Lange vor Darwin stellte Naudin, welcher den Namen Blastema dem gab, was die Darwinisten Protoplasma nennen, eine halb occulte und halb wissenschaftliche materialistische Theorie auf. Er ließ Adam, den ungeschlechtlichen, plötzlichen aus dem Lehm entspringen, wie es in der Bibel genannt wird, aus dem Blastema der Wissenschaft. Wie Naudin erklärt:

Aus dieser Larvenform der Menschheit bewirkte die Entwicklungskraft die Vollendung der Art. Zur Aufführung dieses großen Phänomens hatte Adam durch eine Phase der Unbeweglichkeit und Unbewusstseins hindurchzugehen, welche sehr ähnlich war dem Nymphenzustande von Tieren, die eine Metamorphose eingehen. [25]

Für den hervorragenden Botaniker war Adam jedoch nicht ein einzelner Mensch, sondern die Menschheit, welche blieb:

verborgen innerhalb eines zeitweiligen Organismus, bereits unterschieden von allen anderen und nicht imstande, mit irgend einem derselben eine Verbindung einzugehen.

Er zeigt die Unterscheidung der Geschlechter vollendet durch

einen Sprossungsvorgang, welcher dem der Quallen und der Seescheiden ähnlich ist.

Die Menschheit also physiologisch konstituiert,

würde eine für die rasche Hervorbringung der verschiedenen großen Menschenrassen genügende Entwicklungskraft behalten.

De Quatrefages kritisiert diese Stellungnahme in dem Menschengeschlecht. Sie ist unwissenschaftlich, sagt er, oder genau gesprochen, Naudins Ideen „bilden nicht eine wissenschaftliche Theorie“, insofern als das ursprüngliche Blastema in seiner Theorie mit der „ersten Ursache“ in Verbindung gebracht wird, welche, wie er glaubt, in dem Blastema alle vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Wesen der Möglichkeit nach gemacht hat, und somit in Wirklichkeit diese Wesen in Masse geschaffen hat; obendrein betrachtet Naudin nicht einmal die „zweiten Ursachen“, oder ihre Thätigkeit in dieser Evolution der organischen Welt. Die Wissenschaft, welche sich nur mit „zweiten Ursachen“ beschäftigt, hat somit

zu der Theorie des Herrn Naudin nichts zu sagen. [26]

Noch wird sie irgend mehr zu den occulten Lehren zu sagen haben, denen Naudin bis zu einem gewissen Grade nahe gekommen ist. Denn, wenn wir nur in seinem „ursprünglichen Blastema“ die Dhyân-Chohanische Wesenheit sehen, die Chhâyâ oder den Doppelgänger der Pitris, welche in sich selbst die Möglichkeit aller Formen enthält, sind wir ganz in Übereinstimmung. Aber es giebt zwei wirkliche und wesentliche Unterschiede zwischen unseren Lehren. Herr Naudin erklärt, daß die Entwicklung in plötzlichen Sprüngen und Anprallen fortgeschritten sei, anstatt sich langsam über Millionen von Jahren zu erstrecken; und sein ursprüngliches Blastema ist nur mit blinden Instinkten begabt - eine Art unbewusster Erster Ursache im geoffenbarten Kosmos - was eine Widersinnigkeit ist. Statt dessen ist es unsere Dhyân-Chohanische Wesenheit - die Causalität der Primären Ursache, welche den physischen Menschen schafft - welche die lebendige thätige und kraftvolle Materie ist (an sich schwanger mit jenem tierischen Bewusstsein einer höheren Art, wie es sich bei der Ameise und beim Biber findet), die die lange Reihe physiologischer Differentiationen hervorbringt. Abgesehen davon ist sein „alter und allgemeiner Vorgang der Schöpfung“ aus Protoorganismen so occult, als irgend eine Theorie von Paracelsus oder Khunrath sein kann.

Ferner sind die kabbalistischen Werke voll von Beweis dafür. Der Zohar zum Beispiel sagt, daß jeder Typus im sichtbaren seinen Prototypus im unsichtbaren Weltalle hat.

Alles, was in der niederen (unserer) Welt ist, findet sich in der oberen. Die niedere und die obere üben wechselseitig auseinander Wirkung und Gegenwirkung aus. [27]

20. IHRE VÄTER WAREN DIE SELBSTGEBORENEN. DIE SELBSTGEBORENEN, DIE CHHÂYÂ AUS DEN STRAHLENDEN KÖRPERN DER HERREN, DER VÄTER, DER SÖHNE DES ZWIELICHTS.

Die „Schatten“ oder Chhâyâs werden die Söhne der „Selbstgeborenen“ genannt, da der letztere Name auf alle Götter und Wesen angewendet wird, die durch den Willen, sei es einer Gottheit, sei es eines Adepten geboren sind. Den Homunculis des Paracelsus würde vielleicht auch dieser Name gegeben werden, obwohl der letztere Vorgang auf einer viel materiellen Ebene stattfindet. Der Name „Söhne des Zwielichts“ zeigt, daß die „selbstgeborenen“ Vorfahren unserer Lehre wesensgleich sind mit den Pitris des Brâhmanischen Systems, da der Titel eine Bezugnahme auf die Art ihrer Geburt ist; indem es heißt, daß diese Pitris aus Brahmâs „Körper des Zwielichts“ hervorgegangen sind, wie in den Purânen gesagt ist.

21.ALS DIE RASSE ALT WURDE, MISCHTEN SICH DIE ALTEN WASSER MIT DEN FRISCHEN WASSERN(a). ALS IHRE TROPFEN TRÜBE WURDEN, VERGINGEN SIE UND VERSCHWANDEN IN DEM NEUEN STROME, IN DEM HEISSEN LEBENSSTROME. DAS ÄUSSERE DER ERSTEN WURDE DAS INNERE DER ZWEITEN(b). DER ALTE FLÜGEL WURDE DER NEUE SCHATTEN, UND DER SCHATTEN DES FLÜGELS(c).

(a)   Die alte oder ursprüngliche Rasse ging auf in die zweite Rasse und wurde eins mit ihr.
(b) Dies ist der geheimnisvolle Vorgang der Umformung und Entwicklung der Menschheit. Das Material der ersten Formen - schattenhaft, ätherisch und negativ - wurde in die Formen der zweiten Rasse eingezogen oder absorbiert und wurde so die Ergänzung derselben. Der Kommentar erklärt dies mit der Bemerkung, daß, da die Erste Rasse einfach aus den astralen Schatten der schöpferischen Vorväter bestand, die natürlich weder astrale noch physische Körper aus ihrem eigenen hatten - diese Rasse niemals starb. Ihre „Menschen“ schwanden allmählich dahin, indem sie in die Körper ihrer eigenen „schweißgeborenen“ Nachkommenschaft absorbiert wurden, die dichter waren als ihre eigenen. Die alte Form verging und wurde absorbiert und verschwand in die neue Form, die mehr menschlich und körperlich war. Es gab keinen Tod in jenen Tagen einer Periode, die glückseliger war als das goldene Zeitalter; aber das erste oder väterliche Material wurde benützt zur Bildung des neuen Wesens, um Körper und selbst die inneren oder niedrigeren Prinzipien oder Körper der Nachkommenschaft zu bilden.


[25] De Quatrefagesm L´espèce humaine. (The Human Species, p. 124; „International Scientific Series“, Volume XXVI).

[26] Ebenda, p.125.

[27] Fol. 186.