Die Umwälzung, die in der alten Chemie durch Avogadro bewirkt wurde, war das erste Blatt in dem Buche der „neuen Chemie“. Herr Crookes hat jetzt das zweite Blatt umgewendet, und zeigt kühn auf das was das letzte sein mag. Denn wenn die Protyle einmal angenommen und anerkannt ist – so wie es der unsichtbare Ether wurde, indem beide logische und wissenschaftliche Notwendigkeiten sind – so wird die Chemie der Wirkung nach aufgehört haben zu leben; sie wird wiedererscheinen in ihrer Reinkarnation als „Neue Alchimie“ oder „Metachemie“. Der Entdecker der strahlenden Materie wird mit der Zeit die archaischen ârischen Werke über Occultismus, und selbst die Veden und Purânen gerechtfertigt haben. Denn was sind die geoffenbarte „Mutter“, der „Vater-Sohn-Gemahl“ (Aditi und Daksha, eine Form von Brahmâ als die Schöpfer), und der „Sohn“ – die drei „Erstgeborenen“ – anders als einfach Wasserstoff, Sauerstoff, und das was in seiner irdischen Offenbarung Stickstoff genannt wird? Selbst die exoterischen Beschreibungen der „erstgeborenen“ Dreiheit geben alle die charakteristischen Eigenschaften dieser drei „Gase“. Pristley, der „Entdecker“ des Sauerstoffes, oder von dem, was im höchsten Altertume bekannt war!
Aber allen den alten, mittelalterlichen und neuzeitlichen Dichtern und Philosophen kamen sogar die exoterischen indischen Bücher zuvor in Bezug auf die vom Universalgemüte ins Leben gerufenen Elementarwirbel – Descartes’ „Plenum“ von zu Korpuskeln differentiierter Materie; Leibnitzens „etherisches Fluidum“; und Kants in seine Elemente aufgelöstes „primitives Fluidum“; Keplers Sonnenwirbel und Systemwirbel; kurz gesagt über Anaxagoras herab auf Galileo, Torricelli und Swedenborg, und nach diesen bis zu spätesten Spekulationen europäischer Mystiker – findet sich alles dieses in den indischen Hymnen oder Mantras an die „Götter, Monaden und Atome“ in ihrer Fülle, denn sie sind untrennbar. In den esoterischen Lehren finden sich die transcendalsten Vorstellungen vom Weltall und seinen Geheimnissen, sowie die scheinbar materialistischen Spekulationen miteinander versöhnt, weil diese Wissenschaften den ganzen Plan der Evolution vom Geist zum Stoff umfassen. Wie ein amerikanischer Theosoph erklärte:

Die Monaden (des Leibnitz) können von einem Gesichtspunkt aus Kraft genannt werden, von einem anderen aus Stoff. Der occulten Wissenschaft sind Kraft und Stoff nur zwei Seiten derselben Substanz. [26]

Der Leser erinnere sich an diese „Monaden“ des Leibnitz, von denen eine jede ein lebendiger Spiegel des Weltalls ist, indem eine jede Monade eine jede andere flektiert, und vergleiche diese Anschauung und Definition mit gewissen, von Sir William Jones übersetzten Sanskritshlokas, in denen gesagt wird, daß die schöpferische Quelle des göttlichen Gemütes,

Verborgen in einem Schleier dichter Dunkelheit, Spiegel bildete aus den Atomen der Welt, und auf ein jedes Atom einen Widerschein seines eigenen Angesichtes warf.

Wenn daher Herr Crookes erklärt:

Wenn wir zeigen können, wie die sogenannten chemischen Elemente erzeugt worden sein mögen, werden wir im Stande sein, eine furchtbare Lücke in unserer Erkenntnis des Weltalls auszufüllen,

so liegt die Antwort bereit. Die theoretische Erkenntnis ist enthalten in der esoterischen Bedeutung einer jeden indischen Kosmogonie in den Purânen; der praktische Nachweis dafür liegt in den Händen jener, die in diesem Jahrhundert nicht werden anerkannt werden, ausgenommen von der sehr geringen Minderheit. Die wissenschaftlichen Möglichkeiten der verschiedenen Entdeckungen, welche die exakte Wissenschaft unerbittlich zur Annahme der östlichen occulten Anschauungen führen müssen, die alles zur Ausfüllung jener „Lücken“ erforderliche Material enthalten, sind bis jetzt dem modernen Materialismus preisgegeben. Nur in der Arbeit in der von Herrn William Crookes eingeschlagenen Richtung ist irgendwelche Hoffnung auf Erkenntnis von ein paar bisher occulten Wahrheiten.
Unterdessen kann einer, der nach einem Blick auf ein praktisches Diagramm der Entwicklung der ursprünglichen Materie sich sehnt – welche sich bei der unter dem Antriebe des cyklischen Gesetzes vor sich gehenden Trennung und Differentiation nach der allgemeinen Ansicht in eine siebenfältige Abstufung von Substanz teilt – nichts besseres tun, als die Tafeln zu studieren, die Herrn Crookes’ Vorlesung, Genesis der Elemente, beigegeben sind, und über einige Stellen des Textes wohl nachzudenken. An einer Stelle sagt er:

