EIN PAAR WORTE ÜBER „FLUTEN“ UND „NOAHS“.

Die Berichte in den verschiedenen Purânen sind in ihren Einzelheiten so widerspruchsvoll, wie alles übrige. Während so im Rig-Veda Idâ oder Ilâ die Unterrichterin des Vaivasvata Manu genannt wird, macht Sâyana aus ihr eine Göttin, welche der Erde vorsteht, und das Shatapatha Brâhmana zeigt sie als die Tochter Manus, als ein Kind seines Opfers, und späterhin als sei (Vaivasvata´s) Weib, mit welchem er die Rasse der Manus erzeugte. In den Purânen ist sie hinwieder Vaivasvatas Tochter, jedoch das Weib von Budha (Weisheit), dem unrechtmäßigen Sohne des Mondes (Soma) und des Weibes des Planeten Jupiter (Brihaspati), der Târâ. all dies, welches dem Profanen als ein Wirrwarr erscheint, ist voll von philosophischer Bedeutung für den Occultisten. Schon auf der Oberfläche der Erzählung ist ein geheimer und heiliger Sinn wahrnehmbar; alle Einzelheiten jedoch sind so absichtlich vermischt, daß nur das erfahrene Auge eines Initiierten ihnen folgen und die Ereignisse in ihre richtige Reihenfolge setzen kann.

Die Geschichte, wie sie im Mahâbhârata erzählt ist, schlägt den Grundton an, und doch bedarf sie einer Erklärung durch den geheimen Sinn, welcher in der Bhagavad Gîtâ enthalten ist. Sie ist der Prolog zu dem Drama unserer (fünften) Menschheit. Während Vaivasvata an dem Flussufer in Andacht versunken war, fleht ein Fisch um seinen Schutz vor einem größeren Fisch. Er rettet ihn und setzt ihn in einen Krug; darin größer und größer wachsend, teilt dieser ihm die Neuigkeit der bevorstehenden Sintflut mit. Dieser Fisch ist der wohlbekannte Matsya Avatâra, der erste Avatâra des Vishnu, der Dagon [16] des chaldäischen Xisuthrus, und noch viele andere Dinge. Die Geschichte ist zu gut bekannt, als daß sie wiederholt zu werden brauchte. Vishnu giebt den Auftrag, ein Schiff zu erbauen, in welchem Manu samt den sieben Rishis gerettet wird, nach dem Mahâbhârata; doch fehlt dies in anderen Texten. Hier stehen die sieben Rishis für die sieben Rassen, die sieben Prinzipien, und verschiedene andere Dinge; denn es ist wieder ein doppeltes Geheimnis eingeschlossen in dieser mannigfaltigen Allegorie.

Wir haben anderwärts gesagt, daß die Große Flut verschiedene Bedeutungen hatte, und daß sie sich, sowie auch der „Fall“, auf geistige wie auf körperliche, auf kosmische wie auf irdische Ereignisse bezog: wie oben, so ist es unten. Das Schiff oder die Arche - Navis - kurz gesagt, als das Symbol des weiblichen Zeugungsprinzipes, ist vorgebildet am Himmel durch den Mond und auf Erden durch den Schooß. Beide sind die Gefäße und Träger der Samen des Lebens und Seins, welche die Sonne oder Vishnu, das männliche Prinzip, belebt und befruchtet. Die erste kosmische Flut bezieht sich auf die ursprüngliche Schöpfung, oder die Bildung von Himmel und den Erden; in welchem Falle Chaos und die große Tiefe für die „Flut“ stehen, und der Mond für die „Mutter“, aus der alle Lebenskeime hervorgehen. [17] Aber die irdische Flut und ihre Geschichte hat auch ihre doppelte Anwendung. In dem einen Falle hat sie Bezug auf jenes Geheimnis, da die Menschheit vor gänzlicher Zerstörung durch das sterbliche Weib bewahrt wurde, welches am Ende der dritten Rasse zum Behälter des menschlichen Samens gemacht wurde, [18] und in dem anderen auf den wirklichen und geschichtlichen Untergang der Atlantis. In beiden Fällen wird die „Schaar“ – oder der Manu, welcher den „Samen rettete – Vaivasvata Mann genannt. Daher die Verschiedenheit zwischen den purânischen und anderen Darstellungen; während im Shatapatha Brâhmana Vaivasvata eine Tochter hervorbringt und mit ihr die Manurasse erzeugt – eine Bezugnahme auf die ersten menschlichen Manushyas, welche durch den Willen (Kriyâshakti) Weiber zu erschaffen hatten, bevor diese auf natürliche Weise von den Hermaphroditen als ein unabhängiges Geschlecht geboren wurden, die daher als die „Töchter“ ihres Schöpfers betrachtet wurden. Die purânischen Berichte machen Idâ oder Ilâ zum Weibe des Budha (Weisheit). Diese Darstellung bezieht sich auf die Ergebnisse der atlantischen Flut, als Vaivasvata, der große Weise auf Erden, die fünfte Wurzelrasse davor bewahrte, zusammen mit den Überresten der vierten zerstört zu werden.

