Nach den Rosenkreuzerischen Lehrsätzen, wie sie diesmal von dem Profanen korrekt, wenn auch nur einen Teil betreffend, behandelt und erklärt werden, sind „Licht und Dunkelheit an sich identisch, und nur im menschlichen Gemüte teilbar“, und nach Robert Fludd „nahm Dunkelheit Beleuchtung an, um sich sichtbar zu machen“.10 Nach den Lehren des östlichen Occultismus ist Dunkelheit die eine wahre Wirklichkeit, die Grundlage und Wurzel des Lichtes, ohne welche das letztere sich niemals hätte offenbaren können, ja nicht einmal existieren. Licht ist Stoff und Dunkelheit reiner Geist. Dunkelheit in ihrer innewohnenden, metaphysischen Grundlage ist subjektives und absolutes Licht; während letzteres in all seinem scheinbaren Glanz und Pracht bloße eine Menge von Schatten ist, da es niemals ewig sein kann und bloß eine Illusion oder Mâyâ ist.

   Selbst in der geistverwirrenden und wissenschaftermüdenden Genesis11 wird Licht aus der Dunkelheit geschaffen – „und Finsternis war über dem Angesicht der Tiefe“ – und nicht umgekehrt. „In ihr (in der Dunkelheit) war Leben; und das Leben war das Licht der Menschen“12). Ein Tag mag kommen, an dem die Augen der Menschen geöffnet sein mögen; und dann mögen sie besser als jetzt den Vers im Evangelium Johannis verstehen, welcher sagt: "„und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis begreift es nicht“. Sie werden sehen, daß das Wort „Finsternis“ sich nicht auf das geistige Sehen des Menschen bezieht, sondern thatsächlich auf Finsternis, auf das Absolute, daß das vergängliche Licht nicht begreift (nicht erkennen kann), wie transcendent es auch für menschliche Augen sein mag. Demon est Deus inversus. Der Teufel wird jetzt von der Kirche „Finsternis“ genannt, während in der Bibel, im Buche Job, er der „Sohn Gottes“, der helle Stern des frühen Morgens, Lucifer, genannt wird. Es liegt eine ganze Philosophie dogmatischer Geschicklichkeit in dem Grund, warum der erste Erzengel, der aus den Tiefen des Chaos entsprang, Lux (Lucifer), der leuchtende „Sohn des Morgens“ oder der manvantarischen Dämmerung genannt wurde. Er wurde von der Kirche in Lucifer oder Satan umgewandelt, weil er höher und älter als Jehovah ist, und dem neuen Dogma geopfert werden musste.

STROPHE III. – Fortsetzung.

7. SIEHE, O LANOO13! DAS STRAHLENDE KIND DER BEIDEN, DIE UNVERGLEICHLICHE FÜLLE DER HERRLICHKEIT – DER HELLE RAUM, WELCHER DER SOHN DES DUNKLEN RAUMES IST, DER SICH AUS DEN TIEFEN DER GROSSEN DUNKLEN GEWÄSSER ERHEBT. ES IST OEAOHOO, DER JÜNGERE, DER *** 14(a). ER SCHEINT FORTAN WIE DIE SONNE; ER IST DER FEURIGE GÖTTLICHE DRACHE DER WEISHEIT. EKA15 IST CHATUR, UND CHATUR NIMMT TRI AN SICH UND DIE VEREINIGUNG BILDET SAPTA, IN DEM DIE SIEBEN SIND, WELCHE TRIDASHA [16] , DIE HEERSCHAREN UND LEGIONEN WERDEN. (b). SIEHE, WIE ER DEN SCHLEIER HEBT UND IHN VON OSTEN NACH WESTEN ENTFALTET. ER VERBIRGT DAS OBERE UND LÄSST DAS UNTERE ALS DIE GROSSE ILLUSION SICHTBAR SEIN. ER BEZEICHNET DEN STRAHLENDEN [17] IHRE PLÄTZE UND MACHT AUS DEM OBEREN [18] EIN UFERLOSES MEER VON FEUER (c) UND AUS DEM EINEN GEOFFENBARTEN [19] DIE GROSSEN GEWÄSSER.

(a) „Der helle Raum, der Sohn des dunklen Raumes“ entspricht dem Strahle, der bei dem ersten Erzittern der neuen Dämmerung in die großen kosmischen Tiefen drang, aus dem er differenziert wieder auftaucht als „Oeaohoo der Jüngere“ (das „neue Leben“), um bis ans Ende des Lebenskreislaufes der Keim aller Dinge zu sein.

   Es ist „der unkörperliche Mensch, der in sich die göttliche Idee enthält,“ der Erzeuger von Licht und Leben, um einen Ausdruck von Philo Judäus zu gebrauchen.

   Er wird „der feurige Drache der Weisheit“ genannt, erstens, weil er das ist, was die griechischen Philosophen den Logos, das Wort des göttlichen Gedankens nannten; und zweitens, weil in der esoterischen Philosophie diese erste Manifestation, als die Synthese oder das Aggregat der universellen Weisheit, Oeaohoo, der „Sohn der Sonne“, in sich die sieben schöpferischen Heerscharen (Sephiroth) enthält, und somit die Essenz der geoffenbarten Weisheit ist. „Wer in dem Lichte von Oeaohoo badet, wird niemals durch den Schleier der Mâyâ getäuscht werden.“


10 Über Rosenkranz.

11 I, 2.

12 Johannes I, 4.

13 Lanoo ist ein Schüler, ein Chelâ, der praktische Esoterik studiert. 

14 „Den du jetzt kennst als Kwan-Shai-Yin.“ – Komment.

15 Eka ist eins, Chatur vier, Tri drei, und Sapta sieben.

[16] „Tridasha“ oder dreißig, dreimal zehn, spielt auf die vedischen Gottheiten in runder Zahl an, oder genauer 33 – eine heilige Zahl. Sie sind die 12 Âdityas, die 8 Vasus, die 11 Rudras, und die 2 Ashvins – die Zwillingssöhne von Sonne und Himmel. Dies ist die Wurzelzahl des indischen Pantheons, welche 33 Karors, oder 330 Millionen von Göttern und Göttinnen zählt.

[17] Sternen.

[18] Dem oberen Raum.

[19] Element.