Unglücklicherweise kann kein Volk und können keine Völker ihrem karmischen Schicksal entrinnen, nicht mehr, als Einheiten und Individuen. Die Geschichte selbst wird von den sogenannten Historikern ebenso gewissenlos behandelt wie die Volkssage. Dieser hat Augustin Thierry eine Ehrenerklärung ausgestellt, wenn anders man seinen Biographen glauben kann. Er beklagte das irrtümliche Prinzip, welches alle die sich dünkenden Geschichtsschreiben von ihrem Wege abirren und einen jeden sich vermessen ließ, die Überlieferung zu verbessern, „jene Volkesstimme, die neunmal unter zehnmal Gottesstimme ist“; und er gestand schließlich, daß in der Legende allein wirkliche Geschichte ruht; denn er fügt hinzu:

Legende ist lebendige Überlieferung, und dreimal unter viermal ist sie wahrer als das, was wir Geschichte nennen. [18]

Während die Materialisten alles im Weltall leugnen, ausgenommen die Materie, streben die Archäologen, das Altertum zu verkleinern, und trachten, jede Behauptung alter Weisheit zu zerstören, indem sie an der Chronologie unbefugte Änderungen vorzunehmen suchen. Unsere Orientalisten und Geschichtsschreiber von heutzutage sind für die alte Geschichte das, was die weißen Ameisen für die Gebäude in Indien sind. Gefährlicher noch als jene Termiten, bereiten die modernen Archäologen – die „Autoritäten“ der Zukunft in Sachen der universalen Geschichte – der Geschichte vergangener Nationen das Schicksal gewisser Gebäude in tropischen Ländern vor. So sagte Michelet:

Die Geschichte wird im Verlaufe des zwanzigsten Jahrhunderts niederstürzen und in Atome zerbrechen, bis zu ihren Grundfesten zerstört von ihren Chronisten.

Sehr bald in der Tat wird sie unter ihren vereinigten Anstrengungen das Schicksal jener Ruinenstädte in beiden Amerikas teilen, welche tief in undurchdringlichen Urwäldern vergaben liegen. Historische Tatsachen werden dem Blicke verborgen bleiben durch die unentwirrbaren Sumpfdickichte moderner Hypothesen, Ableugnungen und Skeptik. Aber sehr glücklicherweise wiederholt die thatsächliche Geschichte sich selbst, denn sie schreitet wie alles übrige in Cyklen vorwärts; und tote Tatsachen und Ereignisse, die absichtlich in dem Meere der modernen Zweifelsucht ertränkt wurden, werden von neuem emporsteigen und wieder auf der Oberfläche erscheinen.
In Band II wird schon allein die Tatsache, daß ein Werk mit Ansprüchen auf Philosophie, das auch eine Darlegung der verwickeltsten Fragen ist, mit einer Herleitung der Entwicklung der Menschheit von Wesen, die als übernatürlich betrachtet werden – von Geistern – begonnen werden soll, die übelwollendste Kritik heraufbeschwören. Gläubige aber und Verteidiger der Geheimlehre werden jedoch die Beschuldigung der Verrücktheit und von noch schlechterem ebenso philosophisch zu ertragen haben, wie die Schreiberin es schon seit langen Jahren getan hat. So oft ein Theosoph des Wahnsinns bezichtigt wird, sollte er mit einer Anführung aus Montesquieu’s Persischen Briefen erwidern:

Dadurch, daß die Menschen ihre Irrenhäuser so bereitwillig den angeblichen Wahnsinnigen öffnen, suchen sie nur sich gegenseitig zu versichern, daß sie nicht selber wahnsinnig sind.

ENDE DES ERSTEN BANDES.


[18] Revue des Deux Mondes, 1865, pp. 157 und 158.