Ein Materialist hat es bei der Besprechung der periodischen Schöpfungen unserer Kugel in einem einzigen Satz ausgedrückt:

Die ganze Vergangenheit der Erde ist nichts als eine auseinandergelegte Gegenwart.

Der Schreiber war Büchner, welcher wenig Argwohn hatte, daß er einen Satz der Occultisten wiederholte. Es ist auch ganz wahr, was Burmeister bemerkt:

Die geschichtliche Forschung (über die Entstehungs-Geschichte der Erde) hat den Beweis geführt, daß Sonst und Jetzt auf ganz gleicher Basis ruhen; daß die Vergangenheit in ähnlicher Weise sich aufgewickelt hat, wie die Gegenwart weiter rollt, und daß die Kräfte, welche auf unserer Erde wirksam gewesen sind, von jeher dieselben blieben. [6]

Die Kräfte – vielmehr ihre Noumena – sind dieselben, sicherlich, daher müssen auch die phänomenalen Kräfte dieselben sein. Aber wie kann jemand so fest überzeugt ein, daß die Attribute der Materie sich nicht unter der Hand der proteusartigen Evolution geändert haben? Wie kann irgend ein Materialist mit solcher Zuversicht, wie es Roßmäßler getan hat, behaupten:

Diese ewige Gleichheit in dem Wesen der Erscheinungen macht es uns zur Gewissheit, daß Feuer und Wasser zu allen Zeiten dieselben Kräfte hatten, haben und haben werden.

Wer sind die, „welche törichten Rat geben mit Worten ohne Erkenntnis“, und wo waren die Huxleys und Büchners, als der Erde Grund gelegt wurde von dem großen Gesetz? Eben diese Gleichartigkeit des Stoffes und Unveränderlichkeit der natürlichen Gesetze, auf die der Materialismus so großen Nachdruck legt, sind ein Fundamentalprinzip der occulten Philosophie; aber diese Einheit beruht auf der Untrennbarkeit des Geistes vom Stoffe und wenn die zwei einmal getrennt würden, würde der ganze Kosmos in Chaos und Nichtsein zurückfallen. Daher ist es unbedingt falsch, und bloß ein weiterer Beweis für den großen Eigendünkel unseres Zeitalters, zu behaupten, wie es die Männer der Wissenschaft tun, daß alle die großen, geologischen Veränderungen und schrecklichen Umwälzungen der Vergangenheit durch gewöhnliche und bekannte physikalische Kräfte hervorgebracht worden sind. Denn diese Kräfte waren bloß die Werkzeuge und schließlichen Hilfsmittel für die Erfüllung gewisser Zwecke, welche periodisch und scheinbar mechanisch wirken, durch einen inneren Trieb, der vermengt ist mit ihrer materiellen Natur, aber jenseits derselben liegt. Es ist ein Zweck in jedem wichtigen Vorgang in der Natur, welche Vorgänge alle cyklisch und periodisch sind. Aber da die geistigen Kräfte gewöhnlich mit den rein physikalischen vermengt worden sind, werden die ersteren von der Wissenschaft geleugnet und müssen ihr daher, weil sie ununtersucht gelassen werden, unbekannt bleiben. [7] Hegel sagt:

Die Geschichte der Welt beginnt mit ihrem allgemeinen Streben, der Verwirklichung der Idee des Geistes – nur in einer impliciten Form (an sich), d. i. als Natur; einem verborgenen, sehr tief verborgenen unbewußten Instinkt; und das ganze Fortschreiten der Geschichte ... ist darauf gerichtet, diesen unbewußten Antrieb zu einem bewußten zu machen. Also erscheinend in der Form rein natürlichen Daseins zeigen sich natürlicher Wille – das, was die subjektive Seite genannt worden ist – physische Begierde, Instinkt, Leidenschaft, Privatinteresse, sowie auch Meinung und subjektive Vorstellung – spontan beim ersten Anbeginne. Diese große Anhäufung von Willenskräften, Interessen und Tätigkeiten bildet die Werkzeuge und Mittel des Weltgeistes zur Erlangung seines Zieles; zur Bewußtwerdung und Verwirklichung desselben. Und dieses Streben ist kein anderes, als sich selbst zu finden – zu sich selbst zu kommen – und sich selbst in konkreter Wirklichkeit zu betrachten. Daß aber jene Manifestationen der Vitalität auf Seite der Individuen und Völker, in welchen diese ihre eigenen Absichten suchen und befriedigen, zur selben Zeit die Mittel und Werkzeuge einer höheren und weiteren Absicht sind, von der sie nichts wissen – die sie unbewußt verwirklichen – kann zum Gegenstand einer Streitfrage gemacht werden; ist vielmehr dazu gemacht worden ... über diesen punkt habe ich meine Ansicht gleich beim Beginne verkündet, und unsere Hypothese vertreten ... und unseren Glauben, daß Vernunft die Welt regiert, und folgerichtig auch ihre Geschichte regiert hat. In Bezug auf diese unabhängig universale und substanzielle Existenz – ist alles übrige untergeordnet, ihr dienstbar, und das Werkzeug zu ihrer Entwicklung. [8]

