der Tätigkeit.
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