Es bleibt zu verwundern und zu fragen – wenn das Schicksal der wirklichen und lebendigen Patriarchen so unauflöslich mit dem Tierkreise verknüpft war –, warum dann nach dem Verluste der zehn Stämme nicht auch die zehn Zeichen aus den zwölfen auf wunderbare Weise von den himmlischen Gefilden verschwunden sind? Aber dies ist von keinem großen Belang. Beschäftigen wir uns lieber mit de Geschichte des Tierkreises selbst.

Der Leser möge an einige Ansichten erinnert werden, die über den Zodiak von den höchsten Autoritäten der Wissenschaft ausgesprochen worden sind.

Newton glaubte, daß die Erfindung des Tierkreises bis auf den Argonautenzug zurückgeführt werden könne; und Dulaure setzt seinen Ursprung auf 6 500 v. Chr. fest; gerade 2 496 Jahre vor der Erschaffung der Welt nach der biblischen Zeitrechnung.

Creuzer hielt es für sehr leicht, zu zeigen, daß die meisten Theogonien mit religiösen Kalendern eng verknüpft waren, und sich auf den Tierkreis als auf ihren ersten Ursprung bezogen; wenn nicht auf den uns jetzt bekannten Tierkreis, so doch auf etwas ihm sehr Gleichartiges. Er hielt es für sicher, daß der Tierkreis und seine mystischen Beziehungen am Grunde aller Mythologien läge, unter der einen oder anderen Form, und daß er in der alten Form durch Zeitalter existiert habe, bevor er in dem gegenwärtigen bestimmten Gewande vorgebracht wurde, infolge einiger besonderer zusammenwirkender Ereignisse. [15]

Ob nun die „Genien der Planeten“, unsere Dhyân Chohans der überweltlichen Sphären, sich selbst den „heiligen Propheten“ gezeigt haben oder nicht, wie es im Dabistan behauptet wird, möchte es scheinen, daß große Laien und Krieger auf dieselbe Weise in alten Zeiten in Chaldäa begnadigt wurden, da astrologische Magie und Theophanie Hand in Hand gingen.

Xenophon, kein gewöhnlicher Mensch, erzählt von Cyrus ... daß er im Augenblicke seines Todes den Göttern dankte, daß sie ihn so oft selber über die Zeichen am Himmel unterrichtet hatten – [korrekter Abdruck siehe Buch]. [16]

Wenn man nicht der Wissenschaft des Tierkreises das höchste Alter und die allgemeinste Verbreitung zugesteht, wie können wir es erklären, daß seine Zeichen in den ältesten Theogonien ihre Spuren besitzen? Laplace soll vor Erstaunen betroffen gewesen sein bei dem Gedanken, daß die Tage des Merkur (Mittwoch), der Venus (Freitag), des Jupiter (Donnerstag), Saturn (Samstag) und anderer zu den Wochentagen in derselben Ordnung und mit denselben Namen in Indien wie in Nordeuropa in Beziehung stehen.

Versucht, wenn ihr könnt, mit dem gegenwärtigen System der autochthonen Civilisationen, das heutzutage so sehr in Mode ist, zu erklären, wieso Völker ohne gemeinsame Vorfahren, ohne gemeinsame Überlieferungen und ohne gemeinsamen Ursprungsort mit Erfolg eine Art himmlischer Phantasmagorien, eine wahrhafte Verwirrung von Gestirnsbenennungen, ohne Zusammenhang und Zweck, erfinden konnten, die keine figürliche Beziehung zu den von Ihnen dargestellten Konstellationen und anscheinend noch weniger zu den Phasen unseres irdischen Lebens haben, die zu bedeuten sie gemacht sind,

- wäre nicht eine allgemeine Absicht und eine universelle Ursache und Glauben an der Wurzel von allem diesen gelegen! [17] Ganz wahrheitsgetreu hat Dupuis dasselbe behauptet:

Es ist ganz unmöglich, die geringste Spur von Ähnlichkeit zwischen den Teilen des Himmels und den Bildern, welche die Astronomen daselbst willkürlich gezogen haben, zu entdecken; und andererseits ist ein Zufall unmöglich. [18]

Ganz sicherlich ist Zufall „unmöglich“. Es gibt keinen „Zufall“ in der Natur, wo alles mathematisch zusammengeordnet und in ihren Einheiten in Wechselbeziehung ist. Coleridge sagt:

Zufall ist bloß ein Deckname Gottes (oder der Natur), für jene besonderen Fälle, die er nicht offen mit seinem Handzeichen zu unterschreiben beliebt.

Ersetze das Wort „Gott“ durch Karma, und es wird ein östlicher Grundsatz werden. Daher weisen die siderischen „Prophezeiungen“ des Tierkreises, wie sie von christlichen Mystikern genannt werden, niemals auf irgend ein besonderes Ereignis hin, wie erhaben und heilig es auch für irgend einen Teil der Menschheit sein mag, sondern auf immer wiederkehrende, periodische Gesetze in der Natur, verstanden nur von den Initiierten der siderischen Götter selber.
Kein Occultist, kein Astrologe östlicher Abstammung, wird jemals mit christlichen Mystikern, oder selbst mit Keplers mystischer Astronomie, seines großen Wissens und Gelehrsamkeit ungeachtet, übereinstimmen; und zwar deshalb, weil, wenn auch seine Voraussetzungen ganz richtig sind, seine daraus gezogenen Schlußfolgerungen einseitig und von christlichen Vorurteilen beeinflußt sind. Wo Kepler eine unmittelbar auf den Heiland hinweisende Prophezeiung findet, sehen andere Völker bloß ein Symbol eines ewigen Gesetzes, welches für das gegenwärtige Manvantara gilt. Warum in den Fischen eine unmittelbare Beziehung auf Christus sehen – auf einen der verschiedenen Weltreformatoren, einen Heiland für seine unmittelbaren Nachfolger, aber bloß einen großen und ruhmreichen Initiierten für alle übrigen – wenn diese Konstellation als ein Symbol aller vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen geistigen Heilande leuchtet, die Licht verbreiten und geistige Finsternis zerstreuen?


[15] Creuzer, III. p. 930.

[16] Kyropaidia, VIII. P. 7, citiert in Des Esprits, IV. p. 55.

[17] Des Esprits, IV. Pp. 59, 60.

[18] Origine e tous les Cultes, " Zodiaque"