Kein Metaphysiker oder Theosoph könnte gegen diese Wahrheiten, welche alle in esoterischen Lehren verkörpert sind, Einwendungen machen. Es ist eine Vorherbestimmung in dem geologischen Leben unserer Kugel, sowie in der vergangenen und zukünftigen Geschichte der Rassen und Nationen. Diese steht in engem Zusammenhange mit dem, war wir Karma nennen, und was die westlichen Pantheisten Nemesis und Cyklen nannten. Das Gesetz der Evolution trägt uns jetzt entlang dem aufsteigenden Bogen unseres Cyklus, wo die Wirkungen von neuen in die jetzt neutralisierten Ursachen aufs neue versenkt und wieder zu denselben werden und alle von den ersteren betroffenen Dinge ihre ursprüngliche Harmonie wieder erlangt haben werden.
Dieses wird der Cyklus unserer eigenen besonderen Runde sein, ein Augenblick in der Dauer des großen oder des Mahâyuga.
Es zeigt sich, daß die schönen philosophischen Bemerkungen Hegels ihre Anwendung in den Lehren der occulten Wissenschaft finden, welche zeigt, daß die Natur immer nach einem gegebenen Zwecke handelt, dessen Resultate immer dual sind. Dies wurde in unseren ersten Bänden mit den folgenden Worten festgestellt:

Wie unser Planet einmal in jedem Jahre sich um die Sonne bewegt und sich gleichzeitig einmal alle vierundzwanzig Stunden um seine eigene Achse dreht, und derart kleinere Kreise innerhalb eines größeren durchläuft, so wird das Werk der kleineren cyklischen Perioden innerhalb des großen Saros vollendet und wieder begonnen. Die Umwälzung der körperlichen Welt ist nach der alten Lehre von einer ähnlichen Umwälzung in der Welt des Verstandes begleitet – die geistige Entwicklung der Welt schreitet in Cyklen vorwärts, so wie die physische. So sehen wir in der Geschichte eine regelmäßige Abwechslung von Ebbe und Flut in den Gezeiten des menschlichen Fortschrittes. Die großen Königreiche und Kaiserreiche der Welt steigen, nachdem sie den Höhepunkt ihrer Größe erreicht haben, wieder herab, in Übereinstimmung mit demselben Gesetze, nach welchem sie emporgestiegen sind; bis schließlich, nachdem sie den niedrigsten Punkt erreicht haben, die Menschheit sich wieder geltend macht und von neuem emporsteigt, wobei die Höhe des von ihr Errungenen nach diesem Gesetze des aufsteigenden Fortschrittes in Cyklen, etwas höher ist als der Punkt, von dem sie vorher herabstieg. [9]


[6] Angeführt in Büchners Kraft und Stoff.

[7] Männer der Wissenschaft werden sagen: Wir leugnen, weil nichts von der Art jemals in den Bereich unserer Erfahrung gekommen ist. Aber, wie der Physiologe Charles Richet folgerte: „Dem mag so sein, aber habt ihr im mindesten das Gegenteil bewiesen? ...Auf keinen Fall leugnet in vorweg. Die tatsächliche Wissenschaft ist nicht hinlänglich vorgeschritten, um euch ein solches Recht zu geben“. – La Suggestion Mentale et le Calcul des probabilités.

[8] Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. Sibree’s englische Übersetzung, p. 26. (Aus dem Englischen rückübersetzt. Der Üb.)

[9] Isis Unveiled, Bd. I, p. 34