Eine andere ganz occulte Lehre ist die Theorie Kants, daß der Stoff, woraus die Einwohner und die Tiere anderer Planeten gebildet sind, um desto leichterer und feinerer Art und von desto vollkommenerer Anlage des Baues ist, nach dem Maße, als sie weiter von der Sonne abstehen. Die letztere ist allzu voll an Lebenselektricität, an dem physischen lebengebenden Prinzip. Eben deshalb sind die Menschen auf dem Mars etherischer als wir sind, während jene auf der Venus gröber sind, obwohl weit intelligenter, wenn auch weniger geistig.
Die letztere Lehre ist nicht ganz die unsere, doch sind diese Kantischen Theorien ebenso metaphysisch und ebenso transcendental, als irgend welche occulten Lehren, und mehr als ein Mann der Wissenschaft würde, wenn er es nur wagte, seine Gedanken auszusprechen, sie annehmen, so wie es Wolf tut. Von diesem Kantischen Gemüt und Seele der Sonnen und Sterne bis zu dem Mahat (Gemüt) und der Prakriti der Purânen ist nur ein Schritt. Im Grunde genommen würde die Zulassung dieses von Seite der Wissenschaft nur die Zulassung einer natürlichen Ursache sein, ob sie nun ihren Glauben zu solchen metaphysischen Höhen erheben würde oder nicht. Aber dann ist Mahat, das Gemüt, ein „Gott“, und die Physiologie gestattet das „Gemüt“ bloß  als eine zeitweilige Funktion des materiellen Gehirnes und als nichts weiter.
Der Satan des Materialismus nun lacht zu allem gleichermaßen und leugnet das Sichtbare so gut wie das Unsichtbare. Indem er in Licht, Wärme, Elektrizität und selbst in der Erscheinung des Lebens nur dem Stoffe angehörende Eigenschaften sieht, lacht er, so oft das Leben als Lebensprinzip bezeichnet wird, und verspottet die Idee, daß daßelbe vom Organismus unabhängig und unterschieden sei.
Aber auch hier wieder gehen die wissenschaftlichen Meinungen wie in allem anderen auseinander, und es gibt verschiedene Männer der Wissenschaft, die den unseren sehr ähnliche Anschauungen annehmen. Man betrachte z. B., was Dr. Richardson, F. R. S. (a. a. O. ausführlich citiert) von diesem „Lebensprinzip“ sagt, welches er „Nervenether“ nennt:

Ich spreche nur von einem wirklichen materiellen Agens, mag sein für die Welt im großen verfeinert, aber actuell und substantiell: ein Agens, welches die Eigenschaft des Gewichts und des Volumens hat, ein Agens, fähig der chemischen Verbindung, und dadurch der Veränderung des physikalischen Zustandes und Verhaltens, ein Agens, passiv in seiner Wirkung, immer bewegt, das heißt von Einflüssen, die von ihm getrennt sind, [3]   anderen Einflüssen gehorchend, ein Agens, welches keine initiative Kraft besitzt, keine vis oder energeia naturae, [4] aber immerhin eine höchst wichtige, wenn nicht die erste Rolle in der Hervorbringung der Erscheinungen spielt, welche aus der Einwirkung dieser energeia auf den sichtbaren Stoff hervorgehen. [5]

Da die Biologie und Physiologie jetzt im ganzen die Existenz eines Lebensprinzips leugnen, so ist dieser Auszug zusammen mit dem Zugeständnisse des De Quatrefages eine klare Bestätigung dafür, daß es Männer der Wissenschaft gibt, welche dieselben Anschauungen über „occulte Dinge“ haben wie die Theosophen und Occultisten. Diese anerkennen ein bestimmtes Lebensprinzip unabhängig vom Organismus – natürlich materieller, da physische Kraft von der Materie nicht getrennt werden kann, aber von einer Substanz, die in einem Zustande existiert, der der Wissenschaft unbekannt ist. Das Leben ist für sie mehr als das bloße Ineinanderwirken von Molekülen und Atomen. Es gibt ein Lebensprinzip, ohne das niemals irgendwelche molekulare Verbindungen in einem lebendigen Organismus hätten hervorgehen können, am allerwenigsten in dem sogenannten „unorganischen“ Stoff unserer Bewusstseinsebene.
Unter „molekularen Verbindungen“ sind natürlich jene der Materie unserer gegenwärtigen trügerischen Wahrnehmung gemeint, welche Materie bloß auf dieser unserer Ebene wirksam ist. Und dies ist der wichtigste streitige Punkt. [6]


[3] Dies ist ein Irrtum, weil es ein materielles Agens, unterschieden von den Einflüssen, welche es bewegen, in sich begreift; d. i. blinde Materie und vielleicht wieder „Gott“, während dieses Eine Leben eben der Gott und die Götter „Selber“ ist.

[4] Derselbe Irrtum.

[5] Popular Science Review, Bd. X.

[6] „Ist der Jiva ein Märchen, wie die Wissenschaft sagt, oder ist er es nicht?“ fragen einige Theosophen, die zwischen der materialistischen und idealistischen Wissenschaft schwanken. Die Schwierigkeit, die esoterischen Probleme betreffend den „schließlichen Zustand der Materie“ wirklich zu verstehen, ist wiederum das alte Kreuz vom objektiven und vom subjektiven. Was ist Materie? Ist der Stoff unseres gegenwärtigen gegenständlichen Bewusstseins irgend etwas anderes als unsere Empfindungen? Es ist wahr, die Empfindungen, die wir erhalten, kommen von außen; aber können wir in Wirklichkeit – ausgenommen in Ausdrücken der Empfindungswelt – von dem „groben Stoffe“ dieser Ebene als von einer Wesenheit sprechen, die von uns getrennt und unabhängig ist? Auf alle solche Schlüsse antwortet der Occultismus: Es ist wahr, in Wirklichkeit ist die Materie nicht unabhängig von unseren Wahrnehmungen, und existiert nicht außerhalb derselben. Der Mensch ist eine Täuschung: zugegeben! Aber das Dasein und die Wirksamkeit anderer, noch illusorischer, aber nicht weniger wirksamer Wesenheiten als wir sind, ist eine Behauptung, die durch diese Lehre des vedântischen und selbst Kantischen Idealismus nicht entkräftet, sondern vielmehr bestärkt wird.