Thatsächlich unterscheidet sich die indische Bewegung in diesem langen Intervalle von 4 383 Jahren nicht um eine Minute von jener des Cassini; sie ist gleichermaßen übereinstimmend mit jener der Maier’schen Tafeln. So haben zwei Völker, die Inder und die Europäer, die an die beiden Enden der Welt gestellt sind, und mit Einrichtungen, die in der Zeit vielleicht einen ebensolchen Abstand haben, genau dieselben Ergebnisse über die Bewegung des Mondes erhalten, und eine Übereinstimmung, die unerklärlich wäre, wenn sie nicht auf der Beobachtung begründet wäre, und auf der beiderseitigen Nachahmung der Natur. Wir müssen bemerken, daß die vier Tafeln der Inder alle Kopien einer und derselben Astronomie sind. Man kann nicht leugnen, daß die Tafeln von Siam im Jahre 1687 existierten; zu der Zeit, da sie Herr de la Loubère von Indien mitbrachte. Zu jener Zeit existierten die Tafeln des Cassini und des Maier noch nicht; die Inder besaßen bereits die genaue Bewegung, welche diese Tafeln enthalten, und wir hatten sie nicht. [34] Man muß daher eingestehen, daß die Genauigkeit dieser indischen Bewegung die Frucht der Beobachtung ist. Sie ist für diese Dauer von 4 383 Jahren genau, weil sie vom Himmel selbst abgenommen worden war; und wenn die Beobachtung das Ende derselben bestimmt hat, so hat sie auf gleiche Weise auch den Anfang derselben angesetzt. Es ist dies das längste Intervall, welches beobachtet worden ist, und dessen Gedächtnis sich in der Geschichte der Astronomie erhalten hat. Es hat seinen Ursprung in der Epoche des Jahres 3102, und es ist ein überzeugender Beweis für die Wirklichkeit dieser Epoche. [35]

Bailly ist so ausführlich zitiert, da er einer der wenigen Männer der Wissenschaft ist, welche es versucht haben, der Astronomie der Ârier volle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Von John Bentley herab bis auf Burgess’ Sûrya Siddhânta ist kein einziger Astronom billig genug gegen das gelehrteste Volk des Altertums gewesen. Wie verzerrt und mißverstanden die indische Symbologie auch sein mag, kein Occultist kann verfehlen, ihr Gerechtigkeit angedeihen zu lassen, sobald er etwas von den geheimen Wissenschaften weiß; auch wird er sich nicht von ihrer metaphysischen und mystischen Auslegung des Tierkreises abwenden, wenn auch die gesamten Plejaden von königlichen astronomischen Gesellschaften in Waffen gegen ihre mathematische Wiedergabe dessen sich erheben. Das Herabsteigen und Wiederemporsteigen der Monade oder Seele kann von den Tierkreiszeichen nicht losgelöst werden, und es erscheint natürlicher, im Sinne von Folgerichtigkeit der Dinge, an eine geheimnisvolle Sympathie zwischen der metaphysischen Seele und den glanzvollen Konstellationen zu glauben, und an den Einfluß der letzteren auf die ersteren, als an die alberne Vorstellung, daß die Schöpfer Himmels und der Erde die Sinnbilder von zwölf lasterhaften Juden an den Himmel gesetzt haben. Und wenn, wie der Verfasser von The Gnostics and their Remains behauptet, das Streben aller gnostischen Schulen und der späteren Platoniker

war, den alten Glauben dem Einflusse der buddhistischen Philosophie anzupassen, deren eigentliches Wesen darin bestand, daß die unzähligen Götter der indischen Mythologie bloß Namen für die erste Triade in ihren aufeinanderfolgenden Avatâren oder Offenbarungen an den Menschen waren,

wohin können wir uns besser wenden, um diese theosophischen Ideen auf ihre eigentliche Wurzel zu verfolgen, als an die alte indische Weisheit? Wir sagen neuerlich: Der archaische Occultismus würde für alle unverständlich bleiben, wenn er anders als durch die besser bekannten Kanäle des Buddhismus und Hinduismus wiedergegeben werden müßte. Denn der erstere ist der Ausfluß des letzteren; und beide sind die Kinder einer Mutter – der alten lemuro-atlantischen Weisheit.


[34] „Das folgende antwortet den Gelehrten, welche vermuten könnten, daß unsere Astronomie von unseren Missionären nach Indien gebracht und den Indern mitgeteilt worden sei. 1. Die Indische Astronomie hat Formeln, die ihr eigen sind, Formeln, welche die Ursprünglichkeit zur Schau tragen; wenn man unsere Astronomie übertragen hätte, so hätte es vieler Kunst und Wissenschaft bedurft, um die Entlehnung derart zu verkleiden. 2. Wenn man die mittlere Bewegung des Mondes übernommen hätte, so hätte man gleichermaßen die Schiefe der Ekliptik, die Mittelpunktsgleichung der Sonne, die Länge des Jahres übernommen; diese Elemente sind von den unseren unbedingt verschieden, sie sind außerordentlich genau, wenn sie der Epoche des Jahres 3102 angehören; sie würden sehr irrtümlich sein, wenn sie im letzten Jahrhundert bestimmt worden wären. 3. Schließlich konnten unsere Missionäre den Indern im Jahre 1687 nicht die mittlere Bewegung des Mondes nach den Cassinischen Tafeln mitteilen, die damals noch nicht vorhanden waren, sie konnten nur die mittleren Bewegungen des Tycho kennen, des Riccioli, des Kopernikus, des Bouillaud, Kepler, Longomontanus, oder jene der Tafeln des Alphonsus. Ich gebe nunmehr hier die Zusammenstellung dieser mittleren Bewegungen für 4 383 Jahre und 94 Tage. (Riccioli, Almag. I. p. 255).

Tafeln.

mittl. Beweg.

Diff. gegen die Indischen.

Alphonsus………………  

9s

2’

47’’ 

- 0°

42’

14’’

Kopernikus……………..

9

6

2

13 

- 1

42

48

Tycho…………………..    

9

7

54

40

+0

39

Kepler..............................    

9

6

57

35  

- 0

47

26

Longomontanus...............  

9

7

2

13

- 0

42

48

Bouillaud.........................

9

6

48

8

- 0

58

53

Riccioli.............................

9

7

53

57

+0

8

56

Cassini .............................

9

7

44

11

- 0

0

50

Inder.................................  

9

7

45

1

„Man sieht, daß keine einzige von diesen mittleren Bewegungen, die des Cassini ausgenommen, mit der von den Indern gegebenen Bewegung übereinstimmt. Man hat daher diese mittleren Bewegungen nicht entlehnt. Es besteht keine Gleichförmigkeit außer mit der Bewegung des Cassini, dessen Tafeln im Jahre 1687 noch nicht bestanden. Diese Bewegung des Mondes gehört somit den Indern an, und sie haben sie nicht anders erhalten können, als durch Beobachtung.“ – Ebenda, Anmerkung auf pp. XXXVI und XXXVII.

[35] Bailly’s Traité de l’Astronomie Indienne et Orientale, pp. XX gg. Ausg. 1787. (Nach dem Original übersetzt. Der Übers.