Unsere Begriffe von einem chemischen Element haben sich erweitert. Bis jetzt wurde das Molekül als ein Aggregat von zwei oder mehr Atomen betrachtet, und man gab sich keine Rechenschaft von dem Architekturplan, nach dem diese Atome vereinigt worden sind. Wir können in Erwägung ziehen, daß der Bau eines chemischen Elementes verwickelter ist, als bisher vermutet wurde. Zwischen den Molekülen, mit denen uns zu beschäftigen wir gewohnt sind, und den schließlichen Atomen, so wie sie zuerst geschaffen worden sind, kommen kleinere Moleküle oder Aggregate von physikalischen Atomen; diese Submoleküle sind eines vom anderen verschieden, je nach der Stellung, die sie in dem Yttriumgebäude einnehmen.
Vielleicht lässt sich diese Hypothese vereinfachen, wenn wir uns das Yttrium durch ein Fünfschillingsstück dargestellt denken. Durch chemische Spaltung habe ich es in fünf getrennte Schillinge geteilt, und finde, daß diese Schillinge keine Gegenstücke sind, sondern wie die Kohlenstoffatome im Benzolring den Stempel ihrer Lage, 1, 2, 3, 4, 5, aufgedrückt tragen ... Wenn ich meine Schillinge in den Schmelztopf werfe und sie chemisch auflöse, so verschwindet die Prägung und sie erweisen sich alle als Silber. [27]

Dies wird der Fall sein mit allen Atomen und Molekülen, wenn sie sich von ihren zusammengesetzten Formen und Körpern getrennt haben – wenn Pralaya einsetzt. Man kehre den Fall um und stelle sich das Aufdämmern eines neuen Manvantara vor. Das reine „Silber“ des absorbierten Materials wird sich aufs neue zur Substanz trennen, welche „göttliche Wesenheiten“ erzeugen wird, deren „Prinzipien“ [28] die ursprünglichen Elemente sind, die Subelemente, die physikalischen Energien und die subjektive und objektive Materie; oder, wie diese kurz benannt werden – GÖTTER, MONADEN und ATOME. Wenn wir für einen Augenblick die metaphysische und transcendentale Seite der Frage außer Acht lassen – indem wir in der gegenwärtigen Überlegung von den übersinnlichen und intelligenten Wesen und Wesenheiten absehen, an die die Kabalisten und Christen glauben – und uns der Theorie der atomistischen Entwicklung zuwenden, so finden sich die occulten Lehren durch die exakte Wissenschaft und deren Bekenntnisse noch bekräftigt, so weit wenigstens die angenommenen „einfachen“ Elemente in Betracht kommen, die jetzt plötzlich zu armen und entfernten Verwandten, ja nicht einmal Vettern zweiter Linie der letzteren herabgesetzt sind. Den Herr Crookes sagt uns:

Bisher wurde angenommen, daß, wenn das Atomgewicht eines Metalles, bestimmt von verschiedenen Beobachtern, die von verschiedenen Zusammensetzungen ausgingen, immer konstant gefunden wurde, ... dann ein solches Metall mit Recht einen Platz in der Reihe der einfachen oder elementaren Körper einnehmen müsse. Wir lernen, ... daß dies nicht länger der Fall ist. Wiederum haben wir hier Kreise innerhalb von Kreisen. Gadolinium ist kein Element, sondern eine Verbindung... Wir haben gezeigt, daß Yttrium ein Komplex von fünf oder mehr neuen Bestandteilen ist. Und wer wird es wagen, zu bestreiten, daß jeder dieser Bestandteile, wenn er auf verschiedene Art in Angriff genommen wird, und wenn das Ergebnis einer noch feineren und eindringlicheren probe unterworfen wird, als die Probe im Zustande der strahlenden Materie ist, noch weiter teilbar sein kann? Wo ist nun das wirkliche, schließliche Element? In dem Maße, als wir fortschreiten, weicht es zurück, so wie die Tantalusqualen bringenden Fata-Morgana-Seen und Haine, die der ermattete und durstige Reisende in der Wüste sieht. Sollen wir in unserem Suchen nach Wahrheit derart betrogen und gehindert sein? Die bloße Vorstellung eines Elementes als etwas unbedingt anfänglichen und schließlichen scheint immer unbestimmter und unbestimmter zu werden. [29]


[26] The Path, I, 10, p. 297.

[27] P. 11.

[28] Auf der kosmischen Skala in Entsprechung zu Geist, Seele, Gemüt, Leben, und den drei Vehikeln – dem astralen, dem mâyâvischen und dem physischen Körper (der Menschheit), einerlei welche Einteilung gemacht wird.

[29] Ebenda, p. 16.