Dies ist sehr klar gezeigt in der Bhagavad Gîtâ, welche den Krishna sagen läßt:

Die sieben großen Rishis, die vier vorhergehenden Manus, welche an meiner Weisheit teilhaben, wurden aus meinem Gemüte geboren: aus ihnen entsprangen (wurden geboren) das Menschengeschlecht und die Welt. [19]

Hier sind die vier vorhergehenden Manus von den sieben, die vier Rassen, [20] welche bereits gelebt haben, denn Krishna gehört der fünften Rasse an, da sein Tod das Kaliyuga eröffnete. Somit ist Vaivasvata Manu, der Sohn des Sûrya, und der Heiland unserer Rasse, verknüpft mit dem „Samen des Lebens“, sowohl körperlich als geistig. Aber gegenwärtig, indessen wir von allen sprechen, haben wir uns selbst nur mit den ersten zweien zu befassen.


[16] Wir müssen uns daran erinnern, daß an der Spitze der babylonischen Götter Ea, Anu, und der ursprüngliche Bel standen; und daß Ea, der erste, der Gott der Weisheit war, der große „Gott des Lichtes“ und der Tiefe, und daß er identifiziert wurde mit Oannes, oder dem biblischen Dagon - dem Mann-Fische, der sich aus dem persischen Golf erhob.

[17] Es ist viel später, daß der Mond ein männlicher Gott wurde; bei den Hindûs war er Soma, bei den Chaldäern Nanak oder Nanar, und Sin, der Sohn des Mulil, des älteren Bel. Die Akkadier nannten ihn den „Herrn der Geister“; und er war der Gott von Nipur (Niffer) im nördlichen Babylonien. Es war Mulil, welcher die Wasser der Flut vom Himmel auf die Erde fallen ließ, weshalb ihm Xisuthrus nicht gestatten wollte, sich seinem Alter zu nähern. Wie die modernen Assyriologen jetzt festgestellt haben, ist das nördliche Nippur das Centrum, von dem aus die chaldäische (schwarze) Magie sich ausbreitete; und Eridu (der südliche), welches der ursprüngliche Sitz der Verehrung des Kulturgottes war, des Gottes der himmlischen Weisheit - indem der Sonnengott überall die höchste Gottheit ist. Bei den Juden ist der Mond verknüpft mit Israels Jehovah und seinem Samen, denn Ur war der Hauptsitz der Verehrung des Mondgottes, und von Abraham wird gesagt, daß er von Ur gekommen sei, wobei er aus einem A-bra(h)m zu einem Abraham wird.

[18] Als Nârada, der jungfräuliche Asket, dem Menschengeschlecht dadurch ein Ende zu machen drohte, daß die Söhne des Daksha verhinderte, dasselbe hervorzubringen.

[19] X. 6.

[20] Dies wird bestätigt von einem gelehrten Brâhmanen. in seinen ganz vorzüglichen Vorlesungen über die Bhagavad Gîtâ (Theosophist, April, 1887, p. 444) sagt der Vortragende:

„Es ist da eine Besonderheit, auf die ich ihre Aufmerksamkeit lenken muß. Er (Krishna) spricht hier von vier Manus. Warum spricht er von Vieren? Wir sind jetzt im siebenten Manvantara - in dem des Vaivasvata. Wenn er von den vergangenen Manus spricht, so sollte er von sechsen sprechen, aber er erwähnt nur vier. In einigen Kommentaren ist ein Versuch gemacht worden, dies auf eine eigentümliche Art zu erklären.“

„Das Wort `Chatvârah´ wird getrennt von dem Worte `Manavah´, und wird bezogen auf Sanaka, Sanandana, Sanatkumâra, und Sanatsujata, welche auch inbegriffen waren unter den aus der Seele geborenen Söhnen des Prajâpati.

„Aber diese Erklärung wird zu einem höchst widersinnigen Schlusse führen, und den Satz sich selbst widersprechen machen. Die im Text angedeuteten Personen haben einen näher bestimmenden Zusatz in dem Satze. Es ist wohl bekannt, daß Sanaka und die drei anderen sich weigerten, zu schaffen, obwohl die anderen Söhne dies thun zugestimmt hatten; daher wäre es widersinnig, wenn man von jenen Personen spricht, von denen die Menschheit ihr Dasein begleitet, die vier auch in die Liste aufzunehmen. Die Stelle muß erklärt werden, ohne das Kompositum in zwei Hauptwörter zu zerlegen. Die Zahl der Manus wird dann vier sein, und die Behauptung würde dann in Widerspruch mit dem purânischen Bericht sein, jedoch in Übereinstimmung mit der occulten Theorie. Sie werden sich daran erinnern, daß (im Occultismus) behauptet wird, daß wir jetzt in der fünften Wurzelrasse sind. Jede Wurzelrasse wird als die Santati eines besonderen Manu betrachtet. Nun ist die vierte Rasse vergangen, oder, mit anderen Worten, es sind vier vergangene Manus gewesen.“