Mit dem letzteren hat der Occultismus nichts zu tun. Nur mit den Theorien solcher gelehrter Männer wie Keppler, Kant, Oersted und Sir William Herschel, die an eine geistige Welt glaubten, kann die occulte Kosmogonie verhandeln und ein befriedigendes Übereinkommen versuchen. Aber die Anschauungen jener Physiker sind von den neuesten modernen Spekulationen sehr weit verschieden. Kant und Herschel hatten vor ihrem geistigen Auge Betrachtungen über den Ursprung und das schließliche Schicksal, sowie über den gegenwärtigen Anblick des Weltalls von einem viel philosophischeren und psychischeren Standpunkt aus; während die moderne Kosmologie und Astronomie jetzt alles, was einem Forschen nach den Geheimnissen des Seins ähnlich sieht, verwerfen. Der Erfolg ist der zu erwartende: gänzlicher Misserfolg und unentwirrbare Widersprüche in den tausendundein Spielarten der sogenannten wissenschaftlichen Theorien, und in dieser Theorie ebenso wie in allen anderen. Die Nebelhypothese, welche die Theorie von der Existenz einer in einem nebelartigen Zustande verteilten ursprünglichen Materie in sich schließt, ist in der Astronomie nicht modernen Datums, wie jedermann weiß. Anaximenes von der jonischen Schule hatte bereits gelehrt, daß die Himmelskörper durch die fortschreitende Verdichtung einer ursprünglichen prägenetischen Materie, die ein nahezu negatives Gewicht hatte, und durch den Raum in einem äußerst verfeinerten Zustande ausgebreitet war, gebildet wurden. Tycho Brahe, der die Milchstraße als eine etherische Substanz
betrachtet, glaubte, daß der neue Stern, der im Jahre 1572 in der
Kassiopeja auftauchte, aus dieser Materie gebildet worden sei. [4] Kepler glaubte, daß der
Stern von 1606 ebenfalls aus der etherischen Substanz, die das Weltall
erfüllt, gebildet worden sei. [5] Er schrieb demselben
Ether die Erscheinung eines leuchtenden Ringes rund um den Mond zu, welche
während der totalen Sonnenfinsternis von 1605 in Neapel beobachtet worden
war. [6] Noch später, im Jahre 1714, wurde
die Existenz einer selbstleuchtenden Materie von Halley in den Philosophical
Transactions anerkennt. Schließlich veröffentlichte die genannte Zeitschrift
1811 die berühmte Hypothese des großen Astronomen Sir William Herschel,
über die Umwandlung von Nebelflecken in Sterne,
[7] und hierauf wurde die Nebeltheorie von den königlichen
Akademien angenommen. Nein; sie leugnen nicht die allgemeinen Sätze derselben, auch nicht die annähernde Wahrheit der wissenschaftlichen Hypothesen. Sie leugnen bloß die Vollständigkeit der gegenwärtigen sowie die gänzliche Irrtümlichkeit der vielen sogenannten „abgetanen“ alten Theorien, welche während des letzten Jahrhunderts eine der anderen in so schleuniger Aufeinanderfolge gefolgt sind. Dies wurde damals als eine „ausweichende Antwort“ bezeichnet. Eine solche Missachtung der offiziellen Wissenschaft, so wurde argumentiert, muß dadurch gerechtfertigt werden, daß man die orthodoxe Spekulation durch eine andere, vollständigere und auf einer festeren Grundlage stehende Theorie ersetzt. Hierauf gibt es nur eine einzige Antwort: Es ist nutzlos, vereinzelte Theorien mit Bezug auf Dinge herauszugeben, die einem vollständigen und folgerichtigen Systeme eingegliedert sind, denn wenn sie von dem Hauptkörper der Lehre getrennt sind, würden sie notwendigerweise ihren lebendigen Zusammenhang verlieren und so unabhängig studiert keinen Nutzen bringen. Um imstande zu sein, die occulten Anschauungen über die Nebeltheorie zu würdigen und anzunehmen, müssen wir das ganze esoterische kosmogonische System studieren. Und die Zeit ist schwerlich gekommen für die Astronomen, daß man sie auffordern könnte, Fohat und die göttlichen Bildner anzunehmen. Selbst die unleugbar richtigen Mutmaßungen des Sir William Herschel, die nichts „Übernatürliches“ an sich hatten, insofern die Sonne – vielleicht metaphorisch – ein „Feuerball“ genannt wird, und seine frühen Spekulationen über die Natur dessen, was jetzt die Nasmyth’sche Weidenblättertheorie genannt wird, hatten bloß die Wirkung, daß dieser hervorragendste aller Astronomen von anderen, viel weniger hervorragenden Kollegen belächelt wurde, welche in seinen Ideen rein „der Einbildungskraft entsprungene und phantastische Theorien“ sahen und jetzt noch sehen. Bevor das gesamte esoterische System veröffentlicht und von den Astronomen verstanden werden könnte, müssten die letzteren auf einige von jenen „veralteten Ideen“ zurückgehen, nicht bloß auf jene des Herschel, sondern auch auf die Träume der ältesten indischen Astronomen, und müssten somit ihre eigenen Theorien verlassen, die um nichts weniger „phantastisch“ sind, weil sie nahezu achtzig Jahre später als die einen, und viele tausend Jahre später als die anderen erschienen sind. Vor allem müßten sie ihre Ideen über die Festigkeit und Weißglut der Sonne verwerfen; da die Sonne ganz unleugbar „glüht“, aber nicht „brennt“. Ferner behaupten die Occultisten in Bezug auf die „Weidenblätter“, daß diese „Objekte“, wie Sir William Herschel sie nannte, die unmittelbaren Quellen des Sonnenlichtes und der Sonnenwärme sind. Und obwohl die esoterische Lehre dieselben nicht so auffasst, wie er es getan, - nämlich als „Organismen“, die an der Natur des Lebens Anteil haben, denn die solaren „Wesen“ werden sich schwerlich in das Gesichtsfeld eines Fernrohrs einstellen lassen – so behauptet sie doch, daß das ganze Weltall voll ist von solchen „Organismen“, die bewusst und tätig sind je nach der Nähe oder Entfernung ihrer Ebenen zu oder von unserer Bewusstseinsebene; und schließlich, daß der große Astronom recht hatte, in seiner Spekulation über jene vermuteten „Organismen“ zu sagen, daß „wir nicht wissen, daß die Lebenstätigkeit unfähig sei, gleichzeitig Wärme, Licht und Elektricität zu entwickeln“. Denn auf die Gefahr hin, von der ganzen physikalischen Welt verlacht zu werden, behaupten die Occultisten, daß alle „Kräfte“ der Wissenschafter ihren Ursprung in dem Lebensprinzip haben, dem kollektiven Einen Leben unseres Sonnensystems – welches „Leben“ ein Teil, oder vielmehr einer von den Aspekten des Einen Universalen Lebens ist. [4] Progymnasmata, p. 795. [5] De stella nova in pede Serpentarii, p. 115. [6] Hypothèses Cosmogoniques, p. 2, C. Wolf, 1886. [7] Siehe Philosophical Transactions, p. 269 ff. |