Es ankommen lassend auf die Pfeile der modernen Kritik – die durch den Mißbrauch ziemlich stumpf geworden sind – möge sich der Leser selbst mit Bailly’s gelehrter Ansicht über den Gegenstand bekannt machen. Schlußweise Spekulationen können als irrtümlich nachgewiesen werden. Mathematische Berechnungen stehen auf sicheren Grundlagen. Verschiedene astronomische Andeutungen im Hiob als Ausgangspunkt nehmen, erdachte Bailly ein sehr geistreiches Beweismittel dafür, daß die frühesten Begründer der Wissenschaft des Tierkreises einem vorsintflutlichen, ursprünglichen Volke angehörten. Die Tatsache, daß er willens zu sein scheint, einige der biblischen Patriarchen in Thoth, Seth, und dem chinesischen Fohi zu sehen, vermindert nicht das Gewicht seines Beweises für das hohe Alter des Tierkreises. [3] Selbst wenn man um des Beweises willen seine vorsichtigen 3700 Jahre v. Ch. als das richtige Zeitalter der zodiakalen Wissenschaft annimmt, so beweist dieses Datum auf die unwiderleglichste Weise, daß nicht die Griechen den Tierkreis erfunden haben, aus dem einfachen Grunde, weil sie nicht siebenunddreißig Jahrhunderte vor Christus als eine Nation existierten – zum mindesten nicht als eine von den Kritikern zugestandene historische Rasse. Bailly berechnete sodann die Periode, zu der die Konstellationen den atmosphärischen Einfluß zeigten, welcher von Hiob die „süßen Einflüsse der Plejaden“ [4] im Hebräischen Kimah, genannt wird; die des Orion, des Kesil; und die der Wüstenregen mit Bezugnahme auf den Skorpion, die achte Konstellation; und fand, daß angesichts der ewigen Gleichartigkeit dieser Einteilungen des Tierkreises, und der Namen der Planeten, die überall und immer in derselben Reihenfolge angewendet werden, und angesichts der Unmöglichkeit, das alles dem Zufall und dem „Zusammentreffen“ beizumessen – „welches niemals solche Ähnlichkeiten schafft“ – dem Tierkreis in der Tat ein sehr hohes Alter zugeschrieben werden muß. [5]
Hinwieder, wenn man die Bibel für eine Autorität in irgend einer Sache ansieht, und es gibt einige, die sie noch immer als solche betrachten, sei es aus christlichen, sei es aus kabbalistischen Überlegungen – dann ist der Tierkreis klar erwähnt in II. Könige XXIII. 5. Bevor das „Buch vom Bunde“ von Hilkia, dem Hohenpriester, „gefunden“ war, waren die Tierkreiszeichen bekannt und verehrt. Sie wurden derselben Anbetung gewürdigt, wie die Sonne und der Mond, seitdem die

Priester, welche die Könige Judas hatten gestiftet, zu räuchern ... dem Baal und der Sonne und dem Monde und den Planeten und allem Heere am Himmel,

oder den „zwölf Zeichen oder Sternbildern“, wie die Randbemerkung in der englischen Bible erklärt, dem Gebote durch Jahrhunderte gefolgt hatten. Ihrem Götzendienst wurde erst durch König Josia 624 v. Chr. Einhalt getan.
Das Alte Testament ist voll von Anspielungen auf die zwölf Tierkreiszeichen und der ganze Entwurf ist darauf aufgebaut – Helden, Persönlichkeiten und Ereignisse. So ist in dem Träume des Joseph, der elf „Sterne“ sah, die sich vor dem zwölften, welcher sein „Stern“ war, verneigten, auf den Tierkreis Bezug genommen. Die römischen Katholiken haben in ihm überdies eine Prophezeiung auf Christus entdeckt, welcher dieser zwölfte Stern ist, wie sie sagen, und die anderen die elf Apostel; die Abwesenheit des zwölften wird auch betrachtet als eine prophetische Anspielung auf den Verrat des Judas. Die zwölf Söhne Jakobs sind wieder eine Hindeutung auf eben denselben Tierkreis, wie Villapandus mit Recht ausführt. [6] Sir James Malcolm zeigt in seiner Geschichte Persiens [7] , daß der Dabistan alle solchen Überlieferungen über den Tierkreis wiederhallt. Er führt die Erfindung desselben auf die herrlichen Tage des goldenen Zeitalters von Iran zurück, und bemerkt, daß eine von den erwähnten Überlieferungen behauptet, daß die Genien der Planeten unter denselben Gestalten und Figuren dargestellt werden, welche sie annahmen, als sie sich den verschiedenen heiligen Propheten zeigten, und so zur Einsetzung der auf dem Zodiak begründeten Riten anleiteten.

Pythagoras, und nach ihm Philo Judäus, hielten die Zahl 12 sehr heilig.

Diese Zwölfzahl ist vollkommen. Sie ist die der Zeichen des Tierkreises, welche die Sonne in zwölf Monaten besucht, und zu Ehren dieser Zahl hat Moses sein Volk in zwölf Stämme geteilt, die zwölf Kuchen des Schaubrotes eingeführt, und die zwölf kostbaren Steine auf den Brustschild des Hohenpriesters gesetzt. [8]


[3] Astronomie Antique.

[4] Die Plejaden sind, wie alle wissen, die sieben Sterne hinter dem Stier, die zu Beginn des Frühlings erscheinen. Sie haben eine sehr occulte Bedeutung in der indischen esoterischen Philosophie, und werden in Zusammenhang gebracht mit dem Tone und anderen mystischen Prinzipien in der Natur.

[5] Siehe Astronomie Antique, pp. 63-74.

[6] Temple de Jerusalem, Bd. II, Teil II, Kap. XXX.

[7] Kap. VII.

[8] Angeführt von De Mirville, Des Esprits, IV. p. 58